Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Rückstandsausweis vom 19. April 2006 wurden dem Beschwerdeführer als Geschäftsführer der U GmbH von der mitbeteiligten Partei gemäß § 25a Abs. 7 BUAG Zuschläge im Sinne der §§ 21 und 21a BUAG samt Nebengebühren in der Höhe von EUR 31.418,88 vorgeschrieben.
In seinem dagegen erhobenen Einspruch vom 4. Mai 2006 wandte der Beschwerdeführer im Wesentlichen ein, dass sich der Rückstandsausweis auch auf einen Zeitraum beziehe, in dem das Unternehmen bereits wegen Konkurses geschlossen gewesen sei. Weiters vertrat er die Ansicht, ein verwaltungsbehördlicher Titel in Form eines Rückstandsausweises könne nicht gegenüber dem Geschäftsführer verwendet werden, da die erkennende Behörde verpflichtet gewesen wäre, einen einem Rechtszug unterliegenden Haftungsbescheid auszustellen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 27. Juli 2007 wurde dem Einspruch keine Folge gegeben und der angefochtene Rückstandsausweis bestätigt.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 7. August 2007 Berufung, in der er im Wesentlichen sein Einspruchsvorbringen wiederholte.
Mit Eingabe vom 7. Mai 2008 beantragte die mitbeteiligte Partei den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die belangte Behörde. Im Verfahren vor der belangten Behörde wurden von den Verfahrensparteien weitere Stellungnahmen abgegeben und der Beschwerdeführer legte zusätzliche Urkunden vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid mit Erledigungsdatum 29. Jänner 2009 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab und bestätigte den Rückstandsausweis über einen Betrag in der Höhe von EUR 31.418,88. In der Begründung stützte die belangte Behörde ihre Zuständigkeit auf den Devolutionsantrag der mitbeteiligten Partei und ging inhaltlich auf das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers ein. Die belangte Behörde kam im Wesentlichen zu dem Ergebnis, dass das für die Anwendung des § 25a Abs. 7 BUAG notwendige Verschulden des Beschwerdeführers wegen einer Verletzung der ihn treffenden Gläubigergleichbehandlungspflicht zu bejahen und daher seine Haftung gegeben sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der angefochtene Bescheid leidet an einer nach § 41 Abs. 1 VwGG von Amts wegen aufzugreifenden Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde:
Die belangte Behörde war im Devolutionswege - aufgrund des Devolutionsantrags der mitbeteiligten Partei vom 7. Mai 2008 - zur Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid zuständig geworden.
Ihre Zuständigkeit als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde stützte sich auf Z 34 des Abschnitts L des Teils 2 der Anlage zu § 2 Bundesministeriengesetz 1986 (BMG) in der zum Zeitpunkt des Einlangens des Devolutionsantrags geltenden Fassung (vor der BMG-Novelle 2009, BGBl. I Nr. 3/2009), wonach Angelegenheiten des Arbeitsrechts, soweit sie nicht in den Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Justiz fallen, in den Wirkungsbereich des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit fallen; dazu gehörten nach lit. a) leg. cit. insbesondere auch "Angelegenheiten des Urlaubes und der Schlechtwetterentschädigung für Bauarbeiter".
Mit der BMG-Novelle 2009 wurde in Teil 2 der Anlage zu § 2 BMG ein neuer Abschnitt C eingefügt, wodurch das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (unter anderem) mit den - bis dahin zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gehörenden - Angelegenheiten des Arbeitsrechts, darunter insbesondere auch "Angelegenheiten des Urlaubes und der Schlechtwetterentschädigung für Bauarbeiter", betraut wurde. Gemäß § 17b Abs. 20 BMG in der Fassung der BMG-Novelle 2009 gilt für den Übergang zur neuen Rechtslage unter anderem § 16a BMG.
Gemäß § 16a BMG gelten Zuständigkeitsvorschriften in besonderen Bundesgesetzen als entsprechend geändert, wenn auf Grund von Änderungen dieses Bundesgesetzes Änderungen im Wirkungsbereich der Bundesministerien vorgesehen sind.
Abschnitt C des Teils 2 der Anlage zu § 2 BMG trat gemäß § 17b Abs. 20 Z 1 BMG mit 1. Februar 2009 in Kraft. Eine besondere Übergangsbestimmung hinsichtlich dieser Bestimmung sah die BMG-Novelle 2009 nicht vor.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist für die Beurteilung der Zuständigkeit im Sinne des § 6 AVG der Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgebend, sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt. Änderungen der Zuständigkeitsvorschriften sind daher stets, und zwar auch nach der Anhängigmachung einer Verwaltungssache, zu berücksichtigen, zumal es im Verwaltungsverfahren - anders als bei den ordentlichen Gerichten nach § 29 JN - keine perpetuatio fori gibt. Bei einer solchen Änderung ist das Verfahren von der nunmehr zuständigen Behörde weiterzuführen. Das gilt auch für Veränderungen betreffend die Zuständigkeit von Berufungsbehörden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1991, Zl. 91/12/0034, mwN und auch die bei Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 6, Rz 8 ff zitierte Rechtsprechung).
2. Der angefochtene Bescheid wurde nach übereinstimmenden Angaben der belangten Behörde und des Beschwerdeführers sowie nach den im Verwaltungsakt enthaltenen Rückscheinen am 2. Februar 2009 an den Beschwerdeführer und die mitbeteiligte Partei zugestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Bescheid mit diesem Zeitpunkt in rechtliche Existenz getreten und ist die Zuständigkeit zur Erlassung des Bescheids nach diesem Zeitpunkt zu beurteilen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 zu § 62 AVG, S 1105 angeführte Rechtsprechung).
Eine Zuständigkeit der belangten Behörde als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde - die mittels Devolutionsantrag zuständig gemacht werden kann - war daher am Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 2. Februar 2009 nicht mehr gegeben.
3. Die belangte Behörde vertritt in ihrer Gegenschrift zu einem entsprechenden Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes die Position, ihr wäre aufgrund der Inkrafttretensbestimmung des § 17b Abs. 20 BMG eine "Frist" zur Entscheidung bis zum 31. Jänner 2009 zugekommen. Da dieser Tag auf einen Samstag gefallen sei, sei in analoger Anwendung des § 33 Abs. 2 AVG das Ende dieser "Frist" erst am folgenden Werktag - den 2. Februar 2009 - anzunehmen und die Erlassung des angefochtenen Bescheids daher "rechtzeitig" erfolgt.
Diese Ansicht vermag jedoch schon deshalb nicht zu überzeugen, weil die Änderung von gesetzlichen Zuständigkeitsnormen keine Frist im Sinne des § 33 AVG begründet. Durch die Bundesministeriengesetz-Novelle 2009 wurde der belangten Behörde nicht eine gesetzliche Frist zur Bescheiderlassung in bei ihr anhängigen Verfahren gesetzt, sondern es wurde - ohne Übergangsbestimmung - eine andere Behörde für die Bescheiderlassung überhaupt zuständig gemacht.
4. Gemäß § 6 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Die Unzuständigkeit ist in jeder Lage des Verfahrens, auch wenn sie von den Parteien nicht geltend gemacht wird, wahrzunehmen (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2007, Zl. 2005/08/0176). Dadurch, dass die belangte Behörde trotz ihrer Unzuständigkeit in der Sache selbst entschieden hat, hat sie den angefochtenen Bescheid daher mit Rechtswidrigkeit belastet.
5. Der angefochtene Bescheid war wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 12. September 2012
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