VwGH 2009/17/0086

VwGH2009/17/008623.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler, die Hofrätin Dr. Zehetner sowie den Hofrat Dr. Sutter als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde 1. der P und des 2. G, beide in S, beide vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Klagenfurt, vom 7. April 2009, Zl. ZRV/0032-Z3K/06, betreffend Altlastenbeitrag, zu Recht erkannt:

Normen

ALSAG 1989 §2 Abs5 Z1;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z2;
ALSAG 1989 §7 Abs1 Z2;
BAO §295a;
VwRallg;
ALSAG 1989 §2 Abs5 Z1;
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z2;
ALSAG 1989 §7 Abs1 Z2;
BAO §295a;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund jeweils zur Hälfte Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die Beschwerdeführer sind - gemäß den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde - je zur Hälfte Eigentümer einer Land- und Forstwirtschaft. Zwischen November 2004 und Juni 2005 errichteten sie einen Reitplatz im Ausmaß von ca. 30 x 55 m und einen Reitweg (Zulaufweg für Pferde) im Ausmaß von ca. 80 x 3 m. Der Reitplatz wurde auf teilweise sumpfigem Gelände errichtet, das Erdmaterial teilweise entfernt und mit Grobschlag (Kies) von ca. 0,5 m, einer unteren Tragschicht (Filterschicht) von ca. 0,3 bis 0,5 m, einem Geotextilvlies, Ziegelrecyclingmaterial von ca. 0,5 m und Estrichsand von ca. 0,12 bis 0,15 m aufgefüllt. Der Reitweg wurde mit einer ca. 40 cm starken Ziegelrecyclingschicht befestigt. Ein Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung bei der Gemeinde S. wurde nicht gestellt. Es erfolgte lediglich eine telefonische Anfrage des Zweitbeschwerdeführers, ob die Anlage von Pferdekoppeln mit Einzäunung baubehördlich bewilligungspflichtig sei, was vom Amtsleiter der Gemeinde verneint wurde.

1.2. Mit Bescheid vom 18. Oktober 2005 setzte das Zollamt Graz gegenüber den Beschwerdeführern als Gesamtschuldnern gemäß § 201 BAO einen Altlastenbeitrag für das vierte Quartal 2004 in Höhe von EUR 14.400 gemäß § 217 BAO einen Säumniszuschlag in Höhe von EUR 288 und gemäß § 135 BAO einen Verspätungszuschlag in der Höhe von EUR 288 fest.

Begründend führte die Behörde aus, die zu Grunde gelegte Abfallmenge gründe auf einem Schreiben der Lieferfirma, wonach 1250 m3 gebrochenes Ziegelmaterial für die Errichtung des Reitplatzes abgeholt worden sei. Anlässlich einer Nachschau des Zollamtes Graz sei die Geländeanpassung mit gebrochenem Ziegelschutt und die Errichtung eines Zufahrtsweges festgestellt worden. Bei dem Reitplatz handle es sich um eine bauliche Anlage, deren Neuerrichtung gemäß § 19 Abs. 1 Stmk BauG einer Bewilligung bedürfe. Da die Baumaßnahme aufgrund der fehlenden Bewilligung mit der Rechtsordnung nicht in Einklang stehe, sei der Altlastenbeitrag zu entrichten.

1.3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 16. November 2005 Berufung. Begründend führten sie im Wesentlichen aus, dass die Gemeinde S. als zuständige Baubehörde davon ausgehe, dass ein bewilligungsfreies Bauvorhaben vorliege, und ihnen gegenüber diese Auskunft erteilt habe. Jedenfalls seien für die Errichtung des Rangierplatzes samt Zulaufweg keine besonderen bautechnischen Kenntnisse erforderlich gewesen. Zudem sei das Zollamt Graz an die Rechtsansicht der zuständigen Baubehörde gebunden. Da im vorliegenden Fall aber keine rechtskräftige Entscheidung vorliege, weil die Baubehörde die Meinung vertrete, es liege ein bewilligungsfreies Bauvorhaben vor, hätte das Zollamt Graz jene Ermittlungen durchführen müssen, die die zur Entscheidung dieser Vorfrage als Hauptfrage zuständige Behörde anzustellen gehabt hätte. Die Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, ein Ermittlungsverfahren entsprechend einem Bauverfahren unter Zuziehung eines bautechnischen Amtssachverständigen durchzuführen. Weiters sei auch darauf hinzuweisen, dass bei einem bewilligungsfreien Bauvorhaben gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 Stmk BauG keine schriftliche Anzeige an die Behörde erfolgen müsse, weil auch kein anzeigepflichtiges Bauvorhaben im Sinne des § 20 Stmk BauG vorliege.

Bewilligungsfreie Vorhaben seien der Gemeinde nur schriftlich mitzuteilen. Abschließend sei zu bemerken, dass es sich bei dem "Ziegelschutt" um behandelten Abfall, nämlich um Recyclingmaterial 0 bis 63 mm aus Ziegel gehandelt habe, der nicht unter den Abfallbegriff des ALSAG zu subsumieren sei.

1.4. Mit Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Graz vom 2. Dezember 2005 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass aufgrund der aufwändigen Trockenlegung und Drainagierung des Geländes sowie der Dämpfung des Obermaterials zur Schonung der Gelenke der Pferde offenkundig bautechnische Kenntnisse erforderlich gewesen seien. Der errichtete Rangierplatz mit Zulaufweg könne daher auch ohne Zuziehung eines Sachverständigen schon aufgrund der vorliegenden Fotos als bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z 12 Stmk BauG qualifiziert werden. Die entsprechende Vorfrage, ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliege, habe gemäß § 10 ALSAG die örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde festzustellen, gegen deren Entscheidung dem Zollamt ein Rechtsmittel zustehe.

Zudem wäre auch bei einem bewilligungsfreien Bauvorhaben ein schriftliches Ansuchen gemäß § 22 Abs. 1 Stmk BauG bzw. eine schriftliche Mitteilung gemäß § 21 Abs. 3 Stmk BauG an die Gemeinde erforderlich gewesen. Im Zuge einer persönlichen Vorsprache des Sachbearbeiters am 10. Jänner 2005 bei der Gemeinde S. sei festgestellt worden, dass eine derartige Mitteilung nicht aufliege. Die Menge des Schüttmaterials sei mangels Äußerung der Beschwerdeführer aufgrund der Angaben der Lieferfirma gemäß § 184 BAO geschätzt worden. Gemäß § 2 Abs. 6 ALSAG seien Baurestmassen Abfälle gemäß der Deponieverordnung (Anlage 2).

1.5. Gegen diese Berufungsvorentscheidung erhoben die Beschwerdeführer mit Eingabe vom 4. Jänner 2006 (Administrativ-)Beschwerde (§ 85c ZollR-DG). Begründend wurden Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und im Wesentlichen die Ausführungen der Berufung wiederholt.

Mit Eingabe vom 16. Februar 2006 übermittelten die Beschwerdeführer im Wege des Zollamtes Graz einen Bescheid der Gemeinde S. vom 14. Februar 2006 über eine Baubewilligung für die Errichtung von 10 Pferdeboxen, eines Reitplatzes sowie eines Weges (Reitweges) sowie eine Baubeschreibung gemäß § 23 Abs. 1 Z 11 Stmk BauG vom 27. Dezember 2005 samt Plänen.

Mit Eingabe vom 10. Mai 2006 übermittelten die Beschwerdeführer im Wege des Zollamtes Graz ein Gutachten des G.H. vom 2. April 2006. Daraus geht hervor, dass das Recyclingmaterial von einem Gebäudeabbruch in Graz stamme und von der Gemeinde S. auf Nachfrage eine Baubewilligung nachträglich erteilt worden sei. Der Schichtaufbau des Reitplatzes sei mit Grobschlag (Kies) von ca. 0,5 m, mit einer unteren Tragschicht (Filterschicht) von ca. 0,3 bis 0,5 m, einem Geotextilvlies, Ziegelrecyclingmaterial von ca. 0,5 m und Estrichsand von ca. 0,12 bis 0,15 m erfolgt. Durch eine Probenentnahme habe festgestellt werden können, dass das Material den in der Richtlinie für Recyclingbaustoffe vom Juli 2003 definierten Kriterien hinsichtlich der Umweltverträglichkeit entspreche und aus dieser Sicht daher zulässig sei. Das Material entspreche auch der Güteklasse II b der Richtlinie für Recycling-Baustoffe und sei somit als Baustoff für verdichtete Schüttungen (zB Wegebau) geeignet. Die Menge des Materials wurde mit ca. 900 m3, das Gewicht bei einer Annahme von 1,5 Tonnen/m3 bei lockerer Anschüttung und 2,0 Tonnen/m3 bei gewachsenem Boden mit insgesamt 1.300 Tonnen geschätzt.

1.6. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Administrativbeschwerde teilweise Folge und wies die Beschwerde im Übrigen als unbegründet ab. Der Altlastenbeitrag wurde für das vierte Quartal 2004 für 1.474 Tonnen (921 m3) mit EUR 10.612,80, der gemäß § 217 BAO zu erhebende Säumniszuschlag mit EUR 212,26 und der gemäß § 135 BAO zu erhebende Verspätungszuschlag ebenfalls mit EUR 212,26 festgesetzt. Der zu entrichtende Gesamtbetrag belief sich damit auf EUR 11.037,32.

Begründend führte die belangte Behörde aus, das Zollamt sei zutreffend davon ausgegangen, dass der in Rede stehende Ziegelschutt als Abfall im Sinne des ALSAG anzusehen sei. Nach § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG würden zwar die einer Wiederverwendung dienenden Abfälle nicht als Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten, allerdings bestehe eine Ausnahme für die gerade im vorliegenden Fall gegebene Verfüllung von Geländeunebenheiten und des Vornehmens von Geländeanpassungen. Unter Geländeverfüllungen oder - anpassungen im Sinn des § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG seien, wie sich aus § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG ergebe, beispielsweise auch Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente zu verstehen. Es könne somit kein Zweifel daran bestehen, dass die Verwendung von Ziegelschutt als Unterbau für einen Reitweg bzw. einen Reitplatz, eine Geländeverfüllung bzw. -anpassung darstelle und das dabei verwendete Material zu Recht als Abfall qualifiziert worden sei.

Die gesamte Baumaßnahme sei laut den Angaben der beiden Beschwerdeführer zwischen November 2004 und Juni 2005 erfolgt, wobei die Verfüllung unbestritten im vierten Quartal 2004 erfolgt sei, weil laut Schreiben der Lieferfirma vom 10. Dezember 2004 zu diesem Zeitpunkt das Material bereits abgeholt worden sei.

Es bleibe daher zu prüfen, ob die Verfüllung/Anpassung unter den Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG zu subsumieren sei. Dieser Ausnahmetatbestand (Erfüllen einer konkreten bautechnischen Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme) könne nämlich nur dann zum Tragen kommen, wenn es sich dabei um eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen handle. Eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen setze nicht nur voraus, dass die Materialien für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet werden könnten, sondern auch, dass die für diese Verwendung oder Verwertung allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen, Anzeigen, Nichtuntersagungen etc. vorlägen. Dem Gesetzgeber des ALSAG könne nämlich nicht unterstellt werden, er habe eine Verwendung oder Verwertung von Abfällen, die der Rechtsordnung widerspreche, privilegieren wollen, indem er sie von der Beitragspflicht ausgenommen habe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0173). Aus dem engen Zusammenhang, den der Gesetzgeber zwischen der Verfüllung/Anpassung und der übergeordneten Baumaßnahme hergestellt habe, ergebe sich, dass die übergeordnete Baumaßnahme zur Verwertung/Verwendung des Abfalls gehöre und auch für diese allenfalls erforderliche Bewilligungen, Anzeigen oder Nichtuntersagungen vorliegen müssten.

Das Erfordernis der Übereinstimmung des errichteten Reitplatzes und Reitweges mit der Rechtsordnung setze daher das Vorliegen einer allenfalls erforderlichen Bewilligung, einer Anzeige oder Nichtuntersagung nach dem Stmk BauG voraus. Die Errichtung eines Reitplatzes in Form von fünf Schichten (Grobschlag, untere Tragschicht, Geotextil, Ziegelrecycling und Estrichsand) zur Schonung der Pferde erfordere zweifelsfrei bautechnische Kenntnisse und handle es sich dabei um eine bauliche Anlage gemäß § 4 Z 12 Stmk BauG. Durch das nachträgliche Ansuchen der Beschwerdeführer um Erteilung einer Baubewilligung und der Vorlage der Projektunterlagen vom 27. Dezember 2005 sowie der Erteilung einer Baubewilligung u.a. für die Errichtung des Reitplatzes und eines Reitweges durch die Gemeinde S. vom 14. Februar 2006 stehe nunmehr fest, dass auch die zuständige Baubehörde die Baumaßnahme als bauliche Anlage und somit bewilligungspflichtig ansehe. Im Zuge der am 3. Februar 2006 durchgeführten Bauverhandlung sei auch der von den Beschwerdeführern geforderte Bausachverständige zugegen gewesen, der die für die Erteilung einer Baubewilligung erforderlichen Voraussetzungen als erfüllt betrachtet habe.

Als beitragspflichtige Tätigkeit komme im Beschwerdefall die Verfüllung bzw. Anpassung der betreffenden Grundstücke in Betracht. Für die Zuerkennung einer abgabenrechtlichen Begünstigung seien die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgeblich (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0173). Die Verfüllung/Anpassung sei im vierten Quartal 2004 erfolgt. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 ALSAG entstehe die Beitragsschuld im Falle des Verfüllens von Geländeunebenheiten oder des Vornehmens von Geländeanpassungen nach Ablauf des Kalendervierteljahres, in dem die beitragspflichtige Tätigkeit vorgenommen worden sei, wenn zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Beitragsbefreiung nicht vorlägen. Die für die übergeordnete Baumaßnahme erforderliche Baubewilligung sei zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beitragsschuldentstehung nicht vorgelegen. Die spätere nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung ändere nichts an der bereits entstandenen Altlastenbeitragsschuld.

Hinsichtlich der abgelagerten Menge sei zu bemerken, dass die dem bekämpften Bescheid zugrunde liegende Abfallmenge ausschließlich auf dem Schreiben der Lieferfirma vom 10. Dezember 2004 gründe. Aus dem vorgelegten Gutachten der Beschwerdeführer und der Baubewilligung der Gemeinde S. ergebe sich jedoch, dass der Reitweg auf einer Länge von 80 m und einer Breite von 3 m einen Unterbau von ca. 40 cm aus Ziegelrecyclingmaterial aufweise. Dies ergebe die Menge von 96 m3. Der Reitplatz wiederum weise auf einer Fläche von 55 x 30 m einen Unterbau von ca. 50 cm aus Ziegelrecyclingmaterial auf. Dies ergebe eine Menge von 825 m3. Die Größenangaben für den Reitplatz differierten leicht. Den von den Beschwerdeführern selbst stammenden Angaben im Einreichplan und den Angaben in der Baubewilligung sei dabei der Vorzug gegenüber den nur ungefähren Angaben von 29 x 53 m laut Gutachten eingeräumt worden. Insgesamt sei daher lediglich die Menge von 921 m3 Ziegelschutt verfüllt. Diese Berechnung entspreche auch weitgehend dem vorgelegten Gutachten vom 2. April 2006, wonach ca. 900 m3 Recyclingmaterial eingebaut worden seien. Der durchschnittliche Umrechnungsschlüssel von m3 in Tonnen im Verhältnis 1:1,6 entstamme den Tarifempfehlungen des Fachverbandes des Güterbeförderungsgewerbes mit den dort festgelegten Umrechnungsrelationen. Das Gewicht der verfüllten Menge in Tonnen betrage daher 1.473,60.

Die Festsetzung der Selbstberechnungsabgabe nach § 201 BAO erfolge aufgrund des öffentlichen Interesses an der Einbringung der Abgaben und dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. Billigkeitsgründe stünden dem nicht entgegen. Die Heranziehung beider Beschwerdeführer zur ungeteilten Hand sei erfolgt, weil die Baumaßnahme (und somit auch die Verfüllung/Anpassung) von beiden gemeinsam durchgeführt worden sei. Der zu entrichtende Altlastenbeitrag belaufe sich auf EUR 7,20 je angefangener Tonne, somit auf EUR 10.612,80. Die Vorschreibung des Säumniszuschlages in Höhe von EUR 212,26 gründe sich auf § 217 BAO, die Vorschreibung des Verspätungszuschlages in Höhe von 2 % (EUR 212,26) entspreche den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit (öffentliches Interesse an der Einbringung der Abgaben, Gleichmäßigkeit der Besteuerung) und Billigkeit (Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei), weil den Beschwerdeführern nur ein geringes Verschulden vorzuwerfen sei.

1.7. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Das Altlastensanierungsgesetz, BGBl. Nr. 299/1989 (ALSAG), regelt in seinem II. Abschnitt den Altlastenbeitrag, gegen dessen Vorschreibung sich die vorliegende Beschwerde wendet.

Nach § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG gelten zwar die einer Wiederverwendung dienenden Abfälle nicht als Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes, allerdings mit der Ausnahme der Verfüllung von Geländeunebenheiten bzw. des Vornehmens von Geländeanpassungen. Unter Geländeverfüllungen oder -anpassungen im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG sind, wie sich aus § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG ergibt, auch Unterbauten für Straßen etc. zu verstehen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 2003, Zl. 2002/07/0025 u.a.). Gleiches gilt auch für Unterbauten für Reitplätze und -wege. Die vom angefochtenen Bescheid erfassten Materialien haben ihre Eigenschaft als Abfälle somit durch ihre Verwendung zur Verfüllung/Anpassung nicht verloren (vgl. in diesem Sinne bereits das hg. Erkenntnis vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0173).

2.2. Möglich wäre aber eine Befreiung vom Altlastenbeitrag, wenn der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 zweiter Halbsatz ALSAG erfüllt wäre. § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG, BGBl. Nr. 299/1989, lautet in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung des BGBl. I Nr. 71/2003:

"§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen:

1. das langfristige Ablagern von Abfällen einschließlich des Einbringens von Abfällen in einen Deponiekörper, auch wenn damit deponiebautechnische oder andere Zwecke verbunden sind;

2. das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (zB Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen);

  1. 3. das Lagern von Abfällen;
  2. 4. das Befördern von Abfällen zur langfristigen Ablagerung außerhalb des Bundesgebietes."

    Wie der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis vom 22. April 2004, Zl. 2003/07/0173, ausgesprochen hat, kommt der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG nur dann zum Tragen, wenn es sich dabei um eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen handelt. Eine zulässige Verwendung oder Verwertung von Abfällen setzt aber nicht nur voraus, dass die Materialien für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet werden können, sondern auch, dass die für diese Verwendung oder Verwertung allenfalls erforderlichen behördlichen Bewilligungen (etwa Bewilligungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 oder nach den jeweiligen Bauvorschriften), Anzeigen, Nichtuntersagungen etc. vorliegen.

    Als hierfür relevanten Beurteilungszeitpunkt hat der Verwaltungsgerichtshof den Zeitpunkt angenommen, zu dem die Steuerschuld - grundsätzlich - entsteht, denn für die Zuerkennung einer abgabenrechtlichen Begünstigung sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgeblich. In diesem Zeitpunkt der potentiellen Abgabenschuldentstehung (§ 7 Abs. 1 Z 2 ALSAG) muss die Abgabenbehörde beurteilen können, ob der Abgabentatbestand verwirklicht oder allenfalls durch einen Ausnahmetatbestand zurückgedrängt worden ist. Dabei kann es nicht ausreichen, auf mögliche künftige Entwicklungen (etwa: erst zu erteilende erforderliche Bewilligungen oder zu erstattende Anzeigen) hinzuweisen, um einen Ausnahme- oder Befreiungstatbestand nachzuweisen, der die Abgabenbehörde von einer gesetzlich gebotenen Abgabenfestsetzung entbinden könnte.

2.3. Im Beschwerdefall haben sich die Beschwerdeführer hinsichtlich ihres Bauvorhabens telefonisch an die zuständige Baubehörde gewandt und von dieser die Rechtsauskunft erhalten, dass "die Anlage von Pferdekoppeln mit Einzäunung" bewilligungsfrei sei. Das ausgeführte Projekt - Errichtung eines Reitplatzes auf teilweise sumpfigem Gelände und eines befestigten Reitweges (Zulaufweg für Pferde) - war jedoch etwas Anderes und daher jedenfalls nicht mehr von dieser Rechtsauskunft gedeckt. Damit fehlte für die vorgenommenen Verfüllungen aber nicht nur die für (zunächst behauptete) baubewilligungsfreie Baumaßnahmen in § 21 Abs. 3 Stmk BauG vorgeschriebene schriftliche Mitteilung, sondern auch eine entsprechende mündliche Mitteilung. Es kann daher dahingestellt bleiben, welchen Wert eine bloße telefonische Mitteilung einerseits und eine mündliche Rechtsauskunft der Behörde andererseits im vorliegenden Zusammenhang überhaupt haben können. Darüber hinaus kann es dahingestellt bleiben, ob für das durchgeführte Bauvorhaben nicht richtigerweise eine Anzeigepflicht gemäß § 20 Z 3 lit. f Stmk BauG ("bauliche Anlagen für Reitparcours") oder gar eine Bewilligungspflicht gemäß § 19 Stmk BauG bestanden hat, wovon zumindest im Hinblick auf die nachfolgende Baubewilligung vom 14. Februar 2006 auszugehen wäre.

Da im Beschwerdefall im Zeitpunkt der potentiellen Abgabenschuldentstehung für das durchgeführte Projekt jedenfalls keine ausreichenden baurechtlichen Bewilligungen bzw. Anzeigen vorlagen, war der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG nicht erfüllt und die Abgabenfestsetzung dem Grundtatbestand entsprechend vorzunehmen.

2.4. Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

2.5. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die nachfolgende Baubewilligung vom 14. Februar 2006 abgabenrechtlich nicht völlig unbeachtlich ist. Sie berechtigt die Beschwerdeführer innerhalb der Verjährungsfrist des § 208 Abs. 1 lit. e BAO dazu, gemäß § 295a BAO einen Antrag auf Berücksichtigung eines rückwirkenden Ereignisses durch Abänderung des Abgabenbescheides zu stellen. Voraussetzung eines solchen Antrages ist nämlich, dass "ein Ereignis eintritt, das abgabenrechtliche Wirkung für die Vergangenheit auf den Bestand oder Umfang eines Abgabenanspruches hat". Ein solches Ereignis stellt die nachfolgende Baubewilligung für die "übergeordnete Baumaßnahme" dar, weil sie Bestandteil eines Tatbestandselements des § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG ist (vgl. Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 295a Anm. 13).

Die Rückwirkung im Sinne des § 295a BAO ergibt sich daraus, dass die nachfolgende Baubewilligung die nach der Abgabenschuldentstehung gesetzten Baumaßnahmen konstitutiv bewilligt und damit die entstandene Abgabenschuld an ihrer Wurzel berührt. Da der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 zweiter Halbsatz ALSAG keine zeitlichen Beschränkungen hinsichtlich der Bedeutsamkeit rechtskonformer übergeordneter Baumaßnahmen enthält und von seiner Regelungszielsetzung erkennbar baurechtlich zulässige Baumaßnahmen abgabenrechtlich privilegieren möchte, ermöglicht er auch die Geltendmachung nachfolgender Baubewilligungen im Wege des § 295a BAO. Durch die Ermessensgebundenheit des § 295a BAO wird sichergestellt, dass die Abgabenbehörde dabei die Umstände der zunächst konsenswidrigen Durchführung der Baumaßnahme für die Frage der tatsächlichen Abänderung des Abgabenbescheides angemessen berücksichtigen kann.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. Mai 2012

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