Normen
BBG 1990 §40;
BBG 1990 §43 Abs1;
BBG 1990 §45 Abs2;
BBG 1990 §40;
BBG 1990 §43 Abs1;
BBG 1990 §45 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundessozialamtes Wien, Niederösterreich, Burgenland vom 31. August 2000 wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin ab 20. April 2000 dem Kreis der begünstigten Behinderten gemäß § 2 Abs. 1 BEinstG angehöre, der Grad ihrer Behinderung betrage 60 v.H. Diese Entscheidung erfolgte auf der Basis eines Sachverständigengutachtes vom 2. Juni 2000, in welchem zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ausgeführt wurde, dass die Diagnose Zustand nach Meningeom-OP der linken Orbita mit praktischer Erblindung links g.z. VI/c/630 ... 60 % laute. Der Grad der Behinderung von 60 v.H. sei gerechtfertigt, weil eine Rezidivneigung des Tumors bestehe und durch eine Ptose und den Exophthalmus eine kosmetische Beeinträchtigung gegeben sei.
Am 18. Oktober 2000 wurde der Beschwerdeführerin ein Behindertenpass ausgestellt.
Mit Schreiben vom 11. Jänner 2007 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades ihrer Behinderung. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens durch Einholung eines augenfachärztlichen Sachverständigengutachtens vom 7. Februar 2007, welches am 5. Juli 2007 ergänzt wurde, sowie eines nervenfachärztlichen Sachverständigengutachtens vom 18. Juli 2007, durch den ärztlichen Dienst der erstinstanzlichen Behörde bestätigt am 26. Juli 2007, erließ das Bundessozialamt, Landesstelle Wien, den Bescheid vom 8. August 2007, in welchem es gemäß §§ 2, 3 und 14 BEinstG feststellte, dass die Beschwerdeführerin mit Ablauf des Monats, der auf die Zustellung dieses Bescheides folge, nicht mehr zum Kreis der begünstigten Behinderten gehöre, weil die Beschwerdeführerin nur mehr einen Grad der Behinderung von 40 v.H. aufweise. Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. April 2008 als verspätet zurückgewiesen. Der Bescheid des Bundessozialamtes vom 8. August 2007, welcher der Beschwerdeführerin am 17. August 2007 zugestellt wurde, ist somit rechtskräftig.
Mit Bescheid des Bundessozialamtes, Landesstelle Wien, vom 25. Februar 2008 wurde der der Beschwerdeführerin am 18. Oktober 2000 ausgestellte Behindertenpass gemäß § 43 Abs. 1 in Verbindung mit § 45 Abs. 2 des Bundesbehindertengesetzes 1990 (BBG) eingezogen. Die erstinstanzliche Behörde führte zur Begründung aus, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin nur mehr 40 v.H. betrage, wie auf Grund des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 26. Juli 2007 (gemeint ist damit offensichtlich das nervenfachärztliche Sachverständigengutachten vom 18. Juli 2007, welchem mit Datum 26. Juli 2007 durch den ärztlichen Dienst der erstinstanzlichen Behörde zugestimmt wurde) festgestellt worden sei.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin - anwaltlich vertreten - Berufung und brachte im Wesentlichen vor, dass sich ihr Gesundheitszustand seit der ärztlichen Befundaufnahme im Jahr 2000 nicht verändert und sich der Grad ihrer Behinderung nicht verringert habe.
Die belangte Behörde holte daraufhin im Ermittlungsverfahren das Sachverständigengutachten des Nervenfacharztes Dr. H. ein, welcher, nach einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 11. Juni 2008, in seinem Gutachten im Wesentlichen Folgendes ausführte:
"... Diagnose:
1., Z.n. Keilbeinmeningeom-OP mit Sehnervschädigung links,
Exophthalmus links, normales Sehvermögen rechts
g.z. 618...............40 %
Wahl dieser Position und Bewertung aufgrund des Exophthalmus
gerechtfertigt.
(Keine Änderung gegenüber Vorgutachten.) Neurologischerseits bestehen keine Ausfälle sensomotorisch. Gesamt-GdB. 40%
Zu den Einwänden:
In dieser Berufung wird ein Widerspruch darin gesehen, dass sich der Befund der augenärztlichen Gutachten nicht verändert hat (gegenüber 26.7.2007) trotzdem sich s. Richtsatz von 60 auf 40 % verringert hat.
Die Änderung der Bewertung wird von augenärztlicher Seite damit erklärt, dass 60 % aufgrund des Rezidivs des Meningeoms bewertet wurde, da aber kein Rezidiv mehr aufgetreten ist, war eine Reduktion der Einschätzung vorzunehmen. Es bezog sich nicht auf den Visus - sondern rein auf den Krankheitsverlauf.
Neurologisch war auch diesmal kein Defizit objektivierbar bzw. sind die Ausfälle derart gering, dass sie keinen GdB erreichen (Sensibilität im Trigeminus)."
Der Beschwerdeführerin wurden im Rahmen des Parteiengehörs die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens unter Anschluss dieses Gutachten mit Schreiben vom 2. September 2008 mitgeteilt und sie wurde unter Fristsetzung zur Äußerung aufgefordert. Sie gab innerhalb der gesetzten Frist keine Stellungnahme ab.
Daraufhin erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 1. Oktober 2008, mit welchem der erstinstanzliche Bescheid vom 25. Februar 2008 bestätigt wurde. Die belangte Behörde führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass auf Grund der eingebrachten Berufung, in welchem die ärztliche Begutachtung des erstinstanzlichen Verfahrens als mangelhaft gerügt worden sei, von der belangten Behörde ein weiteres Gutachten (Dris. H.) eingeholt worden sei, welches ebenfalls zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin nur mehr 40 v.H. betrage, und in welchem ausgeführt worden sei, dass die Änderung der Bewertung damit erklärt werde, dass die seinerzeitige Einschätzung mit 60 v.H. im Hinblick auf eine Rezidivierung des Meningeoms erfolgt sei, da aber kein Rezidiv mehr aufgetreten sei, sei eine Reduktion der Einschätzung vorzunehmen. Das eingeholte Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar, die Beschwerdeführerin habe es zur Kenntnis genommen und keinen Einspruch dagegen erhoben.
Nach Beschlussfassung durch die Bundesberufungskommission, jedoch noch vor Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Beschwerdeführerin (welche am 8. Oktober 2008 erfolgte), brachte die Beschwerdeführerin ihre Stellungnahme vom 7. Oktober 2008 bei der belangten Behörde ein, in welchem sie - wie schon in der Berufung - die Einschätzung als nicht nachvollziehbar bezeichnet und vorbringt, dass seit der Feststellung des Grades ihrer Behinderung mit 60 v.H. keine Veränderung des Krankheitsbildes eingetreten sei.
In ihrer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 1. Oktober 2008 beantragt die Beschwerdeführerin dessen kostenpflichtige Aufhebung.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des BBG
(auszugsweise) maßgebend:
"BUNDESBEHINDERTENGESETZ - BBG
Ziel
§ 1. Behinderten und von konkreter Behinderung bedrohten Menschen soll durch die in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Maßnahmen die bestmögliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben gesichert werden.
...
ABSCHNITT VI
BEHINDERTENPASS
§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes … angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach den Vorschriften der §§ 7 und 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Bestimmungen keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpaß hat den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
(2) Der Behindertenpaß ist unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.
§ 43. (1) Treten Änderungen ein, durch die behördliche Eintragungen im Behindertenpaß berührt werden, hat das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen diese zu berichtigen oder erforderlichenfalls einen neuen Behindertenpaß auszustellen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist der Behindertenpaß einzuziehen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Paß eingezogen wird.
(3) (Verfassungsbestimmung) Über Berufungen gegen Bescheide des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen gemäß Abs. 2 entscheidet die Bundesberufungskommission nach dem Bundesberufungskommissionsgesetz, BGBl. I Nr. 150/2002.
(4) Gegen die Entscheidung der Bundesberufungskommission ist eine weitere Berufung unzulässig.
…
§ 46. Auf das Verfahren zur Ausstellung und Einziehung eines Behindertenpasses finden, soweit dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, und des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991, BGBl. Nr. 53, mit der Maßgabe Anwendung, dass die Berufungsfrist sechs Wochen beträgt."
Die Beschwerdeführerin führt - wie schon im Verwaltungsverfahren - im Wesentlichen aus, dass sich ihr Gesundheitszustand seit der Gewährung des Behindertenstatus im Jahre 2000 nicht verändert habe. Es sei schon im Jahr 2000 der Tumor verkapselt gewesen und es sei zu keinem weiteren Wachstum mehr gekommen. Der angefochtene Bescheid sei daher nicht gesetzmäßig begründet.
Den Beschwerdeausführungen ist zunächst zu entgegen, dass mit Bescheid des Bundessozialamtes vom 8. August 2007 festgestellt worden war, dass die Beschwerdeführerin mit Ablauf des Monats, der auf die Zustellung dieses Bescheides folge, nicht mehr zum Kreis der begünstigten Behinderten gehöre, weil der Grad ihrer Behinderung nur mehr 40 v.H. betrage. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Er wurde der Beschwerdeführerin am 17. August 2007 zugestellt, damit steht fest, dass der Beschwerdeführerin mit Ablauf des Monats September 2007 nicht mehr dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört.
Darüber hinaus wurde - zusätzlich zu den zur Ermittlung des Grades der Behinderung der Beschwerdeführerin vom Bundessozialamt eingeholten zwei Sachverständigengutachten (nämlich ein augenfachärztliches und ein nervenfachärztliches Gutachten) - nach Erhebung der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den die Einziehung des Behindertenpasses verfügenden erstinstanzlichen Bescheid auch im Verfahren vor der belangten Behörde ein fachärztliches Gutachten eingeholt, welches auf die bisherigen Befunde und Gutachten Bezug nahm und gleichfalls zum Ergebnis gelangte, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 40 v.H. betrage. Der Gutachter berücksichtigte auch, dass im seinerzeitigen Gutachten aus Juni 2000 der Einschätzung des Grades der Behinderung zu Grunde gelegt worden war, dass eine "Rezidivneigung des Tumors" bestehe, jedoch kein Rezidiv mehr aufgetreten sei.
Die Beschwerdeführerin ist insbesondere auch diesem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Sie brachte zwar sowohl im Verwaltungsverfahren als auch vor dem Verwaltungsgerichtshof (wiederholt) vor, ihrer Auffassung nach sei seit der Einschätzung im Jahr 2000 keine Änderung in ihrem Gesundheitszustand eingetreten, vermag jedoch die durch Sachverständigengutachten gestützten Erwägungen der belangten Behörde durch keine stichhältigen Argumente oder etwa durch Vorlage eines von der Einschätzung des Sachverständigen abweichenden ärztlichen Befundes zu entkräften.
Da die belangte Behörde den von der Beschwerdeführerin vertretenen Standpunkt in ihrer Entscheidung berücksichtigte und die Beschwerdeführerin auch in ihrem Schreiben vom 7. Oktober 2008 kein neues Vorbringen erstattete oder diesem Schreiben ihre Behauptungen stützende ärztliche Befunde beilegte, kann es dahin stehen, ob die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, die noch vor Erlassung (Zustellung) des angefochtenen Bescheides eingebrachte Stellungnahme zu berücksichtigen, weil sich auch daraus nichts für den Standpunkt der Beschwerdeführerin Günstigeres ergeben hätte.
Die Annahme der belangten Behörde, die Voraussetzungen für die Ausstellung des Behindertenpasses seien weggefallen, weshalb gemäß § 43 Abs. 1 zweiter Satz BBG der Behindertenpass eingezogen werden müsse, sind daher nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 29. März 2011
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