VwGH 2011/16/0084

VwGH2011/16/008428.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch die Keber & Keber Steuerberatungs-GmbH, in 1010 Wien, Börsegasse 9/2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien vom 8. November 2007, Zl. RV/0572-W/06, betreffend Haftung nach §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;
BAO §80 Abs1;
BAO §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war Geschäftsführer der B GesmbH und wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom 13. Oktober 2000 zur Haftung nach §§ 9 und 80 BAO für Abgabenschulden dieser Gesellschaft (Umsatzsteuer für 1996 sowie für einzelne Monate der Jahre 1997 und 1998) im Gesamtbetrag von 917.356 S (66.666,86 EUR) herangezogen, wogegen er berief.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise statt und schränkte die Haftung auf den Betrag von 53.803,58 EUR ein. Im Übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab. Die B GesmbH sei nach Abweisung des Konkurses mangels Vermögens am 21. März 2007 gemäß § 40 FBG im Firmenbuch amtswegig gelöscht worden. Damit stehe die Uneinbringlichkeit der in Rede stehenden Abgaben bei der Primärschuldnerin fest. Der Beschwerdeführer habe vorgebracht, den Abgabengläubiger weder zum Zeitpunkt der Fälligkeit noch der Zahlungsfristen der offenen Abgabenverbindlichkeiten gegenüber den anderen Gläubigern benachteiligt zu haben. Mit Schreiben vom 23. Juni 2006 habe die belangte Behörde den Beschwerdeführer deshalb aufgefordert, einen Liquiditätsstatus zu den jeweiligen Fälligkeitstagen und zu den Zahlungsfristen vorzulegen. Die darauf vom Beschwerdeführer vorgelegten Berechnungen hätten aber weder Anzahlungen von Kunden noch kurzfristige Verbindlichkeiten enthalten. Überdies habe der Beschwerdeführer angegeben, ihm sei für das Jahr 1997 eine "monatsgenaue Ermittlung der Quoten nicht mehr möglich". Trotz nochmaliger Aufforderung durch die belangte Behörde sei "der Liquidätsstatus nicht verbessert" worden. Der Beschwerdeführer habe vielmehr die Ansicht vertreten, Anzahlungen der Kunden nicht in die Aufstellung der verfügbaren liquiden Mittel einbeziehen zu müssen. Er gestehe allerdings selbst zu, dass die B GesmbH Auftragnehmer der Endkunden gewesen sei und dass die Anzahlungsbeträge in der Buchhaltung zu erfassen gewesen wären. Damit habe es sich um steuerpflichtige Umsätze der B GesmbH gehandelt, wobei gerade in diesen Anzahlungen die von dem Kunden entrichtete Umsatzsteuer enthalten gewesen sei, die vom Beschwerdeführer als Geschäftsführer der B GesmbH zu entrichten gewesen wäre. Außerdem wäre die Frage, ob die Anzahlungen durchlaufende Posten darstellten, im Abgabenfestsetzungsverfahren zu beantworten gewesen. Weiters seien trotz Aufforderung die Zugum-Zug-Geschäfte nicht berücksichtigt worden. Daraus folge, dass der "Liquiditätsnachweis" als gescheitert anzusehen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im Recht verletzt erachtet, nicht zur Haftung für Abgabenschulden der B GesmbH herangezogen zu werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in welche sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichthof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben gemäß § 80 Abs. 1 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinne des § 9 BAO annehmen darf. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln des Vertretenen zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war. Der Vertreter haftet für nicht entrichtete Abgaben des Vertretenen auch dann, wenn die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten des Vertretenen nicht ausreichten, es sei denn, er weist nach, dass er die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2011, Zl. 2007/13/0063). Auf dem Vertreter lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 2010, Zl. 2007/13/0137).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auch auf Zahlungen, die zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes erforderlich sind, und kann eine Bevorzugung von Gläubigern auch in der Barzahlung von Wirtschaftsgütern in Form von Zug-um-Zug-Geschäften bestehen. Der vom Vertreter zu erbringende Nachweis der Gleichbehandlung aller Gläubiger hat somit auch die von der Gesellschaft getätigten Zugum-Zug-Geschäfte zu erfassen (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2011, mwN).

Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid unter anderem auch darauf, dass der Beschwerdeführer trotz Aufforderung die Zug-um-Zug-Geschäfte nicht berücksichtigt habe. Dem tritt die Beschwerde nicht konkret entgegen.

Damit durfte die belangte Behörde aber davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer die ihm zur Verfügung stehenden liquiden Mittel der Höhe nach nicht beziffert habe.

Auf die Beschwerdeausführungen zur Behandlung von Anzahlungen braucht deshalb nicht mehr eingegangen werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. April 2011

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