VwGH 2011/17/0234

VwGH2011/17/023416.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des H S in A, vertreten durch Greiml & Horwath Rechtsanwaltspartnerschaft in 8010 Graz, Conrad-von-Hötzendorf-Straße 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 20. Juli 2011, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0292-I/7/2011, betreffend einheitliche Betriebsprämie für die Jahre 2005 bis 2009, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
MOG 1985 §19 Abs3;
AVG §66 Abs4;
MOG 1985 §19 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit ihrem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG den Berufungen des Beschwerdeführers gegen im Einzelnen näher angeführte erstinstanzliche Bescheide betreffend die einheitliche Betriebsprämie für die Jahre 2005 bis 2009 teilweise statt und sprach aus, dass gemäß Art. 68 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 hinsichtlich der Flächenabweichung auf der W-Alm keine Flächensanktion verhängt werde (Spruchpunkt 1).

Mit Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde weiter aus, dass die Berechnung des genauen Prämienbetrages der einheitlichen Betriebsprämie der Antragsjahre 2005 bis 2009 "nach Berücksichtigung allfälliger Kürzungen gemäß den Verordnungen (EG) Nr. 1782/2003, Nr. 73/2009, Nr. 795/2004 und Nr. 796/2004" durch die Agrarmarkt Austria vorgenommen werden werde.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens sowie des Vorbringens des Beschwerdeführers und der als maßgebend angesehenen Rechtsvorschriften führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, der Beschwerdeführer habe im Antragsjahr 2005 161,44 ha (davon 80,00 ha auf der W-Alm und 19,13 ha auf der S-Alm) beantragt. Für dieses Antragsjahr sei eine Fläche von 106,50 ha (davon 31,46 ha auf der W-Alm und 15,78 ha auf der S-Alm) ermittelt worden.

Im Antragsjahr 2006 habe der Beschwerdeführer 161,76 ha (davon 80,00 ha auf der W-Alm und 19,46 ha auf der S-Alm) beantragt, wobei für dieses Antragsjahr eine Fläche von 104,20 ha (davon 29,96 ha auf der W-Alm und 16,05 ha auf der S-Alm) ermittelt worden sei.

Im Antragsjahr 2007 habe der Beschwerdeführer 161,50 ha (davon 80,00 ha auf der W-Alm und 19,54 ha auf der S-Alm) beantragt, wobei eine Fläche von 103,56 ha (davon 28,53 ha auf der W-Alm und 16,12 ha auf der S-Alm) ermittelt worden sei.

Für das Antragsjahr 2008 habe der Beschwerdeführer eine Fläche von 162,34 ha (davon 80,00 ha auf der W-Alm und 20,12 ha auf der S-Alm) beantragt; es sei jedoch nur eine Fläche von 102,69 ha (davon 27,17 ha auf der W-Alm und 16,60 ha auf der S-Alm) ermittelt worden.

Schließlich habe der Beschwerdeführer im Jahr 2009 eine Fläche von 144,34 ha (davon 80,00 ha auf der W-Alm und 21,43 ha auf der S-Alm) beantragt, wovon nur eine Fläche von 84,11 ha (davon 25,88 ha auf der W-Alm und 17,69 ha auf der S-Alm) als ermittelt angesehen werden könne.

Zum Ausmaß der ermittelten beihilfefähigen Almfläche führte die belangte Behörde aus, die beihilfefähige Futterfläche der S-Alm sei im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle am 16. September 2009 mit 83,89 ha ermittelt worden.

Die beihilfefähige Futterfläche der W-Alm sei im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle am 27. und 31. Juli 2009 ermittelt worden, wobei sich unter Heranziehung der Überschirmungsgrade und einer jährlichen Zunahme der Überschirmung von 5 % für die einzelnen Antragsjahre folgende beihilfefähige Almflächen ergeben hätten:

Antragsjahr 2005

31,46 ha

Antragsjahr 2006

29,96 ha

Antragsjahr 2007

28,53 ha

Antragsjahr 2008

27,17 ha

Antragsjahr 2009

25,88 ha

Die vom Kontrollorgan bei der Ermittlung der beihilfefähigen Flächen jeweils vorgenommene Einteilung der Almfläche in Schläge auf Basis des darauf befindlichen Bestandes sowie der für den jeweiligen Schlag zur Anwendung gelangte Überschirmungsgrad seien für die Berufungsbehörde - wie diese in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter ausführte - nachvollziehbar.

Eine jährliche Abnahme der beihilfefähigen Fläche der W-Alm um rund 5 % infolge Zunahme der Überschirmung entspreche den allgemeinen Erfahrungswerten und könne deshalb herangezogen werden.

Die im Rahmen der Berufung für die S-Alm vorgebrachte Argumentation, die Kürzungen seien nicht nachzuvollziehen, sei durch Verweis auf den Nutzungsvertrag mit dem Land Steiermark und dem Almbewirtschaftungsplan 2003 näher präzisiert worden. Ausgehend von der Aufschlüsselung in Reinweide und Waldweide (laut Nutzungsvertrag) errechneten sich laut Darstellung des Beschwerdeführers 100,50 ha Almfutterfläche. Im Rahmen des Almbewirtschaftungsplanes seien - nach Einteilung in 217 Teilstücke - 93,21 ha Almfutterfläche errechnet worden. Für die W-Alm seien vom Beschwerdeführer keine konkreten Angaben vorgebracht worden, warum die bei der Vor-Ort-Kontrolle des Jahres 2009 festgestellte Futterfläche unrichtig festgestellt worden sei.

Der Berufungsbehörde lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Messergebnis nicht korrekt wäre; auf Grund der genauen Vermessung und einer fachlich kompetenten Überprüfung des Prüfers vor Ort bestünden keine Zweifel an der Richtigkeit der Kontrolle.

Soweit auf die deutlich detailliertere Berechnung der Almfutterflächen im Zuge der Erstellung des Almwirtschaftsplanes für die S-Alm verwiesen werde, sei anzumerken, dass die dabei vorgenommene Einstufung der Teilstücke - wie näher dargelegt wird -

nicht immer nachvollzogen werden könne.

Die im Zuge der Vor-Ort-Kontrolle ermittelte Futterfläche der S-Alm und der W-Alm sei der Betriebsprämiengewährung der gegenständlichen Antragsjahre zugrunde zu legen. Ein gerichtlich beeideter Sachverständiger sei nicht beizuziehen, da keine Hinweise gegeben worden seien, die - abgesehen vom generellen Verweis auf den Almbewirtschaftungsplan - hinreichende Zweifel an der Korrektheit der im Prüfbericht dokumentierten Umstände hätten entstehen lassen können.

Auch im Zuge der neuerlichen Vor-Ort-Kontrolle am 25. und 26. August 2010 auf der S-Alm sei für die berufungsgegenständlichen Antragsjahre die bei der Vor-Ort-Kontrolle 2009 ermittelte Futterfläche bestätigt worden.

Soweit die Flächenidentifizierung der S-Alm zum Zeitpunkt der Vor-Ort-Kontrolle (16. September 2009) angezweifelt werde, sei klarzustellen, dass der Zustand der Futterflächen auf Grund des Kontrolltermins zum Ende der Vegetationsperiode bereits in die Beurteilung mit eingeflossen sei. Die Identifizierung der Parzellengrenzen und der Bodennutzung sei auch zu diesem Zeitpunkt noch ausreichend zweifelsfrei möglich gewesen.

Der Beschwerdeführer habe im Zusammenhang mit der Frage eines Verschuldens im Sinne des Art. 68 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 unter anderem vorgebracht, dass am 3. August 2002 eine Vor-Ort-Kontrolle durch den technischen Prüfdienst der AMA auf der W-Alm stattgefunden habe; dabei seien die für das Antragsjahr 2002 beantragten 80,00 ha Almfutterfläche auch ermittelt worden. Diese sei auch den Mehrfachanträgen für die Jahre 2005 bis 2009 jeweils zugrunde gelegt worden.

Der Beschwerdeführer habe auf Grund dieser Vor-Ort-Kontrolle auch in den genannten Antragsjahren 2005 bis 2009 davon ausgehen können, nach bestem Wissen und Gewissen die erforderlichen Maßnahmen zur Ermittlung der beihilfefähigen Flächen gesetzt zu haben, sodass die belangte Behörde davon ausgehe, dass den Beschwerdeführer bei der Antragstellung für die Almfutterflächen der W-Alm "keine Schuld" im Sinne des Art. 68 Abs. 1 der genannten Verordnung treffe; insoweit habe keine Flächensanktion zu erfolgen.

Bei der S-Alm sei unter anderem vorgebracht worden, dass im Jahre 2003 ein Almbewirtschaftungsplan erstellt worden sei, bei dem ein Flächenausmaß von 93,21 ha festgelegt worden sei. Dieses Flächenausmaß sei jedoch in den berufungsgegenständlichen Antragsjahren nicht beantragt worden. Mangels Übernahme der im Zuge der Erstellung des Almbewirtschaftungsplans für die S-Alm errechneten Almfutterflächen in den jeweiligen Mehrfachantrag könne nicht davon ausgegangen werden, dass den Beschwerdeführer an der Ermittlung der beihilfefähigen Flächen keine Schuld treffe. Das Absehen von Sanktionen gemäß Art. 68 der genannten Verordnung komme daher in dieser Konstellation für die anteiligen Almfutterflächen der S-Alm nicht zur Anwendung.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hinsichtlich der anzuwendenden Rechtslage kann auf deren Darstellung im hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2011, Zl. 2011/17/0143, verwiesen werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 10. Oktober 2011 dargelegt, dass die Behörde bei Anwendung des § 19 Abs. 3 MOG 2007 bereits im Spruch die bei ihr anhängige Sache abschließend zu erledigen hat und (nur) die konkrete Berechnung eines sich daraus - entsprechend den gleichfalls im Spruch zu machenden eindeutigen Vorgaben - ergebenden Auszahlungsbetrages der Behörde erster Instanz vorbehalten darf. Ebenso wie in dem verwiesenen Erkenntnis genügt auch der Spruch des hier angefochtenen Bescheides den rechtlichen Vorgaben gemäß § 19 Abs. 3 MOG 2007 nicht.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen einer von Amts wegen wahrzunehmenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass in diesem Zusammenhang auf das weitere Beschwerdevorbringen näher einzugehen war.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 16. November 2011

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