VwGH 2010/10/0243

VwGH2010/10/024314.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Salzburger Landesumweltanwaltschaft in Salzburg, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Pfeifergasse 3/1. Stock, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 15. Oktober 2010, Zl. 21303-99/8/10-2010, betreffend nationalparkrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: GM), zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 15. Oktober 2010 wurde der mitbeteiligten Partei die nationalparkrechtliche Bewilligung für den Neubau eines Viehtriebweges zur X-Alm, KG. S, Marktgemeinde Neukirchen am Großvenediger, in der Außenzone des Nationalparkes Hohe Tauern nach Maßgabe der vorgelegten Projektunterlagen und bei Einhaltung von im Einzelnen genannten Nebenbestimmungen erteilt.

Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die X-Alm mit einer Größe von 368 ha liege im Obersulzbachtal auf der orographisch linken Talseite in einem Hochkar auf rund 1.900 m Seehöhe. Dort würden jährlich rund 26 Rinder, 5 Pferde, 25 Ziegen und 1.200 Schafe aufgetrieben. Die Alm sei derzeit mit einer Materialseilbahn und einem Viehtriebweg aufgeschlossen. Der bestehende Viehtriebweg sei zu diesem Zweck aber nur eingeschränkt geeignet, weil er auf Grund der steilen Anlage insbesondere bei Schneeflucht sowie bei Auf- und Abtrieb erhebliche Gefahren berge, die in der Vergangenheit immer wieder zu Abstürzen und Notschlachtungen von Vieh geführt hätten. Um diesen Unglücksfällen künftig vorzubeugen, beabsichtige die mitbeteiligte Partei nunmehr die Errichtung eines der Nutzung entsprechenden Viehtriebweges.

Der Verlauf der Triebwegtrasse solle projektgemäß unter Einbindung des bestehenden Viehtriebweges mit geringfügigen Abweichungen erfolgen. Dem eingeholten wegebautechnischen Gutachten zufolge entspreche das Projekt auf Grund der Hangneigung und der dem Gelände angepassten Wegsteigungen in seiner Gesamtheit den Gegebenheiten bestmöglich. Durch diese Anpassung werde gegenüber dem vorhandenen, teilweise bis zu 60 % steilen Triebsteig ein wesentlich gefahrloserer Zugang zur X-Alm gewährleistet. Jene Teile des alten Viehtriebweges, die nicht in den neuen Bestand eingebaut werden könnten, müssten sorgsam rückgebaut werden.

Die Mindestbreite des Viehtriebweges von 1,5 m sei - wie vom landwirtschaftlichen Amtssachverständigen dargelegt worden sei - im oberen, auf Grund der Geomorphologie und der geringeren Steilheit einfacheren, Gelände auch wegen der Möglichkeit des Ausweichens der Tiere als ausreichend anzusehen. Im unteren Bereich der Weganlage, der sich im steilen Gelände befinde, sei jedoch aus Gründen der Sicherheit und der Tiergesundheit eine Wegbreite von etwa 2,5 m erforderlich. Für die gefahrlose Benützung des Viehtriebweges sei, wie der wegebautechnische Amtssachverständige nachvollziehbar dargelegt habe, unbedingt erforderlich, dass die Kronenbreite von 2,5 m jedenfalls einen 50 cm breiten Sicherheitsstreifen beinhalte.

Zur Wegerrichtung sei projektgemäß die Verwendung eines 7,5 t-Baggers vorgesehen. Die Verwendbarkeit eines kleineren Baggers - wie von der beschwerdeführenden Partei gefordert - sei vom wegebautechnischen Sachverständigen verneint worden: Die auf Grund der vorhandenen Bodenverhältnisse im Projektbereich (unterschiedlich körniger Hangschutt, größeres Blockwerk, überalteter Fichtenwald) erforderlichen Maßnahmen der Wegerrichtung seien mit einem 1,5 t-Bagger nicht durchführbar, weil dieser nicht über die notwendige Brech- und Reißkraft verfüge; wegen der mangelnden Reichweite und Grabungstiefe könnte mit diesem Gerät die erforderliche Böschungsausformung nicht hergestellt werden. Dies seien aber unabdingbare Kriterien für einen landschaftsgebundenen Wegebau. Auch wenn mit einem 7,5 t-Bagger eine höhere Eingriffsintensität verbunden sei, so könnten damit Böschungen standsicher angelegt und naturnahe in das angrenzende Gelände eingebunden werden. Mit dem Einsatz dieses Baugerätes sei somit kein nachhaltig schlechteres Landschaftsbild verbunden; die Wegtrasse werde nach deren Begrünung im Wald kaum sichtbar sein.

Der Amtssachverständige für Nationalparkfragen habe schließlich dargelegt, dass bei Einhaltung der vorgeschlagenen Auflagen von einer abträglichen Beeinflussung oder Gefährdung der Zielsetzungen des Nationalparkes einschließlich der zu berücksichtigenden gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzrichtlinien nicht ausgegangen werden könne. Es gäbe keine andere als die projektgemäß vorgesehene, wirtschaftlich und ökologisch vertretbare Erschließungsmöglichkeit der X-Alm. Durch den Einsatz des 7,5 t-Baugerätes sei es möglich, in kritischen Trassenbereichen den Viehtriebweg im Halbeinschnittverfahren zu errichten. Dadurch könne die Böschungshöhe und somit der landschaftliche Eingriff minimiert werden.

Bezüglich des landschaftlich sensiblen Bereiches oberhalb der Waldgrenze werde allerdings eine Wegbreite von 1,5 m und als Baugerät der Einsatz maximal eines Minibaggers inklusive unterstützender Handarbeit vorgeschrieben.

Da bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen die Ziele des Nationalparkes nicht abträglich beeinflusst oder gefährdet würden und es für einen verantwortungsbewussten ländlichen Wegebau keine andere wirtschaftlich vertretbare Möglichkeit der Bauausführung gäbe, sei die beantragte Bewilligung spruchgemäß zu erteilen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die von der beschwerdeführenden Partei gemäß § 8 Abs. 2 und 4 Landesumweltanwaltschaftsgesetz iVm § 55 Salzburger Naturschutzgesetz 1999 erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte; die mitbeteiligte Partei beteiligte sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über die Errichtung des Nationalparkes Hohe Tauern im Land Salzburg, LGBl. Nr. 106/1983 idF LGBl. Nr. 20/2010 (Nationalparkgesetz), lauten auszugsweise wie folgt:

"Zielsetzung

§ 2

Dieses Gesetz dient dem Schutz der durch ihre charakteristischen Geländeformen und ihre Tier- und Pflanzenwelt für Österreich repräsentativen Landschaft der Hohen Tauern, die zum Wohle der Bevölkerung, zum Nutzen der Wissenschaft und zur Förderung der Wirtschaft zu erhalten ist. Der Schaffung und Erhaltung des Nationalparkes Hohe Tauern liegen daher folgende Ziele zugrunde:

1. Das Gebiet des Nationalparkes Hohe Tauern ist in seiner Schönheit und Ursprünglichkeit zu erhalten.

2. Die für das Gebiet des Nationalparkes Hohe Tauern charakteristischen Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensräume sind zu bewahren.

3. Der Nationalpark Hohe Tauern soll einem möglichst großen Kreis von Menschen ein eindrucksvolles Naturerlebnis ermöglichen.

Im Bereich der Kernzonen und der Sonderschutzgebiete des Nationalparkes Hohe Tauern haben die beiden zuerst genannten Ziele den Vorrang vor sonstigen Zielsetzungen. Die Maßnahmen zum Schutz und zur Erschließung des Nationalparkes Hohe Tauern haben unter Beachtung der Interessen der bergbäuerlichen Bevölkerung, der regionalen Wirtschaft und der Wissenschaft auch den Bedürfnissen der Erholungsuchenden zu dienen.

Außenzonen

§ 4

(1) Die Außenzonen umfassen den im Nationalpark außerhalb der Kernzonen (§ 5) und der Sonderschutzgebiete (§ 6) gelegenen Bereich. Die Grenzen der Außenzonen werden durch Verordnung der Landesregierung festgelegt.

(2) In der Außenzone sind folgende Maßnahmen - soweit sich aus Abs. 3 und 4 nicht anderes ergibt - nur mit einer Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde zulässig:

...

3. die Errichtung oder wesentliche Änderung von Straßen, Wegen, Parkflächen, Abbauflächen und Bergbauhalden sowie sonstige größere Bodenverletzungen, bei letzteren ausgenommen solche im Zuge der jeweils üblichen land- oder forstwirtschaftlichen und sonstigen holzwirtschaftlichen sowie gärtnerischen Nutzung;

...

Bewilligungen

§ 8

(1) Die Behörde kann Maßnahmen nach § 4 Abs. 2 und Abs. 4 letzter Satz, § 5 Abs. 3 und § 6 Abs. 2 bewilligen, wenn hiedurch die Zielsetzung des Nationalparkes im Sinne der Bestimmungen des § 2 weder abträglich beeinflusst noch gefährdet wird.

(2) Die Bewilligung kann auch entsprechend der Zielsetzung des Nationalparkes unter Auflagen oder befristet erteilt werden.

...

(4) Eine Bewilligung im Sinne des Abs. 1 ist nicht zu erteilen, wenn der angestrebte Zweck auf andere, wirtschaftlich vertretbare Art und Weise erreicht werden kann und dadurch eine Beeinträchtigung des Schutzzweckes entweder überhaupt nicht oder nur in geringerem Ausmaß erfolgt.

..."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die unter Beiziehung von Sachverständigen gewonnene Auffassung zu Grunde, durch die Errichtung des von der mitbeteiligten Partei beantragten Viehtriebweges in der Außenzone des Nationalparks Hohe Tauern komme es bei Einhaltung der vorgeschriebenen Nebenbestimmungen zu keiner abträglichen Beeinflussung oder Gefährdung der Zielsetzungen des Nationalparks inklusive der zu berücksichtigenden gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzrichtlinien. Der mit dem Viehtriebweg angestrebte Zweck der Erschließung der X-Alm könne auf andere, wirtschaftlich und ökologisch vertretbare Weise nicht erreicht werden. Die beantragte Bewilligung sei daher zu erteilen gewesen.

Die beschwerdeführende Partei wendet im Wesentlichen ein, der erstinstanzlich beigezogene Naturschutzsachverständige sei in seiner für das gesamte Verwaltungsverfahren grundlegenden fachlichen Beurteilung zum Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben der mitbeteiligten Partei zu keiner "erheblich abträglichen Beeinträchtigung" oder Gefährdung der Zielsetzungen des Nationalparkes führen werde. Im Nationalparkgesetz sei eine Erheblichkeitsschwelle aber nicht normiert; die Begutachtung sei daher von unzutreffenden Prämissen ausgegangen. Da sich der mit dem Vorhaben der mitbeteiligten Partei verbundene Eingriff in die nationalparkgesetzlich geschützte Schönheit und Ursprünglichkeit des Gebietes nach den sachverständigen Darlegungen nicht gänzlich vermeiden bzw. beseitigen lasse und auch das Naturerlebnis nach Errichtung des Weges nicht mehr dasselbe sein werde wie zuvor, hätte die Bewilligung versagt werden müssen, weil die Zielsetzungen des Nationalparkgesetzes dadurch abträglich beeinflusst würden. Der Sachverständige habe auch die kumulierenden landschaftlichen Auswirkungen der im selben Bereich erfolgenden Schutzwaldsanierungsmaßnahmen außer Acht gelassen, wie überhaupt eine Auseinandersetzung mit der Beeinträchtigung von nach den EU-Naturschutzrichtlinien FFH-RL 92/43/EWG und VS-RL 79//409/EWG geschützten Lebensräumen und Tierarten nur vage und nicht nachvollziehbar erfolgt sei. Vielmehr sei der Sachverständige - und ihm folgend die belangte Behörde - immer von einer vorhandenen Waldkulisse ausgegangen, die - aktuell bereits absehbar - in Zukunft nicht mehr vorhanden sein werde und daher "rein rechtlich" gar nicht mehr als vorhanden angesehen werden dürfe.

Betreffend die Alternativenprüfung gemäß § 8 Abs. 4 Nationalparkgesetz habe die beschwerdeführende Partei ein von Dipl. Ing. H. in einem anderen Verfahren ("Schütteralm bzw. Schatteralm") erstattetes Gutachten vorgelegt, dem allgemein gültige Aussagen über den Standard des Viehtriebwegebaues entnommen werden könnten. Demnach sei ein Bagger mit einem mehr als 2 m breiten Laufwerk für die Herstellung eines 1,5 m breiten Viehtriebweges im schwierigen Gelände eindeutig zu groß. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Gutachten sei unterblieben. Eine 1,5 m breite Alternative durch Instandsetzung des bestehenden Weges sei nie ernstlich in Erwägung gezogen worden. Alternativenprüfungen hätten sich nur auf die Lage der Trasse, nicht aber auch auf die Bauweise bezogen. Der von der belangten Behörde beigezogene wegebautechnische Amtssachverständige Ing. F. sei auf die relevanten Fragestellungen nicht eingegangen; die Aussagen des Projektanten müssten in dieser Frage jedoch als private Aussagen gewertet werden. Eine Auseinandersetzung mit dem von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Gutachten des Dipl. Ing. H. sei unterblieben. Schließlich sei der Alternativenprüfung ein "zeitgemäßer" Viehtriebweg zu Grunde gelegt worden, obwohl das Gesetz lediglich von der "ordnungsgemäßen Bewirtschaftung rechtmäßig bebauter Liegenschaften" spreche. Nur ein zweckmäßig schmaler, nicht ein zeitgemäß breiter Viehtriebweg sei geeignet, die Zielsetzungen des Nationalparkes nicht nachträglich zu beeinflussen. Der Umbau des Weges diene in erster Linie den "nicht geländegängigen" Rinder- und Pferderassen, die gegenüber den Schafen, mit denen die Alm seit Jahrhunderten bestoßen werde, nur untergeordnete Bedeutung besäßen. Auch betreffe die angeführte 60 %ige Steigung des Weges nur kurze Wegabschnitte. Die Auffassung, dass in der Kronenbreite ein Sicherheitsstreifen enthalten sein müsse, sei durch das erwähnte Gutachten des Dipl. Ing. H. gleichfalls widerlegt. Darauf sei die belangte Behörde aber nicht eingegangen.

Schließlich sei ursprünglich der Projektant des Wegebauvorhabens als wegebautechnischer Amtssachverständiger beigezogen und von der beschwerdeführenden Partei als befangen abgelehnt worden. Die belangte Behörde habe zwar anschließend den weiteren wegebautechnischen Amtssachverständigen Ing. F. mit Fragen zum Standard des Viehtriebwegebaues befasst, es sei durch diesen aber keine unabhängige fachliche Beurteilung des Projektes samt Ortsaugenschein vorgenommen worden. Auch habe die belangte Behörde weiterhin Aussagen des Projektanten ihrem Bescheid zu Grunde gelegt.

Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt:

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat der Amtssachverständige für Nationalparkfragen in seinem im erstinstanzlichen Verfahren erstatteten Gutachten, auf das er im Berufungsverfahren verwiesen hat, die Auswirkungen des Wegebauvorhabens auf die Nationalparkziele "Erhaltung des Gebietes in seiner Schönheit und Ursprünglichkeit", "Bewahrung der für die Hohen Tauern charakteristischen Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensräume" sowie "Ermöglichung eines eindrucksvollen Naturerlebnisses für einen möglichst großen Kreis von Menschen" ebenso wie die Auswirkungen auf das Europaschutzgebiet Nationalpark Hohe Tauern erhoben. Er ist darauf gestützt mit näherer Begründung zum Ergebnis gelangt, dass keine ins Gewicht fallenden Beeinträchtigungen der Schutzgüter des Nationalparkgesetzes zu erwarten seien. Bei Einhaltung im Einzelnen genannter Vorschreibungen könne von einer erheblich abträglichen Beeinträchtigung bzw. einer Gefährdung der Zielsetzungen des Nationalparks nicht ausgegangen werden. Auch die Auswirkungen auf das Europaschutzgebiet Nationalpark Hohe Tauern seien gering. Ein Widerspruch zu den Schutzzielen des Natura-2000- Gebietes Nationalpark Hohe Tauern bestehe daher nicht.

Dem Beschwerdevorbringen, es komme mangels Normierung einer Erheblichkeitsschwelle im Gesetz nicht darauf an, ob "erheblich abträgliche Beeinträchtigungen" der Zielsetzungen des Nationalparkes zu erwarten seien, das Gesetz spreche lediglich von einer "abträglichen" Beeinflussung, ist zunächst zu entgegnen, dass die Zielsetzungen des Nationalparkes iSd § 8 Abs. 1 Nationalparkgesetz "abträglich beeinflusst" werden, wenn der durch eine Maßnahme ausgeübte Einfluss der Zielerreichung entgegensteht und zwar in einer ins Gewicht fallenden Art und Weise. Wären die Auswirkungen einer Maßnahme nämlich ohne Bedeutung für die Verwirklichung der Zielsetzungen gemäß § 2 Nationalparkgesetz, so könnte nicht davon gesprochen werden, dass die betreffende Maßnahme überhaupt geeignet ist, Ziele des Nationalparkes (abträglich) zu beeinflussen. Es kommen daher für eine Versagung der Bewilligung gemäß § 8 Nationalparkgesetz nur solche Maßnahmen in Betracht, die geeignet sind, einen nicht nur unwesentlich, sondern vielmehr einen erheblich nachteiligen Einfluss auf die erwähnten Ziele auszuüben.

Wenn die belangte Behörde daher auf der Grundlage des Gutachtens des Amtssachverständigen für Nationalparkfragen zur Auffassung gelangte, das Wegebauprojekt der mitbeteiligten Partei werde sich bei Einhaltung der erwähnten Nebenbestimmungen auf die mit dem Nationalpark zu erreichenden Ziele nicht erheblich auswirken und es sei unter diesem Blickwinkel daher bewilligungsfähig, so ist das nicht rechtswidrig.

Unzutreffend ist auch der weitere Vorwurf, dass dem angefochtenen Bescheid eine nicht nachvollziehbare fachliche Auseinandersetzung mit Beeinträchtigungen der Schutzgüter nach den erwähnten EU-Naturschutz-Richtlinien zu Grunde liege: Im Gutachten des Amtssachverständigen für Nationalparkfragen wird nämlich auf die im vorliegenden Fall maßgeblichen Lebensräume und Arten nach der FFH-Richtlinie ebenso wie nach der Vogelschutzrichtlinie eingegangen und in nicht als unschlüssig zu erkennender Art und Weise dargelegt, aus welchen Gründen durch das Wegebauprojekt keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien.

Betreffend die Bauausführung ist dem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des wegebautechnischen Amtssachverständigen Ing. F. zu entnehmen, dass die Errichtung des geplanten Weges mit einer Triebwegbreite von 2,0 m und einer Kronenbreite von 2,5 m die Verwendung eines 7,5 t-Baggers erfordert; die Losbrech- und Reißkraft eines so genannten Minibaggers sei - im Gegensatz zur Auffassung der beschwerdeführenden Partei - nicht ausreichend, um im vorliegenden Terrain, das aus Hangschutt mit unterschiedlichen Korngrößen bestehe, einen standfesten Wegfuß herzustellen.

Dass eine zeitgemäße und sichere Erschließung der Alm einen Weg mit den genannten Breiten erfordere, wurde vom landwirtschaftlichen Amtssachverständigen dargelegt: Im unteren Bereich der Weganlage sei insbesondere auf Grund der Steilheit des Geländes und der geringen Möglichkeiten der Tiere, bei Störungen auszuweichen, eine Wegbreite im oberen Bereich der Richtwerte (2,5 m) vorzusehen.

Mit dem Hinweis auf das von ihr vorgelegte Gutachten des Dipl. Ing. H. hat die beschwerdeführende Partei eine Fehlerhaftigkeit der behördlich eingeholten Gutachten schon deshalb nicht aufgezeigt, weil das Gutachten des Dipl. Ing. H. in einem anderen Verfahren erstellt wurde und fachlich nicht gesichert ist, ob im vorliegenden Fall Verhältnisse vorliegen, die eine vergleichsweise Heranziehung überhaupt als zulässig erscheinen lassen. Im Übrigen ist die beschwerdeführende Partei den amtssachverständigen Darlegungen aber nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Dies gilt insbesondere auch für das Vorbringen, es sei die geplante Schutzwaldsanierung bei der landschaftsbildlichen Beurteilung des Wegebauprojektes unberücksichtigt geblieben.

Dass nur ein "zweckmäßig schmaler", nicht aber ein "zeitgemäß breiter" Viehtriebweg gemäß § 8 Abs. 1 Nationalparkgesetz bewilligt werden dürfe, liegt dem Gesetz nicht zu Grunde. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Zielsetzungen des Nationalparks dadurch abträglich beeinflusst oder gefährdet würden. Dies konnte die belangte Behörde - gestützt auf die eingeholten Gutachten - jedoch in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise verneinen.

Soweit die Beschwerde jedoch rügt, es sei durch den wegebautechnischen Amtssachverständigen Ing. F. keine unabhängige fachliche Beurteilung des eingereichten Projektes samt Ortsaugenschein erfolgt, ist sie zum einen eine Begründung für diese Auffassung schuldig geblieben. Zum anderen ist ihr zu entgegnen, dass der Amtssachverständige Ing. F. in seinem Gutachten dargelegt hat, er habe am 29. Juli 2010 die geplante Trasse bis km 12,00 begangen. Der Vorwurf, das Gutachten sei vom Amtssachverständigen erstattet worden, ohne zuvor die örtlichen Verhältnisse in Augenschein zu nehmen, trifft daher nicht zu.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 14. Juni 2012

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