VwGH 2011/03/0051

VwGH2011/03/005126.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der H GmbH in W, vertreten durch Ebert & Huber Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Tuchlauben 11/18, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom 18. Juni 2007, Zl 611.176/0003- BKS/2007, betreffend Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms (mitbeteiligte Partei: S GmbH (vormals R GmbH) in W, vertreten durch Prochaska Heine Havranek Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Julius Raab-Platz 4; weitere Partei: Bundeskanzler), zu Recht erkannt:

Normen

PrivatradioG 2001 §10 Abs1 Z4;
PrivatradioG 2001 §2 Z6;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1 Z1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1;
PrivatradioG 2001 §9;
PrivatradioG 2001 §10 Abs1 Z4;
PrivatradioG 2001 §2 Z6;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1 Z1;
PrivatradioG 2001 §6 Abs1;
PrivatradioG 2001 §9;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Juli 2005 schrieb die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) die Übertragungskapazität "Funkstelle W 4 (Dturm) Frequenz 98,3 MHz" aus, um die sich neben der beschwerdeführenden und der mitbeteiligten Partei noch zahlreiche weitere Antragsteller bewarben.

Mit Bescheid vom 12. September 2006 wurde der mitbeteiligten Partei die Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogrammes für das Versorgungsgebiet "W 98,3 MHz" für die Dauer von zehn Jahren erteilt.

Gleichzeitig wurden die Anträge der übrigen Bewerber (darunter auch jener der beschwerdeführenden Partei) abgewiesen.

Begründend traf die KommAustria Feststellungen über die im betroffenen Versorgungsgebiet terrestrisch empfangbaren Hörfunkprogramme und über die einzelnen Antragsteller.

In Bezug auf die Gesellschaftsstruktur und die Beteiligungen an der beschwerdeführenden Partei stellte sie (ua) fest, Gesellschafter der beschwerdeführenden Partei seien zu 75,1 % die K Privatstiftung (welche von der V GmbH & Co Vermögensverwaltung KG gestiftet worden sei) und zu 24,9 % die Kr Betriebs- und BeteiligungsgmbH & Co KG (an der als Kommanditistinnen die Z GmbH und die V GmbH & Co Vermögensverwaltung KG sowie als Komplementärin die K Betriebs- und BeteiligungsgmbH beteiligt seien; Gesellschafter der letztgenannten Gesellschaft seien je zur Hälfte die V GmbH & Co Vermögensverwaltung KG und die Z GmbH).

Die beschwerdeführende Partei wolle mit der Ra BetriebsgmbH (an der über die Ku Beteiligung GmbH die Kr Betriebs- und BeteiligungsgmbH & Co KG zu 100% beteiligt sei), die über eine Zulassung zur Veranstaltung von bundesweitem privaten terrestrischem Hörfunk verfüge, in näher umschriebenen Bereichen kooperieren. Sie plane unter dem Namen "n 98.3" ein 24-Stunden-Nachrichtenprogramm inklusive Interviews, Live-Anrufershows, Diskussionssendungen und Votings zu verbreiten. Dadurch solle das Informationsbedürfnis der Wirtschafts- und Politikinteressierten rund um die Uhr gestillt und insbesondere auch mit aktueller Hintergrundinformation zu wichtigen Themen erfüllt und damit eine Lücke im Programmangebot in W geschlossen werden.

In ihrer Auswahlentscheidung (zugunsten der mitbeteiligten Partei) führte die KommAustria hinsichtlich der beschwerdeführenden Partei aus, dass deren gesellschaftsrechtliche Struktur sie vor dem Hintergrund des § 9 PrR-G (gerade noch) nicht von einer Beteiligung am gegenständlichen Verfahren ausschließe, auf die Beteiligungsverhältnisse aber bei der Beurteilung der Frage, welcher Bewerber iSd § 6 Abs 1 Z 1 PrR-G "insgesamt eine bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt biete", Bedacht zu nehmen sei. Eine wesentliche Beteiligung an mehreren Hörfunkveranstaltern im selben Verbreitungsgebiet sei im vorliegenden Fall aufgrund der Beteiligung der Kr Betriebs- und BeteiligungsgmbH & Co KG an der beschwerdeführenden Partei einerseits und (durchgerechnet) an der Ra BetriebsgmbH, die Inhaberin einer bundesweiten Hörfunklizenz sei, andererseits gegeben. Außerdem sei die beschwerdeführende Partei gesellschaftsrechtlich mit den Inhabern von Tageszeitungen verflochten, die keinen unerheblichen Einfluss auf die Meinungsbildung der österreichischen Bevölkerung bzw der Bevölkerung im gegenständlichen Versorgungsgebiet ausübten. Unter Berücksichtigung dessen sei - aus näher dargestellten Gründen - der mitbeteiligten Partei, die keine derartigen Verflechtungen aufweise, der Vorzug zu geben.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der beschwerdeführende Partei wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 6 PrR-G ab.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die KommAustria habe ausführlich dargestellt, dass die beschwerdeführende Partei aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Struktur vor dem Hintergrund des § 9 PrR-G vom Verfahren nicht prinzipiell ausgeschlossen sei. Zutreffend habe die erstinstanzliche Behörde aber dargelegt, dass eine wesentliche Beteiligung an mehreren Hörfunkveranstaltern im selben Verbreitungsgebiet in jenen Fällen, wo diese zwar nach § 9 PrR-G zulässig sei, bei Vorliegen entsprechend geeigneter anderer Zulassungswerber in der Auswahlentscheidung kritisch zu würdigen sei. Diese Beteiligung könne die beschwerdeführende Partei auch gar nicht in Abrede stellen. Die KommAustria habe gerade auch im Hinblick auf das geplante Nachrichtenprogramm insbesondere zu Recht auf die Eigentümerstruktur der beschwerdeführenden Partei und die Beteiligung der Eigentümer an anderen Hörfunkveranstaltern und an den Inhabern von Tageszeitungen Bedacht genommen. Soweit die beschwerdeführende Partei in der Berufung auf die Unabhängigkeit der Redaktion hinweise, sei festzuhalten, dass die redaktionelle Trennung nicht automatisch dazu führe, dass die Verbindung von Medien nach der Eigentümerstruktur unter dem Gesichtspunkt der Meinungsvielfalt unbeachtlich werde. Dies ergebe sich schon aus § 9 PrR-G, wonach bestimmte wechselseitige Beteiligungen von Medieninhabern unabhängig davon verpönt seien, ob die Medien auch redaktionell verbunden seien.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom 23. September 2008, B 1408/07-13, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zu Entscheidung abtrat.

Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzte die beschwerdeführende Partei ihre Beschwerde mit Schriftsatz vom 14. November 2008 und beantragte, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 6 Abs 1 Privatradiogesetz, BGBl I Nr 20/2001 idF BGBl I Nr 97/2004 (PrR-G), hat die Regulierungsbehörde bei mehreren Antragstellern um eine Zulassung, die die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 5 Abs 2 und 3 leg cit) erfüllen, dem Antragsteller den Vorrang einzuräumen, bei dem die Zielsetzungen dieses Gesetzes am besten gewährleistet erscheinen, insbesondere indem insgesamt eine bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt geboten wird sowie ein eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot zu erwarten ist oder im Fall von Spartenprogrammen im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an nach diesem Bundesgesetz verbreiteten Programmen von dem geplanten Programm ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet zu erwarten ist (Z 1) und von dem zu erwarten ist, dass das Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweist (Z 2).

Gemäß § 6 Abs 2 PrR-G ist auch zu berücksichtigen, ob einer der Antragsteller bereits bisher die zu vergebende Zulassung entsprechend dem Gesetz ausgeübt hat und bei dieser Beurteilung insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit sich daraus verlässlichere Prognosen für die Dauerhaftigkeit der Hörfunkveranstaltung ableiten lassen.

Zu dieser Bestimmung erkennt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass damit für die Auswahlentscheidung der Behörde Auswahlkriterien festgelegt werden, die ihr Ermessen determinieren. Vorgegeben ist ein variables Beurteilungsschema, das eine Quantifizierung und einen Vergleich der einzelnen Bewerber im Hinblick auf die Zielsetzung zulässt, einen leistungsfähigen und in seinem Bestand kontinuierlichen Privatradiobetrieb sicherzustellen, der Gewähr für größtmögliche Meinungsvielfalt, eines der wesentlichsten Ziele des Privatrundfunkrechtes, bietet (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 18. Februar 2009, Zlen 2005/04/0104 und 2005/04/0293, vom 29. Oktober 2008, Zl 2006/04/0155, vom 10. September 2008, Zl 2007/04/0155, vom 25. Juni 2008, Zl 2006/04/0013, vom 15. September 2006, Zl 2005/04/0050, uva).

Bei dieser Beurteilung hat die belangte Behörde zu Recht auch auf die Eigentümerstruktur der beschwerdeführenden Partei und die Beteiligung der Eigentümer an anderen Hörfunkveranstaltern und an den Inhabern von Tageszeitungen Bedacht genommen. Derartige Beteiligungen sind nicht etwa deshalb außer Acht zu lassen, weil sie gemäß § 9 PrR-G zulässig sind. Gerade aus dieser Bestimmung ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber - entsprechend dem Ziel der Sicherung der Meinungsvielfalt - wechselseitige Beteiligungen von Medieninhabern - wozu gemäß § 2 Z 6 PrR-G auch Inhaber von Tages- und Wochenzeitungen gehören - hintanhalten wollte und daher nur in einem eingeschränkten Umfang erlaubt hat. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass eine Verflechtung der Eigentümerstruktur innerhalb der absoluten Grenzen des § 9 PrR-G bei der Beurteilung des Auswahlkriteriums der insgesamt besseren Gewährleistung für eine größere Meinungsvielfalt außer Betracht zu bleiben hat (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 17. Dezember 2003, Zl 2003/04/0136, vom 30. Juni 2004, Zl 2002/04/0150, und vom 15. September 2004, Zl 2002/04/0142). Jedoch führt dies nicht dazu, dass immer jenem Bewerber der Vorzug zu geben ist, der nicht mit anderen Medieninhabern verbunden ist. Vielmehr handelt es sich dabei um einen von mehreren Umständen, der bei der Auswahlentscheidung - im Rahmen des Kriteriums der Meinungsvielfalt - zu berücksichtigen ist (vgl etwa die hg Erkenntnisse vom 15. September 2006, Zl 2005/04/0246, und vom 15. Dezember 2007, Zl 2005/04/0107).

2. Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen erweist sich die Beschwerde als nicht berechtigt.

2.1. Die beschwerdeführende Partei bestreitet die von den Behörden in Bezug auf sie festgestellte Gesellschafts- und Eigentümerstruktur nicht. Ungeachtet dessen biete sie nach ihrem Standpunkt - im Vergleich zum Programm der mitbeteiligten Partei - die Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt, weil das von ihr angebotene Programm mit einem 100%igen Wortanteil schon grundsätzlich mehr zur Meinungsvielfalt beitragen könne als ein (vorwiegendes) Musikprogramm. Angesichts des in der W Radiolandschaft extrem unterversorgten "Textmarktes" und eines schon gesättigten "Musikmarktes" wäre dem Konzept mit Sprachschwerpunkt der Vorzug zu geben gewesen. Die Behörden hätten auch missverstanden, dass das von der beschwerdeführenden Partei geplante Programm nur dann umgesetzt werden könne, wenn man bei der Organisation (und nicht bei der Meinungsvielfalt) Synergien suche. So erkläre sich die Kooperation mit "BetriebsgmbH". Eine Redaktion wie jene der beschwerdeführenden Partei, die so aufwendig für eigenständige Recherchearbeit ausgestattet worden wäre, müsse für jeden objektiven Beobachter auch ein größeres Informationsangebot iSd § 6 Abs 1 Z 2 PrR-G erwarten lassen.

2.2. Dem ist zu erwidern, dass allein der höhere Wortanteil des Programms nicht zwingend auf einen größeren Beitrag zur Meinungsvielfalt im betroffenen Versorgungsgebiet schließen lässt. Selbst wenn der beschwerdeführenden Partei zugestanden wird, dass ein 24 stündiges Informationsprogramm (für Wirtschaft- und Politikinteressierte) grundsätzlich geeignet ist, in diesem Bereich die Grundlagen für "ausgereifte Entscheidungen am Ende des Meinungsbildungsprozesses" (so die Beschwerde) zu schaffen, lässt sich der Beitrag eines solchen Programms zur Meinungsvielfalt insgesamt nur nach dem Inhalt der vermittelten Informationen beurteilen. Im selben Ausmaß, in dem ein derartiges Informationsprogramm zur Meinungsvielfalt beitragen kann, besteht bei einer inhaltlichen Beeinflussung dieses Programms nämlich auch die Gefahr, den gewünschten Effekt (Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt) ins Gegenteil zu verkehren.

Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie die (mögliche) inhaltliche "Meinungskonzentration" durch die Verflechtungen der beschwerdeführenden Partei mit anderen Medieninhabern als wichtiges Auswahlkriterium wertete und in einer Gesamtbeurteilung (auch unter diesem Aspekt) der mitbeteiligten Partei den Vorzug gab.

Dass allein die redaktionelle Trennung ("eigenständige Recherchen") bei gleichzeitiger Kooperation mit einem anderen Hörfunkveranstalter nicht von vornherein geeignet ist, Bedenken hinsichtlich der möglichen Beeinflussung auszuräumen, wurde in der hg Rechtsprechung - mit näherer Begründung - bereits erläutert (vgl auch dazu etwa das hg Erkenntnis vom 17. Dezember 2003, Zl 2003/04/0136).

2.3. Soweit die beschwerdeführende Partei geltend macht, das tatsächlich gesendete Programm der mitbeteiligten Partei entspreche (nach einer Analyse vom 1. Juli 2008) nicht jenem, das für die Zulassungsentscheidung zu ihren Gunsten maßgeblich gewesen sei, ist darauf zu verweisen, dass dieser (erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides hervorgekommene) Umstand - sollte er zutreffen - im Rahmen eines Verfahrens nach § 28 PrR-G Beachtung finden könnte. Für die gegenständliche Entscheidung kommt ihm hingegen keine Relevanz zu.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 26. April 2011

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