VwGH 2010/09/0179

VwGH2010/09/017930.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde 1. des A C und 2. A GmbH, beide in W, beide vertreten durch Dr. Christian Boyer, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Franzensbrückenstraße 20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 15. Juli 2010, Zl. UVS- 07/A/58/3046/2010-14 und UVS-07/AV/58/3248/2010, betreffend Bestrafung nach dem AuslBG (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1152;
ABGB §879;
AÜG §3 Abs3;
AÜG §3 Abs4;
AÜG §4 Abs2;
AÜG §4;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
ABGB §1152;
ABGB §879;
AÜG §3 Abs3;
AÜG §3 Abs4;
AÜG §4 Abs2;
AÜG §4;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §2 Abs4;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juli 2010 wurde der Erstbeschwerdeführer - nach Durchführung einer öffentlich-mündlichen Verhandlung - schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in W. zu verantworten, dass die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft als Arbeitgeberin zuletzt in W. vier näher bezeichnete ungarische Staatsangehörige zu näher angeführten Zeiträumen im Oktober 2009 jeweils als Maler und Fliesenleger beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen näher genannten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Erstbeschwerdeführer habe dadurch vier Übertretungen gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Erstbeschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 dritter Strafsatz AuslBG (gestaffelt nach der Dauer der Beschäftigung der vier ausländischen Arbeitskräfte) jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 8.000,-- und eine von EUR 7.000,-- sowie zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 4.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von sechs, vier bzw. drei Tagen) verhängt. Des Weiteren wurde ausgesprochen, dass die zweitbeschwerdeführende Gesellschaft für die verhängten Geldstrafen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand gemäß § 9 Abs. 7 VStG hafte.

In ihrer Bescheidbegründung stellte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und Wiedergabe der in der Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen sowie des Erstbeschwerdeführers Folgendes fest (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Der (Erstbeschwerdeführer) war zu den angelasteten Tatzeiträumen nach dem Firmenbuch unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der (zweitbeschwerdeführenden) GmbH.

Es steht auf Grund der Angaben in den Personenblättern, der Anzeige sowie den insoweit glaubwürdigen Aussagen der Zeugen AK und MS fest, dass diese beiden ungarischen Staatsangehörigen am 23.10.2009 auf der Baustelle in der …gasse 21, (in) W, mit Malerarbeiten beschäftigt waren. Über das Entgelt ist mit ihnen nicht gesprochen worden.

Nach dem insoweit glaubwürdigen und mit den übrigen Beweisergebnissen im Einklang stehenden Vorbringen des (Erstbeschwerdeführers) handelte es sich bei der …gasse 21 um eine Baustelle der (zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft); den Auftrag hiezu hatte die Firma C vergeben. Die (zweitbeschwerdeführende Gesellschaft) war auf der Baustelle für Elektroinstallationen, Maler- und Fliesenlegerarbeiten zuständig. Die (zweitbeschwerdeführende) GmbH hat diesen Auftrag teilweise mit eigenen Arbeitnehmern ausgeführt. Auf der Baustellte befand sich ein Vorarbeiter der (zweitbeschwerdeführenden Gesellschaft), der die Arbeiten koordinierte und kontrollierte. Die (zweitbeschwerdeführende Gesellschaft) hat das Material auf der Baustelle zur Verfügung gestellt und den übernommenen Auftrag zunächst mit eigenen Arbeitern durchgeführt.

Festgestellt wird, dass die (zweitbeschwerdeführende Gesellschaft) am 19.7.2009 einen Vertrag mit der P-GmbH abgeschlossen hat. Nach dem Firmenbuch ist die für Zustellungen maßgebliche Rechtsanschrift der P-GmbH seit 20.8.2009 unbekannt. Das Finanzamt ist jedoch von einer Rechtsbeziehung zwischen der P-GmbH und der (zweitbeschwerdeführenden) GmbH ausgegangen, da eine Forderung der P-GmbH gepfändet und unbestritten tatsächlich auch von der (zweitbeschwerdeführenden) GmbH bezahlt wurde.

Festgestellt wird, dass die ungarischen Staatsangehörigen IS und KC in einem für den gewerblichen Gütertransport zugelassenen KFZ mit dem ungarischen Kennzeichen … anlässlich einer Verkehrskontrolle angehalten wurden. Sie hatten Werkzeug und Baumaterial geladen.

Nach der Rechtfertigung des (Erstbeschwerdeführers) in der Berufung hätten auch diese beiden Ungarn auf der Baustelle für die P-GmbH gearbeitet; der (Erstbeschwerdeführer) kennt Herrn IS. Herr IS und Herr KC haben in den Personenblättern angegeben, für die (zweitbeschwerdeführende) GmbH zu arbeiten. Beide haben diese Tätigkeit näher dargestellt: So hat Herr KC, von Beruf Maurer, angegeben, seit 10.10.2009 für diese Firma mit 'Fliesen' zu arbeiten sowie 8h pro Tag zu arbeiten und 8,-- EUR in der Stunde zu erhalten. Herr IS hat angegeben, sich mit 'Rigips' zu beschäftigen und seit 1.10.2009 für die (zweitbeschwerdeführende Gesellschaft) tätig zu sein.

Es gibt jedoch keine Beweisergebnisse, die eine Feststellung zulassen, dass diese Personen für die P-GmbH gearbeitet haben.

Festgestellt wird daher auf Grund der unbedenklichen und widerspruchsfreien und konkreten Angaben in den Personenblättern und der Angaben der Zeugin BD, die an persönlicher Glaubwürdigkeit die vier Ungarn bei weitem übertraf, dass auch die Ausländer IS und KC für die (zweitbeschwerdeführende) GmbH gearbeitet haben und zwar Herr IS seit 1.10.2009 und Herr KC seit 10.10.2009. Die Zeugin BD hat ausgesagt, dass die vier Ungarn ihr die (zweitbeschwerdeführende Gesellschaft) auch im persönlichen Gespräch als Arbeitgeber genannt haben.

Bemerkt wird, dass die Ausländer bei Beantwortung der Fragen teilweise den Eindruck erweckten, die Antworten einstudiert zu haben, um keine ihrer Meinung nach für d(ie beschwerdeführenden Parteien) belastende Aussagen zu machen; insbesondere dann, wenn ihre Aussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung in wesentlichen Punkten von der jeweiligen Aussage vor der Finanzbehörde am Kontrolltag abwichen. Die von der Dolmetscherin in der Verhandlung aufgezeigten Abweichungen der ungarischen Übersetzung von der deutschen Fassung sind geringfügig; ob es 'beschäftigt als' oder 'mein Beruf' bzw. 'beschäftigt seit' oder 'Beginn meiner Beschäftigung' heißt, macht im Hinblick auf den Sinngehalt der Antworten keinen Unterschied. Herr IS hat auf die Frage nach 'mein Beruf' - anders als etwa in der Verhandlung - auch nicht angegeben, arbeitsloser Koch und Kellner zu sein. Die von den Ausländern anlässlich der Kontrolle im ungarischen Fragebogen eigenhändig niedergeschriebenen Angaben werden somit als richtig und glaubwürdig angenommen. Dafür spricht nicht nur die Erfahrung, dass zeitnahe und unmittelbar bei einer Beanstandung gemachte Aussagen näher an der Wahrheit liegen als jene, die erst nach einer entsprechenden Vorbereitungszeit erteilt werden, sondern auch der persönliche Eindruck, den sich (die belangte Behörde) von den beteiligten Personen in der Verhandlung verschaffen konnte:

Die Ausländer IS und KC haben angegeben, am 23.10.2009 Material geliefert zu haben, waren sich jedoch nicht einig, ob es sich um Rigips oder Fliesen. gehandelt hat. Auf dem Photo, das den Laderaum des betreffenden 'Lieferfahrzeuges' zeigt, sind gebrauchte Werkzeuge und geringe Mengen an Baustellenmaterial und Bauutensilien zu sehen. Die Ungarn haben angegeben, für ihre Lieferung jeweils 10.000 Forint erhalten zu haben für eine Lieferung von Ungarn nach Wien und zurück von insgesamt vier Stunden zuzüglich Einladen und Ausladen. Im Hinblick darauf, dass dies ein Betrag von ca. EUR 35,-- ist, erscheint die Aussage, dass sie vo(n den beschwerdeführenden Parteien) kein Entgelt für ihre Tätigkeit erhalten haben, unglaubwürdig und widerspricht jeder Lebenserfahrung. Gegenüber der Einsatzleiterin haben die vier Ungarn vielmehr auch mündlich angegeben, für die (zweitbeschwerdeführende Gesellschaft) zu arbeiten."

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde neben Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen aus:

"Zu den Ausländern AK und MS:

… der Verwaltungsgerichtshof (hat) wiederholt festgestellt, dass Arbeitskräfteüberlassung (Beschäftigung überlassener Arbeitskräfte) gemäß § 4 Abs. 2 AÜG auch dann vorliegt, wenn Arbeitskräfte unter den in dieser Bestimmung genannten Bedingungen Arbeitsleistungen im Betrieb eines Werkbestellers in Erfüllung eines Werkvertrages erbringen bzw. es sich um bloß untergeordnete Arbeiten handelt, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf erbracht werden müssen und der Erfüllung eines vom Unternehmer (hier der (zweitbeschwerdeführenden) GmbH) übernommenen, zu seinem Betrieb gehörigen vertraglichen (Werkherstellungs-)Verpflichtung dienen (…).

Hier sprechen die Tatsachen, dass das gesamte Material von der (zweitbeschwerdeführenden) GmbH beigestellt wurde, dass der Vorarbeiter der (zweitbeschwerdeführenden) GmbH auf der Baustelle die Arbeiten koordinierte und kontrolliert - somit dass auf der Baustelle zumindest dieser Arbeitnehmer der (zweitbeschwerdeführenden) GmbH anwesend war sowie der Umstand, dass von den beiden Ausländern lediglich untergeordnete Arbeiten im Bau, die in unmittelbarem zeitlichem Arbeitsablauf erbracht werden mussten und die der Erfüllung der von der (zweitbeschwerdeführenden) GmbH übernommenen vertraglichen Verpflichtung gedient haben dafür, dass die Arbeitsleistungen der in Rede stehenden Ausländer von der (zweitbeschwerdeführenden) GmbH im Wege der Arbeitskräfteüberlassung in Anspruch genommen wurden. Die beschäftigten Ausländer haben kein von den übrigen Beschäftigten auf der Baustelle abgrenzbares Werk vollbracht; vielmehr waren sie nur mit Hilfstätigkeiten wie dem Ausmalen und Ausbessern eines fast fertigen Zimmers beschäftigt. Nicht nachvollziehbar ist aus dem vorgelegten Vertrag auch, zur Herstellung welchen konkreten Werkes sich die P-GmbH gegenüber der (zweitbeschwerdeführenden) GmbH verpflichtet haben sollen: Im Vertrag ist lediglich von 'Maler- und Fliesenlegerarbeiten' die Rede. Die Beweisergebnisse liefern auch keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass die P-GmbH für den Erfolg der von ihr erbrachten Arbeiten gehaftet hätte. Vielmehr hat die (zweitbeschwerdeführende) GmbH den Auftrag mit eigenen Arbeitern zu Ende gebracht. Es liegt daher in Ansehung der von diesen beiden Ausländern erbrachten Arbeitsleistungen kein echter Werkvertrag, sondern Arbeitskräfteüberlassung und damit eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG vor, wofür eine arbeitsmarktbehördliche Bewilligung erforderlich war. Da auch ein Arbeitskräfteüberlassungsvertrag entgeltlich ist, steht die Pfändung der Forderung durch das Finanzamt dieser Deutung nicht entgegen. Die objektive Tatseite ist daher hinsichtlich der Ausländer AK und MS verwirklicht.

Zu den Ausländern IS und KC:

Unter Arbeitsverhältnis versteht die Lehre (…) jedes auf einem Arbeitsvertrag beruhende, durch Eintritt in den Erfüllungsstand (dh durch Aufnahme der Arbeit) zur Vollwirksamkeit gebrachte Rechtsverhältnis. Es umfasst die Gesamtheit der durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Vom Arbeitsverhältnis zu unterscheiden ist das Beschäftigungsverhältnis. Dieses setzt, anders als das Arbeitsverhältnis, keinen Vertrag, sondern nur tatsächliche entgeltliche Beschäftigung voraus. Für den Anwendungsbereich des AuslBG ist das Arbeitsverhältnis im letzteren Sinn zu verstehen, da es gerade auf den (formell richtigen) Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht ankommt. Die typischen Merkmale eines Arbeitsverhältnisses sind die Unselbständigkeit (persönliche Abhängigkeit) des Arbeitnehmers (der Arbeitnehmer ist an Weisungen des Arbeitgebers, den Arbeitsort und die Arbeitszeit gebunden, ist im Betrieb des Arbeitgebers organisatorisch eingebunden und unterliegt einer Kontrolle; eine Vertretung durch einen andere Person ist zumeist ausgeschlossen), die Entgeltlichkeit (Arbeitsverträge sind im Zweifel entgeltlich - § 1152 ABGB; siehe auch § 29 AuslBG), der Dauercharakter (Arbeitsverhältnisse sind grundsätzlich auf unbestimmte Zeit angelegt) und die Personenbezogenheit (Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen in einem besonderen personellen Bezug, es bestehen wechselseitige Treue- und Fürsorgeverpflichtungen)."

Die belangte Behörde kam im Weiteren zum Ergebnis, dass der Erstbeschwerdeführer die inkriminierte Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht erfüllt habe (wobei sie von einem Verschulden in Form fahrlässigen Verhaltens ausging) und legte ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, worin sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, ist der Begriff der Beschäftigung - soweit dies im Beschwerdefall in Betracht kommt - durch § 2 Abs. 2 AuslBG unter anderem in der Weise bestimmt, dass die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis (lit. a), einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird (lit. b) oder überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG), BGBl. Nr. 196/1988 (lit. e) als Beschäftigung gilt. Maßgebend für diese Einordnung in den genannten Beschäftigungsbegriff ist, dass die festgestellt Tätigkeit in persönlicher oder wirtschaftlicher Abhängigkeit des Arbeitenden ausgeübt wird. Als (der Bewilligungspflicht unterworfenes) Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG ist unter anderem auch eine kurzfristige oder aushilfsweise Beschäftigung anzusehen. Das Tatbestandselement der Beschäftigung ist ausschließlich nach dem wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit zu beurteilen. Liegt eine Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, dass typischerweise den Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses bildet, ist von einer der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterworfenen Beschäftigung auszugehen. Auf eine zivilrechtliche Betrachtung, ob ein überhaupt ein Arbeitsvertrag zu Stande kam, ob diesem (etwa im Hinblick auf § 879 ABGB oder mangels einer rechtsgeschäftlichen Willensübereinstimmung) Mängel anhaften, oder welche vertragliche Bezeichnung die Vertragsparteien der Tätigkeit gegeben haben, kommt es hingegen nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2009, Zl. 2009/09/0069, mwN).

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art "beweglichem System", indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2008, Zl. 2007/09/0306).

In den Fällen der Verwendung überlassener Arbeitskräfte ist gemäß § 2 Abs. 3 lit. c den Arbeitgebern gleichzuhalten auch der Beschäftiger der überlassenen Arbeitskräfte, das ist nach § 3 Abs. 3 AÜG derjenige, der Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleitung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.

§ 4 AÜG lautet:

"(1) Für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

(2) Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder

3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet."

Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchen die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).

Die beschwerdeführenden Parteien verantworten sich (auch) in der Beschwerde im Wesentlichen mit dem Vorliegen eines mit der P-GmbH als Subunternehmerin abgeschlossenen Werkvertrages sowie damit, dass die vier Ausländer ausschließlich zu diesem Subunternehmen in einem Vertragsverhältnis gestanden seien.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien in Bezug auf die von der beigezogenen Dolmetscherin in der Berufungsverhandlung aufgezeigten Abweichungen der ungarischen Übersetzungen in den Personenblättern eine Aktenwidrigkeit hinsichtlich der "darauf gestützten Feststellungen" geltend machen, jedoch damit der Sache nach lediglich die Beweiswürdigung der belangten Behörde bekämpfen, ist ihnen entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt und darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung nachvollziehbar dargelegt, warum sie insbesondere auf Grund der Angaben in den Personenblättern und der Darstellungen der Zeugen AK und MS sowie vor allem der Zeugin BD (wonach u.a. einer der Ausländer, der der deutschen Sprache ausreichend mächtig war, für die anderen übersetzt hat) zu den für die Entscheidung relevanten Feststellungen hinsichtlich einer Beschäftigung der vier ungarischen Staatsangehörigen durch die zweitbeschwerdeführende Partei gelangt ist. Dabei hat sie sich auch eingehend mit den (geringfügigen) Abweichungen der ungarischen Übersetzungen von der deutschen Fassung in den Personenblättern auseinandergesetzt und schlüssig begründet, weshalb diese keine Auswirkungen auf die von den Ausländern anlässlich der Kontrolle eigenhändig niedergeschriebenen Angaben gehabt haben und diesen - zeitnahen - Angaben gegenüber jenen in der Berufungsverhandlung mehr Aussagekraft beizumessen sei. Dieser Argumentation vermögen die beschwerdeführenden Parteien mit dem bloßen Hinweis auf die Abweichungen der Übersetzungen nichts Stichhältiges entgegenzusetzen.

Insoweit die beschwerdeführenden Parteien eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens darin erblicken, dass ihnen die (tatsächlich an beiden von ihnen bekanntgegebenen Adresse durchgeführte) erfolglose Ladung des von ihnen namhaft gemachten Zeugen MP nicht bekannt gegeben worden sei, fehlt die Relevanzdarstellung der dazu behaupteten Verfahrensmängel, zumal nicht dargetan wird, auf Grund welcher konkreten Beweisergebnisse ein anderer, für den Beschwerdestandpunkt günstigerer Verfahrensausgang zu erzielen gewesen wäre.

Ausgehend von den auf Grundlage einer mängelfreien Beweiswürdigung getroffenen Feststellungen und vor dem Hintergrund dessen, dass sich aus dem von den beschwerdeführenden Parteien zum behaupteten "Werkvertrag" ins Treffen geführten Auftragsschreiben vom 18. September 2009 nicht einmal entnehmen lässt, ob es sich überhaupt bei der behaupteten Vergabe an das Subunternehmen um ein abgrenzbares, unterscheidbares "gewährleistungstaugliches" Werk handelte, geschweige denn eine Abgrenzbarkeit zu den von den (übrigen) Arbeitskräften der zweitbeschwerdeführenden Partei an deren Baustelle Ausländern zu verrichtenden Tätigkeiten möglich war, kann die Ansicht der belangten Behörde nicht als rechtswidrig angesehen werden, dass die Behauptung des Bestehens eines Werkvertrages mit dem Subunternehmen nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt entspreche.

Außerdem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in zahlreichen ähnlich gelagerten Fällen ausgesprochen, dass derartige einfache Hilfsarbeiten wie die hier vorliegenden Bauhilfsarbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Arbeitsablauf im Zusammenwirken mit anderen Arbeitern erbracht werden müssen, kein selbständiges Werk darstellen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1998, Zl. 96/09/0183, mwN).

Auch das (weitere) Beschwerdevorbringen zur behaupteten unrichtigen Anwendung von § 4 Abs. 2 AÜG verfängt nicht, zumal es sich hinsichtlich der Arbeitskräfte AK und MS vom festgestellten Sachverhalt entfernt bzw. Folgendes übersehen wird:

Bei den genannten Tätigkeiten handelt es sich nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt (§ 2 Abs. 4 AuslBG) um Hilfsarbeiten bzw. einfache manipulative Tätigkeiten. Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Maler- und Fliesenlegerarbeiten der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die aus einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Die Behörde ist in einem solchen Fall - entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen - nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob der Hilfsarbeiter in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies unter den gegebenen Umständen ohne Weiteres vorausgesetzt werden konnte (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129, mwN).

Wenn sich außerdem - wie im vorliegenden Fall - die Erteilung von Weisungen bezüglich des arbeitsbezogenen Verhaltens weitgehend erübrigt, weil der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich bei seiner Tätigkeit zu bewegen und zu verhalten hat, dann äußert sich das nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung an sich unterscheidungskräftige Merkmal des Weisungsrechtes in Form von Kontrollrechten ("stille Autorität des Arbeitgebers"), die seitens der beschwerdeführenden Parteien nach den Feststellungen an der Baustelle auch ausgeübt wurden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2004, Zl. 2001/08/0026).

Die inkriminierte Verwaltungsübertretung stellt ein sogenanntes "Ungehorsamsdelikt" dar, bei dem nach dem zweiten Satz des § 5 Abs.1 VStG der Täter zu beweisen hat, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, E 103 ff zu § 5 VStG). Mit dem bloßen Vorbringen es sei - wie "in der Baubranche üblich" - mittels Subauftrag eine Weitergabe eines Teiles von Leistungen aus einem abgeschlossenen Werkvertrag erfolgt, können nicht einmal ansatzweise exculpierende Umstände des Erstbeschwerdeführers dargetan werden.

Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 30. Mai 2011

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