VwGH 2011/16/0001

VwGH2011/16/000126.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des Ing. P in R, vertreten durch die Radel Stampf Supper Rechtsanwälte OG in 7210 Mattersburg, Brunnenplatz 5b, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 19. November 2010, Zl. RV/2525-W/10, betreffend Versagung der Abänderung der Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987, zu Recht erkannt:

Normen

GrEStG 1987 §1;
GrEStG 1987 §17 Abs1 Z2;
GrEStG 1987 §17 Abs1;
GrEStG 1987 §17 Abs2 idF 2009/I/052;
GrEStG 1987 §17;
GrEStG 1987 §1;
GrEStG 1987 §17 Abs1 Z2;
GrEStG 1987 §17 Abs1;
GrEStG 1987 §17 Abs2 idF 2009/I/052;
GrEStG 1987 §17;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 30. September 2005 schlossen der Beschwerdeführer als "kaufende Partei" und F H. als "verkaufende Partei" folgenden, auszugsweise wiedergegebenen, beglaubigten Kaufvertrag:

"I.

1) Die verkaufende Partei ist zur Gänze grundbücherlicher Eigentümer des Grundstückes Nr. … Wald mit einem Flächenausmaß von

4.877 m2, inneliegend in EZ. … Grundbuch ...

2) Das vorgenannte Grundstück bildet nunmehr den 'Kaufgegenstand'.

II.

Die verkaufende Partei … verkauft und übergibt, und die kaufende Partei … kauft und übernimmt zur Gänze in sein Eigentum den unter Punkt I. näher bezeichneten Kaufgegenstand mit allem rechtlichen und tatsächlichen Zubehör um den angemessenen und einvernehmlich vereinbarten Gesamtkaufpreis von EUR 5.000,-- (in Worten: …).

III.

Die Entrichtung des Kaufpreises in Höhe von EUR 5.000,-- an die verkaufende Partei erfolgt bei Vertragsunterfertigung und bestätigt die verkaufende Partei den Erhalt des Kaufpreises mit ihrer Unterschrift.

IV.

Stich- und Verrechnungstag ist der Tag der Vertragsunterfertigung durch die kaufende Partei. Von diesem Tag an sind die kaufende Partei berechtigt, die Nutzungen zu ziehen und verpflichtet, die Lasten zu tragen. Mit diesem Tag gehen Gefahr und Zufall auf die kaufende Partei über. Auch die Übernahme und Übergabe des Kaufgegenstandes in den physischen und tatsächlichen Besitz der kaufenden Partei erfolgt zu dem genannten Tag. Die verkaufende Partei haftet für die gänzliche satz- und lastenfreie Übergabe der Liegenschaft, jedoch nicht für ein bestimmtes Ausmaß, einen bestimmten Ertrag oder eine bestimmte Beschaffenheit des Kaufgegenstandes. Die kaufende Partei hat den Kaufgegenstand besichtigt und diesen für in Ordnung befunden. V.

Die Vertragsteile erklären, dass Ihnen der tatsächliche Wert des Kaufgegenstandes bekannt ist, und verzichten auf die Einwendung wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes. VI.

Die für die Errichtung und grundbücherliche Einverleibung dieses Kaufvertrages auflaufenden Kosten, Gebühren, Grunderwerbsteuer samt Zuschlägen und allen anderen sich aus diesem Kaufvertrag ergebenden öffentlichen Abgaben und sonstigen Auslagen trägt die kaufende Partei.

VII.

Herr F H. … erklärt hiermit seine ausdrückliche, unwiderrufliche Zustimmung und Einwilligung, dass ohne sein weiteres Wissen und Einvernehmen aufgrund dieses Kaufvertrages ob dem in Punkt I. näher bezeichneten Kaufgegenstand das Eigentumsrecht für

(den Beschwerdeführer)

zur Gänze einverleibt wird.

Soferne für die Übertragung des Eigentumsrechtes Grundbuchshandlungen im Zuge von Ab- und Zuschreibungen vorzunehmen sind, erklären die Vertragsparteien dazu ihre ausdrückliche Zustimmung und Einwilligung.

…"

Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 4. November 2005 setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien gegenüber dem Beschwerdeführer für diesen Rechtsvorgang Grunderwerbsteuer mit dem Betrag von EUR 175,-- fest, die der Beschwerdeführer entrichtete.

Der Verkäufer verstarb am 1. Mai 2008, ohne dass es zu einer Verbücherung dieses Erwerbs gekommen wäre. Das Vermögen des Verkäufers antwortete das Bezirksgericht mit Beschluss vom 8. September 2008 zur Gänze seiner Tochter, G R., ein. Diese wiederum schloss am 31. Oktober 2009 einen Kaufvertrag über die obgenannte Liegenschaft mit dem Ehepaar W. Laut einem in den vorgelegten Verwaltungsakten einliegenden Grundbuchsauszug vom 15. Juni 2010 ist das Ehepaar W. als Miteigentümer der obgenannten Liegenschaft im Grundbuch eingetragen.

Am 2. Juni 2010 schloss der Beschwerdeführer mit G R. folgende, auszugsweise wiedergegebene "Auflösungsvereinbarung":

"Vertragsgrundlagen

… Der Erbin war oben bezeichneter Kaufvertrag nicht bekannt. Diese hat sodann das dem (Beschwerdeführer) veräußerte Grundstück ihrerseits in Unkenntnis dieses Umstandes dem DI H W. und der P W. veräußert. Die Erfüllung des Anspruches des (Beschwerdeführers) auf Eigentumserwerb ist durch diese weitere Veräußerung vereitelt worden, sodass dieser Anspruch wegen Verletzung einer Vertragspflicht nicht mehr erfüllt werden kann.

Auflösungsvereinbarung

Zum Zweck der Vermeidung eines Rechtsstreites haben nun die Vertragsteile in beiderseitigem Interesse den oben beschriebenen Kaufvertrag in Kenntnis der damit verbundenen wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen mit schuldrechtlicher 'Wirkung ex-tunc', daher mit Wirksamkeit per Vertragsunterzeichnung seinem gesamten Inhalte im Einvernehmen auf.

Rückstellungsverpflichtung

Sämtliche sich aus diesem Vertrag ergebenden wechselseitigen Rechte und Pflichten gelten demnach als mit Unterfertigung des Kaufvertrages und mit diesem Stichtag als aufgehoben, sodass alle auf Grund dieses Vertrages von einem Vertragsteil dem anderen erbrachten Leistungen unverzüglich zurückzustellen sind.

Dementsprechend hat G R. dem (Beschwerdeführer) den seinerzeit bezahlten Kaufpreis in Höhe von EUR 5000,-- bereits rückerstattet worüber dieser mit Vertragsunterzeichnung quittiert. Eine Rückstellung der Liegenschaft ist nicht erforderlich, da diese niemals in dem Besitz des Käufers gelangte.

Keine Rückstellung gezogener Früchte

Die aus den empfangenen und nun zurückzustellenden Leistungen zwischenzeitig gezogenen Nutzungen und Früchte gelten als verrechnet und sind nicht zurückzuerstatten.

Vertragskosten, Original und Ausfertigungen Alle mit der Errichtung dieses Vertrages verbundenen Kosten,

Steuern und Gebühren trägt, unbeschadet der alle Vertragsteile hiefür treffenden gesetzlichen Solidarhaftung, die erwerbende Partei, welche auch den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt hat. Die Vertragsteile verweisen auf § 17 Abs. 1 Zif. 2 GrEStG wonach bei Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges wegen nicht Erfüllung von Vertragsbestimmungen Grunderwerbsteuer auf Antrag nicht festgesetzt wird bzw. eine bereits festgesetzte Steuer entsprechend abzuändern ist und § 17 Abs. 2 leg cit wonach diese Bestimmungen sinngemäß gelten, wenn zur Durchführung der Rückgängigmachung ein Rechtsvorgang erforderlich ist der einen steuerpflichtigen Erwerbsvorgang darstellt.

…"

In seiner Eingabe vom 8. Juni 2010 beantragte der Beschwerdeführer, mit Bescheid im Sinn des § 17 Abs. 4 GrEStG auszusprechen, dass für den gegenständlichen, nunmehr rückgängig gemachten Grundstückserwerb eine Grunderwerbsteuer nicht festgesetzt werde und den entrichteten Grunderwerbsteuerbetrag rück zu überweisen. Diesen Antrag wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Bescheid vom 16. Juni 2010 gemäß § 17 Abs. 1 Z. 2 GrEStG ab, weil die Vereinbarung, die zur Rückgängigmachung geführt habe, nicht zwischen denselben Vertragsparteien abgeschlossen worden sei, zwischen denen der seinerzeitige Erwerbsvorgang vereinbart worden sei. Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge seien Rechtsvorgänger (Verkäufer) und Rechtsnachfolger (Erbin des Verkäufers) nicht als ident anzusehen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer zusammengefasst die Ansicht, der Verwaltungsgerichtshof habe sich darüber, ob eine Gesamtrechtsnachfolge zu einer Änderung der Parteienidentität führe, nicht geäußert. Eine diesbezügliche "oberstgerichtliche" Aussage liege, soweit ersichtlich, nicht vor. Das Grunderwerbsteuergesetz enthalte zu dieser Frage keine ausdrückliche Regelung, sodass die allgemeinen Grundsätze gälten. Nach den klaren (und im Sinn des § 19 BAO anzuwendenden) Bestimmungen des bürgerlichen Rechts ergebe sich jedenfalls ein Anspruch des Gesamtrechtsnachfolgers im Erbweg, den Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig zu machen, wenn eine Vertragsbestimmung nicht erfüllt werde. Im Sinne dieser Ausführungen seien auch die "Bemerkungen Fellners zu verstehen (Rz 10 zu § 17 GrEStG)".

Mit Berufungsvorentscheidung vom 5. Juli 2010 wies die Abgabenbehörde erster Instanz diese Berufung als unbegründet ab. Dem Gesetzeswortlaut des § 17 Abs. 2 GrEStG sei, entgegen dem Vorbringen der Berufung, eindeutig zu entnehmen, dass, wenn zur Durchführung einer Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges eine Vereinbarung getroffen werden müsse, diese Vereinbarung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber abgeschlossen werden müsse. Der Gesetzgeber ziele mit gewählten Bezeichnungen "seinerzeitigen" auf die physischen Personen des seinerzeitigen Erwerbsvorganges ab, die Personen, zwischen denen seinerzeit die Willensübereinstimmung zu Stande gekommen sei. Es müsse sich folglich um idente Personen handeln. Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge seien Rechtsvorgänger und Rechtsnachfolger nicht als ident anzusehen. Werde die Vereinbarung zur Rückgängigmachung von den identen Rechtspersonen des seinerzeitigen Rechtsvorganges abgeschlossen, so gehe das Antragsrecht gemäß § 17 GrEStG auf den Gesamtrechtsnachfolger über.

In seinem Vorlageantrag vom 20. Juli 2010 beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte u.a. vor, die Begünstigung des § 17 Abs. 2 GrEStG bilde keinen eigenen Befreiungstatbestand und sei nur im Zusammenhang mit Abs. 1 zu sehen. Durch die Beschränkung der Anwendung des Abs. 2 auf die Rückgängigmachung durch die "seinerzeitigen" Vertragsteile werde lediglich klargestellt, dass der ursprüngliche Erwerbsvorgang beseitigt werden müsse, eine Einschränkung der Anwendung des § 19 BAO werde dadurch allerdings nicht bewirkt. Auch bei Rückgängigmachung durch den Gesamtrechtsnachfolger werde der ursprüngliche Rechtsvorgang rückgängig gemacht. Eine Verweigerung dieser Begünstigung bei Gesamtrechtsnachfolge würde mit dem Wesen der Grunderwerbsteuer als einer Verkehrsteuer im Widerspruch stehen. Die Ansicht des Finanzamtes führe zu von den Zufälligkeiten der Lebenssachverhalte abhängigen und sachlich in keiner Weise zu rechtfertigenden Ergebnissen. Wäre der zur Herausgabe Verpflichtete zwischenzeitig bereits verstorben, käme eine Steuerfreiheit nicht mehr in Betracht. Abschließend werde darauf hingewiesen, dass bereits der RFH diese Begünstigung auch dann habe gelten lassen, wenn nach dem Tod einer der ursprünglichen Vertragsparteien an die Stelle des Verstorbenen dessen Erbe als Gesamtrechtsnachfolger trete, der als Partei am Rückerwerb beteiligt sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Unter Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung der von ihr angewendeten Bestimmungen des GrEStG erwog sie:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. VwGH 29.10.1998, Zlen:98/16/0115,0116) ist ein Erwerbsvorgang iSd § 17 Abs.1 GrEStG dann rückgängig gemacht, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Ein Erwerbsvorgang ist also nur dann rückgängig gemacht, wenn der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss innehatte, wieder erlangt hat.

Aufgrund der gegebenen Vertragsgestaltung liegt daher keine Rückgängigmachung im Sinne des § 17 Abs.1 GrEStG vor. G R. hat die Dissolutionsvereinbarung erst am 2. Juni 2010, nach Abschluss des neuen Kaufvertrages vom 31. Oktober 2009, unterfertigt. Davon, dass G R. aufgrund dieser Vereinbarung wiederum die Möglichkeit erlangt hätte das Grundstück einen Dritten zu verkaufen, und somit als Gesamtrechtsnachfolgerin die ursprüngliche Rechtsstellung des Verkäufers erlangt hat, kann keine Rede sein. Wobei es bei der Beurteilung des Vorliegens einer Rückgängigmachung im Sinne des § 17 Abs.1 GrEStG weder auf das Motiv der Dissolutionsvereinbarung noch auf die Frage, ob der Kaufvertrag vom 30. September 2005 bereits erfüllt war und der ursprüngliche Erwerber im Grundbuch eingetragen war ankommt. ...

Aus der Aktenlage ergeben sich keine Anhaltspunkte, dass der Kaufvertrag vom 30. September 2005, auf die im Vertrag bedungene Weise, wegen einer Verletzung von Vertragsbestimmungen nicht erfüllt worden war, und daher ein Rechtsanspruch auf Rückgängigmachung dieses Vertrages gegeben war. Laut diesem Vertrag ist bereits bei Vertragsunterfertigung das Grundstück vom Verkäufer ordnungsgemäß übergeben und der Kaufpreis vom Bw. in voller Höhe entrichtet worden, sowie die Zustimmung des Verkäufers zur Eintragung des Bw. im Grundbuch gegeben worden. Eine Verpflichtung des Bw. zu einer solchen Eintragung geht aus dem Vertragsinhalt nicht hervor.

Da somit die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges vom 30. September 2005 nicht nach Maßgabe des § 17 Abs.1 Z 2 GrEStG erfolgte, kann schon aus diesem Grunde die begehrte Erstattung nicht gewährt werde, unbeschadet der Frage ob G R., welche als Erbin des ursprünglichen Verkäufers lediglich Vertragspartei der Dissolutionsvereinbarung war, ein Antragsrecht gemäß § 17 Abs.2 GrEStG zuzubilligen ist. Selbst im Fall der Feststellung der Parteienidentität gemäß § 17 Abs.2 GrEStG könnte aus den aufgezeigten Gründen dem vorliegenden Antrag nicht stattgegeben werden."

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer "in seinem, in § 17 Abs. 4 iVm § 17 Abs. 1 Z. 2 GrEStG verankerten Recht auf entsprechende Abänderung einer bereits festgesetzten Steuer, nämlich der für den Kaufvertrag vom 30.09.2005 festgesetzten Grunderwerbsteuer verletzt, da der, der Festsetzung dieser Grunderwerbsteuer zu Grunde liegende Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wurde weil Vertragsbestimmungen, nämlich die Verpflichtung zur Übereignung des veräußerten Grundstückes nicht erfüllt worden sind." Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden.

Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 darstellt, so gelten nach § 17 Abs. 2 GrEStG 1987 (in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 52) die Bestimmungen des Abs. 1 Z. 1, 2 und 4 sinngemäß.

Ist den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer bereits festgesetzt, so ist nach § 17 Abs. 4 leg. cit. auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Bei Selbstberechnung ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird.

§ 17 GrEStG stellt eine Ausnahme von dem für die Verkehrsteuern geltenden Grundsatz dar, wonach die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden soll. Bei den Ansprüchen aus § 17 GrEStG auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Abänderung der Steuerfestsetzung handelt es sich um selbständige (gegenläufige) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, die den ursprünglichen Steueranspruch unberührt lassen. Zweck der Bestimmung ist es, Vorgänge nicht mit Steuer zu belasten, deren wirtschaftliche Auswirkungen von den Beteiligten innerhalb der im Gesetz gesetzten Frist wieder beseitigt werden. Das Gesetz lässt die Festsetzung der Abänderung der Steuer nur in den in § 17 Abs. 1 bis 3 GrEStG ausdrücklich umschriebenen Fällen zu. Bei der rechtlichen Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges im Sinne der in Rede stehenden Bestimmung vorliegt, kommt es nur darauf an, dass der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss inne gehabt hat, durch einen der im § 17 Abs. 1 GrEStG genannten Vorgänge wiedererlangt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1998, Zlen. 98/16/0115, 0116, mwN).

Rückgängig gemacht ist ein Erwerbsvorgang dann, wenn sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen haben, dass die Möglichkeit der Verfügung über das Grundstück nicht beim Erwerber verbleibt, sondern der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Ein Erwerbsvorgang ist also nur dann rückgängig gemacht, wenn der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss innehatte, wiedererlangt hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 2005, Zl. 2005/16/0094, und vom 26. Jänner 2006, Zl. 2005/16/0261, mwN).

Aus dem Wesen der Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer, die grundsätzlich an jeden Übergang eines inländischen Grundstückes anknüpft, folgt weiters, dass etwa auch eine Vereinbarung über die Rückgängigmachung (abermals) die Verpflichtung zur Entrichtung der Grunderwerbsteuer auslöst, wenn sie nicht unter die Begünstigung des § 17 Abs. 2 GrEStG 1987 fällt (vgl. das schon zitierte Erkenntnis vom 29. Oktober 1998, sowie Fellner, Gebühren- und Verkehrsteuern, Band II 3. Teil, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 50 f zu § 17 GrEStG).

Unbestritten ist im vorliegenden Beschwerdefall, dass für den Kaufvertrag vom 30. September 2005 Grunderwerbsteuer festgesetzt - und entrichtet - wurde.

Im Beschwerdefall ist weiters davon auszugehen, dass zufolge des Kaufvertrages vom 31. Oktober 2009 nicht bloß ein Fall eines (schuldrechtlichen) Doppelverkaufs ein und derselben Liegenschaft erfolgte, sondern dass auf Grund des zweiten Kaufvertrages deren Käufer im Grundbuch als Eigentümer einverleibt wurden, womit (nachträgliche) Unmöglichkeit der Erfüllung des Kaufvertrages vom 30. September 2005 eintrat (zum Doppelverkauf von Liegenschaften vgl. etwa Aicher in Rummel, Kommentar zum ABGB, I3, Rz. 10 und 14 zu § 1053 ABGB mwN).

Der Beschwerdeführer hatte im Abgabenverfahren beantragt, dass infolge der Rückgängigmachung des Kaufvertrages vom 30. September 2005 Grunderwerbsteuer nicht festgesetzt werde.

Gegenstand des im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheides ist die Versagung der Abänderung (Rückerstattung) der für den Kaufvertrag vom 30. September 2005 festgesetzten Grunderwerbsteuer nach § 17 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987. Von der Frage der Abänderung der Grunderwerbsteuer wegen Rückgängigmachung dieses Erwerbsvorgang ist in Ansehung der eingangs wiedergegebenen Rechtsprechung die Frage zu unterscheiden, ob durch einen weiteren Rechtsvorgang, der auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 30. September 2005 abzielte, ein weiteres Mal ein Tatbestand nach § 1 GrEStG 1987 verwirklicht wurde und ob hinsichtlich dieses Sachverhaltes allenfalls die - weitere - Befreiungsbestimmung des § 17 Abs. 2 leg. cit. zur Anwendung gelangen könnte.

Dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 Z. 2 GrEStG 1987 ist - entgegen der Ansicht der Abgabenbehörde erster Instanz - nicht zu entnehmen, dass die Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber erfolgen müsste. Lediglich der Wortlaut der weiteren Befreiungsbestimmung des § 17 Abs. 2 GrEStG 1987, die aber nur dann von Bedeutung wäre, wenn es um die Besteuerung eines weiteren zur Rückgängigmachung notwendigen Erwerbsvorganges ginge, setzt voraus, dass der zur Durchführung einer Rückgängigmachung erforderliche Rechtsvorgang zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber erfolgt.

G R. trat als Gesamtrechtsnachfolgerin der verkaufenden Partei des Kaufvertrages vom 30. September 2005 in die Pflichten aus diesem Vertrag ein. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die kaufende Partei des Kaufvertrages vom 30. September 2005 niemals als Eigentümer im Grundbuch einverleibt wurde. Nachdem die verfahrensgegenständliche Liegenschaft auf Grund des weiteren Kaufvertrages vom 31. Oktober 2009 an die Zweitkäufer auch übereignet, d.h. die Zweitkäufer als Eigentümer im Grundbuch einverleibt worden waren, war die Erfüllung des ersten Kaufvertrages vom 30. September 2005 (nachträglich) unmöglich geworden, woraus der kaufenden Partei des ersten Kaufvertrages schon von Gesetzes wegen, nämlich nach § 920 ABGB (vgl. Aicher aaO, Rz. 10 f zu § 1053) und ohne dass es dazu noch einer eigenen vertraglichen Bestimmung bedurft hätte, ein Anspruch auf "Rückgängigmachung" zukam - und wozu die Auflösungsvereinbarung vom 2. Juni 2010 diente.

Damit war aber der Tatbestand des § 17 Abs. 1 Z. 2 GrEStG erfüllt, zumal, wie bereits eingangs ausgeführt wurde, dieser Tatbestand nicht erfordert, dass die Rückgängigmachung zwischen den seinerzeitigen Vertragsparteien erfolgt.

Die belangte Behörde sah eine Rückgängigmachung auch dadurch als ausgeschlossen an, dass G R. durch die Auflösungsvereinbarung nicht jene Verfügungsmacht über das Grundstück wieder erlangt hätte, die (ihr Rechtsvorgänger) vor Vertragsabschluss innegehabt hatte, weil sie zwischenzeitig am 31. Oktober 2009 einen weiteren Kaufvertrag über dieselbe Liegenschaft abgeschlossen hatte.

Nach der wiedergegebenen Rechtsprechung kommt es bei der rechtlichen Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges im Sinne des § 17 Abs. 1 GrEStG vorliegt, nur darauf an, dass der Verkäufer durch einen der in § 17 Abs. 1 GrEStG genannten Rechtsvorgänge seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangt. Hält man dem Kaufvertrag vom 30. September 2005 die Auflösungsvereinbarung vom 2. Juni 2010 gegenüber, so erlangte die Verkäuferseite durch die Auflösungsvereinbarung voll und ganz jene Rechtsposition, die sie ohne diesen Kaufvertrag gehabt hatte. Dass sich die Verkäuferseite zwischenzeitig über dieselbe Liegenschaft auch anderweitig gegenüber Dritten verpflichtet hatte, ändert an der Gegenüberstellung des Kaufvertrages einerseits und der Auflösungsvereinbarung als tauglichen actus contrarius andererseits nichts; vielmehr zielte die Auflösungsvereinbarung gerade auch darauf ab, die Verkäuferseite von allen Pflichten aus dem ersten Kaufvertrag vom 30. September 2005 zu befreien, damit diese ihren Verpflichtungen aus dem zweiten Kaufvertrag vom 31. Oktober 2009 unbeschwert nachkommen konnte, wie es ihrer ursprünglichen Rechtsstellung entsprach.

Damit lag aber eine Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges (Kaufvertrag vom 30. September 2005) im Sinn des § 17 Abs. 1 Z. 2 GrEStG vor.

Ob die Auflösungsvereinbarung vom 2. Juni 2010 ihrerseits einen steuerpflichtigen Erwerbsvorgang darstellte und allenfalls unter die Befreiungsbestimmung des § 17 Abs. 2 GrEStG fällt, braucht in Ansehung der Sache des vorliegenden Abgabenverfahrens nicht beantwortet zu werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2011/16/0002) .

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. Mai 2011

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