VwGH 2008/11/0006

VwGH2008/11/000624.5.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Dr. T P in W, vertreten durch Mag. Dr. Vera M. Weld, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 7/2, gegen den Bescheid des (im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Foidl Trappmaier Rechtsanwälte in 1030 Wien, Ungargasse 53, vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 13. September 2006, Zl. B 114/06-35/130906, betreffend Erlass von Beiträgen zum Wohlfahrtsfonds, von Beitragsrückständen und "Austritt" aus dem Wohlfahrtsfonds, zu Recht erkannt:

Normen

ÄrzteG 1998 §230 Abs7 idF 2010/I/061;
AVG §18 Abs3 idF 2008/I/005;
AVG §18 Abs4 idF 2008/I/005;
VwGG §42 Abs2 Z2;
ÄrzteG 1998 §230 Abs7 idF 2010/I/061;
AVG §18 Abs3 idF 2008/I/005;
AVG §18 Abs4 idF 2008/I/005;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit einer als "Bescheid" bezeichneten Erledigung des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 16. Mai 2006 wurde ausgesprochen, dass das Ansuchen des Beschwerdeführers um Erlass der offenen Fondsbeiträge für die Jahre 1999 bis 2003 sowie des Beitragsrückstands zur Todesfallbeihilfe und Krankenunterstützung abgewiesen werde (Pkt. 1), das Ansuchen um Austritt aus dem Wohlfahrtsfonds abgewiesen werde (Pkt. 2) und dem Beschwerdeführer in näher genanntem Ausmaß gewährt werde, Beitragsrückstände in Raten abzustatten (Pkt. 3).

Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ist eine Genehmigung dieser Erledigung nicht ersichtlich. Auch für eine elektronische Fertigung gibt es keinen Hinweis. Auf dem im Verwaltungsakt erliegenden Schriftstück befindet sich auf der dritten Seite, unter der Rechtsmittelbelehrung und einer Grußformel nur der folgende, offenbar formularmäßig gedruckte Text:

"Univ. Prof. Dr. M G e.h.

Vorsitzender des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds".

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. September 2006 entschied die belangte Behörde über die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde vom 1. Juni 2006 dahin, dass die Beschwerde abgewiesen und der "Bescheid vom 16.5.2006" bestätigt werde.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit seinem Beschluss vom 30. November 2007, B 2107/06-8, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Beschwerdeführer hat vor dem Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde ergänzt und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Aus Anlass des Beschwerdefalles sind beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken dahin aufgetreten, ob es sich bei der erstinstanzlichen Erledigung um einen Bescheid handelt, weil sie keine Unterfertigung aufweist und sich die Identität des Genehmigenden weder aus einer Urschrift noch aus den vorliegenden Ausfertigungen in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Weise erkennen lässt, sodass die Zuständigkeit der belangten Behörde nur darin bestanden hätte, die unzulässige Berufung zurückzuweisen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 22. Juni 2010, Zl. 2006/11/0058, und Zl. 2006/11/0108, sowie vom 29. März 2011, Zl. 2008/11/0028). Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurden daher unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aufgefordert, innerhalb der gesetzten Frist zur Frage Stellung zu nehmen, ob es sich bei der Erledigung vom 16. Mai 2006 um einen Bescheid handelt.

Der Beschwerdeführer teilte in seiner Stellungnahme vom 3. Mai 2011 mit, dass die ihm zugestellte Ausfertigung der Erledigung keine Unterfertigung des Genehmigenden aufweise und er Schriftstücke mit Unterschrift nicht erhalten habe.

Die belangte Behörde verwies in ihrer Stellungnahme vom 2. Mai 2011 auf § 230 Abs. 7 ÄrzteG 1998 in der Fassung der 14. Ärztegesetz-Novelle, wonach Ausfertigungen von Organen der österreichischen Ärztekammer und der Ärztekammern in den Ländern unter den dort genannten Voraussetzungen weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung des Genehmigenden bedürften, wobei diese Bestimmung auch für Ausfertigungen gelte, welche vor ihrem Inkrafttreten hergestellt worden seien. Es liege daher ein rechtmäßiger Bescheid vor. Abgesehen davon habe die belangte Behörde die Frage, ob die erstinstanzliche Erledigung als Bescheid zu qualifizieren sei, mangels "in diese Richtung deutenden Vorbringens" des Beschwerdeführers nicht geprüft.

Mit Unterschrift versehene bzw. auf eine elektronische Fertigung hindeutende Schriftstücke der erstinstanzlichen Behörde wurden von der belangten Behörde mit der genannten Stellungnahme nicht vorgelegt.

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht damit in den wesentlichen Rechtsfragen jenen, über welche bereits mit den hg. Erkenntnissen vom 22. Juni 2010, Zl. 2006/11/0058, und Zl. 2006/11/0108, und - was den Hinweis auf § 230 Abs. 7 ÄrzteG 1998 in der Fassung der 14. Ärztegesetz-Novelle durch die belangte Behörde anlangt - jenem, welcher mit dem hg. Erkenntnis vom 23. Feber 2011, Zl. 2008/11/0054, entschieden wurde. Es genügt daher, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf diese Erkenntnisse hinzuweisen. Von dieser Rechtsprechung abzugehen bietet auch das von der belangten Behörde in ihrer Stellungnahme vom 2. Mai 2011 erstattete Vorbringen keinen Anlass.

Es war daher der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 2 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die bereits im Pauschalsatz für Schriftsatzaufwand enthaltene Umsatzsteuer.

Wien, am 24. Mai 2011

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