VwGH 2009/22/0354

VwGH2009/22/035422.7.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder und die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Karin Gmeiner, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Werdertorgasse 14/6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 21. Juli 2009, Zl. 319.179/2-III/4/09, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §24;
NAG 2005 §41;
AuslBG §24;
NAG 2005 §41;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 21. Juli 2009 wies die belangte Behörde den Zweckänderungsantrag des Beschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen, vom 10. Juli 2008 auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" gemäß § 24 Abs. 4 iVm § 41 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung als Student gehabt habe. Er habe die Verlängerung dieser Aufenthaltsbewilligung und die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als selbständige Schlüsselkraft beantragt. Er sei handelsrechtlicher Geschäftsführer und Gesellschafter der H GmbH in Wien; dieses Unternehmen habe zwei Gesellschafter. Jeder habe eine Stammeinlage in der Höhe von EUR 17.850,-- bzw. EUR 17.150,-- geleistet, somit sei das Stammkapital lediglich in der Mindesthöhe eingezahlt worden. Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) habe mit Gutachten vom 17. Dezember 2008 festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht als selbständige Schlüsselkraft nach § 24 AuslBG zu qualifizieren sei. Dem Betrieb des Gewerbes als Baumeister durch die H GmbH komme kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen zu. Mit den Aktivitäten der Gesellschaft sei kein Geldfluss ins Bundesgebiet verbunden und die Beschäftigung von Arbeitskräften sei nicht zu erkennen.

Nach Einlangen einer Stellungnahme des Beschwerdeführers habe das AMS ein zweites Gutachten erstellt. Auch hier habe das AMS dargelegt, dass mit dem betriebenen Gewerbe kein Geldfluss in das Bundesgebiet verbunden sei und die augenblickliche Vollbeschäftigung von zwei Arbeitnehmern im Konnex mit den Geschäftstätigkeiten der Gesellschaft keine wirtschaftliche "Wertschätzung" (gemeint wohl: Wertschöpfung) gemäß § 24 AuslBG begründe. Die von der H GmbH erbrachten Dienstleistungen im Baugewerbe, spezialisiert auf Arbeiten im Bereich des Eisenverlegens, erfolgten in einem Marktsegment, das von zahlreichen bestehenden Betrieben und Gewerbetreibenden in ausreichender Form abgedeckt werde und daher keine Bereicherung für die österreichische Wirtschaft darstelle. Eine ökonomische Gesamtbedeutung liege nicht vor. Ein Impuls für die österreichische Wirtschaft sei nicht zu erblicken.

Auf Grund dieser Gutachten erfolge eine Beurteilung durch die belangte Behörde. Nach Bewertung der Berufung im Hinblick auf die Kriterien für selbständige Schlüsselkräfte stehe fest, dass die vom Beschwerdeführer angestrebte selbständige Erwerbstätigkeit keinesfalls als die einer Schlüsselkraft angesehen werden könne. Es sei kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen zu erkennen und es erfolge auch kein größerer Transfer von Investitionskapital. Eine qualifizierte Leistung durch den Beschwerdeführer persönlich könne ebenfalls nicht erkannt werden.

Laut Aktenlage bestünden keine familiären Bindungen im Bundesgebiet und es müsse den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers der Vorrang eingeräumt werden, weil die beabsichtigte selbständige Tätigkeit im Bundesgebiet keinesfalls der einer Schlüsselkraft entspreche.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus § 24 AuslBG, dass für die Beurteilung, ob eine beabsichtigte selbständige Tätigkeit zur Stellung als Schlüsselkraft führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Beurteilung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2011, 2008/22/0309).

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die H GmbH neben den zwei Geschäftsführern fünf Mitarbeiter beschäftige und es immer wieder zum Einsatz von Leiharbeitskräften komme. Durch die Mehrsprachigkeit beider Geschäftsführer sei eine Akquisition von ausländischen Auftraggebern und Investoren gesichert. Durch die Diskriminierung einer gesamten Branche werde das NAG geradezu verfassungswidrig, weil gleichheitswidrig, angewendet. Da in der Berufungsschrift die neueste Entwicklung der Gesellschaft dargestellt worden sei, hätte eine Ergänzung des Gutachtens oder ein weiteres Gutachten durch das AMS eingeholt werden müssen. Dieses Gutachten hätte zu einem völlig anderen Ergebnis, zu einer anderen rechtlichen Beurteilung geführt. Die relevante Bestimmung des AuslBG sehe als Voraussetzung für die Erteilung der Niederlassungsbewilligung lediglich die Schaffung oder Sicherung von Arbeitsplätzen vor, es werde aber weder eine Mindestanzahl von Arbeitsplätzen noch ein bestimmter Tätigkeitsbereich verlangt.

Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

In der Stellungnahme vom 30. März 2009 hat der Beschwerdeführer darauf verwiesen, er habe bereits wichtige Kontakte in der Baubranche geknüpft und so bereits zwei Rahmenverträge abgeschlossen. Diese Rahmenverträge wurden vorgelegt. Im Rahmenvertrag vom 17. März 2009 wurde die Tätigkeit der H GmbH als "Entladen und Verlegen von Betonrippenstahl 550 und Baustahlgittermatten; inklusive vom AN beigestellten Draht und Abstandhaltern" beschrieben. Im zweiten, als "Nachunternehmervertrag" beschriebenen Rahmenvertrag wurde die Tätigkeit nicht umschrieben.

Das AMS führte in dem daraufhin eingeholten zweiten Gutachten aus, dass mit der gewerblichen Tätigkeit kein Geldfluss in das Bundesgebiet verbunden sei und die augenblickliche Vollbeschäftigung von zwei Arbeitnehmern "im Konnex mit den Geschäftstätigkeiten der Gesellschaft" keine Wertschöpfung begründe. Eine dauerhafte Anstellung von Arbeitskräften sei im Baugewerbe nicht gewährleistet. Die Arbeiten im Bereich des Eisenverlegens erfolgten in einem Marktsegment, das in ausreichender Form abgedeckt werde.

Der Beschwerdeführer vermag eine Unschlüssigkeit dieses Gutachtens nicht aufzuzeigen. Von einem Transfer von Investitionskapital kann keine Rede sein. Die Zahlung der Stammeinlage - ohnedies lediglich im Bereich des Mindestbetrages - stellt keinen Transfer von Investitionskapital dar (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis 2008/22/0309). Dieses Fehlen von Investitionskapital iVm der Art der gewerblichen Tätigkeit des Beschwerdeführers und der - im maßgeblichen Zeitpunkt - unbestrittenen Beschäftigung von lediglich zwei weiteren Vollmitarbeitern (so das Berufungsvorbringen) durfte die belangte Behörde zum Schluss kommen lassen, dass durch die selbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers kein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten sei.

Soweit letztlich in der Beschwerde auf die Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG (iVm Art. 8 EMRK) verwiesen wird, ist dem zu entgegnen, dass bei Fehlen einer besonderen Erteilungsvoraussetzung für eine Niederlassungsbewilligung auf familiäre und private Interessen nicht Bedacht zu nehmen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. März 2011, 2008/22/0633).

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 22. Juli 2011

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