Normen
ASVG §4 Abs2;
ASVG §5 Abs1 Z2;
ASVG §5 Abs2;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §5 Abs1 Z2;
ASVG §5 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin zur Last gelegt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der b.-GmbH zu verantworten, dass es diese Gesellschaft als Dienstgeberin am 22. Mai 2010 unterlassen habe, die von ihr in E. am Gelände eines Konzerts beschäftigten, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherten, näher aufgezählten elf Personen vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über die Beschwerdeführerin elf Geldstrafen zu je EUR 770,-, insgesamt daher EUR 8.470,-
(Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen und zwei Stunden, insgesamt daher 22 Tage und 22 Stunden), gemäß § 111 Abs. 2 ASVG iVm § 9 VStG verhängt.
Weiters wurde mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von insgesamt EUR 1.694,- zu bezahlen habe und dass die b.-GmbH gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die verhängten Geldstrafen sowie die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand hafte.
Nach der Darlegung des Verwaltungsgeschehens, der Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen und der Wiedergabe der von der belangten Behörde - im Rahmen einer am 30. Juni 2011 durchgeführten mündlichen Verhandlung - aufgenommenen Zeugenaussagen, stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:
Zum Tatzeitpunkt sei die Beschwerdeführerin handelsrechtliche Geschäftsführerin der b.-GmbH mit Sitz in W. gewesen.
Am 22. Mai 2010 habe ab etwa 10:20 Uhr eine behördliche Kontrolle am Gelände eines Konzerts in E. und außerhalb des Geländes entlang der F.-Straße stattgefunden. Anlässlich dieser Kontrolle sei der Dienstnehmer S. am Eingang zum Konzertgelände beim Bewachen eines Parkplatzes, somit arbeitend, angetroffen worden.
Mit der Beschwerdeführerin sei eine Niederschrift aufgenommen worden. Die b.-GmbH, die die verfahrensgegenständlichen elf Dienstnehmer beschäftigt habe, sei am Konzert als Subunternehmerin der S.-GmbH tätig gewesen, deren handelsrechtliche Geschäftsführerin ebenfalls die Beschwerdeführerin gewesen sei.
Die elf Dienstnehmer seien (zumindest) zu den im Straferkenntnis genannten Zeiten als "Securities" beschäftigt gewesen. Ihre vorgegebene Arbeitszeit habe zwischen 12 und 19 Stunden betragen. Während der Veranstaltung hätten sie im Wesentlichen Einlass-, Taschen- und Personenkontrollen durchgeführt. Der Dienstnehmer S., der beim Bewachen eines Parkplatzes angetroffen worden sei, habe über Anweisung auch andere "Securities" koordiniert. Bezahlt worden sei eine Entlohnung zwischen EUR 7,- und EUR 10,- pro Stunde zuzüglich einer Fahrtkostenpauschale. Auch Lunchpakete seien den Dienstnehmern zur Verfügung gestellt worden. Der Transport zum und vom Konzertgelände sei durch Busse organisiert gewesen.
Die Anbahnung der Dienstverhältnisse sei durch persönliche oder telefonische Vereinbarung und per E-Mail durch Mitarbeiter der b.-GmbH erfolgt. Bereits vorab seien den Dienstnehmern der Arbeitsort (Konzertgelände in E.), die von ihnen zu verrichtende Tätigkeit ("Security"), die Entlohnung und die Arbeitszeit bekannt gegeben worden, ebenso die Abfahrtszeiten der Busse. Die Dienstnehmer, die mit Bussen zum Konzertgelände transportiert worden seien, seien bei Abfahrt der Busse namentlich aufgerufen worden. Für die Rückfahrt der Busse nach dem Konzert seien Abfahrtszeit und -ort festgelegt worden.
Nach Ankunft am Konzertgelände hätten Mitarbeiter der b.-GmbH eine Einweisung durchgeführt, bei der unter anderem auch mitgeteilt worden sei, wie Personen- und Taschenkontrollen durchzuführen seien. Die Dienstnehmer hätten orange T-Shirts erhalten, die sie als "Securities" kennzeichneten. In der Folge seien sie ihren jeweiligen Einsatz- und Aufenthaltsorten am Konzertgelände zugeteilt worden. Die Arbeitsleistung sei durch Aufsichtspersonen überprüft worden.
Tatsächlich hätten die Dienstnehmer ihre Tätigkeit nach eigenem Ermessen und ohne Konsequenzen nicht unterbrechen oder beenden können. Eine Vertretung durch Dritte wäre nicht möglich gewesen. Eine generelle Vertretungsbefugnis sei nicht vereinbart worden. Wäre den Dienstnehmern die Erbringung ihrer Arbeitsleistung nicht möglich gewesen, etwa durch Krankheit oder sonstige Verhinderung, hätten sie einen Mitarbeiter der b.-GmbH oder die Beschwerdeführerin verständigen müssen.
Zum Zeitpunkt der Kontrolle hätten lediglich Meldungen der Dienstnehmer als geringfügig beschäftigte Angestellte gemäß § 4 Abs. 4 ASVG bestanden. Tatsächlich seien die elf Dienstnehmer jedoch von der b.-GmbH auf dem Konzert in E. nicht nur geringfügig in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigt worden. Eine dieser Beschäftigung entsprechende Anmeldung der Dienstnehmer beim zuständigen Krankenversicherungsträger vor Arbeitsantritt sei nicht erfolgt.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde (im Wesentlichen) aus, die Beschäftigung der Dienstnehmer am Konzert durch die b.- GmbH sei nicht bestritten worden, ebensowenig die Arbeitszeiten im Ausmaß von 12 bis 19 Stunden. Die Feststellungen zur Anbahnung und Abwicklung der Dienstverhältnisse gründeten sich auf die Aussagen der in der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2011 einvernommenen Dienstnehmer, die insgesamt einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen hätten. Die Aussagen der Dienstnehmer stimmten in den wesentlichen Punkten widerspruchsfrei überein und es sei von ihnen schlüssig dargelegt worden, dass Arbeitszeit, Arbeitsort, Entlohnung, Abfahrtszeit der Busse und Inhalt der Tätigkeit bereits vorab bekannt gegeben worden sei. Alle Dienstnehmer hätten angegeben, als "Securities" beschäftigt gewesen zu sein.
Aus diesen Aussagen sei weiters ersichtlich, dass die Dienstnehmer ihre Tätigkeit tatsächlich nicht ohne Konsequenzen hätten unterbrechen oder abbrechen können. Da genau eingeteilt gewesen sei, wer wo welche Tätigkeit zu verrichten habe und zum Teil, etwa beim Einlass, großer Andrang der Besucher geherrscht habe, hätte ein fehlender Dienstnehmer auch nicht einfach durch einen Kollegen ersetzt werden können. Wie die Zeugin Z. ausgesagt habe, sei der Andrang der Besucher während der ersten drei bis vier Stunden so groß gewesen, dass sie ihren Arbeitsplatz tatsächlich überhaupt nicht verlassen hätten können. Danach sei es etwas ruhiger geworden, sodass es möglich gewesen sei, zwischendurch kurz zu essen. Die Dienstnehmer hätten sich jedoch "örtlich nicht verändern" dürfen.
Übereinstimmend und nachvollziehbar hätten die Dienstnehmer angegeben, dass bei einem Abbruch ihrer Tätigkeit die Konsequenz gewesen wäre, dass sie in Zukunft nicht mehr für die b.-GmbH hätten arbeiten können. Ein Abbruch der Tätigkeit sei tatsächlich nicht erfolgt, dies wäre den aus dem Raum W. angereisten Dienstnehmern allein deshalb nicht möglich gewesen, da sie aufgrund der räumlichen Entfernung von ihrem Wohnort auf den Rücktransport angewiesen gewesen seien.
Für die Dienstnehmer habe jedenfalls keine Verpflichtung bestanden, im Falle ihrer Verhinderung einen Vertreter zu entsenden. Der Zeuge S., der zunächst angegeben habe, er hätte sich vertreten lassen können, habe im Zuge seiner Befragung schließlich eingeräumt, dass aufgrund seiner Arbeitszeiten und der Art der Tätigkeit, für die er eingeteilt gewesen sei, eine Vertretung tatsächlich nicht möglich gewesen wäre. Die Zeugin B. habe bestätigt, sie hätte lediglich zu arbeiten aufhören können, wenn ihr etwa übel geworden wäre. Der Zeugin G. sei per E-Mail vor der Veranstaltung bekannt gegeben worden, bei Verhinderung Frau H. zu verständigen.
Die Zeugin B. habe ausgesagt, dass mehrere Aufsichtspersonen ("Supervisor") die Dienstnehmer am Gelände kontrolliert hätten. Auch die Zeugen E., F. und K. hätten bestätigt, dass es vor Ort "Supervisors" gegeben habe, die anlässlich mehrerer Rundgänge am Gelände geprüft hätten, ob die Dienstnehmer an ihren jeweiligen Einsatzorten anwesend gewesen seien und gearbeitet hätten.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, eine Gesamtbetrachtung der Beschäftigung der verfahrensgegenständlichen Dienstnehmer habe zum Ergebnis geführt, dass ihre Bestimmungsfreiheit durch diese Beschäftigung und während dieser weitgehend ausgeschaltet gewesen sei, weshalb persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG vorgelegen sei. Neben der persönlichen und - daraus resultierenden - wirtschaftlichen Abhängigkeit der Dienstnehmer liege auch Entgeltlichkeit vor. Werde -wie im Beschwerdefall - ein festes Entgelt "zeitbezogen", also unabhängig von der tatsächlich erbrachten Leistung ausbezahlt, sei dies ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Dienstnehmereigenschaft gemäß § 4 Abs. 2 ASVG.
Am 22. Mai 2010 habe somit ex lege Pflichtversicherung der Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG bestanden. Eine dementsprechende Anmeldung zur Sozialversicherung vor Arbeitsantritt sei jedoch nicht erfolgt. Es hätten lediglich Meldungen als geringfügig gemäß § 4 Abs. 4 ASVG beschäftigte Angestellte zur Sozialversicherung bestanden.
Aufgrund der festgestellten Entlohnung der Dienstnehmer handle es sich bei den gegenständlichen Dienstverhältnissen, die für die Zeit des Konzerts und somit für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart gewesen seien, jedenfalls nicht nur um geringfügige Beschäftigungen. Durch die nicht nur geringfügige und entgeltliche Beschäftigung der Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit am gegenständlichen Konzert in E. sei daher der objektive Tatbestand der der Beschwerdeführerin angelasteten Verwaltungsübertretungen erfüllt.
Bei diesen Verwaltungsübertretungen handle es sich um Ungehorsamsdelikte, weil weder der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr vorausgesetzt würden, noch über das Verschulden etwas bestimmt werde. Bei solchen Delikten obliege es gemäß § 5 Abs. 1 VStG der Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihr die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne ihr Verschulden unmöglich gewesen sei. Eine derartige Glaubhaftmachung sei der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall nicht gelungen, weshalb auch der subjektive Tatbestand der angelasteten Übertretungen verwirklicht gewesen sei.
Unter dem Titel "Abweisung offener Beweisanträge" führte die belangte Behörde aus, seitens der Beschwerdeführerin sei die Einvernahme der Zeugen J. und S., sowie ihre eigene Einvernahme als Partei beantragt worden. Die Parteieneinvernahme sei am 11. März 2011 durchgeführt worden. Die Einvernahme des Zeugen S. sei am 30. Juni 2011 erfolgt. Die Zeugin J. sei trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht zur öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2011 erschienen. Aufgrund des durchgeführten umfangreichen Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch der zahlreichen, am 30. Juni 2011 gehörten Zeugen und der insgesamt vorliegenden schlüssigen Beweisergebnisse, sei eine ergänzende Befragung der Beschwerdeführerin und eine Einvernahme der Zeugin J. zur Wahrheitsfindung nicht erforderlich gewesen und habe daher unterbleiben können.
Bei der Frage, ob die gegenständlichen Dienstverhältnisse als "echte" und vollversicherungspflichtige Dienstverhältnisse zu qualifizieren gewesen seien, handle es sich darüber hinaus ohnehin um eine zu lösende Rechtsfrage und kein Sachverhaltsvorbringen. Da sämtliche Feststellungen zum Sachverhalt bereits aufgrund der durchgeführten Ermittlungen und vorliegenden Beweisergebnisse getroffen werden konnten, der Sachverhalt daher ausreichend geklärt sei und die Sache entscheidungsreif gewesen sei, seien weitere Einvernahmen nicht erforderlich und offene Beweisanträge daher abzuweisen gewesen.
Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin zum Tatzeitpunkt "nicht vollkommen unbescholten, aber auch nicht einschlägig vorbestraft" sei. Zur Anwendung gelange daher der von EUR 730,- bis zu EUR 2.180,-
reichende Strafrahmen des ersten Strafsatzes des § 111 Abs. 2 ASVG für jeden unangemeldeten beschäftigten Dienstnehmer. Durch die zu verantwortenden Verwaltungsübertretungen sei das öffentliche Interesse an der fristgerechten Anmeldung von Dienstnehmern beim zuständigen Krankenversicherungsträger und an der damit verbundenen sozialen Absicherung der betreffenden Arbeitskräfte in erheblichem Maße geschädigt worden. Der objektive Unrechtsgehalt der Taten könne daher selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen nicht als gering gewertet werden. Auch das Ausmaß des Verschuldens könne in Anbetracht der Außerachtlassung der im gegenständlichen Fall objektiv gebotenen und zumutbaren Sorgfaltspflicht nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen sei, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen gewesen sei, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung der Straftatbestände aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Beschwerdeführerin seien aufgrund ihrer Angaben als günstig gewertet worden. Bei der Strafbemessung sei kein Umstand als mildernd oder erschwerend zu berücksichtigen gewesen. Die im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegenen Geldstrafen erwiesen sich daher als schuld- und tatangemessen und nicht zu hoch. Unter Bedachtnahme auf die genannten Strafzumessungsgründe, general- und spezialpräventive Erwägungen, den Unrechtsgehalt der Taten, das nicht nur geringfügige Verschulden, die günstigen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse sowie den für jeden unangemeldet beschäftigten Dienstnehmer von EUR 730,- bis zu EUR 2.180,-
reichenden gesetzlichen Strafrahmen komme eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafen daher nicht in Betracht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und stellte den Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsbeginn beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs. 1 für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.
Gemäß § 34 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber während des Bestandes der Pflichtversicherung jede für diese Versicherung bedeutsame Änderung, insbesondere jede Änderung im Beschäftigungsverhältnis, wie Änderung der Beitragsgrundlage, Unterbrechung und Wiedereintritt des Entgeltanspruches, Wechsel in das neue Abfertigungssystem nach § 47 des Betrieblichen Mitarbeitervorsorgegesetzes (BMVG), BGBl. I Nr. 100/2002, oder nach vergleichbaren österreichischen Rechtsvorschriften, innerhalb von sieben Tagen dem zuständigen Krankenversicherungsträger zu melden.
§ 111 ASVG idF BGBl. I Nr. 150/2009 lautet (auszugsweise):
"§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet
(…)
(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar
- mit Geldstrafe von 730 EUR bis zu 2.180 EUR, im Wiederholungsfall von 2.180 EUR bis zu 5.000 EUR,
- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,
sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 EUR herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
(…)
(5) Die Verwaltungsübertretung gilt als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt."
2. Die Beschwerdeführerin bestreitet zunächst, dass überhaupt eine Verletzung der Meldepflicht vorliegt. Die elf beschäftigten Personen seien rechtzeitig vor Arbeitsantritt bei der Wiener Gebietskrankenkasse als geringfügig beschäftigte freie Dienstnehmer gemeldet worden. Diese Personen seien - wie auch das Beweisverfahren ergeben habe - bereits seit einem längeren Zeitraum bei der Beschwerdeführerin beschäftigt gewesen. Infolge dieser längeren Beschäftigungsdauer der verfahrensgegenständlichen Personen bei der b.-GmbH sei von unbefristeten Dienstverhältnissen auszugehen, weshalb die monatliche Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 Z 2 ASVG zur Anwendung komme. Diese Geringfügigkeitsgrenze sei jedoch in keinem einzigen Fall überschritten worden. Die belangte Behörde gehe fälschlich davon aus, dass die gegenständlichen Dienstverhältnisse nur für die verfahrensgegenständliche Konzertveranstaltung geschlossen worden seien und die tägliche Geringfügigkeitsgrenze zur Anwendung gelange. Es die Zeugen A., E., F., G. und S. hätten ausgesagt, dass sie bereits seit Längerem und regelmäßig für die b.-GmbH gearbeitet hätten. Dem widersprechende Zeugenaussagen bzw. sonstige Beweisergebnisse würden nicht vorliegen. Entsprechende Ausführungen der Beschwerdeführerin selbst seien aufgrund der beantragten, aber von der belangten Behörde unterlassenen, ergänzenden Einvernahme der Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen. Die - von der belangten Behörde nicht einvernommene - Zeugin J. sei bei der b.-GmbH vom 27. Oktober 2008 bis 31. August 2011 durchgehend beschäftigt gewesen. Der Zeuge S., welcher bei seiner Einvernahme auch ausgesagt habe, dass er seit fünf Jahren für die b.-GmbH arbeite, sei zuletzt vom 1. September 2009 bis 31. Juli 2011 durchgehend bei der b.-GmbH beschäftigt gewesen.
3. Gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 ASVG sind von der Vollversicherung nach § 4 - unbeschadet einer nach § 7 oder nach § 8 eintretenden Teilversicherung - (unter anderem) Dienstnehmer und ihnen gemäß § 4 Abs. 4 gleichgestellte Personen ausgenommen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Abs. 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen).
§ 5 Abs. 2 ASVG in der im Beschwerdefall zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung mit den gemäß § 108 Abs. 1 iVm Abs. 6 ASVG durch BGBl. II Nr. 2009/450 kundgemachten festen Beträge lautet (auszugsweise):
"(2) Ein Beschäftigungsverhältnis gilt als geringfügig, wenn es
1. für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 28,13 EUR, insgesamt jedoch von höchstens 366,33 EUR gebührt oder
2. für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 366,33 EUR gebührt.
(…)"
Die belangte Behörde traf - wenn auch in ihren rechtlichen Ausführungen - die Feststellung, dass die gegenständlichen Dienstverhältnisse "für die Zeit des (…) Konzertes und somit für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart waren". Die belangte Behörde traf weiters die - unbestritten gebliebene - Feststellung, dass die Arbeitszeiten der einzelnen Dienstnehmer beim Konzert zwischen 12 und 19 Stunden betragen hätten und eine Entlohnung zwischen EUR 7 und EUR 10 pro Stunde zuzüglich einer Fahrtkostenpauschale bezahlt worden sei. Aus diesen Feststellungen lässt sich ein für den 22. Mai 2010 die tägliche Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG überschreitendes Entgelt ableiten.
Nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin handelte es sich bei den gegenständlichen Dienstverhältnissen jedoch um unbefristete Dienstverhältnisse, für die deshalb die monatliche Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 Z 2 ASVG in der Höhe von EUR 366,33 zur Anwendung komme. Ein Überschreiten dieser Grenze sei von der belangten Behörde nicht festgestellt worden.
Schon im Verwaltungsverfahren - so etwa in der Berufung vom 31. Dezember 2010 und in einer ergänzenden Stellungnahme vom 8. März 2011 - hat die Beschwerdeführerin vorgebracht, dass alle elf Dienstnehmer über einen "längeren Zeitraum" bei der b.-GmbH beschäftigt gewesen seien und die monatliche Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten worden sei. Wenngleich mit diesem Vorbringen nicht ausdrücklich behauptet wurde, dass die Dienstnehmer mindestens einen Monat oder länger bei der b.-GmbH beschäftigt gewesen seien, so wurde damit jedenfalls eine Beschäftigung der Dienstnehmer über den 22. Mai 2010 hinaus behauptet.
Für die Annahme eines durchgehenden Beschäftigungsverhältnisses - wie es die Beschwerdeführerin in der Beschwerde behauptet - kommt es primär auf die ausdrückliche oder schlüssige Vereinbarung einer im Voraus bestimmten Arbeitsleistung an, wobei die tatsächlich feststellbare periodisch wiederkehrende Leistung ein Indiz für die zuletzt genannte schlüssige Vereinbarung ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0215, mwN).
Die Frage, ob einzelne Dienstnehmer für (durchgehend) mindestens ein Kalendermonat oder unbefristet bei der b.-GmbH beschäftigt waren, ist im gegenständlichen Verfahren wesentlich dafür, ob zwischen den einzelnen Dienstnehmern und der b.-GmbH vollversicherungspflichtige oder bloß geringfügige Dienstverhältnisse bestanden. Im Fall des Vorliegens mindestens ein Kalendermonat dauernder oder unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse wäre für das Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze nämlich nicht das tägliche Entgelt nach § 5 Abs. 2 Z 1 ASVG, sondern das monatliche Entgelt nach § 5 Abs. 2 Z 2 ASVG in der Höhe von EUR 366,33 relevant; letzteres wurde von der belangten Behörde aber nicht festgestellt, da diese nur von einer Beschäftigung während der Konzertveranstaltung ausging. Auch im Fall einer - eine Woche nicht überschreitenden - tageweisen Beschäftigung als fallweise beschäftigte Personen im Sinne des § 471b ASVG bedürfte es weiterer Feststellungen zu dem Verdienst an den anderen Tagen, um gemäß § 471c ASVG das im Durchschnitt gebührende tägliche Entgelt zu ermitteln.
Bis auf die Feststellung, dass die gegenständlichen Dienstverhältnisse für die Zeit des Konzerts am 22. Mai 2010 und damit für einen kürzeren Zeitraum als einen Kalendermonat vereinbart worden seien, finden sich im angefochtenen Bescheid keine Ausführungen dazu, ob die Dienstnehmer durchgehend oder an einzelnen anderen Tagen für die b.-GmbH tätig waren. Es fehlt in diesem Zusammenhang insbesondere an einer Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen, dass sämtliche Dienstnehmer über einen "längeren Zeitraum" für die b.-GmbH tätig gewesen seien. Insbesondere da die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde aufgenommenen - und im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen - Zeugenaussagen kein eindeutiges Bild zu dieser Frage abgeben, wäre es Aufgabe der belangten Behörde gewesen, sich im Rahmen der Beweiswürdigung damit auseinanderzusetzen, worauf die Feststellung, ein Beschäftigungsverhältnis habe nur am Konzerttag bestanden, gründet, zumal sie - in gewissem Widerspruch dazu - nur auf den 22. Mai 2010 beschränkte Meldungen als Pflichtversicherte nach § 7 Z 3 lit. a ASVG festgestellt hat. Eine dem Gesetz entsprechende Bescheidbegründung muss nämlich zu widersprechenden Beweisergebnissen im einzelnen Stellung nehmen und schlüssig darlegen, was die Behörde veranlasst hat, dem einen Beweismittel mehr Vertrauen entgegenzubringen als dem anderen (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 22. März 2012, Zl. 2010/07/0115).
Dieser Feststellungsmangel ist auch relevant. Würde sich nämlich zeigen, dass (einzelne Dienstnehmer) tatsächlich mindestens ein Kalendermonat oder unbefristet bei der b.-GmbH beschäftigt wurden, fehlte es an weiteren Feststellungen im angefochtenen Bescheid, die zweifelsfrei ein Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 Z 2 ASVG erkennen ließen. Wären aber (einzelne) Dienstnehmer nur geringfügig beschäftigt gewesen, käme hinsichtlich dieser Dienstnehmer - unabhängig von ihrer Beschäftigung als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 oder des § 4 Abs. 4 ASVG - kein Schuldspruch wegen Verletzung des § 33 Abs. 1 ASVG, in Betracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 2011, Zl. 2009/08/0086, mwN).
4. Aus diesem Grund leidet der angefochtenen Bescheid an einem wesentlichen Verfahrensmangel und war wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 11. Juli 2012
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