VwGH 2010/21/0023

VwGH2010/21/002316.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde der R in W, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 12. Jänner 2010, Zl. III-1137786/FrB/10, betreffend Ladung in einer Angelegenheit nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §19 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §77 Abs4;
AVG §19 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §77 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 2003 nach Österreich eingereiste Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, war nach rechtskräftiger Abweisung ihres (ersten) Asylantrages mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 2. Oktober 2006 gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus Österreich ausgewiesen worden. Einen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 25. August 2008 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück, es sah jedoch - im Hinblick darauf, dass in dem am 20. August 2008 negativ finalisierten Asylverfahren des am 1. November 2005 geborenen Sohnes der Beschwerdeführerin keine Ausweisung ergangen war - von der Erlassung einer Ausweisung nach § 10 Abs. 1 Z 1 Asylgesetz 2005 ab.

In der Folge wurde gegenüber der Beschwerdeführerin zur Sicherung ihrer Abschiebung das gelindere Mittel durch tägliche Meldung bei einer namentlich genannten Polizeiinspektion angeordnet (vgl. dazu näher das - aufhebende - hg. Erkenntnis vom 24. November 2009, Zl. 2009/21/0088). Außerdem erging (u.a.) seitens der Bundespolizeidirektion Wien für den 6. November 2009 ein Ladungsbescheid, um in der Angelegenheit "schriftlicher Nachweis des Besuchs der nigerianischen Botschaft am 05.11.09" als Partei mitzuwirken. Auch dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof - mit Erkenntnis vom 24. November 2009, Zl. 2009/21/0310 - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil nicht ersichtlich gewesen sei, warum die Vorlage eines Schriftstücks durch persönliche Überbringung seitens der Beschwerdeführerin erfolgen müsse und warum nicht etwa eine postalische Übermittlung ausreiche.

Mittlerweile hatte die Beschwerdeführerin einen Antrag nach § 44 Abs. 3 NAG gestellt. Dieser war vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 17. November 2009 gemäß § 44 Abs. 3 iVm § 44b Abs. 1 Z 1 NAG wegen der Ausweisung aus dem Jahr 2006 zurückgewiesen worden. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 12. Jänner 2010 erging gegen die Beschwerdeführerin neuerlich ein Ladungsbescheid. Er enthält die Aufforderung, zu einem näher genannten Zeitpunkt am 11. Februar 2010 zur belangten Behörde zu kommen, um in der Angelegenheit "Ihre Ausreise" als Partei mitzuwirken. Dabei seien der Ladungsbescheid, ein amtlicher Lichtbildausweis und "folgende Unterlagen" mitzubringen:

"Einreichbestätigung der nigerianischen Botschaft, Bekanntgabe des Ausreisetermines (Flugticket…)". Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung wurde die Erlassung eines Festnahmeauftrags gemäß § 74 Abs. 1 Z 1 FPG angedroht. Als weitere Rechtsgrundlagen für den Ladungsbescheid führte die belangte Behörde § 19 AVG und § 77 Abs. 4 FPG an.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass sich der mit dem gegenständlichen Ladungsbescheid verfolgte Zweck - ungeachtet des Auftrags, bestimmte Schriftstücke mitzubringen - offenkundig nicht nur auf die Vorlage dieser Schriftstücke beschränkt. Von daher unterscheidet sich der vorliegende Fall von jenem, der dem genannten, die behördliche Ladung für den 6. November 2009 betreffenden Erkenntnis zur Zl. 2009/21/0310 zugrunde liegt.

Auch die Rechtmäßigkeit der vorliegenden Ladung setzt freilich voraus, dass sie "nötig" im Sinne des § 19 Abs. 1 AVG ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt die Beurteilung, ob zur Erreichung des mit einer Ladung verfolgten Zwecks ein Erscheinen des Geladenen nötig ist, oder ob dieser Zweck auch auf andere Weise erreicht werden kann, grundsätzlich der Behörde (vgl. zu Ladungen in Angelegenheiten nach dem FPG etwa die hg. Erkenntnisse je vom 17. Juli 2008, Zl. 2008/21/0055, und Zl. 2008/21/0386). Dass die belangte Behörde angesichts der rechtskräftigen Ausweisung der Beschwerdeführerin zur Regelung der Angelegenheit ihrer Ausreise deren persönliches Erscheinen für erforderlich erachtete, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden.

Zwar ist richtig, worauf die Beschwerde hinweist, dass sich fallbezogen die Frage stellte, ob die gegen die Beschwerdeführerin ergangene Ausweisung wegen Änderung der Beurteilungsgrundlagen nach § 66 FPG (in der Fassung vor dem FrÄG 2011) mittlerweile allenfalls ihre Wirksamkeit verloren hat. Das steht der Rechtmäßigkeit der vorliegenden Ladung jedoch nicht entgegen. Einerseits war die genannte Frage nämlich erst wenige Wochen vor Erlassung des gegenständlichen Ladungsbescheides von der erstinstanzlichen Niederlassungsbehörde beurteilt worden (und zwar in dem Sinn, dass die Ausweisung ihre Wirkung nicht verloren habe), und andererseits stand es der belangten Behörde offen, durch die Ladung der Beschwerdeführerin gerade auch diese Frage einer Erörterung bzw. Klärung zuzuführen. Jedenfalls stand (und steht) nicht fest, dass die Beschwerdeführerin keine Ausreiseverpflichtung mehr trifft, weshalb gegen die gegenständliche Ladung auch insoweit keine Bedenken bestehen. Dass der Unabhängige Verwaltungssenat Wien, wie in der Beschwerde weiter vorgebracht wird, in einem Verwaltungsstrafverfahren - nach der Darstellung in der Beschwerde aber nur auf die asylrechtlichen Entscheidungen bezugnehmend - zu dem Ergebnis gelangte, es existiere keine Ausweisung gegen die Beschwerdeführerin, vermag daran nichts zu ändern.

Nach dem Gesagten haftet dem bekämpften Ladungsbescheid keine Rechtswidrigkeit an. Die gegen ihn erhobene Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 16. Mai 2012

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