VwGH 2012/02/0067

VwGH2012/02/006729.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des B. in L., vertreten durch Mag. Dr. Andreas Mauhart, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Jahnstraße 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 7. Februar 2012, Zl. VwSen-166118/11/Fra/Rei, betreffend Übertretung der StVO 1960 (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs2 Z1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §5 Abs2 Z1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 7. Februar 2012 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe sich am 29. November 2010 um

21.21 Uhr an einem näher genannten Ort geweigert, sich der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt (Alkomat) zu unterziehen, obwohl er von einem besonders geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht dazu aufgefordert worden sei, weil er verdächtig gewesen sei, ein Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungssymptome: deutlicher Alkoholgeruch aus dem Mund, gerötete Augenbindehäute, schwankender Gang, lallende Sprache) gelenkt zu haben.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.600,-

- (Ersatzfreiheitsstrafe: zwei Wochen) verhängt wurde.

In der Begründung wird u.a. ausgeführt, bei der Berufungsverhandlung sei auch der Beschwerdeführer persönlich anwesend gewesen. Dezidiert befragt, habe der Zeuge J. angegeben, dass es sich bei dem anwesenden Beschwerdeführer um jene Person handle, die er im Fahrzeug sitzend gesehen habe. Er schließe diesbezüglich jeglichen Zweifel aus. Er habe auch im Fahrzeug keine weitere Person sitzend wahrgenommen (ob eine Person allenfalls auf der Rücksitzbank gelegen sei, habe der Zeuge allerdings nicht ausschließen können). Auch im Nahbereich des Fahrzeuges habe er nie eine weitere Person wahrgenommen. Auch der Meldungsleger BI W. habe angegeben, weder bei der Anfahrt zum PKW noch bei der Amtshandlung im oder im Nahbereich des Fahrzeuges eine andere Person wahrgenommen zu haben.

In rechtlicher Hinsicht sei auszuführen, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Berechtigung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt bereits dann bestehe, wenn eine Person bloß "verdächtig" sei, ein Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Der objektive Tatbestand sei bereits mit der Verweigerung, sich dem Test zu unterziehen, vollendet. Es sei somit rechtlich unerheblich, ob im Zuge des darauf folgenden Verwaltungsstrafverfahrens der Beweis erbracht werde, ob der Beschuldigte tatsächlich ein Fahrzeug gelenkt habe. Im Hinblick auf die Beobachtungen des Zeugen J., der nachfolgenden Amtshandlung, vorgenommen durch BI W., sei für die belangte Behörde der Verdacht des Lenkens des in Rede stehenden PKWs durch den Beschwerdeführer erwiesen.

Wenngleich sich der Zeuge J. bei der Berufungsverhandlung an Details nicht mehr habe erinnern können, was aufgrund der verstrichenen Zeit durchaus erklärbar sei, sei zu bedenken, dass dieser Zeuge einige Tage nach dem Vorfall dezidiert zu seinen Wahrnehmungen vernommen worden sei. Dem Zeugen sei auch ein Passfoto des Beschwerdeführers gezeigt worden und er habe diesen Mann als jenen Mann identifizieren können, den er im Fahrzeug sitzend wahrgenommen habe.

Die vom Beschwerdeführer genannte Person, die angeblich das Fahrzeug gelenkt habe (Herr K.), habe dezidiert die Lenkereigenschaft verneint. Der Versuch des Beschwerdeführers, eine andere Person als Lenker zu benennen, sei vollkommen ins Leere gegangen.

Für die belangte Behörde sei daher der Verdacht des Lenkens des in Rede stehenden Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer erwiesen. Die vom Meldungsleger BI W. festgestellten Alkoholisierungssymptome seien vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Ebenso werde seitens des Beschwerdeführers nicht bestritten, die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung verweigert zu haben. Schließlich habe sich der Beschwerdeführer vorerst nicht ausweisen wollen und eine tatsächlich existierende Person (einen Angestellten von ihm) als Lenker angegeben. Weitere Beweise zur Frage der Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt seien daher nicht aufzunehmen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird u.a. gerügt, es sei offen geblieben, wie die belangte Behörde zu dem Schluss komme, dass der Beschwerdeführer das gegenständliche Fahrzeug gelenkt habe. Nach Aussage der Zeugen RI H. und BI W. habe der Beschwerdeführer auf dem Beifahrersitz gesessen und sei kein KFZ-Schlüssel vorhanden gewesen. Der Zeuge J. habe bei seinen zahlreichen Vorbeifahrten auch zumindest einmal wahrgenommen, dass der Beschwerdeführer auf dem Beifahrersitz gesessen sei. Weiters habe der Beschwerdeführer ausgesagt, dass er zu keinem Zeitpunkt den gegenständlichen PKW "in Bewegung genommen" habe. Auch hätten sämtliche Zeugen ausgesagt, dass sie das Fahrzeug nie in Bewegung gesehen hätten. Sohin sei keine Eigenschaft eines Lenkers gegeben.

Nach § 5 Abs. 2 zweiter Satz Z. 1 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hierzu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung zu § 5 Abs. 2 zweiter Satz StVO 1960, dass der bloße Verdacht, der Aufgeforderte habe ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt, ausreicht. Der Verdacht muss sich demnach einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 2012, Zl. 2011/02/0244, m.w.N.).

Der Beschwerdeführer übersieht bei seiner Argumentation, dass sich die belangte Behörde nicht auf das tatsächliche Lenken des gegenständlichen Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer stützte, sondern vom Vorliegen eines Verdachtes des Lenkens dieses Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer ausging. Die Beschwerdeausführungen, die sich ausschließlich auf das Lenken des Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer beschränken, gehen daher ins Leere.

Nach der Aktenlage fehlt es an Anhaltspunkten, dass die belangte Behörde zu Unrecht vom Vorliegen eines solchen Verdachtes ausging, zumal der vom Beschwerdeführer zunächst im Zuge der Amtshandlung bekannt gegebene Lenker (ein Mitarbeiter des Beschwerdeführers) am Tatort nicht auffindbar war und dieser in der Folge auch das Lenken des gegenständlichen Fahrzeuges entschieden in Abrede stellte. Von den einschreitenden Beamten ebenso wie vom Zeugen J. wurde nur der Beschwerdeführer am Tatort wahrgenommen. Es ist daher die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht als unschlüssig zu erkennen.

Überdies wies der Beschwerdeführer für die einschreitenden Beamten deutlich erkennbare Alkoholisierungsmerkmale auf (Alkoholgeruch, schwankender Gang, lallende Sprache, Bindehautrötung). Unter diesen Umständen war es daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde vom Vorliegen eines Verdachtes im Sinne der vorzitierten hg. Judikatur ausging. Dass der Beschwerdeführer trotz entsprechender Aufforderung die Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt verweigerte, wird von ihm nicht in Abrede gestellt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 2008, Zl. 2007/02/0356, m.w.N.).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. Juni 2012

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