VwGH 2011/01/0211

VwGH2011/01/021115.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der M I in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 31. März 2011, Zl. 20052-22030/12-2011, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §11a Abs4;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §11a Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer serbischen Staatsangehörigen, vom 29. April 2010 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß "§ 11a Abs. 1 und 4 Z. 3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 idgF (StbG)" ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die im Jahr 1991 in Salzburg geborene Beschwerdeführerin sei aufgrund eines bis 9. Jänner 2006 befristeten Aufenthaltstitels ("begünstigter Drittstaatsangehöriger") in Österreich aufhältig gewesen. Am 24. Mai 2006 habe sie einen Verlängerungsantrag im Sinne des § 24 Abs. 2 NAG gestellt, worauf ihr ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" mit Gültigkeitsdauer 7. August 2006 bis 6. August 2007 erteilt worden sei.

§ 24 Abs. 2 NAG sehe vor, dass nach Stellung eines Verlängerungsantrages der Antragsteller bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig sei. Die Beschwerdeführerin sei somit nach Ablauf ihres ursprünglichen Aufenthaltstitels (am 9. Jänner 2006) bis zur Stellung des Verlängerungsantrages am 24. Mai 2006 nicht rechtmäßig in Österreich aufhältig gewesen. Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin sei erst ab Stellung des Verlängerungsantrages (am 24. Mai 2006) wieder rechtmäßig, weshalb das Erfordernis des mindestens sechsjährigen rechtmäßigen Aufenthalts gemäß § 11a StbG nicht erfüllt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 11a Abs. 4 Z. 3 StbG ist einem Fremden nach einem rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt von mindestens sechs Jahren und unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8, Abs. 2 und 3 leg. cit. die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn er im Bundesgebiet geboren wurde.

Gemäß § 24 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 157/2005 (NAG), gelten Anträge, die nach Ablauf des Aufenthaltstitels gestellt werden, nur dann als Verlängerungsanträge, wenn der Antrag spätestens sechs Monate nach dem Ende der Gültigkeitsdauer des letzten Aufenthaltstitels gestellt wurde. Danach gelten Anträge als Erstanträge. Nach Stellung eines Verlängerungsantrages ist der Antragsteller, unbeschadet fremdenpolizeilicher Bestimmungen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag weiterhin rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung (sowohl zu § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG als auch) zu § 11a Abs. 4 StbG bereits klargestellt, dass nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ("rechtmäßig und ununterbrochen") Verleihungsvoraussetzung ist, dass der Verleihungswerber zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung der Staatsbürgerschaftsbehörde einen durchgehenden (eben "ununterbrochenen") legalen Aufenthalt im Bundesgebiet vorweisen kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. September 2011, Zl. 2009/01/0070, mwN).

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die Beschwerdeführerin erfülle das Erfordernis des sechsjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Sinne des § 11a Abs. 4 Z. 3 StbG im Entscheidungszeitpunkt nicht, weil sie ab dem Ende der Gültigkeitsdauer ihres (bis 9. Jänner 2006 befristeten) Aufenthaltstitels bis zum Zeitpunkt der Stellung des Verlängerungsantrages (am 24. Mai 2006) nicht rechtmäßig in Österreich aufhältig gewesen sei.

Diese Auffassung entspricht nicht der Rechtslage:

Mit der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 verfolgte der Gesetzgeber u.a. das Ziel, das Staatsbürgerschaftsgesetz an das mit 1. Jänner 2006 in Kraft tretende NAG anzupassen; nur so könne gewährleistet werden, dass es zu keinen Wertungswidersprüchen komme (RV 1189 BlgNR 22. GP; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 2012, Zl. 2009/01/0062, sowie das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2009/01/0036).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wollte der Gesetzgeber mit der Bestimmung des letzten Satzes des § 24 Abs. 2 NAG für die Zeit zwischen Ablauf der Gültigkeitsdauer des letzterteilten Aufenthaltstitels im Fall rechtzeitiger Antragstellung auf Verlängerung dem Antragsteller bis zur Entscheidung über seinen Verlängerungsantrag dieselbe Rechtsstellung einräumen, die er nach dem Inhalt des letztgültigen Aufenthaltstitels innehatte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2007, Zl. 2006/09/0167, unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0028).

Dies bedeutet für den Beschwerdefall, dass die Beschwerdeführerin - die nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des ersten Aufenthaltstitels einen Verlängerungsantrag gestellt hat - in den Genuss der aus § 24 Abs. 2 letzter Satz NAG resultierenden Rechtsfolgen kommt, nämlich dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet (im Zeitraum vom 9. Jänner bis 24. Mai 2006) als "weiterhin rechtmäßig" anzusehen war; aus der Verwendung des Wortes "weiterhin" ist auf eine Kontinuität des vorläufig verlängerten Aufenthaltstitels zu schließen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, Zl. 2006/09/0213).

Die belangte Behörde hat soweit zu Unrecht eine Unterbrechung des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts der Beschwerdeführerin angenommen.

Sie hat dadurch den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das Mehrbegehren ("Schriftsatzaufwand: EUR 2.000,--") findet in der zitierten Verordnung keine Deckung und war daher abzuweisen.

Wien, am 15. März 2011

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