VwGH 2009/02/0343

VwGH2009/02/034324.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde 1. der J GmbH & Co KG in F, 2. des JW in F, beide vertreten durch Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Grazer Straße 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 17. September 2009, Zlen. UVS-1-992/E3-2008, UVS-1-993/E3-2008, betreffend Beschlagnahme von Geldspielapparaten nach dem Vorarlberger Spielapparategesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
SpielapparateG Vlbg §4;
SpielapparateG Vlbg §9 Abs1 lita;
SpielapparateG Vlbg §9 Abs3;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs6;
VStG §39;
VStG §51 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §8;
SpielapparateG Vlbg §4;
SpielapparateG Vlbg §9 Abs1 lita;
SpielapparateG Vlbg §9 Abs3;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs6;
VStG §39;
VStG §51 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

1. Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei wird als unbegründet abgewiesen.

2. Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Zurückweisung der Berufung des Zweitbeschwerdeführers (Spruchpunkt b), wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

3. Die erstbeschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

4. Das Land Vorarlberg hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Wie aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten (Anzeige vom 23. Juli 2008) zu ersehen ist, fand am 17. Juli 2008 in einem näher genannten Gasthaus um 22.14 Uhr eine Kontrolle statt. Dabei sei festgestellt worden, dass von M. S. (Gewerbeinhaber) zwei Geldspielapparate, welche nach § 4 des Vorarlberger Spielapparategesetzes verboten seien, betrieben worden seien. Die Geldspielapparate, Internetterminals einer näher genannten Type mit "Adventure Multigames", keine Nummern, seien in Anwesenheit mehrerer Gäste in einem frei zugänglichen Gastraum aufgestellt gewesen. Ein Apparat sei in Betrieb, der zweite Automat ausgeschaltet gewesen. Mit den Apparaten seien glücksspielartige Spiele angeboten worden.

Die erstbeschwerdeführende Partei, deren Geschäftsführer der Zweitbeschwerdeführer sei, habe die Geldspielapparate am 10. Juli 2008 zur Aufstellung überlassen und zum Betrieb in dem vorgenannten Gasthaus aufgestellt, obwohl auch diese Handlung nach § 9 Abs. 1 lit. a des Vorarlberger Spielapparategesetzes verboten sei.

Die beiden Apparate - so u.a. in der Anzeige weiter - seien eindeutig mit glücksspielartigen Programmen programmiert und am Stromnetz angeschlossen gewesen. Ein Terminal sei spielbereit in Betrieb, der zweite Terminal ausgeschaltet gewesen. An beiden Apparaten seien Internetkabel angeschlossen gewesen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B. (kurz: BH) vom 8. August 2008 wurden zwei in dem näher genannten Gasthaus aufgestellte Geldspielapparate ohne erkennbare Marke, Nummer-Aufkleber "J.…. (Name der erstbeschwerdeführenden Partei)" (Eigentümerin) samt Inhalt gemäß § 39 Abs. 1 VStG zur Sicherung des Verfalles beschlagnahmt.

Dieser Bescheid wurde u.a. gegenüber der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer erlassen.

Mit Schriftsatz vom 23. August 2008 erhoben sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch der Zweitbeschwerdeführer Berufung.

In weiterer Folge erging mit Schriftsatz der BH vom 1. September 2008 gegenüber dem Zweitbeschwerdeführer eine Aufforderung zur Rechtfertigung wegen Übertretung des § 9 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 4 des (Vorarlberger) Spielapparategesetzes.

Aufgrund einer Stellungnahme des Zweitbeschwerdeführers erging schließlich mit Schriftsatz der BH vom 15. Oktober 2008 eine neuerliche (geänderte) Aufforderung zur Rechtfertigung, in welcher dem Zweitbeschwerdeführer sowohl eine Übertretung nach dem (Vorarlberger) Spielapparategesetz als auch eine Übertretung nach dem Glücksspielgesetz zur Last gelegt wurde.

Die belangte Behörde führte am 31. Juli 2009 eine mündliche Verhandlung durch. In der Verhandlungsschrift wurde u. a. festgehalten, die Parteien hätten auf die Verlesung der Aktenstücke des erstinstanzlichen Aktes verzichtet, welche als verlesen gelten würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17. September 2009 wurde unter Spruchpunkt a) der Berufung der Erstbeschwerdeführerin keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt, und unter Spruchpunkt b) die Berufung des Zweitbeschwerdeführers zurückgewiesen.

In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, die gegenständlichen Apparate seien zur Durchführung von Spielen bestimmt gewesen und gegen Entgelt betrieben worden. Der jeweilige Spieler habe unter Verwendung der gegenständlichen Geräte (von den Beschwerdeführern als "Terminal" bezeichnet) einen vermögenswerten Gewinn oder Verlust erzielen können. Aufgrund der Funktionsweise dieser Apparate hätten hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vorgelegen, dass es sich bei diesen Apparaten um Spielapparate bzw. Geldspielapparate im Sinne des Vorarlberger Spielapparategesetzes handle.

Ferner stehe fest, dass die erfolgte Aufstellung und der Betrieb der Geldspielapparate nach § 4 des (Vorarlberger) Spielapparategesetzes verboten sei. Es sei daher vom Verdacht des Vorliegens einer Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs. 1 lit. a des (Vorarlberger) Spielapparategesetzes auszugehen.

Ebenso würden die weiteren Voraussetzungen für die Anordnung einer Beschlagnahme vorliegen. Zum einen handle es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs. 1 lit. a des (Vorarlberger) Spielapparategesetzes um eine solche, für die nach § 9 Abs. 3 dieses Gesetzes der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen sei.

Zum anderen sei die Beschlagnahme zur Sicherung des Verfalles erforderlich, weil ohne Beschlagnahme die Gefahr bestanden habe, dass die Geldspielapparate vor Beendigung des Verfahrens hätten entfernt und so dem Zugriff entzogen werden können. Insbesondere habe die Eigentümerin der Geräte (Erstbeschwerdeführerin) ihren Sitz außerhalb von Vorarlberg. Weiters habe die Gefahr bestanden, dass durch einfache Manipulation Veränderungen vorgenommen würden, wodurch die Erklärung des Verfalls hätte vereitelt werden können.

Die Berufung des Zweitbeschwerdeführers sei zurückzuweisen, weil diesem mangels Parteistellung - Eigentümerin der gegenständlichen Spielapparate sei die Erstbeschwerdeführerin - kein Berufungsrecht zukomme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Zur Beschwerde des Zweitbeschwerdeführers:

In der Beschwerde wird u.a. vorgebracht, die Beschlagnahme nach § 39 Abs. 1 VStG sei Teil des Verwaltungsstrafverfahrens, in dem sowohl der Beschuldigte als auch der Sacheigentümer Parteistellung genießen würden.

Der Begriff "Verwaltungsstrafsachen" schließt auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, ein. Er erstreckt sich auf alle "Verfahren vor den Verwaltungsbehörden wegen Verwaltungsübertretungen"; davon sind auch Bescheide betreffend die Beschlagnahme von Verfallsgegenständen und deren Ausfolgung im Sinne des § 39 VStG erfasst (vgl. das hg. Erkenntnis 31. August 1999, Zl. 99/05/0039, m.w.N.).

Liegt der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vor, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, so kann nach § 39 Abs. 1 VStG die Behörde zur Sicherung des Verfalls die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.

Gemäß § 9 Abs. 3 des Vorarlberger Spielapparategesetzes, LGBl. Nr. 23/1981, können Spielapparate, die entgegen diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Anordnung aufgestellt oder betrieben werden, unabhängig von einer Bestrafung gemäß Abs. 2 einschließlich des darin enthaltenen Geldes für verfallen erklärt werden.

Ist die Beschlagnahme von Verfallsgegenständen nach § 39 Abs. 1 VStG Teil des Verwaltungsstrafverfahrens, so steht dem Beschuldigten - unabhängig von einem allfälligen Berufungsrecht des Sacheigentümers - jedenfalls gemäß § 51 Abs. 1 in Verbindung mit § 39 Abs. 6 VStG das Recht der Berufung gegen den Beschlagnahmebescheid ohne Rücksicht darauf zu, ob er Eigentümer der beschlagnahmten Gegenstände ist (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 31. August 1999 m.w.N.).

Der Beschlagnahmebescheid erster Instanz wurde dem Zweibeschwerdeführer sowie der Erstbeschwerdeführerin (Eigentümerin der gegenständlichen Geldspielapparate) zugestellt; es wurde ferner auch noch während des Berufungsverfahrens eine konkrete Verfolgungshandlung gegen den Zweitbeschwerdeführer durch die an ihn gerichteten Aufforderungen zur Rechtfertigung gesetzt (Anm.: diese Aufforderungen sowie die hiezu ergangenen Rechtfertigungen sind - wie bereits dargelegt - Bestandteile des erstinstanzlichen Behördenaktes), weshalb der Zweitbeschwerdeführer auch Beschuldigter im Sinne des § 32 VStG wegen der ihm in der Aufforderung zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen, die im Zusammenhang mit der Beschlagnahme der genannten Apparate stehen, war.

Im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur genießt aber auch der Beschuldigte Parteistellung in einem Verfahren betreffend Beschlagnahme von Gegenständen, weshalb der angefochtene Bescheid hinsichtlich des (trennbaren) Spruchpunktes b) wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. II. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin:

In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, es sei Faktum, dass es sich bei den gegenständlichen Internetterminals um keine Geldspielapparate handle, weil bei diesen ohne Verbindung mit dem Internet und dem Router, welcher in der Steiermark stehe, keinerlei Möglichkeit bestehe, irgendein Glücksspiel durchzuführen. Die Vorarlberger Landesregierung habe keine Regelung getroffen, wonach Internetterminals verboten seien. Mit Internetterminals könne kein Glücksspiel durchgeführt werden und es werde kein Geld oder Gewinn vom Gerät ausgefolgt.

Auf die Beantwortung der Frage, ob die beschlagnahmten Vorrichtungen Spielapparate bzw. Geldspielapparate im Sinne des Spielapparategesetzes sind, kommt es aber im Beschwerdefall nicht entscheidend an. Gegenstand der angefochtenen Bescheide ist nämlich jeweils die Beschlagnahme, deren Rechtmäßigkeit gemäß § 39 Abs. 1 VStG lediglich das Vorliegen einer Verdachtslage in Bezug auf eine konkrete Verwaltungsübertretung erfordert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. August 2009, Zl. 2009/02/0207-0218).

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung reicht der bloße Verdacht einer Verwaltungsübertretung im Zeitpunkt der Beschlagnahme für diese aus. Die Beschlagnahme nach § 39 VStG ist bereits dann zulässig, wenn auch nur der Verdacht einer mit Verfall bedrohten Übertretung besteht. Die Übertretung muss nicht erwiesen sein, weil in einem solchen Falle bereits der Verfall ausgesprochen werden kann (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 5. August 2009, m.w.N.).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass für die erstinstanzliche Behörde (bezogen auf den Zeitpunkt der Beschlagnahme) ausreichende Anhaltspunkte für eine Verdachtslage nach § 39 Abs. 1 VStG vorgelegen sind. Die Behörden durften daher davon ausgehen, dass es sich bei den Apparaten um Spielapparate bzw. Geldspielapparate im Sinne des Vorarlberger Spielapparategesetzes handle, für deren Aufstellung und Betrieb keine Bewilligungen vorgelegen sind, weshalb auch der Verdacht einer Übertretung nach § 9 Abs. 1 lit. a des Vorarlberger Spielapparategesetzes bestand. Da § 9 Abs. 3 des Vorarlberger Spielapparategesetzes eine Verfallsbestimmung enthält, hat die belangte Behörde das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Beschlagnahme nach § 39 Abs. 1 VStG im Gesamten zu Recht bejaht.

Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei erweist sich somit als unbegründet und war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

III. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. Februar 2012

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