VwGH 2011/02/0127

VwGH2011/02/012719.7.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Beck, Dr. Köller und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der Vorarlberger Landesregierung gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 14. März 2011, Zl. UVS-1-664/E1-2010, betreffend Übertretungen des Vorarlberger Spielapparategesetzes (mitbeteiligte Partei: A G in S, vertreten durch Mag. Alexander Wirth, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Neustadt 8/I), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z4;
B-VG Art15 Abs1;
B-VG Art15 Abs3;
GSpG 1989 §2 Abs2 idF 1997/I/069;
GSpG 1989 §2 Abs3 idF 2010/I/073;
GSpG 1989 §4 Abs2 idF 2001/I/059;
SpielapparateG Vlbg §1 Abs5;
VwRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z4;
B-VG Art15 Abs1;
B-VG Art15 Abs3;
GSpG 1989 §2 Abs2 idF 1997/I/069;
GSpG 1989 §2 Abs3 idF 2010/I/073;
GSpG 1989 §4 Abs2 idF 2001/I/059;
SpielapparateG Vlbg §1 Abs5;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B. (kurz: BH) vom 14. Juni 2010 wurde der Mitbeteiligte für schuldig befunden, er habe als gemäß § 9 VStG Verantwortlicher (handelsrechtlicher Geschäftsführer) eines näher genannten Unternehmens zu verantworten, dass von diesem Unternehmen am 21. Oktober 2009 um

13.30 Uhr an einem näher genannten Standort drei näher bezeichnete Geldspielapparate betrieben worden seien, obwohl das Betreiben von Geldspielapparaten in Vorarlberg verboten sei. Er habe dadurch Übertretungen des Vorarlberger Spielapparategesetzes begangen, weshalb über ihn drei Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. März 2011 wurde der Berufung des Mitbeteiligten Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, es sei strittig, ob es sich bei den im Lokal aufgestellten Apparaten um Glücksspielapparate bzw. Glücksspielautomaten im Sinne des § 2 Abs. 2 und 3 GSpG handle. Nur bei einer Bejahung dieser Frage könnten auch die entsprechenden Bestimmungen des Vlbg. Spielapparategesetzes zur Anwendung kommen.

Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 2009, Zl. 2009/17/0147, sei es um die Durchführung von Spielen an als "Internet-Terminals" bezeichneten Geräten gegangen. Diese Geräte seien mit einem auf Malta positionierten Rechner verbunden gewesen. Das Spielergebnis sei durch die Rechenvorgänge dieses Rechners ermittelt und nach Österreich an das Endgerät übermittelt worden. Der Verwaltungsgerichtshof habe ausgeführt, dass das Ergebnis der Spiele in diesem Fall "zentralseitig" herbeigeführt worden sei. Daher könne ein Glückspielapparat nach § 2 Abs. 2 GSpG nicht vorliegen.

Auch im vorliegenden Fall werde das Ergebnis "zentralseitig" herbeigeführt. Die Apparate enthielten keine sogenannte "Multigameplatine"; sie seien mit einer in der Steiermark befindlichen Plattform ("Game-Server") verbunden. Bei diesem Server werde die Entscheidung über Gewinn und Verlust getroffen. Eine "jackpot-mäßige" Vernetzung der Apparate über den Server finde nicht statt. Es könne somit nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den gegenständlichen Apparaten um Glückspielapparate im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG bzw. um Glückspielautomaten im Sinne des § 2 Abs. 3 GSpG handle; es würden daher auch keine Spielapparate bzw. Geldspielapparate im Sinne des Spielapparategesetzes vorliegen. Nur insoweit § 4 Abs. 2 GSpG für die vom Monopol erfassten Glückspiele eine Ausnahme vorsehe, könne der Landesgesetzgeber die von ihm für erforderlich erachteten Regelungen zur Abwehr der Gefahren des Glücksspieles treffen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. März 2000, Zl. 99/05/0114). Es sei daher das Straferkenntnis der BH aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Gegen diesen Bescheid richtete sich die vorliegende Amtsbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Darin wird u. a. ausgeführt, es liege keine "zentralseitige" Herbeiführung der Entscheidung i.S.d. Glücksspielgesetzes vor, weil es immer nur um ein konkretes, bei einem einzelnen Apparat ablaufendes Spiel gehe. "Zentral" bedeute "im Mittelpunkt (gelegen)". Von einem "Mittelpunkt" könne nur gesprochen werden, wenn ein Bezug zu mindestens zwei (anderen) Objekten (hier: Spielapparate) bestehe. Eine solche Verbindung bestehe im gegenständlichen Fall nicht, weil die einzelnen Spielapparate oder Terminals sich nur desselben Servers bedienten, der insoweit jeweils (nur) Teil des einzelnen Spielapparates sei; untereinander hätten aber die einzelnen Spielapparate "nichts miteinander zu tun". Eine zentralseitige Herbeiführung der Entscheidung würde im gegenständlichen Fall nur dann vorliegen, wenn ein und dieselbe Entscheidung beim Server für Spiele an mehreren verschiedenen Spielapparaten maßgeblich wäre. Dies wäre auch bei einer - hier nicht vorliegenden - "Jackpotmäßigen" Vernetzung mehrerer Apparate der Fall. Es liege auch keine elektronische Lotterie i.S.d. § 12a GSpG vor, weil insbesondere das dafür geforderte Merkmal fehle, dass "der Spielvertrag über elektronische Medien" abgeschlossen werde. Tatsächlich seien zwar elektronische Medien in das spielerische Geschehen einbezogen, der Spielvertrag aber werde zwischen dem Spieler und dem Unternehmer (Betreiber des Apparates) im Lokal abgeschlossen. Es liege diesbezüglich eine Realofferte vor, ähnlich wie bei einem Getränkeautomaten. Dagegen stelle bei einer elektronischen Lotterie i.S.d. § 12a GSpG die Homepage eines Internetanbieters der Spiele das Anbot oder die Aufforderung an den Homepage-Leser zur Offertelegung dar und es werde hier der Spielvertrag über ein elektronisches Medium abgeschlossen.

Da die belangte Behörde nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei den § 2 GSpG nicht richtig angewendet und den Bescheid der BH aufgehoben habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Der Mitbeteiligte gab eine Äußerung ab und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 1 Abs. 2 des Vorarlberger Spielapparategesetzes, LGBL. Nr. 23/1981 i.d.g.F. sind Spielapparate im Sinne dieses Gesetzes Vorrichtungen, die zur Durchführung von Spielen bestimmt sind und gegen Entgelt betrieben werden.

Gemäß § 1 Abs. 3 leg. cit. sind Geldspielapparate im Sinne dieses Gesetzes Spielapparate, mit denen um vermögenswerte Gewinne oder Verluste gespielt wird. Ob die Entscheidung über Gewinn oder Verlust ausschließlich oder überwiegend vom Zufall oder von der Geschicklichkeit des Spielers abhängt oder ob der Gewinn vom Geldspielapparat selbst oder auf andere Weise ausgefolgt wird, ist unerheblich. Spielapparate, die nach ihrer Art und Beschaffenheit eine Verwendung als Geldspielapparate erwarten lassen, gelten selbst dann als solche, wenn in Hinweisen und Ankündigungen die Erzielung eines Gewinnes ausgeschlossen wird.

Nach § 1 Abs. 5 erster Satz leg. cit. gilt dieses Gesetz für Ausspielungen, die auf Grund von Bundesgesetzen auf dem Gebiet des Monopolwesens dem Bund vorbehalten sind, insoweit nicht, als die erwähnten Bundesgesetze eine landesgesetzliche Regelung ausschließen.

Gemäß § 2 Abs. 1 leg. cit. dürfen Spielapparate nur mit Bewilligung der Bezirkshauptmannschaft aufgestellt oder betrieben werden.

Nach § 4 leg. cit. sind die Aufstellung oder der Betrieb von Geldspielapparaten sowie von Spielapparaten, die eine verrohende Wirkung ausüben oder das sittliche Empfinden verletzen, verboten.

§ 9 Abs. 1 leg. cit. lautet:

"1) Eine Übertretung begeht, wer

a) einen Spielapparat entgegen diesem Gesetz oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Anordnung aufstellt oder betreibt,

b) einer Verpflichtung gemäß §§ 2 Abs. 13, 5 oder 6 Abs. 1 und 2 nicht nachkommt oder eine Überprüfung gemäß § 6 Abs. 2 behindert oder

c) einer Person einen Geldspielapparat zur Aufstellung oder zum Betrieb in Vorarlberg überlässt, auch wenn der Ort der Übergabe außerhalb Vorarlbergs gelegen ist."

Gemäß § 2 Abs. 1 des Glücksspielgesetzes (GSpG), BGBl. 620/1989, sind Ausspielungen Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine vermögensrechtliche Gegenleistung in Aussicht stellt.

Nach § 2 Abs. 2 GSpG i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 69/1997 liegt eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst, also nicht zentralseitig, herbeigeführt oder zur Verfügung gestellt wird.

Gemäß § 2 Abs. 3 GSpG i.d.F. vor der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 ist ein Glücksspielautomat ein Glücksspielapparat, der die Entscheidung über Gewinn und Verlust selbsttätig herbeiführt oder den Gewinn selbsttätig ausfolgt.

Nach § 3 GSpG ist das Recht zur Durchführung von Glücksspielen, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).

Gemäß § 4 Abs. 2 GSpG in der hier noch anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 59/2001 (Tatzeitpunkt 21.10.2009) unterliegen Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten nicht dem Glücksspielmonopol, wenn

1. die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 0,50 Euro nicht übersteigt und

2. der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 20 Euro nicht übersteigt.

Nur insoweit die im Beschwerdefall maßgebliche Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2 GSpG für die vom Monopol erfassten Glücksspiele eine Ausnahme vorsieht, kann der Landesgesetzgeber die von ihm für erforderlich erachteten Regelungen zur Abwehr der Gefahren des Glücksspiels treffen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2000, Zl. 99/05/0114, m. w.N.). Dieser Kompetenzrechtslage hat auch das Vorarlberger Spielapparategesetz im § 1 Abs. 5 erster Satz leg. cit. Rechnung getragen und ausdrücklich angeordnet, dass dieses Gesetz für Ausspielungen, die auf Grund von Bundesgesetzen auf dem Gebiet des Monopolwesens dem Bund vorbehalten sind, insoweit nicht gilt, als die erwähnten Bundesgesetze eine landesgesetzliche Regelung ausschließen.

Ausspielungen mit Glücksspielautomaten, für die eine entsprechende Ausnahme vom Glücksspielmonopol des Bundes in § 4 Abs. 2 GSpG vorgesehen ist, können daher vom Landesgesetzgeber näher geregelt werden, wobei die Glücksspielautomaten, die definitionsgemäß auch Glücksspielapparate sind (vgl. § 2 Abs. 3 GSpG), gleichfalls die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch den Apparat selbst herbeizuführen oder zur Verfügung zu stellen haben.

Eine Ausspielung mittels eines Glücksspielapparates liegt nach § 2 Abs. 2 GSpG nur dann vor, wenn die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung durch den Apparat selbst, also nicht zentralseitig, herbeigeführt oder zur Verfügung gestellt wird.

Eine "zentralseitige" Entscheidung über Gewinn und Verlust liegt nicht vor, wenn diese durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung "durch den Apparat selbst" erfolgt (vgl. § 2 Abs. 2 GSpG). Im Gegensatz zu den Beschwerdeausführungen stellt jedoch der Gesetzgeber hinsichtlich des Begriffes "zentralseitig" nicht darauf ab, dass etwa eine Verbindung zu mindestens zwei (anderen) Spielapparaten bestehen müsste, die miteinander in einer gewissen Verbindung stehen.

Unbestritten ist, dass die gegenständlichen Apparate die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 2 GSpG erfüllten. Ferner ist unbestritten, dass die gegenständlichen Apparate keine sogenannte "Multigameplatine" enthielten und mit einer in der Steiermark befindlichen Plattform ("Game-Server") verbunden waren und auf diesem Server die Entscheidung über Gewinn und Verlust getroffen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Fällen, in denen Geräte mit einem ausgelagerten Rechner, der die Entscheidung über das Spielergebnis herbeiführt, verbunden sind, ausgeführt, dass in einem solchen Fall das Spielergebnis "zentralseitig" herbeigeführt wird. Es liegt in einem solchen Fall daher auch weder ein Glücksspielapparat nach § 2 Abs. 2 GSpG, noch ein Glücksspielautomat nach § 2 Abs. 3 GSpG vor (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. November 2009, Zl. 2009/17/0147, und vom 10. Mai 2010, Zl. 2009/17/0202).

Der vorliegende Beschwerdefall unterscheidet sich auch von jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 20. März 2009, Zl. 2008/02/0359, zugrunde lag, schon dadurch, dass in jenem Fall die Spielapparate jeweils mit einer Multigame-Platine ausgestattet waren und somit die Entscheidung über Gewinn und Verlust durch den Apparat selbst getroffen werden konnte. Im vorliegenden Beschwerdefall wurde jedoch die Spielentscheidung über Gewinn und Verlust auf einen ausgelagerten Server übertragen, sodass im Sinne der vorzitierten hg. Judikatur eine "zentralseitige" Entscheidung im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG gegeben war.

Die belangte Behörde ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass es sich bei den gegenständlichen Apparaten nicht um Glücksspielapparate im Sinne des § 2 Abs. 2 bzw. um Glücksspielautomaten im Sinne des § 2 Abs. 3 GSpG handelt, weshalb auch keine Spielapparate bzw. Geldspielapparate im Sinne des Vorarlberger Spielapparategesetzes vorliegen (vgl. die in § 1 Abs. 5 erster Satz des Vlbg. Spielapparategesetzes enthaltene Einschränkung) und daher eine Bestrafung des Mitbeteiligten zu Unrecht erfolgt ist.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 19. Juli 2011

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