VwGH 2010/03/0098

VwGH2010/03/009821.12.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des H Q in A, vertreten durch Dr. Kurt Kozak, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunnerstraße 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion (nunmehr: Landespolizeidirektion) Salzburg vom 16. Juni 2010, Zl E1/2272/3/2010, betreffend Erlassung eines Waffenverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8;
WaffG 1996 §12 Abs1;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von Euro 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 WaffG der Besitz von Waffen und Munition verboten.

Dieser Entscheidung legte die belangte Behörde (wie schon die Erstbehörde) im Wesentlichen folgenden Sachverhalt zu Grunde:

Der (1960 geborene) Beschwerdeführer, der von Jugend an mit selbst gebastelten Sprengmitteln experimentierte und im Keller des (auch) von ihm bewohnten elterlichen Wohnhauses Material für selbst herzustellenden Sprengstoff lagerte, experimentierte am 2. Dezember 2008 in der Garage des Hauses mit zwei selbst gebauten Sprengzündern. Beim Versuch deren weiteren Bearbeitung in der Küche des Hauses (in der auch die Mutter des Beschwerdeführers anwesend war) explodierte eine Kapsel, wodurch der Beschwerdeführer schwere Verletzungen an der linken Hand erlitt, während seine Mutter unverletzt blieb. Daraufhin wollte der Beschwerdeführer die zweite Kapsel ins WC werfen; auf dem Weg dorthin explodierte diese allerdings ebenso und verursachte schwere Verletzungen an der rechten Hand des Beschwerdeführers.

Weitere vier Sprengkapseln hatte der Beschwerdeführer, wie er den später einschreitenden Polizeibeamten freiwillig mitteilte, in einer an das Wohnhaus angebauten Holzhütte in einem Kasten versteckt gelagert.

In einem über Auftrag der Erstbehörde vorgelegten "waffenpsychologischen Gutachten" wurde "keine positive Beurteilung gemäß § 8 Abs 7 WaffG" abgegeben, vielmehr dem Beschwerdeführer "eine verstärkte Abwehrhaltung und wenig Selbstreflexion" attestiert. Aus dem Gutachten gehe hervor, "dass latent Aggressionspotenzial vorhanden ist, welches sich in Belastungssituationen spontan entäußern kann".

Die belangte Behörde folgerte, das Gutachten sei von einer befugten Begutachtungsstelle abgegeben worden, dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines neuerlichen Gutachtens sei "aufgrund einer eindeutig gegen (ihn) sprechenden Aktenlage" nicht zu folgen gewesen.

Der Beschwerdeführer habe zudem durch den Unfall Verletzungen an beiden Händen erlitten, die ein körperliches Gebrechen, das es ihm unmöglich mache, mit Waffen sachgemäß umzugehen, darstellten.

Der Beschwerdeführer sei daher "sowohl nach § 8 Abs 1 als auch nach § 8 Abs 2 WaffG als nicht verlässlich anzusehen".

Die "Gefahr der missbräuchlichen Verwendung einer Waffe" sei als sehr hoch zu bewerten, weil aufgrund des vom Beschwerdeführer gezeigten Verhaltens im Zusammenhang mit der fahrlässigen Handhabung von Sprengstoff sowie seinem körperlichen Gebrechen eine tatsächliche missbräuchliche Verwendung einer Waffe zu befürchten sei. Das "Gesamtverhalten im Zusammenhang mit dem Vorfall vom 02.12.2008" sei seitens des Beschwerdeführers durch einen sorglosen und leichtsinnigen Umgang mit Sprengstoff gekennzeichnet; es sei daher geeignet, die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung einer Waffe zu befürchten, weshalb die Verhängung eines Waffenverbots zu Recht erfolgt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens - die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand - in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von Waffen ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ist ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt lediglich voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde nach § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl etwa VwGH 27. November 2012, 2012/03/0140, mwN).

2. Vor diesem Hintergrund geht das Beschwerdevorbringen, der zu Grunde liegende Vorfall habe "mit Waffen überhaupt nichts zu tun", ebenso fehl wie der Hinweis auf das bisherige untadelige Vorleben des Beschwerdeführers.

Entscheidend ist vielmehr, ob der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt "bestimmte Tatsachen" iSd § 12 Abs 1 WaffG begründet, ob also die Annahme gerechtfertigt ist, der Beschwerdeführer könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden.

Demgegenüber ist der Entzug waffenrechtlicher Urkunden nach § 25 Abs 3 WaffG iVm § 8 WaffG schon bei Fehlen der waffenrechtlichen Verlässlichkeit gerechtfertigt, insofern also an andere, weniger strenge Anforderungen geknüpft, weshalb ein Gutachten, das dem Betroffenen (bloß) das Fehlen der waffenrechtlichen Verlässlichkeit bescheinigt, allein keine Grundlage für die Verhängung eines Waffenverbots nach § 12 Abs 1 WaffG sein kann.

Die Beschwerde zeigt die Relevanz des behaupteten, im Wesentlichen an die Nichteinholung des beantragten (weiteren) Sachverständigengutachtens geknüpften Verfahrensmangels aber nicht auf, weil sich die belangte Behörde hinsichtlich der Verhängung des Waffenverbots unbedenklich auf das Verhalten des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit Sprengmitteln stützen konnte.

3. Auf dieser Grundlage kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie im festgestellten, oben zusammengefasst wiedergegebenen Verhalten des Beschwerdeführers ein Gefährdungspotential iSd § 12 Abs 1 WaffG sah, das die Verhängung des Waffenverbots rechtfertigte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 21. Dezember 2012

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