VwGH 2010/17/0252

VwGH2010/17/025228.2.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und den Hofrat Dr. Köhler sowie die Hofrätin Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der MR in S, vertreten durch Dr. Bernhard Gumpoldsberger, Rechtsanwalt in 4642 Sattledt, Schulstraße 8, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats im Land Niederösterreich vom 24. September 2010, Zl. Senat-LF-10-2000/2, betreffend Abänderung eines Strafbescheids in Angelegenheiten Marktordnung gemäß § 52a VStG, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
VStG §52a Abs1;
VStG §52a;
AVG §45 Abs3;
VStG §52a Abs1;
VStG §52a;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. Mai 2010, Zl. Senat-LF-10-2000, wurde die Beschwerdeführerin wegen einer Übertretung des "§ 117 Abs. 1 Z 3 des Marktordnungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 210, idgF" bestraft. Die belangte Behörde ersetzte mit diesem Berufungsbescheid die von der Behörde erster Instanz zitierte Strafnorm (§ 21 Abs. 1 des Vermarktungsnormengesetzes) durch die Zitierung des § 117 Abs. 1 Z 3 MOG 1985. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid die zur hg. Zl. 2010/17/0126 protokollierte Beschwerde. Nachdem die belangte Behörde mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juli 2010 betreffend die Einleitung des Vorverfahrens in jenem Verfahren auch ersucht wurde, zur Frage der Geltung des des Marktordnungsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 210, im Tatzeitraum Stellung zu nehmen, erging der hier angefochtene Bescheid vom 24. September 2010, mit welchem die belangte Behörde den Bescheid vom 26. Mai 2010 gemäß § 52a Abs. 1 VStG dahingehend abändert, dass der Spruch des Bescheides wie folgt zu lauten habe:

"Der Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, keine Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird jedoch insoweit abgeändert, als die Angabe 'des Vermarkungsnormengesetzes' in der Tatbeschreibung richtig 'des Marktordnungsgesetzes 2007' zu lauten hat; weiters haben die Angaben '§ 21 Abs. 1 Punkt 1 des Vermarkungsnormengesetzes - VNG, BGBl. Nr. 68/2007' bezüglich der Übertretungsnorm und '§ 21 Abs. 1 Punkt VNG' bezüglich der Strafnorm jeweils wie folgt zu lauten:

'§ 30 Abs. 1 Z 4 des Marktordnungsgesetzes 2007, BGBl. I Nr. 55/2007'."

Weiters wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG verpflichtet, EUR 20,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

1.3. Die belangte Behörde hat (im Verfahren zur hg. Zl. 2010/17/0126) die Verwaltungsakten vorgelegt und im hier vorliegenden Verfahren eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 52a VStG lautet:

"§ 52a

(1) Von Amts wegen können der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

§ 68 Abs. 7 AVG gilt sinngemäß."

2.2. Nach herrschender Lehre bedeutet die Wendung "zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt", dass § 52a Abs. 1 VStG nur eine begünstigende Änderung eines rechtskräftigen Straferkenntnisses ermöglicht (Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 533; Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4, 569). § 52a VStG erlaubt hingegen nicht generell eine Berichtigung eines rechtskräftigen Straferkenntnisses in jeder Richtung. Die belangte Behörde verkennt mit ihrem Hinweis auf die hg. Rechtsprechung zur Befugnis der Berufungsbehörde, nur eine Richtigstellung der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift in der Berufungsentscheidung vorzunehmen, dass die Entscheidungsbefugnis des unabhängigen Verwaltungssenats gemäß § 24 VStG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG von der hier vorliegenden Frage zu unterscheiden ist, unter welchen Voraussetzungen eine Berichtigung eines rechtskräftigen Berufungsbescheides gemäß § 52a Abs. 1 VStG erfolgen kann.

2.3. Der Beschwerde ist im Ergebnis auch dahingehend zu folgen, dass eine Verletzung des Parteiengehörs vorliegt, weil auch zur Frage der Abänderung gemäß § 52a VStG Parteiengehör einzuräumen gewesen wäre (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 27. Jänner 1999, Zl. 97/04/0070, und vom 19. Dezember 2006, Zl. 2004/03/0222). Die Ausführungen in der Gegenschrift der belangten Behörde zur Einräumung des Parteiengehörs im zu Grunde liegenden Strafverfahren gehen daher ebenfalls an der Sache vorbei.

2.4. Da somit die Voraussetzungen für eine Abänderung des Strafbescheides vom 26. Mai 2010 gemäß § 52a Abs. 1 VStG nicht vorlagen, belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. Februar 2011

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