VwGH 2011/17/0190

VwGH2011/17/019016.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie Hofrat Dr. Köhler und Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der S S GmbH in I, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 11. Oktober 2010, Zl. uvs- 2010/18/1437-4, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs2;
VStG §39 Abs1;
VStG §39 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem mit ihr in Kopie vorgelegten angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11. Oktober 2010 ordnete die belangte Behörde die Beschlagnahme von fünf Glücksspielautomaten (MLT-Geräten) gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz - GSpG an.

Nach Wiedergabe der Ergebnisse der am 20. Februar 2010 in einem bestimmt bezeichneten Gasthaus in Wattens durchgeführten Kontrolle und des Inhaltes der Berufung führte die belangte Behörde aus, schon auf Grund der Aussagen der anlässlich der durchgeführten Kontrolle vernommenen Personen liege es auf der Hand, dass die fünf Geräte nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen seien, zumal die im Sinne des § 4 Abs. 2 GSpG angeführten Grenzen bei weitem überschritten worden seien. Nach § 4 Abs. 2 GSpG in der zur Zeit der Vornahme der Kontrolle geltenden Fassung unterlägen nämlich Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten nur dann nicht dem Glücksspielmonopol, wenn

1. die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von EUR 0,50 nicht übersteige und

2. der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von EUR 20,-- nicht übersteige.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 5 GSpG in der zum Zeitpunkt der Vornahme der Kontrolle geltenden Fassung begehe eine Verwaltungsübertretung, wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterlägen, außerhalb einer Spielbank betreibe (Veranstalter) oder zugänglich mache (Inhaber). Laut Aussage des Wirtes erhalte dieser 45 % vom Gewinn der Geräte, während der Rest (55 %) der Beschwerdeführerin zufließe. Damit sei die Beschwerdeführerin als Veranstalterin im Sinne des § 52 Abs. 1 Z. 5 GSpG zu betrachten. Somit liege jedenfalls der Verdacht der Verwaltungsübertretung auf der Hand.

Dabei sei auszuführen, dass selbst dann, wenn - wie in der Berufung behauptet - "Hot Seven" und "Hot Scatter" nicht "absolut" vom Zufall abhingen, es jedenfalls ausreichen würde, dass diese "vorwiegend" vom Zufall geprägt seien. Zudem könne auf den Geräten, wie schon dargelegt, eine ganze Reihe von anderen Walzenspielen gespielt werden, die zweifelsfrei Glücksspiele seien. Die beantragte Aufnahme eines Sachverständigengutachtens betreffend "Hot Seven" und "Hot Scatter" sei daher nicht erforderlich gewesen.

Nach § 53 Abs. 1 Z. 1 lit. a GSpG, idF der Novelle BGBl. I Nr. 54/2010, könne die Behörde die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen, und zwar sowohl, wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen seien, unter der Voraussetzung, dass der Verdacht bestehe, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen werde, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen werde (derartiges sei auch nach § 52 Abs. 1 Z. 1 lit. a GSpG idF vor dieser Novelle, allerdings noch mit der Unterscheidung zwischen Glücksspielapparaten und Glücksspielautomaten, vorgesehen gewesen).

Nach § 52 Abs. 2 GSpG in der zum Zeitpunkt der Kontrolle geltenden Fassung seien Gegenstände, mit deren Hilfe in das Glücksspielmonopol eingegriffen worden sei, gemäß § 54 GSpG einzuziehen. Eine Einziehung dieser Gegenstände sei auch nach § 52 Abs. 3 GSpG in der derzeit geltenden Fassung des GSpG vorgesehen.

Nach § 54 Abs. 1 GSpG in der zum Zeitpunkt der Kontrolle geltenden Fassung seien Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen werde, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG einzuziehen, wenn ihr Eigentümer, der Veranstalter oder der Inhaber innerhalb der letzten fünf Jahre (§ 55 VStG) bereits einmal wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG bestraft worden sei. Dazu sei auszuführen, dass § 54 GSpG mit dem bereits erwähnten BGBl. I Nr. 54/2010 (ausgegeben am 19. Juli 2010) eine Änderung erfahren habe. Nach Z. 25 dieser Novelle entfalle im ersten Satz des § 54 Abs. 1 GSpG die Wortfolge "wenn ihr Eigentümer, der Veranstalter oder der Inhaber innerhalb der letzten fünf Jahre (§ 55 VStG) bereits einmal wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG bestraft wurde". Zudem sei mit Z. 25 dieser Novelle ein neuer Abs. 6 des § 54 GSpG geschaffen worden, wonach (diese Neufassung des) § 54 Abs. 1 auch für vor dem Inkrafttreten dieser Novelle beschlagnahmte Gegenstände gelte. Damit sei keine Voraussetzung für die allfällige Einziehung der am 20. Februar 2010 vorläufig beschlagnahmten Geräte, dass der Eigentümer, der Veranstalter oder der Inhaber innerhalb der letzten fünf Jahre bereits einmal wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG bestraft worden sei.

Somit ergebe sich auch aus dieser Sicht die Rechtmäßigkeit der vorgenommenen Beschlagnahme der gegenständlichen Geräte.

Die Beschwerdeführerin focht diesen Bescheid zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof an, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 9. Juni 2011, B 28/11-6, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, weder habe die belangte Behörde den Spruch des angefochtenen Bescheides auf § 54 Abs. 1 und 4 GSpG gestützt, noch sei diese Bestimmung im Verfahren zur Anordnung der Beschlagnahme denkmöglich anzuwenden.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde beantragt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde macht geltend, der Zeitraum zwischen der faktischen Beschlagnahme und dem Ausspruch der Beschlagnahme durch die Erstbehörde widerspreche den gesetzlichen Vorgaben der Unverzüglichkeit, sodass schon deshalb eine Rechtswidrigkeit vorliege.

Die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts haben zu § 39 VStG ausgesprochen, dass die Beschlagnahme durch Organe der öffentlichen Aufsicht lediglich eine "vorläufige" Maßnahme darstellt. Da die Beschlagnahme selbst gemäß § 39 Abs. 1 VStG 1950 von der zuständigen Behörde durch Bescheid anzuordnen ist, hat die Behörde über die von ihrem Hilfsorgan "aus eigener Macht" (§ 39 Abs. 2 VStG 1950) vorläufig in Beschlag genommenen Gegenstände unverzüglich bescheidmäßig abzusprechen oder die beschlagnahmten Gegenstände zurückzustellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1991, Zl. 89/01/0442; VfSlg. 11650/1991). Im vorliegenden Beschwerdefall liegt jedoch bereits eine bescheidförmige Beschlagnahme vor, sodass diese Rechtsprechung hier nicht entscheidungswesentlich ist.

Weiters macht die Beschwerde geltend, "die Feststellungen, aus denen sich die Verdachtslage für die Berufung ergibt, sind lückenhaft. Es wurde nicht konkret festgestellt, mit welchem Einsatz, welcher Gewinn in Aussicht gestellt wurde, sohin wurde eine konkrete Ausspielung nur sehr vage festgestellt, insbesondere was Einsatz, Höhe, Gewinn und Höhe pro Spiel betrifft". Derartig vage Feststellungen ließen einen Rückschluss auf die rechtliche Beurteilung nicht zu.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid u. a. folgende Feststellungen getroffen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Aus dem erstinstanzlichen Akt ergibt sich, dass am 20.02.2010 (beginnend mit 22.25 Uhr) eine polizeiliche Kontrolle im Gasthaus X in 6112 Wattens, Bstraße …, durchgeführt worden ist.

In der diesbezüglichen Anzeige der Polizeiinspektion Wattens vom 23.02.2010, GZ. 5565/1/2010 TAX, ist angeführt, dass beim Betreten des Raumes, in dem Sportwetten (im gegenständlichen Gasthaus) durchgeführt werden könnten, von den Beamten feststellbar gewesen sei, dass in einem separaten Raum drei Personen an drei von fünf aufgestellten Geldspielapparaten der Marke 'MLT-Multi Lottery Terminal' das Walzenspiel 'Hot Seven' (2 Spieler) sowie 'Hot Scatter' gespielt hätten. Bei diesen Spielen sei das Aneinanderreihen von verschiedenen Symbolen ausschlaggebend für die Höhe des Gewinnes, das heiße, sowohl Gewinn und Verlust seien absolut dem Zufall überlassen. Die drei Spieler, nämlich F M, geb. …, F G, geb. am …, und S P, geb. am …, hätten angegeben, dass sie auf den jeweiligen Automaten am Abend des 20.02.2010 bis zum Zeitpunkt der Kontrolle insgesamt Euro 60,00 verspielt hätten. Weiters hätten alle drei angegeben, dass ein etwaiger Gewinn nach der Beendigung des Spiels vom Wirt bar ausbezahlt würde. ...

Laut Anzeige hat F M, der bei der Kontrolle als Spieler betreten worden ist, angegeben, dass er am gegenständlichen Automaten am 20.02.2010 für ca. 15 Minuten das Walzenspiel 'Hot Seven' gespielt habe und dabei Euro 10,00 investiert habe. Gewonnen habe er bis zum Zeitpunkt der Kontrolle Euro 17,00, wobei er als Einsatz Euro 1,00 gewählt habe.

Der ebenfalls beim Spielen angetroffene F G gab laut Anzeige an, dass er an diesem Automaten am 20.02.2010 für ca. 15 Minuten das Walzenspiel 'Hot Scatter' gespielt habe und dabei Euro 20,00 investiert habe. Sein (überhaupt) größter Gewinn habe einmal Euro 900,00 betragen, welcher ihm vom Lokalinhaber ausbezahlt worden sei. Insgesamt habe er im Februar 2010 an die Euro 5.000,00 gewonnen. Sein Einsatz pro Spiel habe heute Euro 0,50 betragen, welchen er durch Tastendruck am Gerät bestimmt hätte.

Schließlich gab laut Anzeige die beim Spielen angetroffene S P an, dass sie am Automaten am 20.02.2010, ebenfalls für ca. 15 Minuten, das Walzenspiel 'Hot Seven' gespielt habe und dabei Euro 30,00 investiert habe. Ihr (überhaupt) größter Gewinn habe Euro 500,00 betragen, welcher ihr vom Lokalinhaber ausbezahlt worden sei. Ihr Einsatz pro Spiel habe heute Euro 0,50 betragen, welchen sie durch Tastendruck am Gerät bestimmt hätte.

Ferner gab laut Anzeige der Wirt des Gasthauses 'Lizum', nämlich H I, an, dass es sich bei den Geräten um sogenannte VGT-Geräte handle, auf denen verschiedene Walzenspiele gespielt werden könnten. Die Geräte seien im Besitz der beschwerdeführenden Gesellschaft mit Sitz in Innsbruck. Vom Gewinn erhalte er 45 %. Der Rest gehöre dem Aufsteller (beschwerdeführende Gesellschaft). Es könnten 13 verschiedene Walzenspiele gespielt werden. Er glaube, dass Banknoten von Euro 5,00 bis Euro 100,00 eingeführt werden könnten. Als (einzelner) Spieleinsatz könne ein Betrag zwischen Euro 0,50 und Euro 5,00 bestimmt werden (mittels mehrmaligem Tastendruck). Der Spieleinsatz lasse sich pro Tastendruck verstellen. Die Gewinnauszahlung würde von ihm direkt an der Wettkasse durchgeführt werden. Auf Grund der Wettannahmen habe er genügend Geld in der Kasse. Der höchste Gewinn sei ca. vor 6 Wochen erzielt worden. Dem ihm unbekannten Gewinner habe er Euro 5.000,00 ausbezahlt. Die Geräte würden vom Aufsteller am Montag und Donnerstag entleert. Mit einer eigenen Magnetkarte gelange der Aufsteller in die Buchhaltung. Die Abrechnung (Buchhaltung) erfolge meistens am Ende des Monats. Die 5 Geräte würden einen Umsatz von Euro 4.500,00 bis Euro 7.000,00 im Monat erzielen. Von diesem Umsatz erhalte er 45 %. Es sei ihm nicht bekannt, dass es sich um ein illegales Glücksspiel handle, da in Innsbruck in einem bestimmt bezeichneten Lokal in der Leopoldstraße und in noch zahllosen weiteren Betrieben in Innsbruck diese Geräte aufgestellt seien."

Entgegen den Beschwerdebehauptungen sind diesen Feststellungen die Einsätze eindeutig zu entnehmen. Der Wirt gab an, dass als einzelner Spieleinsatz ein Betrag zwischen EUR 0,50 und EUR 5,-- bestimmt werden könne. Der Spieler M. gab zum Beispiel an, dass er am Tag der Kontrolle mit einem Einsatz von EUR 1,-- gespielt habe. Als höchster jemals erzielter Gewinn in diesem Lokal wurde vom Wirt ein Betrag von EUR 5.000,-- angegeben. Der Spieler G. gab an, dass er zum Zeitpunkt der Kontrolle mit Einsätzen von EUR 0,50 gespielt und einmal bereits EUR 900,-- gewonnen habe, die ihm vom Lokalinhaber ausbezahlt worden seien. Die Spielerin P. gab an, dass sie im Zeitpunkt der Kontrolle mit Einsätzen von EUR 0,50 gespielt und ihr höchster Gewinn EUR 500,-- betragen habe, der ihr vom Lokalinhaber ausbezahlt worden sei.

Dem Beschwerdevorbringen ist demgegenüber nicht zu entnehmen, dass die festgestellte Höhe der Einsätze und Gewinne betreffend die beschlagnahmten Geräte nicht zuträfen. Da im angefochtenen Bescheid zu den angesprochenen Beträgen ohnehin Feststellungen getroffen wurden, braucht nicht auf die Frage eingegangen werden, inwiefern diese für die anzustellende rechtliche Beurteilung von Bedeutung sind.

Soweit in der Beschwerde behauptet wird, die belangte Behörde hätte Feststellungen dahin treffen müssen, dass eine Verwaltungsübertretung innerhalb der letzten fünf Jahre vorgelegen sei, sodass eine Einziehung im Gesetz vorgesehen sei, ist sie mit diesem Vorbringen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2011/17/0058 bis 0059, zu verweisen, in dem ausführlich begründet wurde, weshalb diese Rechtsansicht unzutreffend ist.

Da somit bereits die Beschwerde erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 16. November 2011

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