VwGH 2008/22/0759

VwGH2008/22/075928.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des M, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. August 2007, Zl. 149.347/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §30 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
NAG 2005 §11 Abs1 Z4;
NAG 2005 §30 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Bangladesch, vom 17. November 2003 auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "begünstigter Drittsta.-Ö, § 49 Abs. 1 FrG" gemäß § 11 Abs. 1 Z 4, § 21 Abs. 1 und § 30 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 11. Juni 1997 illegal nach Österreich eingereist und habe am 13. Juni 1997 einen Asylantrag gestellt; sein Asylverfahren sei mit 19. März 2005 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden. Am 5. November 2003 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Auf Grund der nunmehr geltenden Rechtslage sei der Antrag als solcher auf Erteilung des Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" zum Zweck der Familiengemeinschaft gerichtet zu werten. Die Zusammenführende sei die österreichische Ehefrau des Beschwerdeführers.

Gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG dürfe einem Fremden kein Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn eine Aufenthaltsehe oder Aufenthaltsadoption vorliege. Am 13. Dezember 2006 habe die Bundespolizeidirektion Wien mitgeteilt, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers im Zuge eines Durchsuchungsauftrages konkret auf eine mögliche Aufenthaltsehe angesprochen worden wäre und angeführt hätte, den Beschwerdeführer nach Bezahlung von EUR 2.000,- über Vermittlung eines unbekannten Mannes geheiratet zu haben.

Für die belangte Behörde stehe daher fest, dass im Fall des Beschwerdeführers eine Aufenthaltsehe vorliege, weshalb gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG zwingend ein Aufenthaltstitel zu versagen sei.

II.

Der Verfassungsgerichtshof hat die gegen diesen Bescheid an ihn erhobene Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 18. Juni 2008, B 1882/07-6, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten, der über die nach Aufforderung ergänzte Beschwerde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde zu Recht vor, ohne nachvollziehbare Begründung vom Vorliegen einer Aufenthaltsehe ausgegangen zu sein. Es lägen auch keine entsprechenden Feststellungen der belangten Behörde dazu vor. Damit zeigt die Beschwerde im Ergebnis relevante Verfahrensmängel auf.

Die belangte Behörde hat ihre Feststellung über das Vorliegen einer Aufenthaltsehe allein damit begründet, dass die Bundespolizeidirektion Wien einen Bericht vorgelegt habe, aus dem hervorgehe, die Ehefrau des Beschwerdeführers hätte angeführt, den Beschwerdeführer nach Bezahlung von EUR 2.000,- über Vermittlung eines unbekannten Mannes geheiratet zu haben.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung das Vorliegen einer Aufenthaltsehe bestritten und beanstandet, dass die erstinstanzliche Behörde ohne nähere Begründung lediglich unter Verweis auf eine Mitteilung der Bundespolizeidirektion Wien vom 19. Februar 2007, wonach in seinem Fall eine Aufenthaltsehe vorliege, das Bestehen einer Aufenthaltsehe behauptet habe.

Die belangte Behörde hat keine weiteren Ermittlungen, wie es erforderlich gewesen wäre, vorgenommen. Dazu kommt, dass sie den Erhebungsbericht der Bundespolizeidirektion Wien vom 13. Dezember 2006, in welchem die Bundespolizeidirektion - ohne die Ehefrau des Beschwerdeführers niederschriftlich einzuvernehmen - zu dem Schluss kommt, dass es sich um eine Aufenthaltsehe handle, dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis- und Stellungnahme gebracht hat. Sie gibt auch den Inhalt des Schreibens nur einseitig wieder, indem sie die gegen das Vorliegen einer Aufenthaltsehe sprechenden Tatsachen unterschlägt, so etwa dass bei der Befragung der Ehefrau im Zuge der Wohnungsüberprüfung auch eine Schlafstelle sowie Kleidungsstücke des Beschwerdeführers im Wohnzimmer seiner Ehefrau vorgefunden wurden und die Ehefrau auch aussagte, der Beschwerdeführer schlafe zeitweise bei ihr, zeitweise in dem Gasthaus, in welchem er beschäftigt sei, und zahle auch die Hälfte der Miete.

Da eine Relevanz dieser Verfahrensfehler für den Verfahrensausgang nicht auszuschließen war, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 28. März 2012

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