VwGH 2011/03/0081

VwGH2011/03/008124.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des A L in W, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 19. Jänner 2011, Zl E1/254.886/2010, betreffend Erweiterung der Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VwRallg;
WaffG 1996 §23 Abs1;
WaffG 1996 §23 Abs2;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VwRallg;
WaffG 1996 §23 Abs1;
WaffG 1996 §23 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Inhaber einer Waffenbesitzkarte für zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen.

Mit Eingabe vom 8. Jänner 2010 beantragte er die Erweiterung seiner Waffenbesitzkarte auf acht Stück genehmigungspflichtige Schusswaffen, hilfsweise auf eine "geringere Anzahl". Zur Rechtfertigung führte er an, drei Schusswaffen zur Selbstverteidigung zu benötigen, weil er sowohl für seine Arbeitsstätte als auch für seine zwei Wohnsitze Waffen zum Selbstschutz bereithalten wolle und der Transport einer Waffe zwischen diesen Orten untunlich sei. Weitere fünf Schusswaffen erfordere seine - näher dargestellte - Ausübung des Schießsportes.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Erweiterungsantrag gemäß § 23 Abs 2 Waffengesetz 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), ab.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer sei mit do Schreiben vom 27. Dezember 2010 aufgefordert worden, zur Dartuung seiner schießsportlichen Aktivitäten, auch der von ihm absolvierten Trainings, schriftliche Aufzeichnungen über deren Frequenz, insbesondere Kopien der Standbücher des Vereins, in denen die Vermietung eines Schießstandes und auch die allfällige Anwesenheit eines Gastes vermerkt seien, vorzulegen. Dem Beschwerdeführer sei mitgeteilt worden, dass aufgrund der vorliegenden Ergebnislisten seines Vereins davon ausgegangen werde, dass er jedenfalls in der Disziplin SGKP (FWGK-Pistole) regelmäßig sportlich schieße. Weiters sei er aufgefordert worden, allfällige Beweismittel vorzulegen, die ein Schießen in den Kategorien Kleinkaliber (Sportpistole), Großkaliber-Revolver und die IPSC-3-Gun in einem über das Ausmaß des Gelegentlichen oder Fallweisen hinausgehenden glaubhaft erscheinen ließen. Vor Ablauf der gesetzten Frist (zwei Wochen) habe der Beschwerdeführer wegen der Feiertage eine Fristverlängerung bis zum 5. Februar 2011 beantragt. Diesem Antrag sei nicht stattzugeben gewesen, weil selbst unter Berücksichtigung der Weihnachtsfeiertage kein Grund ersichtlich sei, die Frist um weitere vier (!) Wochen zu verlängern.

Auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgelegten und von der erkennenden Behörde erhobenen Ergebnislisten sei es als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer in der Disziplin "Sportliches Großkaliber Pistole" (FWGK-Pistole) regelmäßig sportlich schieße und auch an Wettbewerben teilnehme. Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers habe er für die Disziplinen Sportpistole (Kleinkaliberpistole, Rimfire Pistol) keine Ergebnislisten vorgelegt. Wie oft und allenfalls ob überhaupt in einem das Fallweise oder Gelegentliche überschreitenden Ausmaß der Beschwerdeführer in dieser Disziplin trainiere, sei ebenfalls nicht dargelegt worden. Lediglich die Existenz einer Rechnung über den Bezug von 100 Schuss derartiger Munition reiche dafür nicht hin. Für die Disziplin "Sportliches Großkaliber Schießen - Revolver" sei ebenfalls nicht dargelegt worden, wie oft bzw in welchem Ausmaß der Beschwerdeführer in dieser Disziplin trainiere; in dieser Disziplin habe er auch noch keinen Wettkampf bestritten. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe bereits in IPSC-Disziplinen geschossen, lasse ebenfalls keine Rückschluss darauf zu, dass er diese sportliche Disziplin mehr als nur gelegentlich oder fallweise schieße oder gar schon an einem Wettbewerb teilgenommen habe.

Von der Einvernahme geltend gemachter Zeugen sei abzusehen gewesen. Dass dem Beschwerdeführer (wie mit diesen Zeugen bewiesen werden solle) bereits Leihwaffen zur Verfügung gestellt worden seien, könne zutreffen, ebenso, dass er mit diesen das sportliche Schießen trainiert habe. Es komme aber entscheidungsrelevant nicht darauf an, dass er überhaupt schon jemals (in diversen Disziplinen) geschossen oder trainiert habe, sondern darauf, dass dieses Schießen in den jeweiligen Disziplinen einen gewissen Umfang erreicht habe, der eine regelmäßige sportliche Betätigung in diesen Disziplinen und damit einen Bedarf an der Erweiterung der Waffenbesitzkarte glaubhaft mache. Außer für die Schießdisziplin "Sportliches Großkaliber Pistole", für die eine regelmäßige Sportausübung durch den Beschwerdeführer glaubhaft sei, habe der Beschwerdeführer jegliche Äußerung dahingehend unterlassen, wie oft und in welchem Ausmaß er in den anderen Disziplinen trainiere bzw schieße. Da der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren dahingehend keinerlei konkrete Behauptungen aufgestellt habe und auch die Zeugen zu diesem Beweisthema nicht geltend gemacht worden seien, sei eine regelmäßige, über das Fallweise oder Gelegentliche hinausgehende sportliche Betätigung in den übrigen, vom Beschwerdeführer genannten Disziplinen nicht als glaubhaft anzusehen. Die Glaubhaftmachung einer für die beantragte Erweiterung erforderlichen nachhaltigen Sportausübung sei ihm damit nicht gelungen.

Was die benötigen Waffen zur Selbstverteidigung anlange, so entspreche es der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Waffen, die zur Sportausübung eingesetzt werden sollen, auch zur Selbstverteidigung herangezogen werden können. Der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch darauf, dass im Rahmen der Ermessensübung bei der Erweiterung der Waffenbesitzkarte auch sein Interesse am Bereithalten einer ganz bestimmten Waffe zur Selbstverteidigung berücksichtigt werde. Der Beschwerdeführer habe eingeräumt, dass die Selbstverteidigung mit einer von ihm zum Zweck der Sportausübung bereitgehaltenen Waffe grundsätzlich möglich sei. Vor dem Hintergrund der Regeln für den Bewerb SGKP-FFW-GK-Pistole könne nicht erkannt werden, dass die in dieser Disziplin verwendeten Faustfeuerwaffen nicht grundsätzlich (auch) zur Selbstverteidigung geeignet wären (Hinweis auf das hg Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl 2005/03/0241).

Wenn der Beschwerdeführer drei Waffen zur Selbstverteidigung an verschiedenen Wohnsitzen bzw im Unternehmen bereithalten wolle, sei er darauf hinzuweisen, dass die Anzahl der Wohnsitze keine Rechtfertigung iSd § 23 Abs 2 WaffG darstelle. Auch sein Vorbringen, der Transport der Waffe könne ihm nicht zugemutet werden, weil er unterwegs auch Einkäufe für die Firma erledige, stelle keine solche Rechtfertigung dar. Für eine unbeaufsichtigte (und damit unzulässige) Verwahrung im Kraftfahrzeug bestehe keine Notwendigkeit. Es könne dem Beschwerdeführer zugemutet werden, betriebliche Anschaffungen dann zu erledigen, wenn er gerade keine Waffe bei sich habe, um sie vom Wohnort zur Firma oder umgekehrt zu bringen. Private Interessen des Beschwerdeführers seien nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr bestehe, möglich sei. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers bestehe jedoch mehr in dessen offensichtlicher Bequemlichkeit als in einem, eine Rechtfertigung iSd § 23 Abs 2 leg cit darstellenden Umstand.

Solcherart habe der Beschwerdeführer nicht dargelegt, dass er Bedarf für mehr als zwei Schusswaffen der Kategorie B habe.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete einen Gegenschrift mit Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß 23 Abs 1 WaffG ist im Waffenpass und in der Waffenbesitzkarte die Anzahl der genehmigungspflichtigen Schusswaffen, die der Berechtigte besitzen darf, festzusetzen.

Gemäß § 23 Abs 2 WaffG ist die Anzahl der genehmigungspflichtigen Schusswaffen, die der Berechtigte besitzen darf, grundsätzlich mit nicht mehr als zwei festzusetzen. Eine größere Anzahl darf - außer in den (hier nicht in Betracht kommenden) Fällen des Abs 3 - nur erlaubt werden, sofern auch hierfür eine Rechtfertigung glaubhaft gemacht wird. Als solche Rechtfertigung gilt insbesondere die Ausübung der Jagd oder des Schießsports.

2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Festsetzung einer über zwei hinausgehenden Anzahl genehmigungspflichtiger Schusswaffen, die der Berechtigte besitzen darf, im Ermessen der Behörde.

Gemäß § 10 WaffG sind bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.

Derjenige, der einen Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 23 Abs 2 WaffG glaubhaft machen will, hat initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen spricht; es liegt nicht an der Behörde, jene Gründe nachzuweisen oder zu belegen, die nach Ansicht des Antragstellers für das Vorliegen einer Rechtfertigung in Betracht komme.

Zu beachten ist weiters, dass die zum Besitz von genehmigungspflichtigen Schusswaffen auszustellende Waffenbesitzkarte nicht nach der Verwendungsbestimmung der vom Inhaber der waffenrechtlichen Urkunde besessenen Waffe differenziert. Daher setzt die Ausweitung einer schon bestehenden Berechtigung - vor Ausübung des den Behörden eingeräumten Ermessens - zunächst voraus, dass mit dem bislang gewährten Berechtigungsumfang für den glaubhaft gemachten weiteren Rechtfertigungsgrund nicht das Auslangen gefunden werden kann.

Die - in der Regel bereits mit ein oder zwei Waffen mögliche -

Ausübung des Schießsports allein begründet noch keine Rechtfertigung für die Erweiterung des Berechtigungsumfanges der Waffenbesitzkarte, vielmehr müssen die über eine Anzahl von zwei genehmigungspflichtigen Schusswaffen hinausgehenden Waffen jeweils auch für die effektive Ausübung dieses Sports benötigt werden, anderenfalls eine Rechtfertigung "hierfür" nicht vorliegen kann. Nur dann, wenn auch die Verwendung der (benötigten) weiteren Waffen zur Ausübung spezieller Disziplinen des Schießsportes bescheinigt wird, kann der vom Gesetz für die Erweiterung des Berechtigungsumfanges der Waffenbesitzkarte gemäß § 23 Abs 2 zweiter Satz WaffG geforderte Rechtfertigungsgrund als gegeben angenommen werden (vgl zum Ganzen etwa das hg Erkenntnis vom 30. September 2010, Zl 2007/03/0244, mit weiteren Nachweisen).

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits erkannt, dass die Erweiterung der Waffenbesitzkarte zu Zwecken des Schießsportes die Glaubhaftmachung einer nachhaltigen (mehr als bloß gelegentlichen) Sportausübung erfordert (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom 28. März 2006, Zl 2005/03/0241).

3. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen ist die Beschwerde unbegründet.

3.1. Der Beschwerdeführer wiederholt im Wesentlichen die im Verwaltungsverfahren zur Rechtfertigung des Erweiterungsantrags vorgebrachten Gründe. Er macht geltend, ihm sei nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu dem Schluss gekommen sei, dass der Beschwerdeführer für die Disziplin Sportpistole (Kleinkaliberpistole, Rimfire Pistol) keine Ergebnisliste vorgelegt habe. Zu Recht weist die belangte Behörde jedoch in ihrer Gegenschrift darauf hin, dass eine derartige Urkunde nicht aktenkundig ist; Gegenteiliges wird von der Beschwerde nicht dargetan.

3.2. Als Verfahrensmangel rügt die Beschwerde, die belangte Behörde habe die beantragten Zeugeneinvernahmen und die Parteienvernehmung des Beschwerdeführers zu Unrecht unterlassen. Der belangten Behörde ist aber darin zuzustimmen, dass der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren kein konkretes Vorbringen erstattet hat, das die Annahme einer nachhaltigen (mehr als bloß gelegentlichen) Sportausübung - ausgenommen die Schießdisziplin "Sportliches Großkaliber Pistole" - in anderen Disziplinen des Schießsportes erlaubt hätte. Insbesondere wurde von ihm niemals angeführt, bei welchen Gelegenheiten und wie oft bzw regelmäßig er in diesen Disziplinen tätig war. Ausgehend davon kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie die zum Beweis des Vorbringens (das in den geschilderten Bereichen unzureichend geblieben ist) beantragten Beweismittel als untauglich ansah, die entscheidungsrelevanten Tatsachen glaubhaft zu machen.

3.3. Wenn die Beschwerde geltend macht, die Abweisung ihres Fristerstreckungsantrages sei unberechtigt gewesen, so legt sie nicht ausreichend dar, dass ihr die Einhaltung der gesetzten zweiwöchigen Frist konkret nicht möglich war und welche Unterlagen sie im Falle der Fristerstreckung vorlegen hätte können, die zu einem anderen Verfahrensergebnis geführt hätten.

3.4. Der Beschwerdeführer sieht sich auch dadurch beschwert, dass ihm nicht zumindest eine Erweiterung auf eine geringere Anzahl als acht Stück bewilligt worden sei, zumal die Behörde erster Instanz ihm in einem Vorhalt eine Erweiterung auf fünf Stück in Aussicht gestellt habe, während die belangte Behörde unbegründet sämtliche Anträge des Beschwerdeführers abgewiesen habe. Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde mit ausführlicher Begründung und unter Anwendung der unter Punkt 2. dieser Erwägungen dargestellten Rechtsgrundsätze eine Ermessensentscheidung dahingehend getroffen hat, dass eine über zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen hinausgehende Erweiterung der Waffenbesitzkarte nicht gerechtfertigt ist. Dass die erstinstanzliche Behörde in einer Zwischenerledigung des Verfahrens einen gegenteiligen Standpunkt vertreten und eine Erweiterung in Aussicht gestellt hat, vermag daran nichts zu ändern, weil es letztlich der belangten Behörde (als Berufungsbehörde) oblag, in der bei ihr anhängigen Sache zu entscheiden.

3.5. Es ist auch nicht als fehlerhaft zu erkennen, dass die belangte Behörde die Begründung des gegenständlichen Antrages, mehr als zwei genehmigungsfähige Schusswaffen seien auch aus Gründen der Selbstverteidigung erforderlich, nicht als taugliche Rechtfertigung ansah. Den nachvollziehbaren diesbezüglichen behördlichen Erwägungen hält die Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 24. Mai 2012

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