VwGH 2009/22/0128

VwGH2009/22/012822.7.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder und die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, in der Beschwerdesache des A, vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft Mory & Schellhorn OEG in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 4. März 2009, Zl. Fr-619/08, betreffend Aufenthaltsverbot, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §10 Abs2 Z2;
AsylG 2005 §10 Abs5 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §52 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §60 Abs3 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
FrPolG 2005 §70 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005;
NAG 2005 §11 Abs1 Z1;
NAG 2005 §44a idF 2009/I/029;
NAG 2005 §44a;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;
AsylG 2005 §10 Abs2 Z2;
AsylG 2005 §10 Abs5 idF 2009/I/029;
FrPolG 2005 §52 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §60 Abs3 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §67 Abs1;
FrPolG 2005 §70 Abs1 idF 2011/I/038;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
FrPolG 2005;
NAG 2005 §11 Abs1 Z1;
NAG 2005 §44a idF 2009/I/029;
NAG 2005 §44a;
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit Bescheid vom 4. März 2009 erließ die belangte Behörde im Instanzenzug gegen den Beschwerdeführer, einen marokkanischen Staatsangehörigen, gemäß § 86 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am 20. April 2009 eingelangte Beschwerde.

Mit Note vom 8. März 2010 legte der Beschwerdeführer eine (unvollständige) Ablichtung des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes vom 23. Februar 2010, Zl. A1 408.128-2/2009/3E, mit dem Vorbringen vor, mit diesem Erkenntnis sei rechtsgestaltend ausgesprochen worden, dass eine Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet gemäß § 10 Abs. 5 Asylgesetz 2005 auf Dauer unzulässig sei. "Unter der Annahme, dass dieses Erkenntnis in Rechtskraft erwächst", wäre damit auch das hier beschwerdegegenständliche Aufenthaltsverbot beseitigt, weil durch die später ergangene "Ausweisungsentscheidung" dem früher ergangenen Aufenthaltsverbot derogiert werde. Teile man diese Rechtsauffassung, so wäre der Beschwerdeführer durch das nunmehr vorliegende Erkenntnis des Asylgerichtshofs in Bezug auf das hier beschwerdegegenständliche Aufenthaltsverbot "schadlos" gestellt worden.

Die belangte Behörde teilte in der ihr ermöglichten Stellungnahme mit, dass der Beschwerdeführer am 14. April 2009 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Die Bundespolizeidirektion Salzburg habe der Erstaufnahmestelle West des Bundesasylamtes mitgeteilt, dass ein durchsetz- und durchführbares Aufenthaltsverbot vorliege. Erst mit Beschluss vom 21. April 2009 sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. "Zum gegenständlichen Erkenntnis des AGH wird mitgeteilt, dass seitens der ho. Sicherheitsdirektion keine Stellungnahme abgegeben wird."

Gemäß § 10 Abs. 5 Asylgesetz 2005 ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 leg. cit. auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Diese Bestimmung wurde mit BGBl. I Nr. 29/2009 eingeführt. Gemäß § 44a Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) in der Fassung der erwähnten Novelle hat die Behörde einen Aufenthaltstitel von Amts wegen zu erteilen, wenn u.a. eine Ausweisung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 10 Asylgesetz 2005 rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. (An diesem Grundsatz hat das FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38, nichts geändert.) Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (88 BlgNR 24. GP, 12) merken dazu an, dass § 44a das wesentliche Bindeglied zwischen NAG, Asylgesetz 2005 und FPG darstelle, indem es in den Fällen einer auf Dauer unzulässigen Ausweisungsentscheidung die gleichsam "automatische" Erteilung eines Aufenthaltstitels vorsieht und damit dem Bedürfnis Rechnung trägt, nicht auszuweisenden Fremden ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu gewähren.

Dem Beschwerdeführer ist Recht zu geben, dass jedenfalls durch den später erlassenen Bescheid, mit dem die Ausweisung auf Dauer für unzulässig erklärt wurde, die Wirkung des Aufenthaltsverbotsbescheides, demzufolge der Fremde gemäß § 67 Abs. 1 FPG (nunmehr § 70 Abs. 1 FPG idF des FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38) unverzüglich auszureisen habe, weggefallen ist. Damit kann dem Aufenthaltsverbot aber auch seine Wirkung als Ausschlussgrund (§ 11 Abs. 1 Z 1 NAG) für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht mehr zukommen, würde dies doch im Widerspruch zu der vorhin dargelegten Intention des Gesetzgebers stehen.

Dazu kommt, dass das dem Aufenthaltsverbot zugrunde liegende Fehlverhalten (auch) bei der Entscheidung über die (Un)Zulässigkeit der Ausweisung nach § 10 Abs. 5 Asylgesetz 2005 zu berücksichtigen war und somit - bei gleich gebliebenem Sachverhalt - nunmehr die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (§ 52 FPG idF des FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38) nicht in Betracht käme. Im Übrigen normiert § 60 Abs. 3 leg. cit. eine Gegenstandslosigkeit einer Rückkehrentscheidung bei nachfolgender Erteilung bestimmter Aufenthaltstitel, die primär auf die Existenz humanitärer Gründe abstellen. Daraus ist zwingend abzuleiten, dass eine Rückkehrentscheidung - nichts anderes gilt für ein Aufenthaltsverbot - der nachfolgenden Erteilung solcher Aufenthaltstitel nicht in jedem Fall entgegensteht.

Da der Beschwerdeführer sich unter diesen Voraussetzungen selbst als nicht mehr beschwert bezeichnet hat, war die Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Im Hinblick darauf, dass eine im Rahmen der Entscheidung über die Kosten erforderliche Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde - weder die Auffassung der Beschwerdeführerin noch die der belangten Behörde kann ohne nähere Prüfung als zutreffend oder unzutreffend angesehen werden -, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird (§ 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG).

Wien, am 22. Juli 2011

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