VwGH 2010/16/0078

VwGH2010/16/007827.1.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, in der Beschwerdesache der P GmbH und der Pr GmbH, beide in W, beide vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Korneuburg vom 8. März 2010, Zl. Jv 4285/09h-33a, betreffend Gerichtsgebühren, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
BAO §289 Abs2;
BAO §293;
BAO §299;
GEG §6;
GEG §7 Abs4a;
GEG §7;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
AVG §62 Abs4;
AVG §66 Abs4;
BAO §289 Abs2;
BAO §293;
BAO §299;
GEG §6;
GEG §7 Abs4a;
GEG §7;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren wird eingestellt.

Aufwandersatz wird nicht zugesprochen.

Begründung

Mit Zahlungsaufträgen vom 19. Oktober 2009 schrieb der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes S den beschwerdeführenden Gesellschaften m.b.H. (Beschwerdeführerinnen) Eintragungsgebühr nach TP 9 lit. b GGG in Höhe von 82.781 EUR (Erstbeschwerdeführerin) und 89.968 EUR (Zweitbeschwerdeführerin) zuzüglich Einhebungsgebühr von jeweils 9 EUR zur Zahlung vor.

Die belangte Behörde wies den dagegen erhobenen Berichtigungsantrag ab, berichtigte aber die mit den Zahlungsaufträgen vorgeschriebene Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG auf jeweils 8 EUR und die Eintragungsgebühr hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin auf 82.782 EUR.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerinnen die Höhe der von der belangten Behörde herangezogenen Eintragungsgebühr bekämpfen und die Ansicht vertreten, bei der zwischen ihnen durchgeführten Realteilung von Liegenschaften sei nicht der von der belangten Behörde herangezogene gesamte gemeine Wert der jeweiligen Miteigentumsanteile, sondern lediglich der Wert der Liegenschaftsanteile als Gegenstand der Eintragung anzusehen, die hinzu erworben würden. Daher ergebe sich entgegen den von der belangten Behörde im Instanzenzug vorgeschriebenen Eintragungsgebühren, ausgehend von einem Quadratmeterpreis der Liegenschaften von 130 EUR Eintragungsgebühren in Höhe von 42.145,52 EUR für die Erstbeschwerdeführerin und von 43.722,70 EUR für die Zweitbeschwerdeführerin.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und reichte eine Gegenschrift ein, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2010, Zl. BMJ-B336.165/0003- I 7/2010, änderte die Bundesministerin für Justiz den angefochtenen Bescheid gemäß § 7 Abs. 4a GEG ab und legte die Eintragungsgebühr mit 42.289 EUR für die Erstbeschwerdeführerin und mit 43.871 EUR für die Zweitbeschwerdeführerin fest. Sie folgt damit im Wesentlichen der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, rundete jedoch den bei der Berechnung der Eintragungsgebühr herangezogenen Quadratmeterpreis der in Rede stehenden Liegenschaften nicht auf volle Eurobeträge ab.

Auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes, ob sie durch den in Rede stehenden Bescheid der Bundesministerin für Justiz klaglos gestellt seien, äußerten sich die Beschwerdeführerinnen mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2010, dass sie sich hinsichtlich der Unterlassung von Rundung der Quadratmeterpreise weiterhin beschwert erachten.

§ 7 Abs. 4a des gerichtlichen Einbringungsgesetzes (GEG) lautet:

"(4a) Das Bundesministerium für Justiz kann unrichtige Entscheidungen über Gebühren und Kosten innerhalb der Verjährungsfrist (§ 8) von Amts wegen aufheben oder abändern."

Auf diese Vorschrift stützte sich die Bundesministerin für Justiz in ihrem Bescheid vom 20. Oktober 2010 und änderte den angefochtenen Bescheid ab.

Auch wenn für das in den §§ 6 und 7 GEG hinsichtlich der Erhebung der Gerichtsgebühren nur bruchstückweise geregelte Verwaltungsverfahren weder die Bestimmungen des AVG noch die der BAO anzuwenden sind, müssen mangels gesetzlicher Regelungen doch die allgemeinen Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens herangezogen werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 9. November 2000, Zl. 99/16/0349). Das Recht des Bundesministeriums für Justiz, unrichtige Entscheidungen über Gebühren und Kosten von Amts wegen aufzuheben oder abzuändern (§ 7 Abs. 4a GEG), ersetzt daher nicht die etwa in § 293 BAO oder in § 62 Abs. 4 AVG vorgesehene Möglichkeit einer Behörde, von ihr erlassene Bescheide zu berichtigen, erschöpft sich auch nicht in einer Berichtigungsmöglichkeit, sondern verleiht die Befugnis zur inhaltlichen (materiell-rechtlichen) Änderung von Bescheiden oder zu deren Aufhebung.

Nun trifft es zu, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Erlassung eines Berichtigungsbescheides im Sinne des § 293 BAO oder des § 62 Abs. 4 AVG einen vor ihm angefochtenen Bescheid in der Fassung des Berichtigungsbescheides prüft, weil der Berichtigungsbescheid nicht an die Stelle des fehlerhaften Bescheides tritt, sondern vielmehr mit dem von ihm berichtigten Bescheid eine Einheit bildet (vgl. etwa die bei Ritz, BAO3, Tz 19 zu § 293 angeführte hg. Rechtsprechung und die hg. Erkenntnisse vom 24. Juni 2009, Zl. 2009/15/0104, und vom 27. Jänner 2009, Zl. 2006/13/0099, sowie die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, E 253 und E 267 zu § 62 AVG angeführte hg. Rechtsprechung).

Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass mit einem Berichtigungsbescheid eine materielle Änderung des berichtigten Bescheides nicht zulässig ist, sondern die Berichtigung sich auf die Beseitigung solcher Unrichtigkeiten zu beschränken hat, die darin bestehen, dass der tatsächliche Inhalt des Bescheides vom erkennbaren Willen der Behörde abweicht und deren Entschluss unrichtig wiedergibt. Deshalb bildet der Berichtigungsbescheid mit dem berichtigten Bescheid eine Einheit (vgl. Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 232).

Von einer Berichtigung etwa nach § 293 BAO oder nach § 62 Abs. 4 AVG oder nach diesen Grundsätzen im Verfahren über die Einhebung von Gerichtsgebühren unterscheidet sich eine materiellrechtliche Änderung eines Bescheides etwa durch einen Bescheid auf Grund eines Rechtsmittels durch die Rechtsmittelbehörde (§ 289 Abs. 2 BAO oder § 66 Abs. 4 AVG) oder durch einen anderen Bescheid derselben Behörde, welche den geänderten Bescheid erlassen hat, (etwa nach § 299 BAO) oder - wie im Beschwerdefall auf § 7 Abs. 4a GEG gestützt - durch einen aufsichtsbehördlichen Bescheid der Oberbehörde. In solchen Fällen tritt der abändernde Bescheid an die Stelle des abgeänderten Bescheides, weshalb der abgeänderte Bescheid ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit des abändernden Bescheides keine Rechtswirkung mehr erzeugt.

Der Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 20. Oktober 2010 erschöpft sich nicht in einer bloßen Berichtigung des angefochtenen Bescheides im oben dargestellten Sinn und tritt nicht lediglich zum angefochtenen Bescheid hinzu, sondern ändert den angefochtenen Bescheid im Spruch mit einer von der Rechtsansicht der belangten Behörde abweichenden, in der Begründung dargelegten Rechtsansicht inhaltlich ab und trat somit an die Stelle des angefochtenen Bescheides.

Dass der erwähnte Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 20. Oktober 2010 den Beschwerdeführerinnen gegenüber nicht rechtswirksam erlassen worden wäre, behaupten die Beschwerdeführerinnen nicht.

Dergestalt sind aber im Beschwerdefall die Beschwerdeführerinnen durch den erwähnten Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 20. Oktober 2010 materiell klaglos gestellt, weil dieser den angefochtenen Bescheid ersetzt und deshalb die Beschwerdeführerinnen durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr beschwert sind.

Die von den Beschwerdeführerinnen in der Äußerung zur Klaglosstellungsanfrage des Verwaltungsgerichtshofes (im erwähnten Schriftsatz vom 6. Dezember 2010) gesehene Beschwer kann somit nicht mehr durch den angefochtenen Bescheid, sondern könnte nur durch den auch insoweit eigenständig anfechtbaren erwähnten Bescheid der Bundesministerin für Justiz vom 20. Oktober 2010 gegeben sein.

Da die Beschwerdeführerinnen im anhängigen Verfahren somit materiell klaglos gestellt wurden, war ihre Beschwerde - durch einen gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Eine formelle Klaglosstellung (mit den Kostenfolgen des § 56 VwGG) liegt im Beschwerdefall nicht vor. Ein Zuspruch von Kosten nach § 58 Abs. 2 VwGG unterbleibt, weil die Antwort auf die Frage, wer als obsiegende Partei anzusehen wäre, mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre.

Wien, am 27. Jänner 2011

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