VwGH 2008/08/0142

VwGH2008/08/014227.4.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer, Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des R G in I, vertreten durch Dr. Hans-Peter Ullmann und Dr. Stefan Geiler, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 17- 19, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 5. Juni 2008, Zl. LGSTi/V/0552/3205 30 04 81-702/2008, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
Auswertung in Arbeit!

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde - in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides - der Bezug des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum vom 16. Jänner 2008 bis 11. Februar 2008 widerrufen und das Arbeitslosengeld für diesen Zeitraum in Höhe von EUR 882,63 zurückgefordert.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am 4. Jänner 2008 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Arbeitslosengeld beantragt. Er habe ab 4. Jänner 2008 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich EUR 32,69 bezogen. Am 13. Februar 2008 habe der Beschwerdeführer rückwirkend eine Arbeitsaufnahme mit 12. Februar 2008 gemeldet. Dem Beschwerdeführer seien für den Monat Jänner (28 Tage) EUR 915,32 und für den Monat Februar (11 Tage) EUR 359,59 ausbezahlt worden. Laut Anzeige der Kontrollbehörde zur illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung (KIAB) sei (u.a.) der Beschwerdeführer am 12. Februar 2008 um 9.05 Uhr bei Estricharbeiten in A für die T GmbH durch Organe der KIAB angetroffen worden.

In einer Niederschrift vor der regionalen Geschäftsstelle habe der Beschwerdeführer erklärt, er habe am 12. Februar 2008 gearbeitet; er habe gemeint, eine rückwirkende Meldung binnen drei Tagen sei möglich. Die Arbeit sei einen Tag früher als geplant aufgenommen worden; darüber sei der "Chef" nicht informiert worden.

In der Berufung habe der Beschwerdeführer eingewandt, er sei am 11. Februar 2008 von seinem "Partiemitarbeiter" (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/08/0141) angerufen worden; dieser habe eine Information von der "Firma" bekommen, am folgenden Tag mit den Arbeiten wieder zu beginnen. Der Beschwerdeführer habe zugesagt und sei am 12. Februar 2008 "morgens" zu Hause abgeholt und sodann mit dessen "Partiemitarbeitern" auf die Baustelle gefahren.

Im Zuge des gegen den "Partiemitarbeiter" geführten Verwaltungsverfahrens sei aufgrund dessen Angaben festgestellt worden, dass die Personen (so auch der Beschwerdeführer) um

8.15 Uhr auf der Baustelle in A eingetroffen seien und die Arbeit aufgenommen hätten. Der Geschäftsführer der T GmbH habe telefonisch bekannt gegeben, dass er den Beschwerdeführer am 11. Februar 2008 zwischen 16 Uhr und 18 Uhr angerufen und mit ihm vereinbart habe, dass die Arbeitsaufnahme am folgenden Tag in der Früh erfolge. Der Arbeitsbeginn sei um ca. 7 Uhr gewesen. Der Beschwerdeführer habe sich mit seinem Partiemitarbeiter am Lagerplatz der T GmbH eingefunden, um dort eine Pumpe für die Verrichtung der Arbeiten in A abzuholen. Von dort seien sie direkt zur Baustelle nach A gefahren. Auf Vorhalt der Berufungsausführungen, wonach der Beschwerdeführer um 8.15 Uhr auf der Baustelle in A eingetroffen sei, sei angegeben worden, dass dies wohl richtig sei; zuvor sei jedoch die Pumpe um ca. 7 Uhr abgeholt worden.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, gemäß § 25 Abs. 2 erster Satz AlVG gelte im Falle der Betretung eines Empfängers von Arbeitslosengeld bei einer Tätigkeit gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG durch öffentliche Organe von Behörden die unwiderlegliche Rechtsvermutung, dass diese Tätigkeit über der Geringfügigkeitsgrenze entlohnt sei, sofern die Tätigkeit nicht unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice angezeigt worden sei; das Arbeitslosengeld sei für zumindest vier Wochen zurückzufordern.

Der Beschwerdeführer sei am 12. Februar 2008 um 9.05 Uhr bei Estricharbeiten für die T GmbH in A durch Organe der KIAB angetroffen worden. Die Beschäftigungsaufnahme sei am 12. Februar 2008 um ca. 8.15 Uhr erfolgt, die Beschäftigungsaufnahme sei aber erst am 13. Februar 2008 fernmündlich angezeigt worden. Das Tatbestandsmerkmal der "Unverzüglichkeit" der zu erstattenden Meldung im Sinne des § 25 Abs. 2 AlVG sei vor dem Hintergrund der Bekämpfung der Schwarzarbeit so zu interpretieren, dass eine solche Meldung vor der Beschäftigungsaufnahme zu erfolgen habe, sofern dies faktisch -

insbesondere in Anbetracht der Geschäftszeiten des Arbeitsmarktservice - möglich sei. Trotz der kurzfristigen Beschäftigungsaufnahme wäre es dem Beschwerdeführer entsprechend den Öffnungszeiten des Arbeitsmarktservice (werktags ab 8 Uhr) möglich gewesen, die entsprechende Beschäftigungsaufnahme - allenfalls telefonisch - vor der Betretung zu erstatten. Da diese Anzeige jedoch erst am 13. Februar 2008 nach Betretung durch die Organe der KIAB erstattet worden sei, liege Unverzüglichkeit nicht vor. Aufgrund der unwiderleglichen gesetzlichen Vermutung einer über der Geringfügigkeitsgrenze gelegenen Entlohnung habe der Beschwerdeführer somit rückwirkend für mindestens vier Wochen als nicht arbeitslos gegolten. Aufgrund der rückwirkend für 12. Februar 2008 erstatteten Meldung der Beschäftigungsaufnahme und der damit verbundenen Einstellung des Leistungsanspruches mit 12. Februar 2008 sei das Arbeitslosengeld für den Zeitraum vom 16. Jänner 2008 bis 11. Februar 2008 rückwirkend einzustellen und das Arbeitslosengeld für diesen Zeitraum in Höhe von EUR 882,63 (Tagsatz von EUR 32,69 für 27 Tage) rückzufordern.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der hier zu beurteilende Fall gleicht in Sachverhalt und Rechtsfrage jenem, der mit Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2008/08/0141, entschieden wurde.

Aus den in jenem Erkenntnis angeführten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 27. April 2011

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