VwGH 2009/04/0266

VwGH2009/04/02662.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, in der Beschwerdesache des Eur.Ing. X in Y, vertreten durch Dr. Eike Lindinger, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 26/5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend) vom 11. April 2007, Zl. 91.505/1276-I/3/07, betreffend Verleihung der Berechtigung zur Führung der Bezeichnung "Diplom HTL-Ingenieur" den Beschluss gefasst:

Normen

12010E267 AEUV Art267;
62009CJ0203 Volvo Car Germany VORAB;
IngG 2006 §20 Abs1;
IngG 2006 §20 Abs2;
IngG 2006 §20;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;
12010E267 AEUV Art267;
62009CJ0203 Volvo Car Germany VORAB;
IngG 2006 §20 Abs1;
IngG 2006 §20 Abs2;
IngG 2006 §20;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Bezeichnung "Diplom-HTL-Ingenieur" gemäß § 14 Abs. 1 Z. 2 des Ingenieurgesetzes 2006, BGBl. I Nr. 120 (im Folgenden: IngG 2006) abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer am 25. Mai 2007 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) ein, deren Behandlung der VfGH mit Beschluss vom 15. Juni 2009, B 865/07-4, ablehnte. Mit Beschluss vom 15. September 2009, B 865/07-6, wurde die Beschwerde über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, er habe auf Grund der ihm im "Eur Ing. Zertifikat" bescheinigten Eintragung in das FEANI EUR Ingenieurregister gemäß der Richtlinie 89/48/EWG idF 92/51/EWG einen Anspruch auf Anerkennung und regte (beim VfGH) die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens im Hinblick auf die genannte Richtlinie beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) an.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die Zuerkennung des Ersatzes des Vorlageaufwandes.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ausschlaggebend, ob dem Beschwerdeführer ein Rechtsschutzbedürfnis zukommt. Dies ist dann der Fall, wenn er nach der Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht (noch) verletzt sein kann. Der Verwaltungsgerichtshof ist nämlich nicht zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit berufen. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt dann nicht vor, wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat und daher den in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen nur mehr theoretische Bedeutung zukommt. Fällt das Rechtsschutzbedürfnis nach Einbringung der Beschwerde weg, so ist die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 26. November 2010, Zl. 2008/04/0235, mwN).

Der Beschwerdeführer erachtet sich vorliegend im Recht auf Führung der Bezeichnung "Diplom-HTL-Ingenieur" verletzt.

Das IngG 2006 enthielt in seinem 2. Abschnitt Regelungen über die Bezeichnungen "Diplom-HTL-Ingenieur" und "Diplom-HLFL-Ingenieur". So durften diese Bezeichnungen gemäß § 12 IngG 2006 nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen (dieses Abschnittes) geführt werden. § 14 IngG 2006 bestimmte, wann die Berechtigung zur Führung der Bezeichnung "Diplom-HTL-Ingenieur" von der belangten Behörde auf Antrag zu verleihen war.

Gemäß § 20 Abs. 1 IngG 2006 trat der 2. Abschnitt dieses Bundesgesetzes mit Ablauf des 31. Dezember 2006 außer Kraft. Gemäß § 20 Abs. 2 IngG 2006 war dieses Bundesgesetz auf zum Zeitpunkt des Außer-Kraft-Tretens anhängige Verfahren weiterhin, längstens jedoch bis Ablauf des 31. Dezember 2008 anzuwenden.

Die vom Beschwerdeführer angestrebte Verleihung der Berechtigung zur Führung der Bezeichnung "Diplom-HTL-Ingenieur" ist daher - selbst wenn man davon ausginge, dass der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag rechtzeitig (d.h. noch vor Ablauf des 31. Dezembers 2006) gestellt habe und das gegenständliche Verfahren daher iSd § 20 Abs. 2 IngG anhängig geworden sei - jedenfalls mit Ablauf des 31. Dezembers 2008 nicht mehr möglich (§ 20 Abs. 2 IngG 2006).

Wenn der Beschwerdeführer in seiner zur Frage der Gegenstandslosigkeit erstatteten Stellungnahme vorbringt, die Anrufung eines Gerichtes (hier zunächst des VfGH) unterbreche "die Anwendung bzw. die Dauer" bei jeder Frist, so ist § 20 IngG eine entsprechende Regelung nicht zu entnehmen. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, einer Verlängerung der Anwendung des IngG 2006 stünden keine öffentlichen Interessen entgegen, ist darauf hinzuweisen, dass § 20 IngG 2006 eine weitere Verlängerung der Anwendung des 2. Abschnittes dieses Bundesgesetzes nicht vorsieht, sondern der Gesetzgeber nach den Erläuterungen vielmehr an "dem Auslaufen der Vergabe der Bezeichnung 'Diplom-HTL/HLFL-Ingenieur' festhält" (vgl. RV 1431 BlgNR XXII. GP, 4).

Da nach dem Gesagten das vom Beschwerdeführer angestrebte Verfahrensziel auch bei Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht erreicht werden könnte, kommt den in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen nur mehr theoretische Bedeutung zu (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation den zitierten hg. Beschluss vom 26. November 2010). Infolge des somit eingetretenen nachträglichen Wegfalles des Rechtsschutzbedürfnisses, war die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 und Z. 6 VwGG abgesehen werden, da es sich nach dem Obgesagten ausschließlich um Fragen handelt, zu deren Klärung eine Verhandlung nichts mehr beizutragen vermag (vgl. auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 13. Oktober 2011, Appl. no. 36.801/06, Fexler v. Sweden).

Da den in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen nur mehr theoretische Bedeutung zukommt, war der Anregung des Beschwerdeführers, eine Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV beim EuGH zu beantragen, nicht näher zu treten (vgl. zur Unzulässigkeit von Vorabentscheidungsersuchen bei hypothetischen Rechtsfragen die ständige Rechtsprechung des EuGH etwa im Urteil vom 28. Oktober 2010 in der Rechtssache C-203/09 , Volvo Car Germany GmbH, Randnr. 23).

Im Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.

Wien, am 2. Februar 2012

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