VwGH 2011/05/0046

VwGH2011/05/00466.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde der B B in A, vertreten durch Karbiener Rechtsanwälte OG in 4650 Lambach, Marktplatz 7, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 27. Jänner 2011, Zl. IKD(BauR)-014162/5-2011-Be/Wm, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde A), zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 21. Dezember 2010 (auch) in Ansehung des damit ausgesprochenen Verbotes der Verwendung der darin genannten Folientunnel für das Halten oder den sonstigen Aufenthalt von "sonstigen Nutztieren" als unbegründet abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Die Beschwerdeführerin führt auf drei Grundstücken mit der Widmung "Grünland-Erwerbsgärtnerei" in A. einen Gärtnereibetrieb, in dessen Rahmen sie in auf diesem Betriebsgelände errichteten Folientunneln insbesondere Blumen und Gemüse zieht. Außerhalb der Vegetationsperiode - in den Wintermonaten - nützt sie jedenfalls einen der Folientunnel für die Unterbringung von Schafen.

Mit Schreiben vom 22. Februar 2008 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die mitbeteiligte Partei, gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 vorzugehen, weil in einem auf diesen Grundstücken errichteten Glashaus, wie dies von einem näher genannten Ehepaar neuerlich mitgeteilt worden sei, ca. 20 Schafe (Mutter- und Jungtiere) gehalten würden und daraus eine Lärm- und Geruchsbelästigung resultiere.

Im weiteren Verfahren erließ der Bürgermeister der mitbeteiligten Partei gegenüber der Beschwerdeführerin den Bescheid vom 2. März 2009, der unter der Gegenstandsbezeichnung "Ihre Grundstücke Nr. (...) Illegale Tierhaltung im Glashaus" den folgenden Spruch enthält:

"Gemäß § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 hat die Baubehörde festgestellt, dass die baulichen Anlagen auf den Grundstücken Nr. (...) nicht entsprechend diesem Landesgesetz verwendet werden.

Die Grundstücke Nr. (...) sind als Grünland - Erwerbsgärtnerei gewidmet, als bauliche Anlage befinden sich darauf Glashäuser. Diese Glashäuser werden für die Tierhaltung (Schafe) genutzt.

Sie werden daher aufgefordert binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides den rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen."

Die Beschwerdeführerin erhob dagegen Berufung.

Mit dem - nach zwei aufhebenden Vorstellungsbescheiden der belangten Behörde (vom 26. November 2009 und 3. August 2010) im dritten Rechtsgang erlassenen - Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei (im Folgenden abgekürzt: GR) vom 21. Dezember 2010 traf dieser folgenden Ausspruch:

"Gem. § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 95 Oö. GemO 1990 sowie gem. § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 wird der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom 02.03.2009, (...) neu gefasst, sodass er lautet:

'Die Folientunnel auf den Grundstücken Nr. (...) dürfen gem. § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 binnen sechs Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides nicht mehr für das Halten oder den sonstigen Aufenthalt von Schafen oder sonstigen Nutztieren verwendet werden.'

Im Übrigen wird die Berufung (...) als unbegründet abgewiesen."

In der Begründung dieser Berufungsentscheidung führte der GR unter Hinweis auf das von der mitbeteiligten Partei eingeholte agrartechnische Gutachten des Amtssachverständigen Dipl. Ing. G. vom 11. August 2009 und den Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 3. August 2010 aus, aus dem Gutachten ergebe sich, dass sich die Nutzung von Folientunneln zur Produktion von Blumen, Gemüse etc. während der Vegetationsphase und die Nutzung zur Schafunterbringung während der Wintermonate mit gleichzeitiger natürlicher Dungproduktion zwar nicht widersprächen, aber (diese Nutzung zur Schafunterbringung) nicht als notwendig und üblich anzusehen sei. Damit bestehe gemäß § 30 Oö. ROG 1994 - mangels vorliegender Notwendigkeit - ein Widerspruch zur gegebenen Flächenwidmung "Grünland - Erwerbsgärtnerei", und es ergebe sich daher daraus jedenfalls die Unzulässigkeit der Schafhaltung in den betroffenen Folientunneln. Offen sei damit lediglich die Frage der angemessenen Leistungsfrist und der Bestimmtheit des Spruches. Diesbezüglich habe sich durch die zwischenzeitig durchgeführten ergänzenden Ermittlungen insofern ein Anpassungsbedarf ergeben, als vom Vorliegen von Folientunneln und nicht von Glashäusern auszugehen sei. Weiters sei der Spruch dahin zu präzisieren gewesen, dass das Halten bzw. der Aufenthalt von Schafen in den baulichen Anlagen zu untersagen sei. Die Berufungsbehörde habe ganz bewusst ausdrücklich auch den Aufenthalt von Schafen aufgenommen, weil der Begriff des Haltens insofern nicht ausreichend exakt sei und man unter diesen Begriff allenfalls das kurzfristige Unterstellen der Tiere nicht subsumieren könnte, was die Vollziehung des Verbotes letztlich unmöglich machen könnte. Letztlich sei noch eine angemessene Leistungsfrist festzulegen gewesen. Dabei habe die Berufungsbehörde mit sechs Monaten eine relativ lange Frist eingeräumt, dies trotz des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin auf Grund des lang andauernden Verfahrens mit einem rechtskräftigen Verbot habe rechnen müssen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Jänner 2011 wurde die Vorstellung gestützt (u.a.) auf die §§ 24, 26, 49, 50 und 55 der Oö. Bauordnung 1994 - Oö. BauO 1994 sowie die §§ 30 und 40 des Oö. Raumordnungsgesetzes 1994 - Oö. ROG 1994 als unbegründet abgewiesen. Dazu führte die belangte Behörde aus, in ihrer gegen den Berufungsbescheid vom 21. Dezember 2010 erhobenen Vorstellung habe die Beschwerdeführerin geltend gemacht, dass dem eingeholten agrarfachlichen Gutachten zufolge gerade kein Widerspruch zur Flächenwidmung "Grünland-Erwerbsgärtnerei" vorliege, sondern sogar daraus Anhaltspunkte für die Nützlichkeit der Maßnahme (Schafhaltung) hervorgingen. Es sei daher weder dieses Gutachten noch § 30 Oö. ROG 1994 als Grundlage für das angesprochene Verbot geeignet. Aus Umweltschutzgründen sei die Unterbringung der Schafe in den Folientunneln im Winter geboten, weil die alternative Düngung mit Kunstdünger zu Nachteilen für die gesamte Öffentlichkeit führen würde.

Nach Darstellung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde weiter aus, dass nach § 49 Abs. 6 Oö. BauO 1994 bzw. § 40 Abs. 8 Oö. ROG 1994 vorzugehen sei, soweit keine Raumordnungskonformität der Schafhaltung vorliege. In dem dazu eingeholten Amtssachverständigengutachten (vom 11. August 2009) sei in schlüssiger Weise zusammengefasst dargelegt worden, "dass die Nutzung der Folientunnel zur Produktion von Blumen, Gemüse, etc. während der Vegetationsphase und die Nutzung zur Schafunterbringung während der Wintermonate mit gleichzeitiger natürlich Dungproduktion für die zur Pflanzenproduktion genutzte Folientunnelfläche als nicht notwendig anzusehen wäre". Die Beschwerdeführerin sei weder im Rahmen des zu diesem Gutachten gewährten Parteiengehörs noch in den nachfolgenden Rechtsmitteln in der Lage gewesen, einen Widerspruch des Gutachtens zu den Denkgesetzen oder zur allgemeinen Lebenserfahrung darzulegen oder die Mangelhaftigkeit der Befundaufnahme, das Ausgehen von unrichtigen Voraussetzungen oder die Unvollständigkeit des Gutachtens konkret begründet aufzuzeigen. Ein derartiger Mangel des agrarfachlichen Gutachtens in Bezug auf dessen Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit habe auch von Amts wegen nicht festgestellt werden können. Diesem tauglichen Gutachten habe daher durch bloße Ausführungen der Beschwerdeführerin nicht erfolgreich begegnet werden können. Ein fachlich fundiertes Gegengutachten sei bis zuletzt nicht vorgelegt worden. Der rechtlichen Beurteilung sei daher zu Grunde zu legen, dass die Schafhaltung bzw. der Aufenthalt von Schafen und sonstigen Nutztieren in den Folientunneln im Winter eben nicht zur wirtschaftlichen Führung des erwerbsgärtnerischen Betriebes im Sinn des § 30 Abs. 3 Z. 3 und Abs. 5 Oö. ROG 1994 notwendig sei, und eine solche Haltung sei auch nicht nötig, um die gegenständliche Grundfläche bestimmungsgemäß - der Widmung "Grünland-Erwerbsgärtnerei" entsprechend - zu nutzen. Vor dem Hintergrund des § 30 Abs. 5 erster Satz leg. cit. sei die bloße Nützlichkeit einer bestimmten Verwendung (etwa einer bestimmten Nutztierhaltung) nicht ausreichend. Vielmehr müsse diese gerade notwendig sein, um im Allgemeinen die in Rede stehende Grundfläche ihrer Widmung gemäß nutzen und im Besonderen den erwerbsgärtnerischen Betrieb überhaupt wirtschaftlich führen zu können. Dies sei hier nicht der Fall. So sei es etwa - dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem Rechtsmittel entsprechend - durchaus auch denkbar, dass - wie ansonsten üblich -

mittels alternativen Einsatzes von Kunstdünger die Wirtschaftlichkeit des Betriebes gewährleistet wäre.

Dem den letzten Vorstellungsbescheid tragenden Aufhebungsgrund (Unangemessenheit der Leistungsfrist im Sinn des § 59 Abs. 2 AVG) sei nun durch die Bestimmung einer sechsmonatigen Leistungsfrist ausreichend Rechnung getragen worden. Innerhalb dieser (sehr großzügigen) Frist seien die zur Entsprechung der Verwendungsuntersagung nötigen Dispositionen objektiv jedenfalls möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin als in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf "Nichtuntersagung der zeitlich beschränkten Unterbringung von Schafen oder sonstigen Nutztieren in einem der auf den Grundstücken Nr. (…) bestehenden Folientunnel" verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei hat keine Gegenschrift erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 26 Z. 10 Oö. BauO 1994 (im Folgenden: BO) bedürfen Folientunnel ohne Feuerungsanlagen weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige.

§ 49 Abs. 6 BO idF LGBl. Nr. 70/1998 lautet:

"Bewilligungslose bauliche Anlagen

(...)

(6) Stellt die Baubehörde fest, dass eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jenen des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans, ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen. (...)"

§ 30 Abs. 1 bis 5 Oö. ROG 1994 (im Folgenden: ROG) idF LGBl. Nr. 115/2005 hat folgenden Wortlaut:

"Grünland

(1) Alle nicht als Bauland oder Verkehrsflächen gewidmeten Flächen sind als Grünland zu widmen.

(2) Flächen des Grünlandes, die nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, sind im Flächenwidmungsplan gesondert zu widmen.

(3) Im Grünland sind - je nach Erfordernis - insbesondere folgende Widmungen auszuweisen:

(...)

3. Erwerbsgärtnereien;

(...)

(4) Je nach Erfordernis sind überdies sonstige Widmungen im Grünland wie Flächen für land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit nicht herkömmlichen Produktionsformen (Betriebe der bodenunabhängigen Massenhaltung landwirtschaftlicher Nutztiere, Tierparks u.dgl.), Aufschüttungsgebiete, Neuaufforstungsgebiete, Abgrabungsgebiete und Ablagerungsplätze gesondert auszuweisen. Eine gesonderte Ausweisung ist ferner für den Neu- oder Zubau von Stallungen zur Haltung oder Aufzucht von landwirtschaftlichen Nutztieren in einer Entfernung von bis zu 300 m von Wohngebieten erforderlich, sofern dieser 40% der Schwellenwerte gemäß Anhang 1 Z. 43 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000), BGBl. Nr. 697/1993 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 14/2005, überschreitet. Im Grünland können auch verschiedene, einander überlagernde Widmungen zur Bestimmung der Folgenutzung ausgewiesen werden.

(5) Im Grünland dürfen nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen (Abs. 2 bis 4). (...)"

§ 40 Abs. 5 und 8 ROG idF LGBl. Nr. 115/2005 lautet:

"Schlussbestimmungen

(...)

(5) Soweit in diesem Landesgesetz, insbesondere in den §§ 21 bis 24 und 30, von der Errichtung von Bauten und Anlagen die Rede ist, ist darunter die Ausführung aller baulichen Anlagen, unabhängig von einer Bewilligungs- oder Anzeigepflicht nach der Oö. Bauordnung 1994, zu verstehen.

(...)

(8) Stellt die Baubehörde fest, dass eine bauliche Anlage nicht entsprechend diesem Landesgesetz ausgeführt wurde oder ausgeführt oder verwendet wird, hat sie - soweit nicht eine entsprechende Maßnahme nach der Oö. Bauordnung 1994 zu setzen ist -

dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, die Verwendung der baulichen Anlage zu untersagen. (...)"

Im Beschwerdeverfahren ist nicht strittig, dass die im angefochtenen Bescheid näher bezeichneten Grundstücke, worauf die gegenständlichen Folientunnel errichtet sind, mit der Widmung "Grünland-Erwerbsgärtnerei" ausgewiesen sind und jedenfalls einer der Folientunnel von der Beschwerdeführerin auch zur Unterbringung von Schafen genutzt wird. Aus dem unangefochten gebliebenen Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 3. August 2010, auf den im vorliegend angefochtenen Bescheid zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wurde, geht hervor, dass es sich bei diesen Folientunneln - wie auch die Beschwerde vorbringt - um im Sinn der BO bewilligungs- und anzeigefreie bauliche Anlagen handelt.

Die Beschwerde bringt vor, dass die Folientunnel zum Betrieb der Erwerbsgärtnerei der Beschwerdeführerin unbedingt erforderlich seien und keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften bestünden, die die Nutzung ausschlössen. Folgte man der Argumentation der belangten Behörde, dann wäre zum Beispiel auch die Unterbringung einer Kinderschaukel während des Winters in der Garage eines bewilligungskonform errichteten Wohnhauses unzulässig, weil die Einstellung anderer Gerätschaften als eines Fahrzeuges in einer PKW-Garage zwar zweckdienlich, aber "nicht unbedingt erforderlich" sei. Im Hinblick auf die Ausführungen des Sachverständigen, dass die Schafunterbringung während der Wintermonate als natürliche Dungproduktion für die Pflanzenaufzucht im Rahmen der Erwerbsgärtnerei wirtschaftlich sinnvoll sei, stelle dieses Gutachten keine taugliche Grundlage für das ausgesprochene Verbot dar. Auch aus § 30 ROG lasse sich ein Verbot der Nutztierhaltung im Grünland nicht ableiten. Weitere Gründe für das Verbot seien den Ausführungen der belangten Behörde nicht zu entnehmen.

Ferner sei die von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung des § 40 Abs. 8 ROG nicht anwendbar. Diese Gesetzesstelle gebe der Baubehörde lediglich die Möglichkeit an die Hand, nicht nur nach der BO, sondern auch nach dem ROG die Herstellung eines entsprechenden (Bau-)Zustandes zu fordern, wenn eine "bauliche Anlage" nicht entsprechend ausgeführt oder verwendet werde. Nach den eingeholten Gutachten bestünden jedoch keine baulichen Mängel, die einer Behebung bedürften. Sollte die mitbeteiligte Partei der Ansicht sein, dass die Unterbringung der Schafe in den Folientunneln gewisse bauliche Voraussetzungen erfordere - hiefür habe sich jedoch bisher kein Anhaltspunkt ergeben -, so hätte sie dies entsprechend vorschreiben müssen und erst bei Unmöglichkeit die Verwendung untersagen dürfen.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

So setzt die Erteilung eines Auftrages gemäß § 40 Abs. 8 (erster Satz) ROG - entgegen der Beschwerdeansicht - nicht zwingend voraus, dass eine bauliche Anlage mangelhaft ist. Vielmehr ist - nach dem klaren Gesetzeswortlaut - von der Baubehörde ein Auftrag nach dieser Gesetzesbestimmung auch dann zu erteilen, wenn eine (gegebenenfalls mängelfreie) bauliche Anlage nicht entsprechend dem ROG verwendet wird.

Nach der langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer "baulichen Anlage" jede Anlage zu verstehen, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 17. Februar 1978, Zl. 0741/77, und vom 31. Juli 2007, Zl. 2006/05/0236; ferner in diesem Zusammenhang auch § 2 Z. 2 Oö. Bautechnikgesetz). Dem im zweiten Rechtsgang von der mitbeteiligten Partei eingeholten bautechnischen Amtssachverständigengutachten vom 9. Februar 2010 zufolge (vgl. dazu den Vorstellungsbescheid vom 3. August 2010, auf den im nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wurde) hat ein Folientunnel (in dem sich bei der Befundaufnahme 15 Mutterschafe, 1 Bock und 20 Junglämmer befanden) ein Grundrissausmaß von ca. 50,00 m x 8,00 m und eine Höhe von ca. 3,50 m, wobei die verzinkte Tragkonstruktion in Punktfundamenten verankert ist. Die beiden weiteren Folientunnel weisen Grundrissausmaße von ca. 50,00 m x 7,00 m bzw. 30,00 m x 9,00 m und Höhen von ca. 2,90 m bzw. 4,50 m auf. Die Beschwerdeführerin zieht die Auffassung der belangten Behörde, dass es sich bei den Folientunneln um bauliche Anlagen handle, nicht in Zweifel. Diese Auffassung begegnet im Hinblick auf die Beschreibung dieser Tunnel im genannten Amtssachverständigengutachten vom 9. Februar 2010 keinem Einwand.

§ 30 Abs. 5 (erster Satz) ROG erlaubt nur die Errichtung solcher Bauten und Anlagen im Grünland, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen. "Bestimmungsgemäß" bedeutet bei der hier vorliegenden Widmung die Nutzung als Erwerbsgärtnerei; aus § 30 Abs. 2 ROG folgt, dass eine andere Nutzung, insbesondere der Land- und Forstwirtschaft, bei der gegebenen Sonderausweisung unzulässig ist.

§ 30 Abs. 5 (erster Satz) ROG fordert weiters - anders als noch das Oö. Raumordnungsgesetz 1972, das die Errichtung von Bauten und Anlagen im Grünland erlaubte, wenn diese einer bestimmungsgemäßen Nutzung "dienten" - die "Notwendigkeit" der Bauten und Anlagen für den widmungsgegenständlichen Betrieb, was einen strengeren Maßstab als jenen des "Dienens" oder der (bloßen) "Nützlichkeit" darstellt (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0291). Im vorliegenden Fall muss daher die Nutzung der Folientunnel bestimmungsgemäß - somit für den Betrieb der Erwerbsgärtnerei der Beschwerdeführerin - nötig sein. Dass die Haltung der Schafe in dem Folientunnel - so etwa zur Produktion von natürlichem Dünger - notwendig sei, legt die Beschwerde nicht schlüssig dar und ergibt sich auch nicht aus dem festgestellten Inhalt des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens. Ob - wie die Beschwerde vorbringt - die natürliche Dungproduktion für die Pflanzenaufzucht wirtschaftlich sinnvoll sei, braucht hier nicht näher untersucht zu werden, weil es für die Zulässigkeit der Nutzung der baulichen Anlage im Grünland - wie dargestellt - auf die "Notwendigkeit" im oben genannten Sinn und eben nicht auf die bloße "Nützlichkeit" oder wirtschaftliche "Zweckmäßigkeit" ankommt. Im Übrigen ist auch der in diesem Zusammenhang von der Beschwerde angestellte Vergleich mit der Lagerung einer Kinderschaukel in einer baurechtlich bewilligten Garage eines Wohnhauses nicht zielführend, und zwar bereits deshalb, weil § 30 Abs. 5 (erster Satz) ROG auf nicht im Grünland errichtete Bauten und Anlagen keine Anwendung findet.

Das mit dem Berufungsbescheid vom 21. Dezember 2010 ausgesprochene Verbot ist daher - soweit es sich auf die Folientunnelverwendung für das Halten oder den sonstigen Aufenthalt von Schafen bezieht - nicht zu beanstanden.

Weiters rügt die Beschwerde, dass im Berufungsbescheid vom 21. Dezember 2010 neben der Haltung von Schafen erstmalig die Haltung von sonstigen Nutztieren untersagt worden sei, obwohl bis zur Bescheiderlassung mit Ausnahme der Schafunterbringung keine andere "Nutztierhaltung" Gegenstand des Ermittlungsverfahrens gewesen sei. Als Nutztiere bezeichne man Tiere, die vom Menschen wirtschaftlich genützt würden, so zum Beispiel auch Marienkäfer zur Bekämpfung von Blattläusen, wenn ihre Haltung ökonomischen Zwecken diene. Insbesondere in der biologischen Landwirtschaft sei der Gebrauch von Nützlingen zur Vermeidung von Pestiziden dringend geboten, was auf Grund der Neufassung des Spruches - ohne Zugrundelegung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens - nicht möglich wäre. In der Begründung des Bescheides sei lediglich ein Satz des Gutachtens zitiert worden, welcher sich mit der Schafunterbringung während der Wintermonate befasse. Hinsichtlich weiterer Nutztiere fehle es sowohl an einem Ermittlungsverfahren als auch an einer den Spruch stützenden Begründung. Die belangte Behörde hätte daher den Spruch des Berufungsbescheides in Bezug auf das Halten oder den sonstigen Aufenthalt von sonstigen Nutztieren nicht übernehmen dürfen.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde teilweise zum Erfolg.

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG ist die Berufungsbehörde berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung - mangels einer einschränkenden Bestimmung daher auch zum Nachteil des Berufungswerbers - abzuändern, dies im Rahmen der Sache, die Gegenstand der unterinstanzlichen Entscheidung war (vgl. dazu etwa die in Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren6, zu § 66 Abs. 4 AVG E 133a ff zitierte hg. Judikatur).

Gegenstand des zum Berufungsbescheid vom 21. Dezember 2010 führenden Verwaltungsverfahrens war, dass jedenfalls in einem der auf den angeführten Grundstücken der Beschwerdeführerin im Grünland errichteten Folientunnel Schafe entgegen den Bestimmungen des ROG und somit unzulässigerweise gehalten wurden. Mit dem Berufungsbescheid vom 21. Dezember 2010 wurde nun der vom Bürgermeister der mitbeteiligten Partei mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 2. März 2009 der Beschwerdeführerin erteilte Auftrag dahin abgeändert, dass die näher bezeichneten Folientunnel (auch) nicht für das Halten oder den sonstigen Aufenthalt von "sonstigen Nutztieren" - und nicht nur von Schafen - verwendet werden dürften. Aus den Verwaltungsakten geht nicht hervor, dass der Beschwerdeführerin zur Frage der Notwendigkeit des Haltens oder Aufenthaltes von "sonstigen Nutztieren" in einem der Folientunnel vor der Erlassung dieses Berufungsbescheides Parteiengehör gewährt und mit ihr diese Frage im Verwaltungsverfahren erörtert worden sei. Damit hat die Berufungsbehörde das Berufungsverfahren mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, hätte die Beschwerdeführerin Gelegenheit gehabt, die Notwendigkeit des Haltens oder Aufenthaltes von "sonstigen Nutztieren" in einem der Folientunnel zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Dieser Verfahrensmangel wurde auch in der gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführerin gerügt.

Da die belangte Behörde - trotz diesbezüglicher Rüge in der Vorstellung - diesen Verfahrensmangel nicht aufgegriffen hat, erweist sich der angefochtene Bescheid, soweit mit ihm der genannte Berufungsbescheid in Bezug auf das Verbot des Haltens oder des sonstigen Aufenthaltes von "sonstigen Nutztieren" bestätigt wurde, als inhaltlich rechtswidrig. In diesem Umfang war er daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Im Übrigen steht der angefochtene Bescheid, wie oben dargestellt, mit dem Gesetz im Einklang, sodass die Beschwerde insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 6. September 2011

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