VwGH 2009/03/0149

VwGH2009/03/014924.5.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Hutchison 3G Austria GmbH in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Bertram Burtscher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 6. August 2009, Zl M 13/09-27, betreffend Aufhebung spezifischer Verpflichtungen nach dem TKG 2003 (mitbeteiligte Partei: A1 Telekom Austria AG in Wien, vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Donau-City-Straße 11; weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Normen

32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze ;
TKG 2003 §36 Abs1;
TKG 2003 §36;
TKG 2003 §37 Abs1;
TKG 2003 §37 Abs2;
TKG 2003 §37 Abs3;
TKG 2003 §37;
TKMV 2008;
32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze ;
TKG 2003 §36 Abs1;
TKG 2003 §36;
TKG 2003 §37 Abs1;
TKG 2003 §37 Abs2;
TKG 2003 §37 Abs3;
TKG 2003 §37;
TKMV 2008;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 sowie der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der Verizon Austria GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Norbert Wiesinger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rudolfsplatz 3, wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde die gemäß § 133 Abs 7 TKG 2003 geltenden spezifischen Verpflichtungen der (Rechtsvorgängerin der) Mitbeteiligten, soweit sie sich auf die Leistungen beziehen, die dem Markt "Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz (Vorleistungsmarkt)" gemäß § 1 Z 9 TKMVO 2003 zugehörten, "analog § 37 Abs 3 TKG 2003" auf.

In der Begründung führte die belangte Behörde zunächst aus, mit Bescheid Zl M 1/02-114 vom 20. September 2002 sei festgestellt worden, dass die Rechtsvorgängerin der Mitbeteiligten auf dem nationalen Markt für Zusammenschaltungsleistungen über eine marktbeherrschende Stellung im Sinne des § 33 TKG (1997) verfüge. Die Mitbeteiligte habe auch bei Inkrafttreten des TKG 2003 über eine marktbeherrschende Stellung auf diesem Markt verfügt. Die am 17. Oktober 2003 in Kraft getretene Telekommunikationsmärkteverordnung 2003 - TKMVO 2003 habe in ihrem § 1 Z 9 den Vorleistungsmarkt "Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz" als für die sektorspezifische Regulierung relevanten Markt festgelegt. In diesem Markt seien Zusammenschaltungsleistungen enthalten gewesen, die davor Teil des zuvor genannten nationalen Marktes für Zusammenschaltungsleistungen gewesen seien.

Der Bescheid der belangten Behörde vom 19. März 2007, Zl M 16a/06-25, mit dem die gemäß § 133 Abs 7 TKG 2003 geltenden Verpflichtungen der Mitbeteiligten auf dem genannten Markt wegen effektiven Wettbewerbs auf diesem Markt aufgehoben wurden, sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 2009, Zl 2008/03/0146, wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden. Auf Grund der ex-tunc-Wirkung dieser Aufhebung hätten die die Mitbeteiligte nach § 133 Abs 7 TKG 2003 treffenden spezifischen Verpflichtungen weiterhin gegolten.

Mit Inkrafttreten der Telekommunikationsmärkteverordnung 2008 - TKMV 2008, BGBl II Nr 505/2008, am 31. Dezember 2008 sei § 1 Z 9 TKMVO 2003 außer Kraft getreten. Der Vorleistungsmarkt "Transitdienste im öffentlichen Festtelefonnetz" sei seitdem nicht mehr als für die sektorspezifische Regulierung relevanter Markt festgelegt.

Die weitere Begründung des angefochtenen Bescheids (hinsichtlich der Grundlagen der sektorspezifischen Regulierung durch Marktdefinitions- und -analyseverfahren nach §§ 36, 37 TKG 2003, und zur Aufhebung der Verpflichtungen der Mitbeteiligten auf dem in Rede stehenden Markt in analoger Anwendung des § 137 Abs 3 TKG 2003) gleicht jener des dem hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2009/03/0045, zu Grunde liegenden angefochtenen Bescheides vom 23. März 2009; zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen den Bescheid vom 6. August 2009 gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgebende (nationale wie unionsrechtliche) Rechtslage gleicht derjenigen, die in dem dem hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2009/03/0045, zu Grunde liegenden Beschwerdefall anzuwenden war.

Auch das Beschwerdevorbringen gegen den nunmehr angefochtenen Bescheid gleicht in den wesentlichen Punkten jenem, das auch dem zitierten hg Erkenntnis, Zl 2009/03/0045, zu Grunde lag.

Auf dieses wird daher gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen.

2. Darüber hinausgehend bringt die nunmehrige Beschwerde vor, die mit dem angefochtenen Bescheid aufgehobenen spezifischen Verpflichtungen der Mitbeteiligten seien nicht klar benannt; der Bescheid verstoße daher gegen das Bestimmtheitsgebot des § 59 Abs 1 AVG.

Zudem bleibe entgegen der Auffassung der belangten Behörde im gegenständlichen Fall mangels planwidriger Lücke kein Raum für Analogie, zumal in § 37 Abs 3 TKG 2003 der Gesetzgeber die Aufhebung spezifischer Verpflichtungen ausdrücklich geregelt habe, allerdings auf der Grundlage, dass zuvor festgestellt werden müsse, ob effektiver Wettbewerb bestehe; ungeachtet des Entfalls des Transitmarktes aus der TKMV 2008 hätte die belangte Behörde daher ein eigenes Ermittlungsverfahren durchführen und entsprechende Feststellungen treffen müssen.

3. Auch dieses Vorbringen geht fehl.

Das dreistufige System der sektorspezifischen Regulierung nach §§ 36, 37 TKG 2003 setzt an der Marktdefinition nach § 36 TKG 2003 an, wonach "die der sektorspezifischen Regulierung unterliegenden … Märkte" durch Verordnung festzulegen sind.

Das Marktanalyseverfahren nach § 37 TKG 2003 ist auf diese gemäß § 36 Abs 1 TKG festgelegten Märkte beschränkt; eine Wettbewerbsregulierung durch die Regulierungsbehörde ist daher nur im Hinblick auf einen solchen Markt zulässig. Die Analyse eines Marktes nach § 37 Abs 1 TKG setzt ebenso wie die Auferlegung bzw Beibehaltung spezifischer Verpflichtungen nach § 37 Abs 2 TKG 2003 die Definition des entsprechenden Marktes als solchen nach § 36 Abs 1 TKG voraus (vgl erneut das hg Erkenntnis, Zl 2009/03/0045). Auch die Regelung des § 37 Abs 3 TKG über die Rechtsfolgen der Feststellung effektiven Wettbewerbs "auf dem relevanten Markt" (Einstellung des Verfahrens bzw Aufhebung noch bestehender spezifischer Verpflichtungen) bezieht sich unmittelbar nur auf die Konstellation der Überprüfung (Marktanalyse) eines nach § 36 Abs 1 TKG 2003 definierten Marktes.

Es ist der belangten Behörde also insofern zuzustimmen, dass die gegebene Konstellation (aufgrund geänderter Wettbewerbsverhältnisse wird die gemäß § 36 TKG 2003 zu erlassende Verordnung geändert und der seinerzeit noch als relevant definierte Markt nun nicht mehr als solcher definiert; es bestehen aber weiterhin spezifische Verpflichtungen auf Basis des früheren Regimes) vom unmittelbaren Wortlaut des § 37 Abs 3 TKG 2003 nicht erfasst ist. Wenn nun spezifische Verpflichtungen auf einem der sektorspezifischen Regulierung grundsätzlich unterliegenden (weil als solchen definierten) Markt dann aufzuheben sind, wenn sich im Marktanalyseverfahren herausstellt, dass nunmehr effektiver Wettbewerb gegeben ist, dann wäre es ein auch dem Unionsrecht zuwiderlaufender Wertungswiderspruch, solche Verpflichtungen nicht aufzuheben, wenn schon der entsprechende Markt - wegen der geänderten wettbewerblichen Situation - rechtlich nicht mehr als relevant festgelegt wird. Die von der Beschwerde vermisste - neuerliche bzw eigenständige - Beurteilung der wettbewerblichen Situation auf dem Markt hatte die belangte Behörde diesfalls aufgrund ihrer Bindung an die TKMV 2008 nicht mehr vorzunehmen.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann auch nicht gesagt werden, dass der Bescheidspruch nicht hinreichend bestimmt sei, um bei verständiger Auslegung die notwendige Klarstellung des damit Angeordneten (Aufhebung sämtlicher Verpflichtungen der Mitbeteiligten auf einem durch Verordnung festgelegten Markt) zweifelsfrei zu erkennen, zumal die Beschwerdeführerin selbst nicht einmal konkret vorbringt, dass ihr der Inhalt des Bescheidspruchs unklar geblieben wäre.

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455. Vorlageaufwand war nicht zuzusprechen, weil die Akten in einem anderen Beschwerdeverfahren vorgelegt wurden.

Das Kostenersatzbegehren der zunächst als mitbeteiligte Partei beigezogenen Verizon Austria GmbH in Wien war abzuweisen, da diese selbst eine - zur hg Zl 2010/03/0090 protokollierte - Beschwerde erhoben hat, in der sie die Aufhebung des auch hier angefochtenen Bescheides beantragt. Wer aber selbst die Aufhebung des angefochten Bescheides beantragt, kann nicht Mitbeteiligter im verwaltungsgerichtlichen Verfahren sein (vgl den hg Beschluss vom 26. März 2012, Zl 2009/03/0064, mwN).

Wien, am 24. Mai 2012

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