VwGH 2008/05/0164

VwGH2008/05/016415.6.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde 1.) des Dr. D K und 2.) der E K in M, vertreten durch Ehrenhöfer & Häusler Rechtsanwälte GmbH in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchner Straße 17, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 27. Juni 2008, Zl. RU1- BR-565/003-2008, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde M), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
BauO NÖ 1996 §14 Z2;
BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §56;
BauO NÖ 1996 §6;
BauRallg;
AVG §52;
BauO NÖ 1996 §14 Z2;
BauO NÖ 1996 §54;
BauO NÖ 1996 §56;
BauO NÖ 1996 §6;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A. Mit Schreiben vom 18. August 2004 erstattete der Erstbeschwerdeführer eine Bauanzeige bei der mitbeteiligten Gemeinde bezüglich der Errichtung eines variablen Stützpunktes (8- 12 m) für drehbare Kurzwellen-Amateurfunk-Antennen.

Auf Grund einer Mitteilung der mitbeteiligten Gemeinde vom 15. September 2004, wonach dieses Vorhaben baubewilligungspflichtig nach § 15 der NÖ Bauordnung 1996 (BO) sei, zog der Erstbeschwerdeführer die Bauanzeige mit Schreiben vom 28. September 2004 zurück und reichte mit Schreiben vom 30. September 2004 ein Ansuchen auf Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung des besagten Stützpunktes ein.

Auf Grund einer Verständigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 18. Oktober 2004 iSd § 22 Abs. 2 BO wurden von Anrainern Einwendungen im Hinblick auf eine Ortsbildbeeinträchtigung sowie auf eine erhöhte Blitzgefahr durch das beantragte Projekt erhoben.

Am 26. November 2004 fand eine Verhandlung an Ort und Stelle statt, bei der sich ergab, dass das Fundament der Anlage an der eingereichten Stelle bereits errichtet war; die Verhandlung wurde zur Einholung eines Gutachtens betreffend das Ort- und Landschaftsbild nach §§ 54 und 56 BO und eines elektrotechnischen Gutachtens vertagt.

In einer gutachterlichen Stellungnahme des staatlich befugten und beeideten Zivilingenieurs für Elektrotechnik Dipl. Ing. P vom 18. Mai 2005 wurde festgestellt, dass unter Einhaltung von Maßnahmen aus blitzschutztechnischer Sicht kein Einwand gegen eine Errichtung einer privaten Funk-Antennenanlage bestehe, gleichzeitig aber dringend empfohlen, einen Abstand von mindestens 10 m zum Fremdgrund bzw. öffentlichen Grund einzuhalten.

Der Bescheid betreffend die Vorschreibung von Kommissionsgebühren und Barauslagen des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 20. Mai 2005 wurde auf Grund einer dagegen vom Erstbeschwerdeführer erhobenen Berufung behoben.

Mit Schreiben vom 29. September 2009 wurde das NÖ Gebietsbauamt Wiener Neustadt um Erstellung eines Ortsbildgutachtens ersucht. In seinem Gutachten vom 31. Jänner 2006 zog der bautechnische Amtssachverständiger Dipl. Ing. P auf Grund der von ihm erhobenen Tatsachen den Schluss, dass die negativen optischen Auswirkungen der geplanten Anlage wesentlich durch die exponierte Lage im Vorgarten im Bereich der Hauptsichtachse des verbauten Ortsgebiets von P gegeben sein. Mit Schreiben vom 27. März 2006 ergänzte der bautechnische Amtssachverständige sein Gutachten auf Grund einer ablehnenden Stellungnahme des Erstbeschwerdeführers und konstatierte neuerlich eine Ortsbildbeeinträchtigung.

Schon mit Eingabe vom 30. September 2006 stellte der Erstbeschwerdeführer einen Devolutionsantrag. Dieser Antrag wurde vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid von 4. April 2006 nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens mit der Begründung abgewiesen, dass die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Baubehörde I. Instanz zurückzuführen sei.

Mit Bescheid vom selben Tag wies der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Bewilligungsantrag nach § 20 Abs. 1 und 3 BO ab. Dieser Bescheid wurde vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 8. August 2006 bestätigt.

Der gegen die Bescheide des Gemeindevorstands erhobenen Vorstellung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 19. Dezember 2007 Folge, die bekämpften Bescheide wurden aufgehoben und die Angelegenheiten zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindevorstand verwiesen (1. Vorstellungsbescheid).

Mit Bescheid vom 1. April 2008 gab der Gemeindevorstand dem besagten Devolutionsantrag statt, wies aber das Ansuchen der beschwerdeführenden Parteien um Baugenehmigung für die Errichtung eines Stützpunktes für drehbare Kurzwellen-Amateurfunkanlage auf dem Grundstück 376/1, KG M, gemäß § 20 Abs. 1 Z. 6 und Abs. 3 BO iVm § 56 BO ab.

B. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen von den beschwerdeführenden Parteien erhobene Vorstellung gemäß § 61 Abs. 4 NÖ Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen (2. Vorstellungsbescheid).

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten: Im Verfahren nach § 56 Abs. 2 BO sei das in Aussicht genommene Bauwerk auf seine harmonische Einfügung in die Umgebung zu prüfen. Laut dem besagten Ortsbild-Gutachten des Sachverständigen werde die Umgebung von dem angeführten Bauwerk ausgehend von der Einsehbarkeit des geplanten Gittermastes mit der Antenne an der Mastspitze optisch beeinflusst. Die Strukturen der Gebäude (vorliegend im Wesentlichen Ein- und Zweifamilienhäuser) unterschieden sich vom Masten grundsätzlich. Eine harmonische, optische Wechselbeziehung zwischen der gebauten Struktur samt den dabei angewandten Gestaltungsprinzipien und der geplanten baulichen Anlage sei vorliegend im relevanten Siedlungsgebiet nicht gegeben.

Im Ortsbildgutachten vom 31. Jänner 2006 habe der Amtssachverständige im Befund die gegenständliche Anlage beschrieben. Das Betonblockfundament sei mit den Grundrissaußenmaßen von 1,65 x 1,75 m und einer Tiefe von 1,4 m projektiert. Die Fundamentoberkante werde im Niveau gleich mit der Geländeoberkante ausgeführt. Der Antennentragmast sei im Betonfundament verankert. Der Mast werde als Stahlgittermast mit zwei Schüssen ausgeführt. Der erste Schuss habe eine Höhe von ca. 6,5 m, der zweite Schuss werde am ersten Schuss teleskopförmig bewegt. Im eingefahrenen Zustand werde die Oberkante der Antennenanlage ca. 8,5 m über dem Gelände liegen. Die Oberkante der ausgefahrenen Antenne werde gemäß Einreichplan ca. 13 m über der Geländeoberkante liegen. Zwischen dem Antennenmast und dem Wohnhaus der Beschwerdeführer im Norden und der östlichen Nachbargrundgrenze seien Abstände von je 10 m projektiert, zur westlichen Nachbargrundgrenze würde der Abstand 14 m betragen. Der Abstand zur straßenseitigen Grundgrenze betrage laut Lageplan 3,60 m. Auf dem Grundstück Nr. 376/1, KG M, bestünden ähnlich der offenen Bauweise mit Abständen zu allen Grundgrenzen das Wohnhaus der Beschwerdeführer mit zwei Wohneinheiten und in der nordöstlichen Grundstückecke ein Nebengebäude mit Garage. Der Kern des verbauten Ortsgebiets von P bestehe aus gewidmeten Baulandflächen, Baulandwohngebiet zu beiden Seiten der Tiefenlinie des Tales bzw. zu beiden Seiten des Pgrabens und der das Tal erschließenden Gemeindestraße. Die gewidmete Baulandtiefe betrage zu beiden Seiten der Gemeindestraße zwischen ca. 20 m und ca. 100 m. Der gewidmete Baulandstreifen erstrecke sich auf eine Länge von ca. 750 m. Die gewidmeten Baulandflächen würden im Süden und im Norden parallel zur Längsachse des Tales von Hangböschungen im Grünland begrenzt. Die Baulandflächen seien großteils mit ein- oder zweigeschossigen Wohngebäuden, teilweise mit Dachgeschossausbau, und den Nebengebäuden bebaut. Die Höhe der Hauptgebäude entspreche weitgehend den Bauklassen 1 und 2, d.h. mit einer Höhe bis maximal 8 m. Das Wohnhaus der Beschwerdeführer besitze eine Gebäudehöhe von ca. 7,55 m. Ausgehend von der Einsehbarkeit des geplanten Gittermastes mit Antenne an der Mastspitze werde als Bereich, der vom Standort des geplanten Bauwerks optisch beeinflusst werde, der gewidmete Baulandbereich im Ortsteil P etwa zwischen der Liegenschaft mit der Hausnummer Nr. 61 im Westen des Anlagestandortes und der Einmündung des Blättertalweges in die Haupterschließungsstraße östlich des Standortes festgelegt. Dieser Bereich besitze eine Längserstreckung von ca. 450 m. Die Strukturen von Gittermasten und von Gebäuden unterschieden sich grundsätzlich. Im ersten Fall handle es sich um Bauwerke mit deutlich ausgeprägten quaderähnlichen und kubischen Formen, im zweiten Fall um eine technische bauliche Anlage (vgl. § 4 Z. 4 BO). Ein Gittermast sei ein rein technisches Bauwerk, das funktechnisch bedingt eine große Höhe, aber eine sehr geringe verbaute Fläche aufweise und auf Grund der gewählten Konstruktion durchsichtig sei. Die Proportionen der Erscheinungsform des Gittermasten seien mit jener eines Gebäudes daher nicht vergleichbar. Eine harmonische optische Wechselwirkung zwischen der vorhandenen gebauten Struktur samt den dabei angewandten Gestaltungsprinzipien und der geplanten baulichen Anlage sei im vorliegenden bebauten Siedlungsgebiet nicht gegeben. Der Gittermast überrage im ausgefahrenen Zustand die umliegenden Gebäude um einige Meter. An der Mastspitze werde eine im Grundriss 8,5 m x 4,8 m große Antenne montiert. Diese negative optische Auswirkung werde wesentlich dadurch verstärkt, dass der geplante Standort des Stützpunktes für drehbare Kurzwellenamateurfunkantennen im Vorgarten eines Wohnsiedlungsgebietes und in der Hauptsichtachse entlang der Aufschließungsstraße des Tales liege. Die dort bestehenden hölzernen Freileitungsmasten für Strom und Telephon besäßen zwar ähnliche Proportionen, wiesen aber eine geringere Höhe auf und fügten sich durch den verwendeten Baustoff Holz besser in den Baubestand ein, welcher ebenfalls mehrheitlich Holzelemente besitze.

Dieses Gutachten sei strukturiert und schlüssig. Der Sachverständige habe festgehalten, dass eine harmonisch optische Wechselbeziehung zwischen der Gebäudestruktur mit den dabei angewendeten Gestaltungsprinzipien und der geplanten baulichen Anlage im gegenständlichen Siedlungsgebiet nicht gegeben sei. Durch die Höhe des Antennenmastes und die Situierung im Vorgartenbereich werde eine negative optische Auswirkung für das Wohnsiedlungsgebiet in der Hauptsichtachse des Tales erzielt. Mit Gutachten vom 27. März 2006 sei vom Sachverständigen eine Ergänzung zu seinem Gutachten vom 31. Jänner 2006 abgegeben worden. Dort sei unter anderem ausgeführt worden, dass es die Unterschiede zwischen Holzmasten und dem Gittermast - einerseits betreffend die Höhe und andererseits betreffend den Unterschied der an der Spitze des Gittermastes geplanten, weit ausladenden Antenne mit horizontaler schirmförmiger Struktur - nicht zuließen, dass hier von einem ausgewogenem Verhältnis der bestehenden Maststruktur mit dem geplanten Bauwerk gesprochen werden könne. Zu der von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten bestehenden 20 kV - Freileitung am Berghang werde ausgeführt, dass diese im zunächst erstellten Gutachten nicht erwähnt worden sei, weil sie außerhalb des Baulandes und außerhalb des verbauten Gebiets von P liege und bei einer Betrachtung des Standortes der geplanten Kurzwellenamateurfunkanlage optisch nicht oder nur untergeordnet in Erscheinung trete. Im ergänzenden Gutachten werde dazu festgehalten, dass sich diesbezüglich - obwohl die Freileitungsmasthöhen bis zu ca. 10 m reichten - im Wesentlichen das Gleiche wie bezüglich der Holzmasten im Ortsgebiet ergebe. Die Holzmasten fügten sich besser in das Gelände ein und seien teilweise durch den Baumstand bedeckt und träten optisch weniger in Erscheinung. Nach dem Ergänzungsgutachten - wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt - ließen es die beschriebenen Unterschiede zwischen den Masten für Telefon und Strom einerseits und dem geplanten Antennentragmast andererseits, im besonderen der Unterschied durch die an der Spitze des Gittermastes geplante weitausladende Antenne (Grundriss: 8,5 m x 4,8 m) mit horizontaler schirmförmiger Struktur, nicht zu, von einem ausgewogenen Verhältnis der gebauten Mast-Struktur und dem geplanten Bauwerk sprechen zu können. Dazu komme noch, dass die 20 kV-Freileitung durch die abseitige Lage unmittelbar vor dem ansteigenden Hang und durch die teilweise Trassenführung im Waldbereich optisch wenig in Erscheinung trete. Die Freileistungstrasse liege oberhalb des Siedlungsbereiches in mittelsteilem Gelände. Die Freileitung verlaufe teilweise im Wald, bzw. seien die Leitungsmasten teilweise durch den Baumbestand abgedeckt.

Aus den beiden schlüssigen Ortsbildgutachten seien für die belangte Behörde keinerlei Widersprüchlichkeiten ersehbar, es gebe keinen Hinweis auf eine mangelnde Fachkunde des Sachverständigen. Auch seien im vorliegenden Verwaltungsakt keinerlei Hinweise auf eine etwaige Befangenheit des Amtssachverständigen zu finden.

Weiters sei von der Baubehörde festgestellt worden, dass der Abstand des Mastfußes von der Gemeindestraße ca. 7,5 m betrage. Im Gutachten des elektrotechnischen Sachverständigen vom 18. Mai 2006 sei die Blitzsituation am gegebenen Baugrundstück erhoben und schlüssig festgehalten worden, dass die Errichtung des vorgesehenen Antennenmastes mit der in Aussicht genommenen flächenhaften drehbaren Antenne eine geringfügige Erhöhung der Einschlagswahrscheinlichkeit für Blitze in und um den Antennenbereich darstelle, weil diese Antenne die umliegenden Objekte (wenn auch geringfügig, so doch flächenhaft) überrage und damit als eine potenzielle Blitzfangeinrichtung angesehen werden müsse. Personen oder Tiere dürften sich im Gewitterfall nicht in der Nähe des Mastes aufhalten. Dies könnte ausgeschlossen werden, wenn ein Abstand von mindestens 10 m zum Fremdgrund bzw. zum öffentlichen Grund gegeben sei. Dem Einwand, eine Blitzgefährdung stelle kein Nachbarrecht dar, sei entgegenzuhalten, dass durch die Errichtung des gegenständlichen Kurzwellenamateurfunkantennenmastes eine Erhöhung der Blitzhäufigkeit jedenfalls nicht auszuschließen sei und dadurch zumindest eine Gefahr für den Brandschutz benachbarter Projekte gegeben sein könne. Daher sei nachvollziehbar, dass die Baubehörde erster Instanz diesbezüglich auf die Einholung eines Blitzschutzgutachtens beharrt habe.

Die Frage, ob ein Bauvorhaben iSd § 56 BO das Ortsbild störe, stelle eine Rechtsfrage dar, die die Baubehörde mittels Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen zu beantworten habe. Die Ortsbildfrage stelle - wie von den Beschwerdeführern ausgeführt - kein Nachbarrecht dar. Dennoch sei es Sache der Baubehörde, die Frage des Ortsbildes von Amts wegen zu prüfen und diesbezüglich ein Gutachten einzuholen. Daher habe die Baubehörde das schon genannte Ortsbildgutachten vom 31. Jänner 2006 eingeholt. Dieses (wie erwähnt) schlüssige Gutachten habe ergeben, dass das Ortsbild erheblich gestört werde.

Weiters sei, weil im gegenständlichen Bereich kein Bebauungsplan gelte, auch gemäß § 54 Abs. 1 BO zu beurteilen, ob das geplante Bauwerk in seiner Anordnung auf dem Grundstück von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken auffallend abweiche. Diese auffallende Abweichung sei vom Sachverständigen im Ortsbildgutachten festgestellt worden, weil sich der Gittermast von den bestehenden Holzmasten wesentlich unterscheide und zu negativen optischen Auswirkungen führe. Aus den im Akt liegenden Fotos sei auch ersichtlich, dass im gegenständlichen Bereich in den Vorgärten keine baulichen Anlagen in der Dimension dieses Mastes stünden.

Die Beschwerdeführer seien den Ortsbildgutachten sowie dem Blitzschutzgutachten der Sachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und hätten diese Gutachten auch nicht entkräften können. Sie hätten es selbst zu verantworten, dass sie in Kenntnis der negativen Gutachten trotzdem die gegenständliche Amateurfunkanlage ohne Bewilligung errichtet hätten. C. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen. Auch die - unvertretene - mitbeteiligte Gemeinde wendete sich in einer Gegenschrift gegen die Beschwerde.

D. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der BO idF 8200- 8 lauten:

"Bauvorhaben

§ 14

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

Nachstehende Bauvorhaben bedürfen einer Baubewilligung:

...

2. die Errichtung von baulichen Anlagen, durch welche Gefahren für Personen und Sachen oder ein Widerspruch zum Ortsbild (§ 56) entstehen oder Rechte nach § 6 verletzt werden könnten;

(...)

§ 54

Bauwerke im ungeregelten Baulandbereich

Ein Neu- oder Zubau eines Bauwerks ist unzulässig, wenn für ein als Bauland gewidmetes Grundstück kein Bebauungsplan gilt oder dieser keine Festlegung der Bebauungsweise oder -höhe enthält und das neue oder abgeänderte Bauwerk

* in seiner Anordnung auf dem Grundstück oder Höhe von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken auffallend abweicht oder

* den Lichteinfall unter 45 Grad auf Hauptfenster zulässiger Gebäude auf den Nachbargrundstücken beeinträchtigen würde.

Zur Wahrung des Charakters der Bebauung dürfen hievon Ausnahmen gewährt werden, wenn dagegen keine hygienischen oder brandschutztechnischen Bedenken bestehen.

...

§ 56

Ortsbildgestaltung

(1) Bauwerke, die einer Bewilligung nach § 14 bedürfen oder nach § 15 der Baubehörde anzuzeigen sind, haben sich in ihre Umgebung harmonisch einzufügen.

(2) Wo noch kein Bebauungsplan gilt oder dieser Bebauungsplan entweder keine oder keine anderen Regeln zur Ortsbildgestaltung enthält, ist das Bauwerk auf seine harmonische Einfügung in die Umgebung zu prüfen.

(3) Umgebung ist jener Bereich, der vom Standort des geplanten Bauwerks optisch beeinflusst werden wird. Harmonie ist jene optische Wechselbeziehung, die sich - unabhängig von Baudetails, Stilelementen und Materialien - durch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der gebauten Struktur sowie der dabei angewandten Gestaltungsprinzipien und dem geplanten Bauwerk ergibt.

Struktur ist die Proportion der einzelnen Baumassen und deren Anordnung zueinander.

(4) Bei der Beurteilung nach Abs. 2 ist auszugehen von * der Gestaltungscharakteristik bzw. Struktur des Baubestandes der Umgebung,

* der Charakteristik der Landschaft, soweit sie wegen des Standorts des geplanten Bauwerks in die Umgebung einzubeziehen ist und

* den charakteristischen gestalterischen Merkmalen des geplanten Bauwerks."

Ob auf dem Boden des § 54 BO ein Bauwerk im ungeregelten Baulandbereich zulässig ist, kann abschließend nur beurteilt werden, wenn die Anordnung des geplanten Bauwerks auf dem Grundstück und/oder seine Höhe mit der Anordnung oder Höhe der "von den an allgemein zugänglichen Orten zugleich mit ihm sichtbaren Bauwerken" verglichen wird. In diese Beurteilung sind alle jene Liegenschaften einzubeziehen, die miteinander nach der überwiegend herrschenden faktischen Bebauung ein im Wesentlichen einheitliches, zusammenhängendes Ganzes bilden, damit ein einem Bebauungsplan ähnlicher Beurteilungsmaßstab geschaffen werden kann. Demnach sind zunächst konkrete Feststellungen über die Grenze des Bezugsbereiches erforderlich (vgl. hiezu sowie zum Folgenden das hg. Erkenntnis vom 28. September 2010, Zl. 2009/05/0344, mwH).

Die Frage des Vorliegens bzw. Eingriffes in ein Ortsbild im Lichte des § 56 BO ist zwar eine Rechtsfrage, die für die Beurteilung dieser Rechtsfrage erforderlichen Sachverhaltsgrundlagen, wie sich ein Bauwerk im öffentlichen Raum, gesehen von diesem, darstellt und auf diesen auswirkt, also die Frage der Auswirkung der baulichen Anlage auf das Ortsbild, ist jedenfalls von einem Sachverständigen (Ortsbildgutachter) zu beurteilen, der die konkrete örtliche Situation zu beschreiben hat. Die Behörde hat sodann das vom Sachverständigen erstattete Gutachten auf seine Vollständigkeit und Schlüssigkeit zu überprüfen und soweit erforderlich als Grundlage für ihre Entscheidung heranzuziehen. Für die Schlüssigkeit des Gutachtens ist es geboten, dass der Gutachter das relevante Ortsbild in seinem Befund nach sachlichen Gesichtspunkten nachvollziehbar abgrenzt. Es ist durchaus möglich, dass es sich dabei um ein sehr weitreichendes Gebiet handelt. Es bedarf aber jedenfalls einer sachlichen Begründung, weshalb das für die Beurteilung entscheidende Gebiet im Hinblick auf die gegenständliche Anlage insgesamt von Bedeutung ist, wobei es auf die Ansicht dieses Gebietes ankommt (Umgebung im Sinne des § 56 Abs. 3 BO).

2. Dem Einwand der beschwerdeführenden Parteien, ihr Antrag erfasse nur die Errichtung eines Stützpunktes für drehbare Kurzwellen-Amateurfunkantennen und somit lediglich den Antennenträger, weshalb die Antenne selbst nicht Gegenstand ihres Antrages sei, dass die belangte Behörde die Antenne in ihrer Beurteilung nicht hätte einbeziehen dürfen und mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag überschritten habe, ist entgegenzuhalten, dass eine Beurteilung der beantragten Baulichkeit weder nach § 54 BO noch nach § 56 BO ohne Einbeziehung der in ihren festgestellten Ausmaßen unstrittigen Antenne erfolgen kann. Dies vor diesem Hintergrund, dass - wie die beschwerdeführenden Parteien einräumen - die Antenne mit dem Antennenträger technisch notwendigerweise verbunden sein muss und auch der vor den Beschwerdeführern vorgelegte Einreichplan nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten die Antenne gemeinsam mit dem Antennenträger zeigt. Daher kann im vorliegenden Fall der Behörde nicht der Vorwurf gemacht werden, den Antrag der beschwerdeführenden Bauwerber überschritten zu haben.

3. Bezüglich des Vorliegens bzw. Eingriffes in ein Ortsbild nach § 56 BO sowie der Beurteilung nach § 54 BO hat sich die belangte Behörde entgegen der Beschwerde auf ein nachvollziehbares (ergänztes) Gutachten eines Amtssachverständigen gestützt (insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem, der dem hg. Erkenntnis vom 28. September 2010, Zl. 2009/05/0344, zu Grunde lag). In diesem Gutachten werden schlüssigerweise sowohl die in Aussicht genommene Baulichkeit als auch die im Bereich des Ortes der beabsichtigten Errichtung gegebene konkrete örtliche Situation beschrieben, wobei das relevante Bezugsgebiet nach sachlichen Gesichtspunkten auf den angegebenen Bereich im Ortsteil P mit in der Längserstreckung von ca. 450 m eingegrenzt wird. Dabei ist der Sachverständige - den oben genannten Vorgaben entsprechend - von der Ansicht des Gebietes ausgegangen. Es erscheint auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde ihre Beurteilung auf die auf dem Befund basierenden nachvollziehbaren - oben aus der Wiedergabe des angefochtenen Bescheides ersichtlichen - sachverständigen Schlussfolgerungen stützte, dass sich die in Aussicht genommene Baulichkeit nicht harmonisch in den eingegrenzten Bereich einfügt. Aus den dort angegebenen Umständen unterscheidet sich die in Aussicht genommene Baulichkeit maßgeblich von den in diesem Bereich vorhandenen Gegebenheiten einschließlich der hölzernen Strom- und Telefonleitungsmasten. Zur der von den beschwerdeführenden Parteien geltend gemachten 20-kV Stromleitung ist darauf hinzuweisen, dass diese unstrittig außerhalb des beschriebenen für das Ortsbildgutachten maßgeblichen Bezugsbereiches von ca. 450 m Länge und außerhalb des verbauten Gebietes von P liegt. Ungeachtet dessen ergibt sich diesbezüglich aus der schlüssigen Gutachtensergänzung des Amtssachverständigen, dass auch unter Berücksichtigung dieser 20-kV Stromleitung von keinem ausgewogenen Verhältnis der gebauten Mast-Struktur und dem geplanten Bauwerk gesprochen werden kann.

Die belangte Behörde hat schon auf Basis des Wortlauts der §§ 54, 56 BO auch zu Recht darauf hingewiesen, dass sie ihre Beurteilung nach diesen Bestimmungen von Amts wegen unabhängig davon zu treffen hatte, ob bezüglich der Beachtung des § 56 BO sowie des § 54 leg. cit. ein Nachbarrecht gegeben sein kann.

Es kann ihr im Sinne der obigen Darlegungen nicht entgegengetreten werden, wenn sie zum Ergebnis kam, dass der beantragten Baubewilligung die Bestimmungen der §§ 54, 56 BO entgegenstanden, und die Vorstellung der beschwerdeführenden Parteien gegen den Bescheid des Gemeindevorstands der mitbeteiligten Gemeinde vom 1. April 2008 als unbegründet abwies. Bei dieser Sachlage ist es entbehrlich, auf das weitere Vorbringen der Beschwerde betreffend das Blitzschutzgutachten einzugehen.

4. Wenn die Beschwerde rügt, dass der Verhandlungsleiter bei der mündlichen Verhandlung eine neuerliche Verhandlung im Gemeindeamt in Aussicht gestellt habe, dies aber nicht erfolgt sei, zeigt sie bezüglich des angefochtenen Bescheides keinen wesentlichen Verfahrensmangel auf, zumal die beschwerdeführenden Parteien auch ohne eine derartige neuerliche Verhandlung im Laufe der Verwaltungsverfahren ihr Vorbringen - insbesondere ihre Einwände gegen die Gutachten der Sachverständigen - erstatten konnten und ohnehin erstattet haben. Gleiches gilt für den gerügten Umstand, dass das Protokoll über die Bauverhandlung ohne Beiziehung der beschwerdeführenden Parteien im nachhinein angefertigt worden sei.

5. Auf dem Boden des Gesagten erweisen sich schließlich die Verfahrensrügen, der maßgebliche Sachverhalt sei nicht hinreichend ermittelt sowie bezüglich der Überschreitung des Antrags aktenwidrig angenommen worden und der angefochtene Bescheid sei nicht ausreichend begründet, als nicht zielführend.

6. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 15. Juni 2011

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