Normen
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §8;
JagdG Krnt 2000 §8 Abs4;
JagdG Krnt 2000 §8 Abs5;
AVG §45 Abs3;
AVG §46;
AVG §52;
AVG §8;
JagdG Krnt 2000 §8 Abs4;
JagdG Krnt 2000 §8 Abs5;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Kärnten hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
A. Zum angefochtenen Bescheid
1. Mit dem bekämpften Bescheid wurde gemäß § 8 Abs 6 des Kärntner Jagdgesetzes 2000, LGBl Nr 21 idF LGBl Nr 33/2010 (K-JG), festgestellt, dass der Erweiterung eines Geheges für die Haltung von Dam- und Rotwild zur Fleischproduktion für die Dauer der Pachtperiode der Gemeindejagd vom 1. Jänner 2011 bis zum 31. Dezember 2020 im angezeigten Ausmaß und bei Einhaltung einer Reihe von Auflagen keine Untersagungsgründe entgegenstehen. In der Auflage 3. dieses Bescheides wird angeordnet, dass in der gegenständlichen Erweiterungsfläche (1,38 ha) ausschließlich Damwild zu halten ist.
Diesem Spruch liegt die Anzeige des Beschwerdeführers vom 18. April 2010 betreffend die Erweiterung eines bestehenden Geheges (Ausmaß: 7,70 ha) zur Haltung von Dam- und Rotwild zur Fleischproduktion (in der EZ 43 auf den Grundstücken: 767/1, 768/2, 774/1, 773/2, 773/3, 774/2 (Teilflächen), KG Z) im Ausmaß von 1,38 ha (Gesamtgehegefläche: 9,08 ha) laut Katasterplan der Kurgemeinde B vom 18. April 2010 zu Grunde.
Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass im Zug der gemäß § 8 Abs 4 K-JG durchzuführenden Anhörung der Landesjagdbeirat, die Kammer für Land- und Forstwirtschaft in Kärnten, die Kärntner Jägerschaft, die Gemeinde sowie ein Wildbiologe angehört worden seien.
Die Landwirtschaftskammer Kärnten habe mit Schreiben vom 13. Juli 2010 mitgeteilt, dass kein Einwand zur gegenständlichen Erweiterung erhoben werde. Die Bezirksforstinspektion Spittal an der Drau habe mit Schreiben vom 16. Juli 2010 mitgeteilt, dass gegen die beabsichtigte Erweiterung des Wildgeheges aus forstfachlicher Sicht kein Einwand bestehe, weil keine Waldflächen berührt würden; weiters sei mitgeteilt worden, dass in unmittelbarer Umgebung keine verbissgefährdeten Kulturen vorhanden seien. Die Kärntner Jägerschaft (mit Schreiben vom 19. Juli 2010) sowie der Landesjagdbeirat (mit Schreiben vom 30. Juli 2010) hätten mitgeteilt, dass das bereits existierende Rot- und Damwildgehege in Mitten einer Rotwild-Kernzone liege. Erfahrungen mit anderen Wildgattern hätten gezeigt, dass durch Rotwildgatter mit einem erhöhten Wildeinfluss auf die Vegetation in der Gatterumgebung zu rechnen sei, weil natürlich vorkommendes Rotwild vor allem zur Zeit der Brunft vom Gatterwild angelockt werden könne. Sofern daher mit der Erweiterung eine Erhöhung des Rotwildanteils angedacht sei, werde die Erweiterung des bestehenden Geheges abgelehnt, weil das gesamte Gehege eine in Bezug auf die wildökologische Raumplanung Rotwild ungünstige Lage aufweise. Sollte die Erweiterung jedoch dazu dienen, den Damwildanteil zu erhöhen, werde kein Einspruch dagegen erhoben. Der Wildbiologe der belangten Behörde (Abteilung 10 - Kompetenzzentrum Land- und Forstwirtschaft, Unterabteilung Agrarrecht) habe am 26. Juli 2010 folgende Stellungnahme abgegeben:
"Am 14.07.2010 wurden die Erweiterungsflächen für das bereits bestehende Gehege des Herrn A S besichtigt.
Die beantragten Erweiterungsflächen haben ein Gesamtausmaß von 1,38 ha, wodurch das Wildgehege eine Größe von insgesamt 9,08 ha erreicht. Bei den beantragten Grundstücken handelt sich um südexponierte Wiesenflächen.
Die Einzäunung des bestehenden Geheges weist eine Höhe von 220cm auf. Die gleiche Einzäunung ist auch für die Erweiterungsflächen geplant.
Aus sachverständiger Sicht gibt es somit keine Einwände das bestehende Gehege um 1,38 ha zu erweitern."
Der Beschwerdeführer habe im Zuge des Parteiengehörs am 21. September 2010 ua zur einschränkenden Stellungnahme des Landesjagdbeirates mitgeteilt, dass die beschriebenen negativen Auswirkungen auf das Rotwild in freier Wildbahn auf dem Boden der 30-jährigen Erfahrung des Beschwerdeführers in der Wildhaltung nicht bestätigt werden könnten. Welche Schalenwildart tatsächlich im erweiterten Gehege gehalten werde, hänge von der Kundennachfrage und der daraus abgeleiteten Wirtschaftlichkeit ab; grundsätzlich bestehe die Möglichkeit, neben Rot- und Damwild auch Sikawild, Muffelwild und Davidshirsche im Gatter zu halten.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2010 habe der zuständige Amtstierarzt der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau mitgeteilt, dass Rot- und Damwild im gegenständlichen Gehege getrennt nach Tierarten (das Rotwild auf ca 3,5 ha, das Damwild auf ca 3 ha) gehalten würde. Die gegenständliche Erweiterung betreffe nach der Auskunft der Ehefrau des Beschwerdeführers ausschließlich das Damwildgehege. Das vorhandene Biotop entspreche den Vorgaben des Tierschutzgesetzes. Das Gehege werde in Form eines Fleischproduktionsgatters betrieben. Mit einem näher genannten Tierarzt bestehe ein vertragliches Betreuungsverhältnis, das Gehege entspreche auch den einschlägigen veterinärrechtlichen Bestimmungen nach dem Tierschutzgesetz und der
1. Tierhaltungsverordnung - Anlage 8.
Zur Rechtslage hielt die belangte Behörde (nach Wiedergabe der Regelung in § 8 K-JG) fest, dass - wie das dargelegte Ermittlungsverfahren ergeben habe - bei Einhaltung der im Spruch ersichtlichen Auflagen insgesamt keine Untersagungsgründe für die Erweiterung des gegenständlichen Geheges vorliegen würden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
B. Zum Beschwerdeverfahren
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und/oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
C. Erwägungen
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 8 K-JG lautet auszugsweise:
"§ 8
Gehege
(1) Gehege im Sinne dieses Gesetzes sind eingefriedete Grundflächen, auf denen Wild (§ 4) entweder zur Schau, zur Zucht, zur ausschließlichen Gewinnung von Fleisch im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes, zu Forschungszwecken oder zu vergleichbaren Zwecken gehalten wird.
(2) Gehege müssen gegen benachbarte Grundstücke so abgeschlossen sein, dass das Wild - mit Ausnahme des Federwildes - weder ein- noch auswechseln kann.
(3) Wer beabsichtigt, ein Gehege anzulegen, hat dies vor der Anlage unter Angabe der Wildarten, der Grundstücke oder Grundstücksteile, auf denen das Gehege angelegt werden soll, und einer Beschreibung der geplanten Einfriedung der Landesregierung anzuzeigen. Der Anzeige sind ein Lageplan und ein Beleg über das Eigentum oder die Zustimmung des Eigentümers anzuschließen. Soll in einem Gehege Schalenwild gehalten werden, ist eine nach dem Forstgesetz 1975 erforderliche Rodungsbewilligung anzuschließen, insoweit sich das Gehege auf Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 erstreckt.
(4) Bei der Landesregierung eingelangte Anzeigen sind von dieser unverzüglich dem Landesjagdbeirat, der Landwirtschaftskammer und den betroffenen Gemeinden zur Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen zu übermitteln. Vor Ablauf dieser Frist darf weder eine Untersagung des Geheges noch eine Feststellung, dass der Errichtung keine Untersagungsgründe entgegenstehen, erfolgen. Die Anhörungsrechte begründen keine Parteistellung.
(5) Die Landesregierung hat die Anlage eines Geheges zu untersagen, wenn die Einfriedung nicht so beschaffen ist, dass sie dem Abs. 2 entspricht oder wenn die Jagdausübung in den umliegenden Jagdgebieten dadurch wesentlich beeinträchtigt wäre.
(6) Erfolgt eine Untersagung binnen acht Wochen nach Einlangen der vollständigen Anzeige nicht oder stellt die Landesregierung vor Ablauf dieser Frist fest, dass der Anlage des Geheges keine Untersagungsgründe entgegenstehen, darf mit der Errichtung begonnen werden, und zwar
a) bei Gehegen, die in einem Eigenjagdgebiet angelegt werden, sofort, wenn die verbleibende Fläche des Eigenjagdgebietes so groß ist, dass die festgestellte Eigenschaft als Eigenjagdgebiet nicht verloren geht, und
b) bei Gehegen, die in einem Gemeindejagdgebiet angelegt werden, nach Ablauf der Pachtzeit des Gemeindejagdgebietes, es sei denn, dass der Pächter einer vorzeitigen Errichtung zustimmt und die verbleibende Fläche des Gemeindejagdgebietes so groß ist, dass die festgestellte Eigenschaft als Gemeindejagdgebiet nicht verloren geht.
(7) Wild in einem Gehege zur ausschließlichen Gewinnung von Fleisch im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes darf - unbeschadet tierschutzrechtlicher Anordnungen - nur vom Anleger oder dem jeweiligen Betreiber des Geheges oder von Personen getötet werden, die von diesen hiezu beauftragt wurden. Der Verkauf von Abschüssen ist verboten."
2. Der Einwand des Beschwerdeführers, es könne nicht nachvollzogen werden, warum es im bekämpften Bescheid zur Normierung der Auflage 3. gekommen sei, erweist sich im Ergebnis als zielführend. In der Begründung des Bescheides wird zwar das Verwaltungsgeschehen (vgl die Darstellung oben unter A.) wiedergegeben, die Erwägungen, die die belangte Behörde der Anordnung der Auflage 3. zugrunde legte, werden aber nicht (näher) dargelegt. Der angefochtene Bescheid erweist sich insofern als nicht ausreichend begründet (§ 58 Abs 2 AVG). Weder die Darstellung des Verwaltungsgeschehens noch die Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde (vgl aus der ständigen Judikatur etwa VwGH vom 19. Dezember 2006, 2005/03/0003) vermögen diese fehlende Begründung zu ersetzen.
3. Vergleichbares gilt für den weiteren Einwand des Beschwerdeführers, dass die belangte Behörde ihre Feststellung der Nichtuntersagung nicht lediglich für einen bestimmten Zeitraum befristet hätte aussprechen dürfen. Nähere Überlegungen der belangten Behörde zur Begründung dieser Vorgangsweise lassen sich dem angefochtenen Bescheid ebenfalls nicht entnehmen. Auch diesbezüglich erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht ausreichend begründet. Bei dieser Sachlage ist es (noch) nicht erforderlich, die Frage zu prüfen, ob sich eine solche Befristung auf das K-JG (was die Beschwerde verneint) stützen kann (eine präzise Angabe einer solchen Rechtsgrundlage ergibt sich weder aus dem bekämpften Bescheid noch offenbar aus den Erklärungen in der Gegenschrift der belangten Behörde).
4.1. Ungeachtet dessen ist anzumerken, dass die vorliegend maßgebliche Frage, ob durch die Anlage der Erweiterung des schon bestehenden Geheges die Jagdausübung in den umliegenden Jagdgebieten iSd § 8 Abs 5 K-JG wesentlich beeinträchtigt wird, zwar eine von der Behörde zu beurteilende Rechtsfrage darstellt, die für die Beurteilung dieser Rechtsfrage erforderlichen Sachverhaltsgrundlagen verlangen als jagdfachliche Fragestellung allerdings eine sachverständige Beurteilung, die auf Grund des zu ihrer Beantwortung erforderlichen Fachwissens ohne Beiziehung eines geeigneten Sachverständigen nicht erfolgen kann.
Ein solches Sachverständigengutachten muss einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Der Befund ist also die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zurhilfenahme fachspezifischer Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteils (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel ungeeignet; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Verpflichtung zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts (§ 37 AVG) nicht gerecht. Der Sachverständige muss also, damit von der Behörde eine Schlüssigkeitsprüfung seines Gutachtens vorgenommen werden kann, auch darlegen, auf welchem Wege er zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist (vgl VwGH vom 26. April 2005, 2001/03/0454, VwSlg 16.600 A/2005; VwGH vom 22. Dezember 2004, 2002/08/0267, beide mwH).
4.2. Die Anhörung des Landesjagdbeirates nach § 8 Abs 4 K-JG bzw die Befassung der Kärntner Jägerschaft kann nicht bedeuten, dass diese Institutionen in einem Verfahren wie dem vorliegenden als Sachverständige beigezogen wurden, zumal nach der ständigen Rechtsprechung im Grunde des § 52 AVG nur physische Personen Sachverständige sein können (vgl etwa VwGH vom 12. September 1980, 1343/79, VwSlg 10.225 A; ((VwGH 27. März 2003, 2000/09/0029, VwSlg 16046 A)); VwGH vom 29. Juli 1992, 91/12/0036; VwGH 26. April 2006, 2005/12/0047). Deren Stellungnahmen sind zwar Beweismittel im Sinn des § 46 AVG, liegen aber nicht auf der Ebene von Sachverständigengutachten (vgl in diesem Sinne VwGH vom 19. Dezember 2006, 2004/03/0172). Im Übrigen kommen weder dem Landesjagdbeirat (vgl § 8 Abs 4 K-JG, sowie VwGH vom 19. Oktober 2004, 2001/03/0077) noch der Kärntner Jägerschaft im vorliegenden Verwaltungsverfahren Parteistellung zu. Diese Einrichtungen haben daher auch nicht das nach § 45 Abs 3 AVG den Parteien zustehende Recht, vom Ergebnis von Beweisaufnahmen Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Die Einladung an die Kärntner Jägerschaft und an den Landesjagdbeirat bedeutet somit nicht, dass diese Stellen ein Sachverständigengutachten zu erstatten gehabt hätten. Im Übrigen würden die abgegebenen Stellungnahmen die Kriterien eines Sachverständigengutachtens (vgl oben C.4.1.) nicht erfüllen, zumal sich diese - lediglich unter Hinweis auf nicht näher dargestellte Erfahrungen mit Wildgattern - in der Abgabe bloß eines fachlichen Urteils erschöpfen. Dieses Urteil steht inhaltlich zudem in einem gewissen Spannungsverhältnis zu der wiedergegebenen Beurteilung des Sachverständigen der belangten Behörde, der aus der fachlichen Sicht eines Wildbiologen gegen die Erweiterung des Geheges keinen Einwand hegte. Dazu kommt noch, dass nach der Stellungnahme der herangezogenen Bezirksforstinspektion in unmittelbarer Umgebung der Erweiterung des Wildgeheges keine verbissgefährdeten Kulturen vorhanden sind, was dazu geeignet ist, die Befürchtung in den Stellungnahmen, es könnte durch die Erweiterung des Geheges konkret zu einem erhöhten Wildeinfluss auf die Vegetation in der Gatterumgebung kommen, zu relativieren.
5. Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am 21. Dezember 2012
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