VwGH 2011/17/0204

VwGH2011/17/020415.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde 1. der RV GmbH und

2. der AS GmbH, beide in B und beide vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 6. Juni 2011, Zl. uvs-2010/30/3422- 8, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (weitere Partei: Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §53 Abs1;
StGB §168;
GSpG 1989 §53 Abs1;
StGB §168;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 9. November 2010 wurde die Beschlagnahme mehrerer bei Kontrollen vorläufig beschlagnahmter Spielapparate samt Zubehör und Kasseninhalt ausgesprochen.

Über Berufung der beschwerdeführenden Parteien erging der angefochtene Bescheid, mit dem die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides und des Verfahrensganges aus, dass zur Sachverhaltsfeststellung Einsicht in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt genommen worden sei und öffentliche mündliche Verhandlungen am 29. Dezember 2010 und am 10. Mai 2011 durchgeführt worden seien. Nach Wiedergabe wesentlicher Teile der Aussagen in der mündlichen Verhandlung und der im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes führte die belangte Behörde aus, dass fest stehe, dass bei der vorläufigen Beschlagnahme Automaten samt Hilfsgegenständen beschlagnahmt worden seien, mit denen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz durchgeführt worden seien. Es seien Glücksspiele an den Automaten veranstaltet und angeboten worden, bei denen der Spieler eine vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme an Glücksspielen habe erbringen können und bei denen vom Unternehmer den Spielern vermögenswerte Leistungen in Aussicht gestellt worden seien. Eine Internetverbindung zu einer zentralseitigen Ermittlung des Spielergebnisses habe auch durch den beigezogenen Sachverständigen nicht nachgewiesen bzw. bestätigt werden können. Auch von den Berufungswerberinnen und dem Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin sei nichts Derartiges vorgebracht worden. Eine Konzession im Sinne des § 14 Abs. 1 Glücksspielgesetz sei nicht vorgelegen und auch zwischenzeitlich nicht erteilt worden. Der mögliche Spieleinsatz sei laut glaubhaften Ausführungen der einvernommenen Zeugen und insbesondere des als Zeugen einvernommenen Sachverständigen (der bei der vorläufigen Beschlagnahme anwesend gewesen war) nicht höher als EUR 10,-- gewesen. Dass zu anderen Zeiten als zu jener der verfahrensgegenständlichen Kontrolle auch ein Spieleinsatz von mehr als EUR 10,-- möglich gewesen sei, sei durch die glaubhafte Aussage der beiden einvernommenen Zeugen bestätigt. Auch die im Berufungsverfahren vorgenommene Videovorführung bestätige die vorhandene technische Möglichkeit eines höheren Geldeinsatzes als EUR 10,-- pro Spiel. Die beschlagnahmten Spielautomaten samt Hilfseinrichtungen seien im Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin gestanden und an die Erstbeschwerdeführerin vermietet gewesen. Betrieben seien die Automaten von der Erstbeschwerdeführerin auf ihr finanzielles Risiko worden. Die Zweitbeschwerdeführerin habe eine monatliche Miete ohne Gewinnbeteiligung bekommen. Anlässlich der Überprüfung durch Beamte des Finanzamtes Innsbruck habe jedenfalls der Verdacht bestanden, dass mit den beschlagnahmten Geräten samt der technischen Hilfsmittel, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen worden sei, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glücksspielgesetz verstoßen werde. Auch sei gemäß § 53 Abs. 1 erster Satz Glücksspielgesetz die Einziehung im Sinn des § 54 Glücksspielgesetz vorgesehen. Die Einziehung sei von den Bezirksverwaltungsbehörden auszusprechen und sei auch neben etwaigen Strafverfahren vor den Strafgerichten nach § 168 StGB von den Bezirksverwaltungsbehörden zu verfügen. Dass es sich lediglich um einen geringfügigen Verstoß (im Sinne des § 54 GSpG) gehandelt habe, ergebe sich auf Grund des festgestellten Sachverhalts nicht, da mehrere Geräte über einen längeren, mehrwöchigen Zeitraum mit beträchtlichen Spielumsätzen und Höchstgewinnen betrieben worden seien.

Unabhängig davon, ob auf Grund des gegenständlichen Sachverhaltes eine verwaltungsbehördliche Bestrafung hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurückzutreten habe, sei eine Einziehung nach § 54 Glücksspielgesetz und somit auch eine Beschlagnahme gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz gesetzlich möglich. Die Erstbehörde sei sowohl sachlich als auch örtlich für die Erlassung des angefochtenen Beschlagnahmebescheides zuständig gewesen. Die geltend gemachte Auswirkung der Rechtsprechung des EuGH habe insbesondere nach der zwischenzeitlich erfolgten gesetzlichen Änderung nicht erkannt werden können. Bei den beschwerdeführenden Parteien handle es sich um eine Unternehmerin im Sinne des § 2 Abs. 2 Glücksspielgesetz und um die Eigentümerin der beschlagnahmten Gegenstände. Beide Verfahrensparteien seien zur Berufungserhebung grundsätzlich berechtigt gewesen.

Der Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glücksspielgesetz sei gerechtfertigt gewesen. Eine abschließende Klärung, ob die beschlagnahmten Geräte tatsächlich Glücksspielautomaten oder sonstige Eingriffsgegenstände darstellten, sei im Beschlagnahmeverfahren nicht vorzunehmen. Ein solcher Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 sei jedenfalls vorgelegen, unabhängig davon, ob vor dem Zeitpunkt der Überprüfung und der Beschlagnahme bereits mit den beschlagnahmten Gegenständen auf Grund durchgeführter veränderter Einsatzmöglichkeiten von mehr als EUR 10,-- pro Spiel auch eine Strafbarkeit nach § 168 StGB vorgelegen sei oder nicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Verletzung im Recht, dass keine Beschlagnahme durchgeführt werde, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorlägen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird die Auffassung vertreten, dass die Beschlagnahme durch die Verwaltungsbehörde nicht zulässig gewesen sei, weil zweifelsfrei der Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung gemäß § 168 StGB vorgelegen sei.

Zu diesem Vorbringen genügt es darauf hinzuweisen, dass - wie die belangte Behörde schon im angefochtenen Bescheid festgehalten hat - eine Beschlagnahme nach dem GSpG auch in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt (27. Oktober 2010 bzw. in den Zeitpunkten der Erlassung des erst- und zweitinstanzlichen Bescheides) ungeachtet der Frage zulässig war, ob die Tat gemäß § 168 StGB strafbar war (vgl. hiezu näher das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann). Es ist daher nicht entscheidungswesentlich, ob die Argumentation der belangten Behörde hinsichtlich der Unbeachtlichkeit der Möglichkeit, an anderen Tagen als jenem, an dem die Kontrolle, auf Grund derer die Beschlagnahme erfolgte, höhere Spieleinsätze zu tätigen, zutrifft oder nicht. Auch die Subsidiarität der Straftatbestände nach dem Glücksspielgesetz hindert nicht die verwaltungsbehördliche Beschlagnahme nach diesem Gesetz.

Soweit in der Beschwerde unionsrechtliche Bedenken betreffend die Möglichkeit zum Erhalt einer Konzession bzw. im Hinblick auf das Unionsrecht von den beschwerdeführenden Parteien als juristische Personen nach österreichischem Recht Inländerdiskriminierung geltend gemacht wird, ist gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe der hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0068, und vom 20. Juli 2011, Zl. 2011/17/0097, sowie hinsichtlich der Inländerdiskriminierung auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2011/17/0200, zu verweisen. Aus den dort genannten Gründen liegt auch insofern keine Rechtswidrigkeit vor.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die geltend gemachte Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. September 2011

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