VwGH 2010/09/0011

VwGH2010/09/001131.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr. Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des F P in G, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Schlegl, Rechtsanwalt in 8054 Graz, Simonygasse 22, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 19. November 2009, Zl. Präs. 25450/2009-1, betreffend Versehrtenrente nach § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 iVm dem Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz 1967 (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
BKUVG §101;
BKUVG §32;
BKUVG §88;
BKUVG §89;
BKUVG §90;
DGO Graz 1957 §37a idF 2000/065;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §60;
AVG §67;
BKUVG §101;
BKUVG §32;
BKUVG §88;
BKUVG §89;
BKUVG §90;
DGO Graz 1957 §37a idF 2000/065;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahr 1955 geborene Beschwerdeführer war vor seiner im März 2009 erfolgten Versetzung in den Ruhestand Beamter der Landeshauptstadt Graz und als technischer Baukontrollor bei der Baupolizei im Innen- und Außendienst tätig.

Mit Schreiben vom 7. April 2009 beantragte er ihm auf Grund eines am 7. Mai 2007 erlittenen Unfalls (dessen örtlicher und zeitlicher Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis unstrittig ist) die Zuerkennung einer Versehrtenrente, weil er im Dienst beim Herunterheben eines Aktenstapels von einen Regal eine Verletzung der rechten Schulter erlitten habe.

Diesen Antrag hat die belangte Behörde - in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides des Unfallfürsorgeausschusses beim Personalamt der Landeshauptstadt Graz vom 7. Juli 2009 - mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gemäß § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956 (in der Folge: DO) iVm §§ 90 und 101 des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetz 1967 (in der Folge: B-KUVG) abgewiesen.

In ihrer Bescheidbegründung stellte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges fest, dass der Beschwerdeführer am 7. Mai 2007 versucht habe, einen 20 kg schweren Aktenstapel von einem Regal zu nehmen, wobei er durch das Gewicht des Aktenstapels nach hinten gezogen worden und bei einem folgenden Ausweichmanöver mit der rechten Schulter gegen einen dahinterstehenden Kasten geprallt sei; dabei habe er einen Schmerz in der rechten Schulter verspürt. Eine folgende MR-Arthrographie des rechten Schultergelenks am 16. Mai 2007 habe degenerative Veränderungen im Schultereckgelenk mit zarten Randosteophyten, einen knapp zwei Zentimeter breiten Defekt am vorderen Ansatz der Supraspinatussehne, mäßiggradige Verquellungen der angrenzenden Bizepskopfsehne und geringe Signalveränderungen der Infraspinatus- und Subscapularissehne ergeben. Als Diagnose sei eine Ruptur der Rotatorenmanschette im rechten Schultergelenk feststellbar gewesen, welche eine Schulter-OP rechts erforderlich gemacht habe. Nach der OP sei die OP-Narbe an der Vorderseite des rechten Schultergelenks reizlos, das rechte Schultergelenk in seiner Beweglichkeit mittelgradig eingeschränkt gewesen, es habe keine Muskelathrophie bestanden.

Degenerative Veränderungen im Schultereckgelenk sowie im Bereich der Sehnenkappe, wie im MR Befund vom 16. Mai 2007 beschrieben, seien die Ursache der gegenständlichen Verletzung gewesen. Das Unfallereignis vom 7. Mai 2007 sei nicht geeignet gewesen, eine Ruptur der Supraspinatussehne herbeizuführen. Auch eine erlittene Prellung des rechten Schultergelenks beim vom Beschwerdeführer beschriebenen Ausweichmanöver durch das Anstoßen an einen Büroschrank habe keinen Riss einer gesunden Supraspinatussehne herbeiführen können.

Beweiswürdigend stützte sich die belangte Behörde dabei auf das Gutachten des Amtssachverständigen Dr. P vom 25. Juni 2006, der den MR-Befund des rechten Schultergelenks vom 16. Mai 2007, den OP-Bericht vom 5. Juni 2007 sowie die orthopädischen Gutachten von Dr. K und Dr. H verwendet und bewertet habe. Aus dem Ergänzungsgutachten von Dr. P vom 26. September 2008 ergebe sich, dass eine Besserung der Beweglichkeit des rechten Schultergelenks bei ambulanter, physikalischer Behandlung zu erwarten sei, da bereits nach einem stationären Aufenthalt in der Privatklinik K vom 7. bis 19. August 2008 durch physikalische Maßnahmen eine gute Schmerzlinderung und deutliche Besserung des Bewegungsablaufs erzielt habe werden können.

Den vorgelegten Privatgutachten von Dr. H, wonach keine degenerativen Veränderungen im rechten Schultergelenk vorhanden gewesen seien, und von Dr. K, der ebenso degenerative Veränderungen als Ursache für den Riss der Supraspinatussehne in Frage gestellt habe, wurde entgegengehalten, dass Dr. P in seinem weiteren Ergänzungsgutachten vom 20. Mai 2009 ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass aus dem MR-Befund des Diagnostikzentrums G vom 16. Mai 2007 klar ersichtlich sei, dass degenerative Veränderungen im Schultergelenk bzw. Schultereckgelenk vorhanden seien, was zu einer erhöhten Belastung der Supraspinatussehne geführt und damit deren Rissbereitschaft gefördert habe. Die im MR-Befund erwähnte Verquellung der Infraspinatus- und Supskapularussehne sowie der langen Bizepskopfsehne würde zusätzlich auf degenerative Veränderungen hinweisen. Dr. K habe laut Dr. P bei der Analyse des MR-Befundes übersehen, dass darin lediglich die Veränderungen der angrenzenden Supskapularus- und Infraspinatussehne als geringfügig definiert seien, nicht jedoch die maßgebliche Veränderung im Agromioklavikulargelenk. Ein Mangel in den Einschätzungen der Privatgutachter liege laut Dr. P (wozu auf seine Stellungnahme im AV vom 18. Juni 2009 verwiesen wird) auch darin, dass eine Befundung des MR nur dann korrekt erstellt werden könne, wenn die Möglichkeit bestehe, sämtliche Schichtaufnahmen einzusehen; da dies nur dem Arzt des Diagnostikzentrums im vollen Umfang zur Verfügung gestanden seien, sei es für Dr. K und Dr. H gar nicht möglich gewesen, lediglich auf Grund des ihnen zur Verfügung gestandenen Ausdrucks eine genaue Diagnose zu erstellen. Damit seien - so die belangte Behörde weiter - die Äußerungen der Privatgutachter von Dr. P plausibel widerlegt worden. Auf Grund der Sachkenntnis und der Erfahrungswerte des Gutachters sei das Unfallgeschehen vom 7. Mai 2007 nicht geeignet gewesen, bei der festgestellten Vorschädigung eine Ruptur der Supraspinatussehne auszulösen; eine maßgebliche Verschlechterung der Verletzung könne ausgeschlossen werden. Dr. P gelte als erfahrener Gutachter, der schon zahlreiche Sachverständigengutachten erstellt habe. Die belangte Behörde habe - entgegen der Berufungseinwände - keinen Anlass an seiner Objektivität und Fachkenntnis zu zweifeln. Aus der Einstufung des Beschwerdeführers im Angestelltenverhältnis und Verwendung als technischer Baukontrollor im Innen- oder Außendienst ergebe sich auch, dass berufsbedingte körperliche Arbeiten als Ursache für die festgestellten Abnutzungserscheinungen ausscheiden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde zur hier strittigen Kausalität, ob also der Vorfall am 7. Mai 2007 auf Grund der festgestellten Vorschädigung des Schultereckgelenks eine wesentliche oder unwesentliche Ursache für die nachfolgenden Diagnosen darstelle, vor dem Hintergrund der dazu dargelegten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zusammengefasst aus, dass eine wesentliche Kausalität der Abnützungserscheinungen zu bejahen sei, weil die Vorschädigung am Schultereckgelenk nicht auf die Berufsausübung zurückzuführen gewesen sei, der Abriss der Sehne nicht durch Ausweichen und Anstoßen beim Büroschrank bewirkt habe werden können, sondern degenerative Veränderungen im Schultergelenk alleinige und überragende Ursache für die gegenständliche Verletzung gewesen seien, zumal sie auch bei jeder anderen täglichen Verrichtung eintreten hätte können; das gegenständliche Ereignis sei daher nicht als Dienstunfall anzuerkennen, weshalb auch keine Versehrtenrente gemäß § 101 Abs. 1 B-KUVG zuerkannt werden könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Gemäß § 37a der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Gemeinde Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957, idF LGBl. Nr. 65/2000, hat die Stadt für die Unfallfürsorge ihrer Beamten Sorge zu tragen (Abs. 1) und gelten hinsichtlich der Leistungen der Unfallfürsorge die entsprechenden Bestimmungen des Beamten-, Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes (B-KUVG), BGBl. Nr. 200/1967, sinngemäß (Abs. 3); diese Bestimmungen lauten auszugsweise:

"Anfall der Leistungen

§ 32. (1) Soweit nichts anderes bestimmt ist, fallen die sich aus den Leistungsansprüchen ergebenden Leistungen mit dem Entstehen des Anspruches (§ 31) an.

(2) Nach dem Tode des Empfängers einer Versehrtenrente fallen Hinterbliebenenrenten mit dem Tag an, der auf den Tod des Rentenempfängers folgt.

(3) Leistungen aus der Unfallversicherung fallen, wenn innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles weder der Anspruch von Amts wegen festgestellt, noch ein Antrag auf Feststellung des Anspruches gestellt wurde, mit dem Tag der späteren Antragstellung bzw. mit dem Tag der Einleitung des Verfahrens an, das zur Feststellung des Anspruches führt. Wird eine Unfallmeldung innerhalb von zwei Jahren nach Eintritt des Versicherungsfalles erstattet, so gilt der Zeitpunkt des Einlangens der Unfallmeldung bei der Versicherungsanstalt als Tag der Einleitung des Verfahrens, wenn dem Versicherten zum Zeitpunkt der späteren Antragstellung oder Einleitung des Verfahrens noch ein Anspruch auf Rentenleistungen zusteht. Wird für ein doppelt verwaistes Kind ein Antrag auf Waisenrente nach einem Elternteil gestellt, so ist dieser Antrag rechtswirksam für den Anspruch auf Waisenrente bzw. Waisenpension nach beiden Elternteilen und gilt für alle Unfallversicherungsträger bzw. Pensionsversicherungsträger.

(...)

Leistungen der Unfallversicherung

§ 88. Als Leistungen der Unfallversicherung sind zu gewähren:

1. im Falle einer durch einen Dienstunfall oder eine Berufskrankheit verursachten körperlichen Schädigung des Versicherten:

a) Unfallheilbehandlung (§§ 96, 97 und 99);

...

  1. d) Versehrtenrente (§§ 101 bis 108);
  2. e) Versehrtengeld (§ 109);

    ...

    Eintritt des Versicherungsfalles

§ 89. Der Versicherungsfall gilt als eingetreten:

1. bei Dienstunfällen mit dem Unfallereignis;

...

Dienstunfall

§ 90. (1) Dienstunfälle sind Unfälle, die sich im örtlichen, zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit dem die Versicherung begründenden Dienstverhältnis oder mit der die Versicherung begründenden Funktion ereignen.

(2) ...

(...)

Anspruch auf Versehrtenrente

§ 101. (1) Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch die Folgen eines Dienstunfalles oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Versicherungsfalles hinaus um mindestens 20 v.H. vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H.

(2) ... "

Gemäß § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.

Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde nach § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen; sie kann insbesondere eine mündliche Verhandlung nach den §§ 40 bis 44 von Amts wegen und auf Antrag durchführen. Gegen die Ablehnung eines solchen Antrages ist kein Rechtsmittel zulässig. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfügungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen. Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteienvorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I2, E 84 zu § 39 AVG).

Gemäß § 60 AVG, der gemäß § 67 AVG auch für Berufungsbescheide gilt, sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrundegelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1995, Zl. 92/07/0184). Die genannte Zusammenfassung wird in Bezug auf die Beweiswürdigung kurz ausfallen können, wenn keine einander widersprechenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorliegen. Bei Widersprüchen zwischen den Behauptungen und Angaben der Verfahrenspartei und sonstigen Ermittlungsergebnissen bedarf es aber einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der maßgeblichen, bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen, damit der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Behörde auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüfen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2002/08/0106). Nicht oder unzureichend begründete Bescheide hindern insoweit den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, zu entsprechen, als derartige Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2001/08/0020).

2. Im vorliegenden Fall erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Erhalt einer Versehrtenrente beschwert. Dazu moniert er in seiner Beschwerde im Wesentlichen die Unterlassung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und bringt vor, dass dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör zur (im AV vom 18. Juni 2009 festgehaltenen) ergänzenden Stellungnahme von Dr. P eingeräumt worden sei; entgegen der im Bescheid herangezogenen Argumentation von Dr. P gegen die Richtigkeit der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Privatgutachten seien Dr. K und Dr. H die (vom Beschwerdeführer zur Untersuchung mitgebrachten) elektronisch gespeicherten Schichtbilder des Diagnostikzentrums zur Verfügung gestanden, während im Gegensatz dazu Dr. P selbst sein Gutachten nicht auf ein persönliches Studium des MR-Befundes gestützt und sich auch nicht mit den Privatgutachten ausreichend auseinandergesetzt habe.

Der Beschwerde kommt Berechtigung zu:

Zwar kann die Verletzung des Parteiengehörs im Verfahren erster Instanz auch durch die in der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme saniert werden, dies aber nur dann, wenn dem Beschwerdeführer durch den erstinstanzlichen Bescheid das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht wurde (vgl. die bei Walter/Thienel, aaO S 724, E 523 zu § 45 AVG wiedergegebene Rechtsprechung). Dies ist im vorliegenden Fall - entgegen der Behauptung der belangten Behörde in der Gegenschrift - aber nicht erfolgt, da in der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides die Argumentation von Dr. P zur Aufrechterhaltung seiner Schlussfolgerungen in seiner (im AV vom 18. Juni 2009 festgehaltenen) Stellungnahme lediglich teilweise wiedergegeben wird; es fehlt einerseits die Bezugnahme auf die diesbezüglich ergänzten Ermittlungen und andererseits vor allem die von ihm gegen die Richtigkeit der Privatgutachten eingewendete Behauptung, dass diesen nicht sämtliche Schichtaufnahmen zur Befundung des MR vorgelegen wären. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ist auch nicht ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde rechtliches Gehör zu diesen (im erwähnten AV festgehaltenen) Ermittlungsergebnissen gewährt worden sei, auf welche die belangte Behörde ihre Feststellungen tragend stützt.

Gerade im Hinblick darauf, dass die Privatgutachter in Bezug auf die hier wesentlichen Frage des Vorliegens von (relevanten) degenerativen Vorschäden zu gegenteiligen, zum Teil durch Bezugnahme auf Fachliteratur untermauerten Ergebnissen als Dr. P gelangen, kommt zur Beurteilung der Schlüssigkeit des Gutachtens von Dr. P bzw. der allfälligen Notwendigkeit einer Gutachtensergänzung oder Einholung weiterer Gutachten z.B. dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, ob allen drei Sachverständigen dieselben Unterlagen zur MR-Befundung zur Verfügung standen. Mit der von Dr. P zur Stützung seiner Ergebnisse ins Treffen geführten Behauptung, die in der Bescheidbegründung als tragendes Argument für die Widerlegung der Privatgutachten herangezogen wird, wurde aber der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht konfrontiert.

Aus den Feststellungen des angefochtenen Bescheides ist außerdem nicht erkennbar, ob Dr. P der MR-Befund in vollständiger Form, d.h. inklusive der Schichtaufnahmen, zur Verfügung stand. Darüber hinaus kann die Bescheidbegründung auch den zuvor dargelegten Schlüssigkeitserfordernissen nicht genügen, weil die belangte Behörde eine Auseinandersetzung mit den Gutachten in Bezug auf die strittige Kausalität des Vorfalls am 7. Mai 2007 für die gegenständliche Verletzung angesichts der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ins Treffen geführten Fachliteratur unterlässt.

3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 31. Mai 2012

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