VwGH AW 2011/03/0032

VwGHAW 2011/03/003212.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Österreichischen Post AG in Wien, vertreten durch C Rechtsanwälte GmbH, der gegen den Bescheid der Post-Control-Kommission vom 25. Juli 2011, Zl PR 2/11-11, betreffend Aufsichtsmaßnahmen nach dem Postmarktgesetz, erhobenen und zur hg Zl 2011/03/0192 protokollierten Beschwerde (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie) die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

31997L0067 Postdienste-RL Art22 Abs3;
EURallg;
PostmarktG 2009 §50 Abs1 Z2;
PostmarktG 2009 §51 Abs3;
VVG §5;
VwGG §30 Abs2;
31997L0067 Postdienste-RL Art22 Abs3;
EURallg;
PostmarktG 2009 §50 Abs1 Z2;
PostmarktG 2009 §51 Abs3;
VVG §5;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1. Gemäß § 30 Abs 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei gemäß § 50 Abs 1 Z 2 iVm § 51 Abs 3 Postmarktgesetz (PMG) aufgefordert, hinsichtlich näher genannter Produktgruppen bestimmte "Produkte bzw (Entgelt)bestandteile" in den jeweiligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen "eindeutig als Universaldienstleistungen zu kennzeichnen sowie die sich daraus ergebenden Änderungen der diesbezüglichen AGB inklusive Produkt- und Preisverzeichnisse der Regulierungsbehörde gemäß § 20 Abs 1 PMG bis spätestens 26.09.2011, einlangend bei der Behörde, anzuzeigen".

3. In der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde beantragt die beschwerdeführende Partei die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

4. Begründend führt die beschwerdeführende Partei zunächst aus, dass die zu ihrer Vertretung nach außen berufenen Organe bei Nicht-Befolgung der bescheidmäßig verfügten Anordnung eine Verwaltungsübertretung begehen würden; diese sei mit Geldstrafe bis zu EUR 30.000 bedroht, wofür die beschwerdeführende Partei zur ungeteilten Hand haften würde. Nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei liege bereits in der Androhung der Verwaltungsstrafen durch die Nicht-Beachtung des bescheidmäßigen Auftrages ein unverhältnismäßiger Nachteil. Die beschwerdeführende Partei trage einseitig das Risiko der Bestrafung einschließlich der mit der Führung der Verwaltungsstrafen verbundenen Kosten, bis überhaupt geklärt sei, ob sich "die Beschwerdeführerin" (gemeint wohl: deren zur Vertretung nach außen berufene Organe oder allenfalls bestellte verantwortliche Beauftragte) einer Verwaltungsübertretung schuldig gemacht habe.

Dieses - in der Folge noch näher ausgeführte - Vorbringen der beschwerdeführenden Partei zu den ihrer Ansicht nach drohenden Verwaltungsstrafverfahren bei Nichtbefolgung der sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebenden Verpflichtungen verkennt, dass sich diese Nachteile durch ein dem angefochtenen Bescheid entsprechendes Verhalten vermeiden lassen (vgl etwa den hg Beschluss vom 26. Juni 2009, Zl AW 2009/06/0023).

5. Dasselbe gilt für die von der beschwerdeführenden Partei weiters behaupteten Nachteile, die sich aus "etwaigen nachfolgenden Zwangs- oder Beugestrafen gemäß § 5 VVG" ergeben würden. Auch diese Nachteile lassen sich dadurch vermeiden, dass die beschwerdeführende Partei den im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Verpflichtungen nachkommt.

Im Übrigen wird von der beschwerdeführenden Partei im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht einmal behauptet, dass ihr allenfalls aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen ein bescheidkonformes Vorgehen nicht möglich wäre.

6. Die beschwerdeführende Partei macht geltend, dass die Erfüllung des angeordneten Auftrags zu "nicht unerheblichen Kosten" für sie führe; die Gesamtsumme der von ihr für die Umsetzung des angefochtenen Bescheides aufzuwendenden Kosten würde EUR 507.000,-- betragen.

Dazu ist festzuhalten, dass es, um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua den hg Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg Nr 10.381/A) erforderlich ist, dass der Beschwerdeführer schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen.

Im Sinne der Grundsätze dieses Beschlusses erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl den hg Beschluss vom 28. März 2006, Zl AW 2006/03/0021).

Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei fehlt es aber an der notwendigen Konkretisierung durch Darstellung ihrer gesamten wirtschaftlichen Situation, weshalb dem Antrag schon aus diesem Grunde nicht stattzugeben war.

7. Die beschwerdeführende Partei weist schließlich darauf hin, dass es sich beim angefochtenen Bescheid um eine Maßnahme in Durchführung des Unionsrechts handle und das unionsrechtliche Gebot des effektiven Rechtsschutzes zu beachten sei. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Beschluss vom 29. April 2005, C-404/04 , Technische Glaswerke Ilmenau) könne der Richter vorläufige Maßnahmen treffen, wenn ihre Notwendigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht worden sei und wenn feststehe, dass sie in dem Sinne dringlich seien, dass sie zur Verhinderung eines schweren und nicht wieder gutzumachenden Schadens für die Interessen des Antragstellers bereits vor der Entscheidung der Hauptsache erlassen werden müssten. Auch Art 22 Abs 3 "Post-RL" (gemeint: Richtlinie 97/67EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl L 15 vom 21. Jänner 1998, 14, in der Fassung der Richtlinie 2008/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 97/67/EG im Hinblick auf die Vollendung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft, ABl L 52 vom 27. Februar 2008, 3) sehe vor, dass die Beschwerdeinstanz anordnen könne, dass die Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde nicht in Kraft bleibe.

Auch dazu ist festzuhalten, dass die beschwerdeführende Partei den von ihr behaupteten Schaden gerade nicht - durch Darlegung der gesamten wirtschaftlichen Situation - ausreichend konkretisiert hat. Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um einen im Sinne der zitierten Rechtsprechung des EuGH schweren Schaden handeln würde, sodass die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch aus diesem Grunde nicht in Betracht kommt.

Zur RL 97/67/EG ist darauf hinzuweisen, dass das Rechtsbehelfsverfahren nach Art 22 die Kompetenzverteilung in den nationalen Rechtssystemen und die Rechte juristischer oder natürlicher Personen nach nationalem Recht unberührt lässt (vgl Erwägungsgrund 49 zur RL 2008/06/EG , in dem auch ausgeführt wird, dass es notwendig sei, "bis zum Abschluss dieser Verfahren die einstweilige Geltung der Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörden sicherzustellen, um Rechts- und Marktsicherheit zu gewährleisten."). Die Regelung über die Zuerkennung aufschiebender Wirkung in § 30 VwGG steht auch im Einklang mit der Anordnung in Art 22 Abs 3 der RL 97/67/EG , wonach bis zum Abschluss eines Beschwerdeverfahrens die Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde in Kraft bleibt, sofern nicht die Beschwerdeinstanz anders entscheidet.

8. Da die beschwerdeführende Partei daher einen ihr entstehenden unverhältnismäßigen (wirtschaftlichen) Nachteil nicht durch Darlegung ihrer gesamten wirtschaftlichen Situation ausreichend konkretisiert hat und die behaupteten Nachteile aus Verwaltungsstrafverfahren sowie aus Zwangs- und Beugestrafen wegen Nichtumsetzung des angefochtenen Bescheides nicht aus dem Vollzug des angefochtenen Bescheides resultieren (sondern allenfalls aus der Nichteinhaltung der darin getroffenen Anordnungen), war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattzugeben.

Wien, am 12. September 2011

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