VwGH 2008/17/0122

VwGH2008/17/012224.10.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der S GmbH in P, vertreten durch Dr. Josef Broinger, Mag. Markus Miedl und Mag. Klaus Ferdinand Lughofer, LL.M., Rechtsanwälte in 4020 Linz, Khevenhüllerstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. Dezember 2007, Zl. Gem-524451/13-2007- Sl/Shz, betreffend Wasserleitungs-Anschlussgebühr (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde P), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §16;
AVG §46;
AVG §52;
BAO §166;
BAO §177;
BAO §89;
InteressentenbeiträgeG OÖ 1958 §1 Abs3;
LAO OÖ 1996 §128;
LAO OÖ 1996 §138;
LAO OÖ 1996 §67;
AVG §16;
AVG §46;
AVG §52;
BAO §166;
BAO §177;
BAO §89;
InteressentenbeiträgeG OÖ 1958 §1 Abs3;
LAO OÖ 1996 §128;
LAO OÖ 1996 §138;
LAO OÖ 1996 §67;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 1. April 2004 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Markgemeinde der Beschwerdeführerin gemäß § 3 der Wassergebührenordnung des Gemeinderates dieser Marktgemeinde vom 18. Dezember 2001 und der OÖ LAO LGBl. Nr. 107/1996 aufgrund des am 2. März 2004 durchgeführten Ermittlungsverfahrens unter Zugrundelegung einer Fläche von 4.647 m2 und unter Berücksichtigung des § 1 Abs. 3 Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 eine Wasseranschlussgebühr in der Höhe von EUR 46.943,54 vor. Zur Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass gemäß § 1 Abs. 3 OÖ Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 die Höhe der Anschlussgebühr nicht in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und zu dem für die Liegenschaft aus der Einrichtung oder Anlage entstehenden Nutzen stehen dürfe. Da nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes diese Bestimmung trotz Vorliegens einer rechtswirksamen Gebührenordnung unmittelbar vollziehbar sei, sei ein hochbautechnisches Gutachten darüber eingeholt worden, ob die aufgrund der gültigen Wassergebührenordnung errechnete Wasseranschlussgebühr in der Höhe von EUR 50.861,42 (inkl. MWSt) in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und überdies zu dem für die Liegenschaft aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entstehenden Nutzen stehe. Wie aus dem schlüssigen und ausführlich begründeten Gutachten hervorgehe, seien die Kosten für die Errichtung einer eigenen Wasserversorgungsanlage bestehend aus einem Brunnen mit Nebenanlagen sowie eines Löschwasserbeckens errechnet worden. Die Herstellungskosten (Ersatzkosten) für eine Wasserversorgungsanlage (Brunnen mit Nebenanlagen) sowie eines Löschwasserbeckens inkl. aller Nebenkosten seien in Höhe von EUR 46.943,54 (inkl. MWSt.) errechnet worden. Zusammengefasst werde festgestellt, dass den Anschlusskosten von EUR 50.861,42 Errichtungskosten von insgesamt EUR 46.943,54 (inkl. MWSt.) gegenüberstünden. Aufgrund dieser Kostengegenüberstellung sei der monetäre Nutzen aus dem Anschluss an das öffentliche Wassernetz nur bedingt gegeben.

1.2. Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung und brachte - auf das Wesentliche zusammengefasst - vor, würde die Beschwerdeführerin ein Löschwasserbecken in benötigter Größe errichten, koste dies laut einem Anbot eines hiezu befugten Unternehmens netto EUR 21.800,--, zur Errichtung solcher Löschwasserbecken gäbe es außerdem eine Subvention von bis zu 50 % der Gesamtkosten. Weiters wären Gemeinden laut Auskunft des Landesfeuerwehrkommandos zum Vorhalten von Löschwasser verpflichtet und zwar für Gewerbegebiete im Ausmaß von 3.200 l/min für eine Dauer von 3 Stunden. Um dies hydrotechnisch bewerkstelligen zu können, müsse nach Auskunft des Landesfeuerwehrkommandos mindestens eine 250er-Ringleitung vorhanden sein. Im H-Weg sei aber nur eine Stichleitung mit kleinerem Durchmesser vorhanden. Außerdem sei es gemäß OÖ Brandbekämpfungsverordnung der Feuerwehr erlaubt bzw. vorgeschrieben, den See am westlichen Ende des H-Weges als Löschwasserquelle zu nutzen. Aus diesen Gründen sei die vorgeschriebene Gebühr im Verhältnis zum Nutzen, den der Wasseranschluss bringe, unverhältnismäßig hoch. Durch die Nähe zum See stehe ausreichend Löschwasser zur Verfügung, weshalb die Gebühr speziell für den Teil des Löschwassers nicht gerechtfertigt erscheine. Eine Reduktion der Wasseranschlussgebühr um 75 % werde daher beantragt.

1.3. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. November 2004 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

1.4. Der dagegen erhobenen Vorstellung der beschwerdeführenden Partei gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 12. Juli 2005 Folge, hob den bekämpften Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde auf und verwies die Angelegenheit zu neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurück.

Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass sich aus einer gutachterlichen Stellungnahme der Abteilung Wasserwirtschaft beim Amt der OÖ. Landesregierung ergebe, dass für eine Wasserfassung mittels Schachtbrunnen keine Brunnenstube mit geschätzten Baukosten von EUR 2.325,60 inkl. MWSt. erforderlich sei. Die nicht benötigte Brunnenstube sei nicht in die Kostenschätzung miteinzubeziehen und die gesamten geschätzten Herstellungskosten (einer Ersatzmaßnahme) beliefen sich demnach nur auf EUR 44.617,94 inkl. MWSt. Hiezu habe sich die Gemeinde dahingehend geäußert, dass die Bezeichnung Brunnenstube irrtümlich erfolgt sei und ein Technikraum gemeint gewesen sei. Die Richtigkeit dieser Behauptung sei im fortgesetzten Verfahren mit einem Sachverständigengutachten zu belegen.

Eine entsprechende Brandbekämpfung sei nur bei entsprechenden Einrichtungen, z.B. Hydranten, Wandhydranten, Sprinkler usw., möglich. Voraussetzung für die Aufstellung von z.B. Oberflurhydranten sei jedoch eine ausreichende Dimensionierung (mind. DN 80 mm) des Ortsnetzes mit erforderlichem Fließdruck von mind. 1,5-5 bar. Bei nicht ausreichender Dimensionierung sei ein Hydrant nur beschränkt nutzbar und entsprechend zu kennzeichnen. Die Feuerlöschwasserversorgung wäre in diesem Falle nur über zusätzliche Wasserspender (Teiche usw.) möglich. Eine genaue Prüfung des Ortsnetzes sowie des Löschwasserbedarfs bei einem Brandfall sei noch nicht durchgeführt worden, die Abgabenfestsetzung sei daher aufgrund eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens erfolgt.

1.5. Im fortgesetzten Verfahren legte der Amtssachverständige dar, dass die Begriffe Brunnenstube und Technikraum gleichzusetzen seien, weil beide Baulichkeiten der Aufstellung der technischen Einrichtungen der Brunnenanlage dienten. Brunnenstube sei ein alter, üblicher Sprachgebrauch.

Weiters führte der Sachverständige aus, dass im Bereich des Firmenobjektes der Beschwerdeführerin bei einem Brandfall für Löschzwecke das Ortswassernetz zur Verfügung stehe. Auf der dort bestehenden Wasserleitung mit einem Durchmesser von DN 80 mm befinde sich eine Wasserentnahmestelle in der Form eines Hydranten mit einem dort herrschenden Wasserdruck von 4,9-5,3 bar. Aufgrund dieser Einstufung sei ein Löschwasserbedarf von 3.200 l/min aus einem Hydranten bzw. einer sonstigen Entnahmestelle erforderlich. Ein rechnerischer Nachweis ergebe bei der Beschwerdeführerin eine entnehmbare Wassermenge zwischen 2.613 und 2.827 l/min. Für die Restwassermenge stehe ein weiterer Hydrant mit gleicher Wasserspende und ein Grundwasserteich in der maximal vorgeschriebenen Entfernung zur Verfügung.

Die Ausführungen des Amtssachverständigen wurden in einem Amtsvermerk, datiert mit 20. Dezember 2005, festgehalten.

1.6. In seinem Bescheid vom 29. Juni 2006 schloss sich der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde den Ausführungen des Amtssachverständigen über den Nutzen des Anschlusses an die Ortswasserleitung und der Berechnung der Ersatzvornahme vollinhaltlich an und wies die Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich als unbegründet ab.

1.7. Mit Bescheid vom 6. September 2006 gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin Folge, hob den Ersatzbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 29. Juni 2006 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Marktgemeinde zurück.

Begründend führte die belangte Behörde aus, den Parteien sei gemäß § 90 Abs. 2 der OÖ. LAO 1996 Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte zu geben. Das Parteiengehör sei von Amts wegen in einer förmlichen Weise dergestalt zu gewähren, dass der Partei dieser Verfahrensschritt deutlich bewusst werde. Es schließe das Recht in sich, eine angemessene Äußerungsfrist eingeräumt zu erhalten. Dieses Recht sei der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Feststellungen des Amtssachverständigen nicht eingeräumt worden.

1.8. Im fortgesetzten Verfahren wurden der Beschwerdeführerin die Feststellungen des Amtssachverständigen zur Kenntnis gebracht. Dazu nahm die Beschwerdeführerin dahingehend Stellung, dass sie durch die Berechnungen des Amtssachverständigen in ihrer Annahme, dass der Löschwasserbedarf durch das Ortswassernetz nicht sichergestellt sei, bestätigt werde. Der Anschluss eines weiteren Hydranten ergebe keinen Sinn, da sich im H-Weg eine Stichleitung befinde. Deshalb müsse der Grundwasserteich im Brandfall zur Löschwasserversorgung genutzt werden.

1.9. Mit Ersatzbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 28. März 2007 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin neuerlich als unbegründet abgewiesen.

Ausgehend von den im Aktenvermerk vom 20. Dezember 2005 festgehaltenen Ausführungen des Amtssachverständigen sei eine ausreichende Versorgung mit Trink- und Nutzwasser und mit Wasser zu Löschzwecken gegeben. Der nahe liegende See am westlichen Ende des H-Weges sei in Privatbesitz und für die Erstversorgung mit Löschwasser nicht vorgesehen. Für das restliche Löschwasser würden sich in näherer Umgebung Unterflurhydranten befinden. Da die lt. OÖ. Brandbekämpfungsverordnung erforderliche Löschwassermenge zu knapp 90 % aus der DN 80 mm-Wasserleitung aufgebracht werden könne und im Gesamten betrachtet dieser Aspekt nicht den Ausschlag über die Anschlusspflicht des Betriebsobjektes und in weiterer Folge über die Entstehung der Anschlussgebühr liefern könne, könne auch in diesem Punkt kein Grund für eine Gebührenreduzierung erkannt werden.

Die in der Berufung angeführten Bauerrichtungskosten eines Löschwasserbeckens in Höhe von ca. EUR 21.800,-- (netto) seien theoretischer Natur, da diesbezüglich keine Ausführung nötig sei (Kampfangebot) und die Kosten der Errichtung eines Brunnens mit Nebenanlagen nicht enthalten seien. Ferner sei bei einem Löschwasserbecken auf die Instandhaltungskosten (Reinigung, Instandhaltung, Befüllung) aufmerksam zu machen. Hinsichtlich der angeführten "Brunnenstube" sei geklärt worden, dass ein Technikraum für die Unterbringung der technischen Einrichtungen wie Pumpe, Windkessel, elektrische Steuerungsgeräte usw. gemeint gewesen sei.

1.10. Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Vorstellung, in welcher sie sich gegen die Behauptung, es stehe genug Feuerlöschwasser zur Verfügung, wendete und monierte, dass kein Sachverständigengutachten zum Punkt Brunnenstube bzw. Technikraum eingeholt worden sei.

1.11. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung der Beschwerdeführerin keine Folge.

Die Abgabenbehörde habe im Abgabeverfahren entsprechende Feststellungen hinsichtlich des Wertes der Liegenschaft und des Nutzens, der der Liegenschaft aus der Anlage entstehe, getroffen, die nachvollziehbar und schlüssig seien, sodass sich keine Hinweise dafür ergäben, dass die vorgeschriebene Gebühr mit dem § 1 Abs. 3 Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 sowie den §§ 1, 2 und 3 Wassergebührenordnung der Marktgemeinde P vom 18. Dezember 2001 im Widerspruch stünden.

Die im Gutachten vom 2. März 2004 mit EUR 34.393,39 bemessenen Gesamtherstellungskosten für den Löschwasserbehälter seien laut den Ausführungen des von der Aufsichtsbehörde ergänzend eingeholten Gutachtens der Abteilung Wasserwirtschaft vom 18. März 2005 nachvollziehbar. Offene Fragen zum Gutachten vom 2. März 2004 seien in einem ergänzenden Gutachten vom 20. Dezember 2005 geklärt worden.

1.12. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 10. Juni 2008, B 118/08-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

1.13. In ihrer Beschwerdeergänzung erachtet sich die Beschwerdeführerin insbesondere in ihrem einfach gesetzlich gewährleisteten Recht auf Nichtfestsetzung einer Wasseranschlussgebühr entgegen den Bestimmungen des § 1 Abs. 3 OÖ. Interessentenbeiträge-Gesetz 1958 in Verbindung mit der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde P verletzt.

1.14. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. § 1 des OÖ. Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958 (in der Folge: OÖ IBG) lautet:

"§ 1

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung folgende Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern (derzeit § 13 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1973, BGBl. Nr. 445/1972) zu erheben:

a) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Kanalisationsanlage - Kanal-Anschlussgebühr;

b) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage - Wasserleitungs-Anschlussgebühr;

c) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Einrichtung zur Abfuhr oder Beseitigung von Müll - Müllabfuhr(Müllbeseitigungs)-Anschlussgebühr.

Als gemeindeeigen im Sinne dieses Gesetzes gilt eine Anlage (Einrichtung), deren sich die Gemeinde zur Erfüllung der ihr obliegenden öffentlichen Aufgaben bedient, auch dann, wenn die Anlage (Einrichtung) nicht oder nicht zur Gänze im Eigentum der Gemeinde steht.

(2) Die Interessentenbeiträge sind auf die einzelnen leistungspflichtigen Grundstückseigentümer oder Anrainer jeweils nach einem einheitlichen objektiven Teilungsschlüssel aufzuteilen.

Als Teilungsschlüssel kommen insbesondere in Betracht: der Einheitswert, die Grundstücksgröße, die Länge des anrainenden Grundstückes, der Anteil des Nutzens an der den Beitrag begründenden Gemeindeeinrichtung oder -anlage oder der Anteil des durch diese beseitigten Nachteils.

(3) An Interessentenbeiträgen darf jeweils nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen entspricht. Die Höhe der Interessentenbeiträge darf ferner nicht in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und überdies zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen stehen.

(4) Die Interessentenbeiträge werden mit dem Anschluss an die gemeindeeigene Anlage (Einrichtung) gemäß Abs. 1 lit. a, b oder c fällig.

…"

2.1.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Wassergebührenordnung der Marktgemeinde P vom 18. Dezember 2001 haben folgenden auszugsweisen Wortlaut:

"§ 1 Anschlussgebühr

Für den Anschluss von Grundstücken an das gemeindeeigene,

öffentliche Wasserleitungsnetz wird eine Wasserleitungsanschlussgebühr erhoben.

§ 2 Gebührenschuldner

Gebührenpflichtig sind die Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke. Bei Bauwerken auf fremden Grund (Superädifikate, Bauwerke als Zugehör eines Baurechts) sind die, für den Grundeigentümer geltenden, Bestimmungen dieser Verordnung sinngemäß auf den Eigentümer des Bauwerks anzuwenden.

§ 3 Ausmaß der Anschlussgebühr

1. Die Wasserleitungsanschlussgebühr beträgt je

Quadratmeter der Bemessungsgrundlage nach dem zweiten Absatz

EUR 10,95 ...

2. Die Bemessungsgrundlage bildet die

Quadratmeteranzahl der nach Abs. 2.1 ermittelten Fläche jener

Bauwerke, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluss an

das gemeindeeigene, öffentliche Wasserleitungsnetz aufweisen. Bei

der Berechnung ist auf die volle Quadratmeteranzahl der einzelnen

Geschosse abzurunden.

2.1. Als Bemessungsgrundlage werden herangezogen:

a.) Bei eingeschossigen Bauwerken die Quadratmeterzahl

der bebauten Grundfläche;

b.) Bei mehrgeschossigen Bauwerken die Summe der

bebauten Grundflächen der Geschosse;

§ 10 Fälligkeit

1. Die Wasseranschlussgebühr ist mit dem Zeitpunkt des Anschlusses eines gebührenpflichtigen Bauwerks oder Grundstückes an das gemeindeeigene öffentliche Wasserleitungsnetz fällig, wobei bereits geleistete Vorauszahlungen nach § 4 dieser Wassergebührenordnung anzurechnen sind. Geleistete Vorauszahlungen sind zu jenem Wert anzurechnen, der sich aus der Berücksichtigung der in den Quadratmetersatz eingeflossenen Preissteigerungskomponente gegenüber dem, zum Zeitpunkt der Vorschreibung der Vorauszahlung kalkulierten, Quadratmetersatz ergibt.

…"

2.2. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgeführt hat, handelt es sich bei § 1 Abs. 3 zweiter Satz OÖ. IBG um einen Gesetzesbefehl, der an die Abgabenbehörden gerichtet ist, die in Anwendung des in der Beitragsordnung des Gemeinderates festgelegten objektiven Teilungsschlüssels dafür zu sorgen haben, dass durch dessen Modifikation im Einzelfall die durch die unbestimmten Rechtsbegriffe "wirtschaftliches Missverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft" einerseits und "aus der Anlage oder Einrichtung für die Liegenschaft entstehenden Nutzen" andererseits gezogenen Grenzen nicht überschritten werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2000, Zl. 99/17/0270).

2.3. Der Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde vom 12. Juli 2005 liegt die Rechtsauffassung zu Grunde, dass der "Nutzen" im Sinne des § 1 Abs. 3 OÖ IBG durch einen Kosten-Nutzen-Vergleich mit einer anderen gesetzlich zulässigen Wasserversorgungseinrichtung vorzunehmen sei (siehe oben, Punkt 1.4.). Tragender Aufhebungsgrund war in dieser Entscheidung, dass keine genaue Prüfung des Ortsnetzes sowie des Löschbedarfes im Brandfall durchgeführt worden sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfalten Vorstellungsbescheide, mit denen ein letztinstanzlicher Gemeindebescheid aufgehoben wird, sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der für die Aufhebung tragenden Gründe Bindungswirkung (vgl. § 102 Abs. 5 Oö Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 91/1990 in der Fassung LGBl. Nr. 152/2001). Diese Bindungswirkung erstreckt sich auf jenes Verfahren, in dem der Vorstellungsbescheid ergangen ist, und ist sowohl von den Gemeindebehörden als auch von der Vorstellungsbehörde und von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts zu beachten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2012, Zl. 2011/17/0327, mwN).

Die Vorstellungsentscheidung entfaltet daher im oben skizzierten Ausmaß Bindungswirkung, sodass im Beschwerdefall nicht weiter zu prüfen ist, ob und inwieweit die von den Behörden angenommenen Erfordernisse der Bereitstellung des Löschwassers bzw. der Dimensionierung der Ortswasserleitung zur Erfüllung der Anforderungen der Brandbekämpfung bei der Ermittlung des Nutzens des Anschlusses an die Wasserversorgungsanlage maßgeblich sind.

2.4. Die Beschwerdeführerin vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, die Berufungsbehörde der mitbeteiligten Marktgemeinde habe den nur bedingten Nutzen aus dem Anschluss an die Ortswasserleitung nicht in einem ausreichenden Maße berücksichtigt.

Sie bringt vor, dass der von der belangten Behörde ins Treffen geführte Aktenvermerk vom 20. Dezember 2005 nicht die Qualität des von der Vorstellungsinstanz geforderten Gutachtens erfülle. In formaler Hinsicht bestehe ein gesetzeskonformes Gutachten aus Tatsachenbefund und Schlussfolgerung bzw. Gutachten. Der Amtssachverständige habe im Aktenvermerk vom 20. Dezember 2005 den Begriff Brunnenstube mit Technikraum gleichgesetzt und das Erfordernis dieser Baulichkeit aufrechterhalten. Die Notwendigkeit dieser Baukostenposition sei aber zu verneinen, da das vorhandene von der Beschwerdeführerin bereits errichtete Gebäude geeignet sei, die technischen und elektrischen Einrichtungen der Brunnenanlage aufzunehmen, sodass es nicht richtig sei, die Kosten einer Brunnenstube bzw. eines Technikraumes in Anschlag zu bringen.

2.4.1. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Sachverständigen-Gutachten einen Befund und das Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten (im engeren Sinn) aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Während somit der Befund die vom Sachverständigen vorgenommenen Tatsachenfeststellungen enthält, bilden die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besondere Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, das Gutachten im engeren Sinn (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2004, Zl. 2002/08/0267).

2.4.2. Der von der Gemeindebehörde zugezogene Amtssachverständige hat nun zwar auf Grund der Erhebung des Drucks, der an dem im Bereich der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehenden Hydranten gegeben ist, die zur Verfügung stehende Wassermenge in Liter pro Minute errechnet (rund 2.600 bis 2.800 l/min) und darauf hingewiesen, dass die demnach zur Erfüllung der Anforderung der OÖ Brandbekämpfungsverordnung erforderliche Restwassermenge von einem weiteren Hydranten mit gleicher Wasserspende entnommen werden kann.

Die belangte Behörde hat sich jedoch nicht mit den durch ein Schreiben der Freiwilligen Feuerwehr P bestätigten Einwänden der Beschwerdeführerin auseinander gesetzt, dass bei der vorhandenen Stichleitung im Bereich des Grundstücks der Beschwerdeführerin der Anschluss an einen weiteren Hydranten keinen Sinn mache.

Die Beschwerdeführerin rügt im Zusammenhang mit den Ausführungen des Amtssachverständigen unter anderem, dass sie erhebliche Zweifel gegen die Feststellungen des Amtssachverständigen, es sei eine ausreichende Versorgung mit Löschwasser gegeben, habe. Begründend bringt sie dazu vor, dass der Amtssachverständige es unberücksichtigt lasse, dass es sich bei der Zuleitung um eine Stichleitung handle. Aus § 23 Abs. 1 OÖ Brandbekämpfungsverordnung ergebe sich, dass die Löschwasserversorgung möglichst über eine Ringleitung erfolgen müsse, weshalb auf eine kritische bzw. mangelhafte Versorgungslage zu schließen sei. Da es sich bei Stich- und Endleitungen um Verästelungssysteme handle, sei in der Regel nur mit 60 % der Wasserlieferung von Ringsystemen zu rechnen. Die Gegenüberstellung der entnehmbaren Wassermenge von 2.613 l/ min und das Erfordernis von 3.200 l/min zeige, dass das Ortswassernetz der mitbeteiligten Marktgemeinde die "jederzeit funktionierende und ordnungsgemäße Versorgung mit Löschwasser" gerade nicht gewährleiste und somit nur einen äußerst bedingten Nutzen bringe. Der Verweis des Amtssachverständigen auf einen weiteren Hydranten und einen Grundwasserteich hinsichtlich der nicht erreichten Restwassermenge sei nicht geeignet das Unvermögen des Ortswassernetzes zur Versorgung mit Löschwasser zu beseitigen. Da die Entnahme über den weiteren Hydranten wiederum aus derselben Stichleitung erfolge, dürften die von der Dimensionierung der Leitung und des Hydranten abgeleiteten Mengen nicht addiert werden. Die Entnahme an einem Hydranten führe naturgemäß zur Senkung des Wasserdrucks und damit zur Nichterreichbarkeit der maximalen Entnahme an einem weiteren, an derselben Stichleitung angeschlossenen Hydranten. Der Hinweis auf eine Wasserentnahme aus dem Grundwasserteich sei unschlüssig bzw. krass rechtswidrig, weil im bisherigen Verfahren die wiederholte inhaltsgleiche Einwendung der Beschwerdeführerin, der Nutzen des Anschlusses sei auch deshalb nur bedingt gegeben, als im Brandfall ein nahe gelegener See zur Verfügung stehe, mit dem Argument des "Privatbesitzes" verworfen worden sei.

Eine Auseinandersetzung mit diesen Einwänden ist weder im Abgabenverfahren noch im Verfahren vor der belangten Behörde erfolgt.

Die von der Vorstellungsbehörde in ihrem Bescheid vom 12. Juli 2005 geforderte Feststellung über die ausreichende Kapazität der Gemeindewasserleitung ist damit von der Gemeindebehörde neuerlich nicht in einem ordnungsgemäßen Verfahren getroffen worden.

2.4.3. Die belangte Behörde verkennt außerdem, dass sich aus der Feststellung des Amtssachverständigen, eine Brunnenstube sei mit einem Technikraum gleichzusetzen, noch nicht schlüssig die Errichtungskosten einer alternativen Wasserversorgungseinrichtung berechnen lassen. Für diese Schlussfolgerung hätte es weiterer Erläuterungen dahingehend bedurft, welche Einrichtungen in dem sog. "Technikraum" untergebracht sein sollen bzw. inwieweit der Einwand der Beschwerdeführerin unzutreffend wäre, das entsprechende Gebäude sei vorhanden. Da sich aus dem Gutachten der Abteilung für Wasserwirtschaft ergibt, dass keine Brunnenstube benötigt wird, würde die im Sachverständigengutachten getroffene Gleichsetzung einer Brunnenstube mit einem Technikraum zu der Annahme führen, dass ein Technikraum gerade nicht benötigt werde. Dies wiederum würde zu einer Reduktion der Kosten der Ersatzvornahme führen.

2.5. Auch wenn es einer Behörde nicht verwehrt ist, fachliche Äußerungen eines Amtssachverständigen, welche dieser nicht in die äußere Form eines "Gutachtens", sondern in die eines Aktenvermerkes gekleidet hat, ihrer Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1984, Zl. 84/07/0028), konnte in Anbetracht der aufgezeigten Mängel die belangte Behörde nicht davon ausgehen, dass durch die Stellungnahme des Amtssachverständigen die maßgeblichen Sachfragen schon ausreichend durch ein schlüssiges und durch das Gegenvorbringen nicht in Zweifel gezogenes Gutachten geklärt gewesen seien.

Aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin wäre es Sache der Abgabenbehörden gewesen, den Amtssachverständigen zur Beantwortung der Frage aufzufordern, weshalb er die Auffassung vertritt, dass trotz Vorliegens eines Verästelungssystems bzw. einer Stichleitung unter Berücksichtigung der Auswirkungen dieser Gegebenheiten auf die Leistungsfähigkeit des Wassernetzes eine ausreichende Versorgung mit Löschwasser gegeben sei.

2.6. Da die belangte Behörde diese Begründungsmängel des bei ihr bekämpften Gemeindebescheids nicht wahrgenommen hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2.7. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 24. Oktober 2012

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