VwGH 2009/21/0198

VwGH2009/21/019829.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des B in D, vertreten durch Dr. Anita Einsle, Rechtsanwältin in 6900 Bregenz, Deuringstraße 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 16. Juni 2009, Zl. UVS-410-010/E2-2009, betreffend Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der - seit Oktober 2008 besachwalterte - Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina und verfügte zuletzt im Hinblick auf seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin über einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger". Im Zuge eines Verlängerungsantrages wurde ein aufenthaltsbeendendes Verfahren eingeleitet und schließlich wurde der Beschwerdeführer mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 3. März 2009 aus dem Bundesgebiet ausgewiesen.

In der Folge verhängte die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn gegen den Beschwerdeführer am 29. April 2009 gemäß § 76 Abs. 1 und 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG iVm § 57 AVG zur Sicherung seiner Abschiebung Schubhaft. Aus dieser wurde er am 8. Mai 2009 wegen festgestellter Haftunfähigkeit wieder entlassen.

Der Beschwerdeführer erhob Schubhaftbeschwerde. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 16. Juni 2009 wies der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg (die belangte Behörde) diese Beschwerde gemäß §§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 1, 2 und 4 zweiter Satz FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet ab.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Der Beschwerdeführer hat auch gegen den oben genannten Ausweisungsbescheid vom 3. März 2009 Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Diese Beschwerde war erfolgreich, mit hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2012, Zl. 2011/22/0330, wurde der genannte Ausweisungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG trat dadurch die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des Ausweisungsbescheides befunden hatte. Diese "ex tunc"-Wirkung bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des Bescheides und seiner Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre. Die mit rückwirkender Kraft ausgestattete Gestaltungswirkung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet auch, dass allen Rechtsakten und Vollzugsakten, die während der Geltung des vom Verwaltungsgerichtshof danach aufgehobenen Bescheides auf dessen Grundlage gesetzt worden sind, im Nachhinein die Rechtsgrundlage entzogen worden ist (vgl. mwN. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2005, Zl. 2002/21/0062).

Nach dem Gesagten lag ex post betrachtet bei Verhängung der Schubhaft durch die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn am 29. April 2009 keine durchsetzbare Ausweisung vor. Für eine allfällige Abschiebung des Beschwerdeführers existierte somit kein Titel, weshalb die Verhängung und Aufrechterhaltung von Schubhaft zur hier allein gegenständlichen Sicherung einer Abschiebung des Beschwerdeführers nicht rechtmäßig sein konnte. Der zu einer anderen Beurteilung gelangende bekämpfte Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Demnach steht nur ein Schriftsatzaufwand in Höhe von EUR 1.106,40 zu. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren war abzuweisen, weil die angesprochene Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen nach der genannten Aufwandersatzverordnung inkludiert ist und weil die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG im Hinblick auf die bewilligte Verfahrenshilfe nicht zu entrichten war.

Wien, am 29. Februar 2012

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