VwGH 2010/21/0415

VwGH2010/21/04155.7.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, in der Beschwerdesache des A, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen das als Ladungsbescheid bezeichnete Schriftstück der Bundespolizeidirektion Wien vom 31. August 2010, Zl. III- 848163/FrB/10, in einer Angelegenheit nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §19 Abs3;
AVG §56;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §19 Abs3;
AVG §56;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §74 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sri Lanka, reiste am 18. November 1995 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 22. März 1996 erstmals erfolglos die Gewährung von Asyl. Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 10. April 2007 wies der unabhängige Bundesasylsenat einen weiteren Asylantrag vom 18. September 2001 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 31. August 2007, Zl. AW 2007/20/0789, gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt und ausgesprochen hat, dass dem Beschwerdeführer wieder die Rechtsstellung als Asylwerber zukomme, wobei im Besonderen jede Zurück- oder Abschiebung aus Österreich für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig sei. Die Behandlung der erwähnten, zu Zl. 2007/20/1229 protokollierten Beschwerde wurde mit Beschluss vom 16. Dezember 2010 abgelehnt.

Mit der hier gegenständlichen, als Ladungsbescheid bezeichneten Erledigung der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 31. August 2010 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, am 4. Oktober 2010, um 10.00 Uhr, zum Fremdenpolizeilichen Büro zu kommen, um in der Angelegenheit "Sicherung der notwendigen Ausreise - Verhängung des gelinderen Mittels" als Partei mitzuwirken. Dabei seien der vorliegende "Ladungsbescheid", ein amtlicher Lichtbildausweis, der Reisepass sowie vier Lichtbilder mitzubringen. Es sei erforderlich, dass der Beschwerdeführer persönlich in das Amt komme. Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes wurde die Erlassung eines Festnahmeauftrages gemäß § 74 Abs. 2 Z. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG angedroht. Als weitere Rechtsgrundlagen wurden § 19 AVG und § 77 Abs. 4 FPG angeführt.

Gegen diese Erledigung vom 31. August 2010 richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Ladung grundsätzlich nur eine das Verfahren betreffende Anordnung, der aber unter gewissen Voraussetzungen kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes der Charakter eines Bescheides eingeräumt ist. Voraussetzung dafür ist, dass im Fall des ungerechtfertigten Ausbleibens des Vorgeladenen an die Ladung kraft Gesetzes unmittelbar Rechtsfolgen geknüpft sind, etwa dass diese einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel - nämlich den Titel für die Vollstreckung einer Zwangsstrafe oder der zwangsweisen Vorführung -

bildet. Die Vollstreckung der zwangsweisen Vorführung oder einer Zwangsstrafe ist gemäß § 19 Abs. 3 AVG (neben weiteren Voraussetzungen) nur zulässig, wenn sie in der Vorladung angedroht war (vgl. zuletzt etwa den hg. Beschluss vom 19. Mai 2011, Zl. 2010/21/0001, mwN).

Im vorliegenden Fall wurde in der Ladung keine der im § 19 Abs. 3 AVG genannten Rechtsfolgen, sondern ausschließlich die Erlassung eines Festnahmeauftrages gemäß § 74 Abs. 2 Z. 2 FPG angedroht. Nach dieser Bestimmung (in der hier noch anzuwendenden Fassung vor dem FrÄG 2011) kann gegen einen Fremden ein Festnahmeauftrag erlassen werden, "wenn er seiner Verpflichtung zur Ausreise (§ 67, § 10 AsylG 2005) nicht nachgekommen ist".

Die Erlassung des hier konkret angedrohten Festnahmeauftrages knüpft demnach, anders als etwa im Fall des § 74 Abs. 2 Z. 4 FPG (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 24. Februar 2011, Zl. 2010/21/0422), nicht unmittelbar an die Nichtbefolgung der Ladung an. Da die hier angefochtene Ladung somit im Fall des ungerechtfertigten Ausbleibens keine unmittelbar aus dem Gesetz resultierenden Rechtsfolgen nach sich zöge, für deren Vollstreckung schon diese Ladung einen rechtskräftigen Titel bilden würde, kann sie nur als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt (vgl. dazu allgemein etwa Hengstschläger/Leeb, AVG, § 19 Rz 5 und 22, mwN).

Daran vermag weder die Überschrift "Ladungsbescheid" noch die in der Erledigung enthaltene Androhung einer mittelbaren Zwangsfolge nach § 74 Abs. 2 Z. 2 FPG noch der Hinweis auf die Möglichkeit, gegen "den Bescheid" Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, etwas zu ändern.

Eine der Voraussetzungen für die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist jedenfalls die Existenz eines anfechtbaren Bescheides. Da ein solcher nach dem Gesagten nicht vorliegt, war es - ungeachtet des in der genannten Erledigung vom 31. August 2010 enthaltenen anders lautenden Hinweises - auch nicht möglich, dagegen zulässigerweise Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu führen (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 19. Mai 2011, Zl. 2010/21/0001 und Zl. 2011/21/0021).

Die dennoch erhobene Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.

Aufwandersatz gebührt in Fällen wie dem vorliegenden nicht (vgl. dazu ausführlich etwa den hg. Beschluss vom 24. Februar 2011, Zl. 2010/21/0422, mwN).

Wien, am 5. Juli 2011

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