VwGH 2011/04/0007

VwGH2011/04/000722.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, in der Beschwerdesache der Bietergemeinschaft FGP bestehend aus 1. X Bau GmbH & Co KG, 2. Y GmbH, 3. Z GmbH und 4. A Schifffahrtsgesellschaft mbH, vertreten durch Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Bauernmarkt 2, gegen den Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 30. November 2010, Zl. N/0037-BVA/13/2010-108, betreffend vergaberechtliche Nachprüfung (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend; mitbeteiligte Partei:

Bietergemeinschaft bestehend aus 1. Q AG und 2. Q Bau-Aktiengesellschaft, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum, Dr. Peter Karlberger, Dr. Manfred Wiener, Mag. Wilfried Opetnik und Mag. Petra Rindler, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Nibelungengasse 1), den Beschluss gefasst:

Normen

AHG 1949 §11;
BVergG §129;
BVergG §135 Abs1;
BVergG 2006 §140 Abs8 idF 2006/I/17;
BVergG §2 Z45;
BVergG §2 Z48;
BVergG §2 Z49;
BVergG §320;
BVergG §325 Abs1;
BVergG §325;
BVergG §331 Abs4;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;
AHG 1949 §11;
BVergG §129;
BVergG §135 Abs1;
BVergG 2006 §140 Abs8 idF 2006/I/17;
BVergG §2 Z45;
BVergG §2 Z48;
BVergG §2 Z49;
BVergG §320;
BVergG §325 Abs1;
BVergG §325;
BVergG §331 Abs4;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde - soweit beschwerderelevant - im Nachprüfungsverfahren betreffend das Vergabeverfahren "Naturversuch Bad Deutsch-Altenburg" der via donau - W Gesellschaft m.b.H. als öffentlicher Auftraggeber, vertreten durch die vergebende Stelle Schramm Öhler Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Bartensteingasse 2 (im Folgenden: Auftraggeberin), auf Grund der Anträge der mitbeteiligten Partei die Zuschlagsentscheidung vom 20. April 2010 zugunsten der Beschwerdeführerin gemäß § 312 BVergG 2006 für nichtig erklärt (Spruchpunkt I.).

Diese Nichtigerklärung begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, bei der Bildung und Aufrechterhaltung der beschwerdeführenden Bietergemeinschaft handle es sich um eine für den Auftraggeber nachteilige, gegen den Grundsatz des Wettbewerbs verstoßende Abrede im Sinne des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, sowie Kostenersatz beantragt wurde.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

4. Die mitbeteiligte Partei verwies in ihrer Gegenschrift unter Hinweis auf ihre Äußerung zum Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung darauf, dass die vorliegende Beschwerde ihrer Ansicht nach zurückzuweisen wäre, weil das Angebot der Beschwerdeführerin bereits vom Vergabeverfahren ausgeschieden sei und die Beseitigung des angefochtenen Bescheides somit für die Beschwerdeführerin ohne objektiven Nutzen sei.

5. In der auf Grund der hg. Verfügung vom 13. April 2011 erstatteten Stellungnahme führte die Auftraggeberin aus, das Angebot der Beschwerdeführerin sei in dem nach Erlassung des angefochtenen Bescheides fortgesetzten Vergabeverfahren mit Entscheidung vom 6. Dezember 2010 ausgeschieden worden, weil die Bildung der beschwerdeführenden Bietergemeinschaft als wettbewerbswidrige Abrede im Sinne des § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG zu qualifizieren gewesen sei und weil die beschwerdeführende Bietergemeinschaft zur Begründung der Bildung ihrer Bietergemeinschaft keine bzw. keine nachvollziehbare Aufklärung im Sinn des § 129 Abs. 2 BVergG 2006 erstattet habe. Dieser Stellungnahme war die Ausscheidensentscheidung vom 6. Dezember 2010 angeschlossen.

6. Die belangte Behörde gab auf Grund der zitierten hg. Verfügung bekannt, dass ein Ausscheiden des Angebotes der Beschwerdeführerin im nach Erlassung des angefochtenen Bescheides fortgesetzten Vergabeverfahren beim Bundesvergabeamt nicht angefochten worden und auch nicht Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens vor dem Bundesvergabeamt sei. Die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen würden nur mehr theoretische Bedeutung besitzen, da es der Beschwerdeführerin auch an der Antragslegitimation für einen Feststellungsantrag gemäß § 331 BVergG 2006 fehlen würde.

7. Die Beschwerdeführerin bestätigte auf Grund der zitierten hg. Verfügung, dass das Ausscheiden ihres Angebotes nicht bekämpft worden sei.

Dennoch sei die Beschwerde ihrer Auffassung nach nicht gegenstandslos geworden. Dies deswegen, da bei einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nachgewiesen werden könne, dass die Auffassung der belangten Behörde, die Bildung der beschwerdeführenden Bietergemeinschaft wäre als Verstoß gegen § 129 Abs. 1 Z. 8 BVergG 2006 zu werten, unrichtig sei bzw. dass der belangten Behörde schwere Verfahrensmängel unterlaufen seien. Dies sei wesentliche Voraussetzung für ein allfälliges Schadenersatzverfahren bzw. Amtshaftungsverfahren der Beschwerdeführerin gegenüber der belangten Behörde bzw. dem Auftraggeber. Würde man ein rechtliches Interesse verneinen, würde dies bedeuten, dass regelmäßig kein Rechtsschutz gegen Entscheidungen des Bundesvergabeamtes oder eines unabhängigen Verwaltungssenates bestünde.

8.1. Eine Zuschlagsentscheidung kann durch Erlassung einer weiteren Zuschlagsentscheidung im selben Vergabeverfahren zurückgenommen werden, weil der Auftraggeber durch die spätere Zuschlagsentscheidung zum Ausdruck bringt, an der früheren Zuschlagsentscheidung nicht mehr festzuhalten. Wird die spätere Zuschlagsentscheidung nicht oder nicht erfolgreich bekämpft, so kommt eine Zuschlagserteilung nur mehr auf Grund der späteren Zuschlagsentscheidung in Betracht, weshalb der früheren Zuschlagsentscheidung "der Boden entzogen" wird. In einem solchen Fall könnte somit die frühere Zuschlagsentscheidung auch durch die Aufhebung des diese Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärenden Bescheides der Vergabekontrollbehörde keine Rechtswirksamkeit mehr erlangen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 25. März 2010, Zl. 2005/04/0131, mwN auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).

Gleiches gilt, wenn in einem im nach Erlassung eines beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides fortgesetzten Vergabeverfahren dieses Vergabeverfahren widerrufen und dieser Widerruf unbekämpft gelassen wird. Auch in diesem Fall kommt eine Zuschlagserteilung auf Grund der mit dem beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid für nichtig erklärten Zuschlagsentscheidung nicht mehr in Betracht, weil der zwischenzeitig erfolgte Widerruf des Vergabeverfahrens dadurch nicht unwirksam würde (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Jänner 2010, Zl. 2008/04/0153, mwN).

8.2. Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall, in dem im nach Erlassung des angefochtenen Bescheides fortgesetzten Vergabeverfahren das Angebot der Beschwerdeführerin ausgeschieden wurde und diese Ausscheidensentscheidung unbekämpft gelassen wurde:

Mit dem bestandsfesten Ausscheidens des Angebotes der Beschwerdeführerin aus dem vorliegenden Vergabeverfahren steht fest, dass eine Zuschlagserteilung auf Grund der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegenständlichen Zuschlagsentscheidung zugunsten der Beschwerdeführerin auch dann nicht mehr in Betracht kommt, wenn der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid aufhebt.

8.3. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof wäre eine wesentliche Voraussetzung für ein allfälliges Schadenersatzverfahren bzw. Amtshaftungsverfahren der Beschwerdeführerin gegenüber der belangten Behörde, ist darauf hinzuweisen, dass die Präjudizialität der Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in einem noch einzuleitenden Amtshaftungsverfahren nichts am Fehlen der Möglichkeit ändert, durch den angefochtenen Bescheid weiterhin in Rechten verletzt zu werden. Die Einstellung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens würde nämlich eine Befassung des Verwaltungsgerichtshofes weder gemäß § 11 Amtshaftungsgesetz noch gemäß § 341 Abs. 4 BVergG 2006 ausschließen (vgl. hiezu den zitierten hg. Beschluss vom 27. Jänner 2010, Zl. 2008/04/0153, mwN).

8.4. Wenn die Beschwerdeführerin darauf hinweist, die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sei eine wesentliche Voraussetzung für ein allfälliges Schadenersatzverfahren gegenüber der Auftraggeberin, ist darauf hinzuweisen, dass auch der Umstand, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides in einem Schadenersatzprozess der Beschwerdeführerin gegen die Auftraggeberin von Bedeutung sein könnte, am Fehlen der Möglichkeit nichts ändert, durch den angefochtenen Bescheid weiterhin in Rechten verletzt zu werden (vgl. auch hiezu den zitierten hg. Beschluss vom 27. Jänner 2010).

8.5. Letztlich kann auch aus § 331 Abs. 4 BVergG 2006 ein rechtliches Interesse der Beschwerdeführerin an der Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht abgeleitet werden. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit eines Feststellungsantrages (wenn ein Bescheid des Bundesvergabeamtes über den Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben wurde und vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes der Zuschlag erteilt oder das Vergabeverfahren widerrufen worden ist) kommt nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung nur jenem Unternehmer zu, der den Nachprüfungsantrag gestellt hat.

9. Aus den dargestellten Gründen war die Beschwerde wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses - ohne dass ein Fall der Klaglosstellung vorliegt - in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG und in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. etwa den bereits zitierten hg. Beschluss vom 27. Jänner 2010).

10. Im Hinblick darauf, dass die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.

Wien, am 22. Juni 2011

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