VwGH 2009/11/0269

VwGH2009/11/026920.10.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der P GmbH in G, vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Glacisstraße 27/2, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Kärnten vom 13. November 2009, Zl. 14-Ges-859/13/2009, betreffend Versagung einer Bewilligung nach § 50 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
GuKG 1997 §50 Abs1;
GuKG 1997 §50 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
GuKG 1997 §50 Abs1;
GuKG 1997 §50 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 14. April 2009 stellte die Beschwerdeführerin einen "Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung und Führung einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege gem. § 50 (1) und (2) GuKG". Weiters führte sie aus, es sei geplant, "verkürzte berufsbegleitende Ausbildungen zur allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege für Pflegehilfen gem. § 44 GuKG abzuhalten". Gleichzeitig wurden diverse Unterlagen betreffend Räumlichkeiten, Lehrkräfte, Krankenanstalt, praktische Ausbildung, Dienstkleidung und Taschengeld vorgelegt.

Am 30. April 2009 richtete die belangte Behörde ein Schreiben an die Beschwerdeführerin, in welchem sie ausführte, dass dem Antrag nicht stattgegeben werden könne, da eine eingeschränkte Bewilligung für verkürzte Ausbildungen vom Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) nicht vorgesehen sei. Begründend wurde dazu wörtlich ausgeführt (Hervorhebungen im Original):

"… Eine eingeschränkte Bewilligung beispielsweise für verkürzte Ausbildungen gemäß § 44 ff bzw. Ergänzungsausbildungen für Nostrifikanten/-innen (§ 33 leg.cit.) sieht das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz nicht vor. Diese Ausbildungen können daher nur an gemäß § 50 GuKG bewilligten Schulen abgehalten werden. Daher würde sowohl eine Bewilligung zur Durchführung einer verkürzten Ausbildung gemäß § 44 als auch eine Bewilligung beschränkt auf die Durchführung von Ergänzungsausbildungen für Nostrifikanten/-innen der gesetzlichen Grundlage entbehren. …"

Nachdem die Beschwerdeführerin auf ihre Anfrage vom 14. August 2009 die Auskunft erhalten hatte, ihre "Präzisierung des Antrages" vom 5. Juni 2009 sei bei der belangten Behörde nie eingelangt, legte sie diese (zusammen mit zwischenzeitlich von der belangten Behörde geforderten weiteren Unterlagen) mit Schreiben vom 1. September 2009 (neuerlich) vor. In ihrer "Präzisierung" verwies die Beschwerdeführerin auf den Wortlaut ihres ursprünglichen Antrages, der klarstelle, dass die beantragte Schule als Ausbildungseinrichtung im Sinne des § 49 GuKG zu verstehen sei. Auch strebe sie "keinesfalls eine eingeschränkte Bewilligung für eine verkürzte Ausbildung an". Die Bewilligung solle "alle möglichen Ausbildungsformen, die an einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege möglich sind", umfassen, jedoch würde aus wirtschaftlichen Überlegungen "derzeit eben nur eine verkürzte Ausbildung in der allg. Gesundheits- und Krankenpflege für Pflegehelfer durchgeführt".

Mit Schreiben vom 29. September 2009 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin zur Vorlage bzw. Ergänzung weiterer Antragsunterlagen auf.

Nach Akteneinsicht wiederholte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 ihr Vorbringen, dass sich ihr verfahrensgegenständlicher Antrag ausdrücklich auf die Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung und Führung einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege gerichtet habe und eine eingeschränkte Bewilligung von ihr gar nicht angestrebt werde. Mit Eingabe vom 20. Oktober 2009 beantwortete die Beschwerdeführerin die von der belangten Behörde in ihrem Schreiben vom 29. September 2009 an sie gerichteten Fragen.

Der nunmehr angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 13. November 2009 enthält folgenden Spruch (Hervorhebungen im Original):

"Den Anträgen der Firma P(…) GmbH, (…), vom 14.4.2009, 5.6.2009 und 1.9.2009 auf Erteilung der sanitätsbehördlichen Bewilligung zur Errichtung und Führung einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege, eingeschränkt auf die Abhaltung von verkürzten berufsbegleitenden Ausbildungen zur allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege für PFLEGEHILFEN gemäß § 44 GuKG am Standort (…) wird gemäß §§ 41 Abs. 3, 49 und 50 des Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), BGBl. I Nr. 108/1997, idgF keine Folge gegeben."

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin den Antrag vom 14. April 2009 "zwar als Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung und Führung einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege gem. § 50 Abs. 1 und 2 GuKG betitelt" habe, jedoch "bereits im 4. Absatz dieses Antrages ausdrücklich" erkläre, dass mit dem vorliegenden Antrag geplant sei, verkürzte berufsbegleitende Ausbildungen zur allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege für Pflegehilfen abzuhalten. Diese Einschränkung sei von der Beschwerdeführerin "entgegen ihrer anderslautenden Beteuerungen auch in den folgenden Präzisierungen und Schreiben" aufrechterhalten worden. Deshalb habe festgestellt werden müssen, dass die Beschwerdeführerin um eine eingeschränkte Bewilligung zur Abhaltung von verkürzten berufsbegleitenden Ausbildungen zur allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege für Pflegehilfen gemäß § 44 GuKG angesucht habe. Eine solche Bewilligung habe jedoch keine gesetzliche Grundlage und sei daher nicht zulässig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Die Bestimmungen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes (GuKG) in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 101/2008 lauten auszugsweise:

"Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege

§ 49. (1) Die Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege hat an Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege (Schulen für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege, Schulen für Kinder- und Jugendlichenpflege, Schulen für psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege) zu erfolgen.

(2) Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege dürfen nur an oder in Verbindung mit Krankenanstalten errichtet werden, welche

1. die zur praktischen Unterweisung notwendigen Fachabteilungen oder sonstigen Organisationseinheiten besitzen,

2. mit den für die Erreichung des Ausbildungszweckes erforderlichen Lehr- und Fachkräften sowie Lehrmitteln ausgestattet sind und

3. entsprechende Räumlichkeiten für die auszubildenden Personen aufweisen.

(3) Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege sind so zu führen, daß die Erreichung des Ausbildungszieles gewährleistet ist.

(4) Der Rechtsträger der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege hat den Schülern Dienstkleidung zur Verfügung zu stellen.

(5) Die Schüler haben Anspruch auf ein monatliches Taschengeld, dessen Höhe nach Anhören der gesetzlichen Vertretung der Dienstnehmer vom Rechtsträger der Schule festzusetzen und zu leisten ist. Das Taschengeld ist im Krankheitsfalle für die Dauer von drei Monaten, längstens jedoch bis zum Ausscheiden aus der Schule weiterzuzahlen. Dieser Anspruch besteht nicht bei Absolvierung einer verkürzten Ausbildung gemäß §§ 44 bis 48.

§ 50. (1) Eine Schule für Gesundheits- und Krankenpflege darf nur auf Grund einer Bewilligung des Landeshauptmannes geführt werden.

(2) Eine Bewilligung gemäß Abs. 1 ist zu erteilen, wenn nachgewiesen wird, daß

1. die für die Abhaltung des theoretischen und praktischen Unterrichts erforderlichen Räumlichkeiten und Lehrmittel sowie Sozialräume zur Verfügung stehen,

2. die für die theoretische und praktische Ausbildung erforderlichen Lehr- und Fachkräfte, welche hiezu fachlich und pädagogisch geeignet sind und über die notwendige Berufserfahrung verfügen, vorhanden sind,

3. die Schule an einer Krankenanstalt gemäß § 49 Abs. 2 errichtet oder die Verbindung zu einer Krankenanstalt gemäß § 49 Abs. 2 gegeben ist und

4. die in § 43 genannten Voraussetzungen für die praktische Ausbildung erfüllt sind.

(3) Der Landeshauptmann hat regelmäßig das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 zu überprüfen. Liegen diese nicht oder nicht mehr vor, ist die Bewilligung nach erfolglosem Verstreichen einer zur Behebung der Mängel gesetzten angemessenen Frist zurückzunehmen.

(4) Gegen Bescheide des Landeshauptmannes gemäß Abs. 1 bis 3 ist eine Berufung nicht zulässig."

2. Die Beschwerde ist begründet.

2.1. Die Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung und Führung einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege gemäß § 50 Abs. 1 und 2 GuKG ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, über den der Landeshauptmann in erster und letzter Instanz zu entscheiden hat.

2.2. Der Gegenstand einer Verwaltungssache wird im antragsbedürftigen Verfahren durch den Inhalt des einleitenden Anbringens bestimmt. Nach der hg. Rechtsprechung ist es bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar geschlossen werden kann, mag auch das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig sein (vgl. die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 13, Rz 38 f.).

2.3. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde hatte bereits der verfahrenseinleitende Antrag der Beschwerdeführerin vom 14. April 2009 einen klaren und bestimmten Inhalt; er war auf die Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung und Führung einer Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege gemäß § 50 Abs. 1 und 2 GuKG gerichtet. Die darin enthaltene und in weiteren Schreiben wiederholte Erklärung der Absicht, vorerst nur verkürzte Ausbildungen für Pflegehelfer anbieten zu wollen, ändert am klaren Wortlaut des Antrages nichts. Überdies stellte die Beschwerdeführerin durch ihre wiederholten Eingaben, so auch in den Schreiben vom 5. Juni 2009 bzw. 1. September 2009, bei denen es sich entgegen der im Spruch des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommenden Ansicht nicht um eigene Anträge, sondern - wie sich schon aus dem Betreff dieser Schreiben ergibt - lediglich um Präzisierungen des Antrags vom 14. April 2009 handelte, den Antragsumfang unmissverständlich klar.

Die belangte Behörde hat dem Antrag der Beschwerdeführerin somit entgegen deren erklärtem Willen eine Deutung gegeben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar geschlossen werden konnte.

2.4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. Oktober 2011

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