Normen
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Dezember 2008 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Verantwortlicher der S GmbH in L. zu verantworten, dass diese als Arbeitgeberin die ungarische Staatsangehörige M. vom 10. November 2006 bis zum 5. Juli 2007 als Prostituierte beschäftigt habe, obwohl für diese keine der im Einzelnen genannten ausländerbeschäftigungsrechtlichen Genehmigungen bzw. fremdenrechtlichen Aufenthaltstitel vorgelegen seien. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begangen. Es wurde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-
- (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen) verhängt.
Der Beschwerdeführer sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH, die für den Standort L. eine Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe in der Betriebsart "Bar" besitze. Die S GmbH betreibe seit dem 30. April 2003 das Bordell C., das an sieben Tagen in der Woche von 19.00 bis 05.00 Uhr geöffnet sei. Der Beschwerdeführer sei in der Regel selbst anwesend, halte sich aber nicht im Barbereich auf, sondern in einem Privatzimmer im
1. Stock, in dem er ständig erreichbar sei. Im 1. Stock sei jeder Raum, der für Prostitutionszwecke genutzt werde, in die Bordellgenehmigung einbezogen. M. habe vom 10. November 2006 bis zum 15. November 2008 im 1. Stock dieses Gebäudes gratis in einem Zimmer, das nicht der Prostitution gedient habe, gewohnt. Sie habe sich selbst verpflegt und die Gemeinschaftsküche im 1. Stock benutzen können. Im Barbereich seien ihr nicht alkoholische Getränke unentgeltlich zur Verfügung gestanden. Der Beschwerdeführer habe sie behördlich gemeldet. Sie sei - abgesehen von kürzeren Abwesenheiten (sie sei ein- bis zweimal pro Monat für zwei bis drei Tage bzw. maximal eine Woche nach Hause gefahren) - vom 10. November 2006 bis zu dem Tag, an dem die behördliche Kontrolle stattgefunden habe (5. Juli 2007), im C. der Prostitution nachgegangen. Während der Zeit, in der das Bordell geöffnet gewesen sei, sei sie durchgehend anwesend gewesen. Nur wenn sie zu viel getrunken hätte, habe sie die Kellnerin "früher ins Bett" geschickt. Die Mädchen hätten eine Hausordnung unterschreiben müssen. Es habe Preisrichtlinien für die Prostitutionsausübung gegeben, die auf der Getränkekarte der Bar angeführt gewesen seien. "Eine Stunde Zimmer" habe EUR 220,-- gekostet, wovon die Dame EUR 110,-- bekommen habe. Bis Februar 2007 habe die Kellnerin das Geld für die Liebesdienste kassiert und den Mädchen sogleich den ihnen zustehenden Anteil übergeben. Hätten die Kunden mit Bankomatkarte bezahlt, sei das Geld auf ein spezielles Konto der S GmbH gegangen. In diesem Fall hätten die Prostituierten zweimal im Monat die auf sie entfallenden Beträge bekommen. Ab Februar 2007 hätten die Prostituierten das gesamte Geld vom Kunden kassiert und den Anteil des Hauses (EUR 40,-- für eine halbe Stunde und EUR 80,-- für eine ganze) sogleich der Kellnerin gegeben. Die Prostituierten seien vom Hausmeister einmal pro Woche zur ärztlichen Untersuchung gebracht worden. Der Beschwerdeführer habe darauf geschaut, dass diese Untersuchungen pünktlich absolviert würden. Wenn M. habe weggehen wollen, so habe sie den Beschwerdeführer um Erlaubnis gefragt. In der Regel seien fünf bis neun Prostituierte gleichzeitig im Bordell C. tätig gewesen. Die Kellnerin habe die Getränke von den Kunden kassiert. Das Entgelt für Animationstätigkeiten (EUR 4,-- für einen Piccolo-Sekt, EUR 18,--- für eine Flasche Sekt) habe M. vom Kellner bei Betriebsschluss oder bei Verlassen des Betriebes ausbezahlt bekommen. Der Beschwerdeführer habe mit K. vom Arbeitsmarktservice L. einige Male telefoniert und erfahren, dass für Prostituierte keine "Arbeitsbewilligung" ausgestellt werden dürfe. Auch Mag. E. von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe dem Beschwerdeführer bestätigt, dass es einen internen Erlass des Bundesministeriums für Inneres an alle Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gebe, wonach für Prostituierte keine "Arbeitsbewilligungen" ausgestellt würden.
M. habe am 18. Jänner 2007 einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung für EWR-Bürger eingebracht. Mit dem Antrag habe sie eine Teilversicherungsbestätigung der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 17. Jänner 2007 vorgelegt. In einer auf Deutsch und Ungarisch verfassten Erklärung der S GmbH, die M. unterschrieben habe, heiße es u.a.:
"Sie erklärt, den Inhalt ihrer Tätigkeit als Prostituierte zu
kennen. ... Der unterfertigenden Person ist bekannt, dass die Art
und Weise ihrer Darbietungen, die Annahme oder Ablehnung von
Kundenaufträgen in ihre eigene Gestion fällt. ... Dem
unterfertigenden Mädchen ist weiters bekannt, dass sie als
freiberuflich tätige Prostituierte in Österreich auf eigene
Rechnung und eigenes Risiko tätig ist ... keinerlei
Dienstverhältnis zum Nachtclub besteht, sie eigenständig kranken- und unfallversicherungspflichtig, wie auch umsatzsteuer- und einkommensteuerpflichtig ist, wobei die Verantwortlichkeit für die Einholung der entsprechenden behördlichen Bewilligung in ihre Eigenverantwortlichkeit fällt. ..."
Aus einer weiteren Bestätigung der S GmbH ergebe sich, dass M. ihrer selbständigen Tätigkeit als Prostituierte in dem Bordell ab dem 10. November 2006 nachgehen könne und ihr Unterkunft sowie nicht alkoholische Getränke unentgeltlich zur Verfügung gestellt würden. Für die Beschäftigung der M. sei keine Bewilligung nach dem AuslBG vorgelegen.
Nach § 2 Abs. 2 AuslBG gelte u.a. die Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis als Beschäftigung. Zur Charakterisierung arbeitnehmerähnlicher Personen komme es auf deren wirtschaftliche Unselbständigkeit an. Eine Animiertätigkeit bei gleichzeitiger Ausübung der Prostitution in einem Nachtclub unter Beteiligung am Umsatz der verkauften Getränke sei als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren. Die Tätigkeit der M. sei in ihrer Gesamtheit mit all ihren Aspekten mit dem Bordellbetrieb der S GmbH wirtschaftlich und organisatorisch stark verknüpft gewesen. Das gelte für die Animiertätigkeit, äußere sich aber auch darin, dass der Ausländerin eine kostenlose Wohnmöglichkeit und das Zimmer für die Prostitutionsausübung zur Verfügung gestellt worden seien. Zeitweilig habe die Kellnerin von den Kunden das Entgelt für die Zimmerbesuche kassiert. Der Beschwerdeführer habe auf die Einhaltung des öffentlichen Arzttermins der Prostituierten geachtet. Er sei um Erlaubnis gefragt worden, wenn die Prostituierten frei haben wollten. Es habe Preisrichtlinien für die Sexdienste auf der Getränkekarte gegeben. Die Prostituierten seien während der Öffnungszeiten durchgehend anwesend gewesen. Auch aus den Auskünften des Arbeitsmarktservice habe der Beschwerdeführer nicht den Schluss ziehen können, dass er M. ohne Bewilligung beschäftigen könne. Im Übrigen legte die belangte Behörde die für die Strafbemessung maßgebenden Gründe dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG gilt als Beschäftigung u. a. die Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Nach der zur Arbeitnehmerähnlichkeit ergangenen ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht die Rechtsnatur der Vertragsbeziehung (zwischen der arbeitnehmerähnlichen Person und dem Empfänger der Arbeitsleistung) entscheidend, sondern die wirtschaftliche Unselbständigkeit des "Arbeitnehmerähnlichen", die darin zu erblicken ist, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig ist. Maßgebend ist dabei der "organisatorische Aspekt der wirtschaftlichen Unabhängigkeit". In dieser Hinsicht bedarf es der Prüfung, ob das konkrete Gesamtbild der Tätigkeit des "Arbeitnehmerähnlichen" so beschaffen ist, dass dieser (trotz persönlicher Unabhängigkeit) nicht mehr in der Lage ist, seine Arbeitskraft - insoweit er durch das konkrete Rechtsverhältnis in der Verfügung über seine Arbeitskraft gehindert ist - anderweitig für Erwerbszwecke einzusetzen. Bei dieser Beurteilung ist (in methodischer Hinsicht) zu beachten, dass nicht alle Kriterien, die in einem konkreten Einzelfall möglicherweise relevant sein können, als solche aber gar nicht erschöpfend erfassbar sind, verwirklicht sein müssen. Eine Person kann als arbeitnehmerähnlich auch beurteilt werden, hinsichtlich deren Tätigkeit das eine oder andere (relevante) Merkmal fehlt oder nur geringfügig ausgeprägt ist, während andere Merkmale in besonders prägnanter Weise zum Ausdruck kommen. Einzelne Umstände, die für oder gegen ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis sprechen, dürfen nicht isoliert voneinander, sondern müssen in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl und Stärke (Gewicht) bewertet werden. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Deren Bewertung erfolgt nach den Regeln des "beweglichen Systems", in dem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmals durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen werden kann (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2008/09/0002).
Die belangte Behörde hat festgestellt, dass M. im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zu den oben angegebenen Öffnungszeiten des Bordells C. Dienst versehen hat. Die Preise für die Ausübung der Prostitution waren in der Getränkekarte des Bordells angeführt. Der Liebeslohn wurde in einen Anteil des Hauses und einen Anteil für das Mädchen aufgeteilt. Für die Beurteilung der Tätigkeit macht es rechtlich keinen Unterschied, wer den Liebeslohn kassiert und die Aufteilung vorgenommen hat. Über ihren Anteil am Liebeslohn hinaus hat M. für Animationstätigkeiten entsprechende Umsatzanteile erhalten. Sie musste überdies die Hausordnung einhalten und ihre Dienste während der Öffnungszeiten des Bordellbetriebes in dessen Räumlichkeiten anbieten und ausüben. Der Beschwerdeführer sorgte dafür, dass sie regelmäßig ärztlich untersucht wurde. Darüber hinaus erhielt sie von der S GmbH Sachzuwendungen in Form freien Quartiers und freier Konsumation von nicht alkoholischen Getränken.
Zu vergleichbaren Sachverhalten hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Ausübung der Prostitution durch Ausländerinnen in einem Nachtclub oder in ähnlichen Lokalitäten (wie hier in einem Bordell) unter Beteiligung am Umsatz als Verwendung unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie Arbeitnehmer zu qualifizieren ist (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2008/09/0002 sowie das Erkenntnis vom 18. Mai 2010, Zl. 2009/09/0242).
Wenn die Beschwerde gegen das Vorliegen eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses ins Treffen führt, die S GmbH habe von M. "außer der Miete des Zimmers keinerlei Zahlungen erhalten", entfernt sie sich vom festgestellten Sachverhalt. Mit dem nicht weiter substanziierten Vorbringen, die Fremdenpolizei hätte M. "ausdrücklich als selbständig tätige Prostituierte anerkannt", und dem Hinweis, es handle sich bei den Preisrichtlinien auf der Getränkekarte nicht um fixe Vorgaben, vermag die Beschwerde keine Umstände aufzuzeigen, die der Beurteilung als arbeitnehmerähnliches Verhältnis durch die belangte Behörde entgegen stünden.
Übertretungen nach § 28 Abs. 1 AuslBG sind Ungehorsamsdelikte iSd § 5 Abs. 1 VStG, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder eine Gefahr nicht gehört. In einem solchen Fall ist das verantwortliche Organ strafbar, wenn es nicht genügende Vorkehrungen getroffen hat, um die Verwirklichung des Tatbildes durch den unmittelbaren Täter zu verhindern. Es liegt ihm in diesem Fall daher eine Unterlassung zur Last. Bei Erfüllung des objektiven Tatbildes hat der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Solange dies nicht der Fall ist, hat die Behörde anzunehmen, dass der Verstoß bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte vermieden werden können. Es war daher Sache des Beschwerdeführers, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden traf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 2009, Zl. 2007/09/0345).
Die belangten Behörde hat zutreffend die Auffassung vertreten, dass dem Beschwerdeführer dieser Nachweis misslungen ist. Wenn er in diesem Zusammenhang vorbringt, nach den ihm vom Arbeitsmarktservice erteilten Informationen wäre es nicht möglich gewesen, für eine Prostituierte eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten, so räumt er ein, dass ihm die Notwendigkeit einer ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bewilligung bzw. deren Fehlen im Fall seiner Mitarbeiterin M. bewusst gewesen ist.
Zum Beschwerdeargument, dass die Anmeldung einer Prostituierten zur Sozialversicherung (GKK) nicht möglich sei, weil Prostituierte sozialversicherungsrechtlich als Selbständige behandelt würden, ist zu sagen, dass dies an der Qualifikation als Beschäftigung iSd § 2 Abs. 2 AuslBG nichts änderte.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 20. Juni 2011
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