Normen
BauG Bgld 1997 §5 Abs4;
BauG Bgld 1997 §5 Abs5;
BauG Bgld 1997 §5 Abs4;
BauG Bgld 1997 §5 Abs5;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 sowie der erst- und zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.
Begründung
1.1. Die erstmitbeteiligte und die zweitmitbeteiligte Partei beantragten mit Schreiben vom 6. Juni 2007 gemäß § 18 des Burgenländischen Baugesetzes 1997 (Bgld. BauG) eine baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Wärmedämmverbundsystem-Fassade auf ihrem Grundstück in I, Gst. Nr. 1705/2 (EZ 3241 KG I). Nach der Baubeschreibung soll als Fassandenbeschichtung (neu) ein Wärmedämmverbundsystem mit 10 cm EPS-Platten angebracht werden.
Dazu fand am 6. Juli 2007 eine mündliche Verhandlung statt, bei der die Beschwerdeführerin - die Eigentümerin des anrainenden Grundstückes Nr. 1705/3 (EZ 3753 KG I) - folgende Einwendung geltend machte:
"Eigentumsgrenze ist gleich Baulinie gemäß Baubescheid der Marktgemeinde I, Zl. 739/3-1975 vom 12.12.1975, in Verbindung mit Bescheid Zl. 368/3-1975 vom 16.5.1975, damit redliche Eigentumsersitzung durch die Anrainerin bezüglich jenes Grundstücksstreifens, welcher von der 10 cm starken Wärmedämmfassade betroffen ist. Durch die beantragte Bauführung ist daher das Eigentum der Anrainerin JF verletzt. Die Sanierung der Fassade im hinteren Bereich kann durch Verputz erfolgen. Die bisherige Stärke kann verputzt werden (von der hinteren Grundstücksgrenze bis zum dortigen Gebäude - laut Plan). Ansonsten gibt es keine weiteren Einwände und Bedingungen."
Mit Bescheid vom 24. Juli 2007 erteilte der Bürgermeister der drittmitbeteiligten Marktgemeinde als Baubehörde I. Instanz den erst- und zweitmitbeteiligten Bauwerbern gemäß § 18 Abs. 10 iZm § 30 Abs. 1 Bgld. BauG die baubehördliche Bewilligung "für die Errichtung einer Vollwärmefassade zum Anrainer" (der Beschwerdeführerin) auf der Grundlage der mit dem Bewilligungsvermerk versehenen Baubeschreibung und der Planunterlagen sowie unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen. Begründend wurde u.a. Folgendes ausgeführt: Das Grundstück der Bauwerber sei im Jahr 2007 vermessen worden, ferner sei eine Grenzfeststellung durch näher bezeichnete Ziviltechniker (Vermessungskanzlei) vorgenommen worden. Diese Vermessung, bei der auch die Beschwerdeführerin anwesend gewesen sei, habe eindeutig ergeben, dass das Gebäude (aufstrebendes Mauerwerk) der Bauwerber nicht auf der Grundstücksgrenze situiert sei. Die Entfernung des Mauerwerks von der Grundstücksgrenze betrage zwischen 16 und 30 cm. Diesbezüglich liege eine planliche Darstellung der Ziviltechniker vor, wo Grundstücksgrenze und Baulinie genau ersichtlich seien. Aus diesem Grund sei eine Anbringung der Vollwärmedämmfassade in der Stärke von 10 cm durch die Bauwerber möglich, fremdes Eigentum werde hiefür nicht beansprucht. Die Bauwerber hielten mit dieser Baumaßnahme ihre Grundstücksgrenzen ein. Eine Verletzung des Eigentums der Beschwerdeführerin durch dieses Bauvorhaben liege nicht vor. Einer Eigentumsersitzung durch die Beschwerdeführerin könne seitens der Baubehörde nicht zugestimmt werden, diesbezüglich werde sie auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Die von der Beschwerdeführerin angesprochenen baubehördlichen Bescheide aus dem Jahr 1975 beträfen den Zubau von Wohngebäuden. Hier sei eindeutig die Baulinie festgelegt worden(, welche zwischen den beiden bestehenden Gebäuden der Bauwerber zu verlaufen habe). Diese Tatsache sei auch auf dem Einreichplan genau ersichtlich. Durch die Festlegung der Baulinie sei ein Grundstücksstreifen von ca. 25 cm als Reihe liegen geblieben, welche nicht verbaut worden sei. Diesbezüglich habe es keinerlei Einwände bzw. keine Berufung des damaligen Anrainers - des Vorbesitzers der Beschwerdeführerin - gegeben.
In der dagegen gerichteten Berufung wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass die beantragte Bauaufführung die festgestellte Baulinie zu Lasten der Beschwerdeführerin verletze, und zwar durchgehend um 10 cm. Mit den beiden Baubewilligungen aus dem Jahr 1975 sei nämlich eindeutig festgestellt und bestätigt worden, dass die Baulinie von der Ecke des Wohngebäudes zur Ecke des Wirtschaftsgebäudes der Bauwerber verlaufe.
1.2. Diese Berufung wurde vom Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 10. Dezember 2007 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 76 der Bgld. Gemeindeordnung abgewiesen. In der Begründung wurde insbesondere darauf hingewiesen, aus dem in Rede stehenden Vermessungsplan sei klar zu ersehen, dass das Gebäude nicht an der Grundstücksgrenze ausgeführt werde und auf dem Grundstück der Bauwerber ausreichend Platz (16 bis 30 cm) für die Errichtung der Vollwärmfassade gegeben sei. (Im Jahr 1975 sei für den schon angesprochenen Zubau von Wohnräumlichkeiten eindeutig die Baulinie zwischen den beiden bestehenden Gebäuden im Inneren des Hofes festgelegt worden.) Aus dem Einreichplan seien sowohl die im Jahr 1975 festgelegte Baulinie als auch der Umstand ersichtlich, dass noch ein Grundstücksstreifen in der Breite von ca. 25 cm zwischen dem neuen bzw. den bestehenden Gebäuden der Bauwerber und der Grundstücksgrenze zur anrainenden Beschwerdeführerin liege. Diese Fläche zur Grundstücksgrenze sei bislang nicht verbaut worden. Die Festlegung der Baulinie im Jahr 1975 von der Ecke des Wohngebäudes zu der Ecke des Wirtschaftsgebäudes der Bauwerber in einer Geraden sei erfolgt, weil damals auf Bauwerberseite die Absicht bestanden habe, das Grundstück bis zur Grundgrenze inklusive des Grundstücksstreifens von ca. 25 cm zu verbauen. Die verbleibende Grundstücksfläche habe aber auf Seiten der mitbeteiligten Parteien liegen bleiben müssen.
1.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der dagegen gerichteten Vorstellung gemäß § 84 Bgld. Gemeindeordnung keine Folge gegeben.
Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten: Der Nachbar könne die Frage des strittigen Grenzverlaufes geltend machen. Dieses Vorbringen sei nicht auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, vielmehr habe die Baubehörde die Frage des Grenzverlaufs nach § 38 AVG als Vorfrage zu beurteilen und diese Beurteilung ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. Vorliegend sei zu beurteilen gewesen, ob bei Anbringung der Wärmedämmung an der Fassade des Gebäudes der Bauwerber eine Grundgrenzenverletzung zu erwarten sei. Die Baubehörde habe die Feststellung der strittigen Grundstücksgrenze auf die vorliegende Vermessungsurkunde der Ziviltechniker vom Dezember 2006 gestützt. Dieser sei zu entnehmen, dass auf dem Grundstück der Bauwerber durchgehend zwischen 16 cm und 30 cm für die Anbringung der Vollwärmefassade zur Verfügung stünden. Die bestehende Grundgrenze habe durch den Bescheid der Baubehörde der mitbeteiligten Marktgemeinde aus dem Jahr 1975 nicht festgelegt oder verschoben werden können.
Den Ausführungen in der Vermessungsurkunde sei die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Sie habe auch nicht dargelegt, warum dieses Gutachten nicht zutreffe. In dem von der Beschwerdeführerin angesprochenen Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 12. Dezember 1975 finde sich bezüglich der Baulinie folgender Passus:
"Die in der Baubewilligung vom 16.05.1975 … festgelegte Baulinie zum Anrainer … (nunmehr: zur Beschwerdeführerin) wird neuerlich bestätigt. Diese Baulinie verläuft somit von der Ecke des Wohngebäudes zur Ecke des Wirtschaftsgebäudes des Bauwerbers (nunmehr: der Bauwerber) in einer Geraden."
Gemäß § 5 Abs. 4 Bgld. BauG könne die Baubehörde das Vorspringen untergeordneter Bauteile, wie z.B. Erker, Balkone, Dachvorsprünge, Schutzdächer, Freitreppen, Terrassen udgl. über die Baulinie genehmigen, wenn das Ortsbild und die Sicherheit von Personen und Sachen nicht beeinträchtigt werden. Die Aufzählung der untergeordneten Bauteile sei demonstrativ. Die nachträgliche Anbringung einer Wärmedämmung werde nicht ausdrücklich genannt, sei aber unter diese Bestimmung zu subsumieren. Durch die genannte gesetzliche Regelung solle eine nachträgliche Verbesserung des Wärmeschutzes gewährleistet werden. Es sei daher zulässig gewesen, die Anbringung der Wärmedämmung zu bewilligen, auch wenn damit eine geringfügige Überschreitung der im Jahr 1975 festgelegten Baulinie verbunden sei. Unstrittig sei, dass die Anbringung der geplanten Wärmedämmung innerhalb des Grundstückes der Bauwerber liege und daher keine Grundgrenzenverletzung zur Beschwerdeführerin herbeigeführt werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. In diesem Schreiben wird zur Sache Folgendes festgehalten.
"Es darf auf die Bescheidbegründung des Bescheides der belangten Behörde verwiesen werden, in welcher die Rechtsansicht der belangten Behörde zur gegenständlichen Verwaltungssache bereits dargelegt wurde, und macht die belangte Behörde diese Bescheidbegründung zum Inhalt dieser Gegenschrift.
Aus den darin angeführten Gründen wird die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt. Gleichzeitig wird der Antrag auf Zuerkennung von Schriftsatz- und Vorlageaufwand (in den derzeit geltenden Pauschalbeträgen) gestellt."
Die mitbeteiligten Bauwerber traten dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in einer Gegenschrift entgegen. Die mitbeteiligte Marktgemeinde sah von der Vorlage einer Gegenschrift ab.
3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
3.1. Gemäß § 18 Abs. 1 Bgld. BauG ist für Bauvorhaben, die nicht geringfügig sind (§ 16 Abs. 1 leg.cit.), vor Baubeginn - sofern keine Bauanzeige gemäß § 17 leg.cit. erfolgt - bei der Baubehörde nach Maßgabe der folgenden Absätze um Baubewilligung anzusuchen. Nach Abs. 5 dieses Paragraphen hat die zuständige Baubehörde eine mündliche Bauverhandlung vorzunehmen und dazu die Parteien (§ 21 leg.cit.) sowie die zur baupolizeilichen Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Sachverständigen und Planverfasser zu laden. Gemäß Abs. 10 dieser Bestimmung hat die Baubehörde die Baubewilligung - erforderlichenfalls unter Auflagen, Bedingungen oder Befristungen - mit Bescheid zu erteilen, wenn die Prüfung des Bauvorhabens ergibt, dass die maßgeblichen baupolizeilichen Interessen gemäß § 3 Bgld. BauG nicht verletzt werden.
Gemäß § 21 Abs. 1 Z. 3 Bgld. BauG sind im Bauverfahren Parteien u. a. die Eigentümer jener Grundstücke, die von den Fronten des Baues weniger als 15 m entfernt sind (Nachbarn). Nach Abs. 2 dieses Paragraphen kann ein Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird. Abs. 4 des § 21 leg. cit hat folgenden Wortlaut:
"(4) Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (zB Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienen (öffentlichrechtliche Einwendung), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen."
Aus der dargestellten Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof gefolgert, dass das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt ist: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Dies gilt auch für den Nachbarn, der im Sinne des § 42 AVG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1997 insoweit die Parteistellung behalten hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2009, Zl. 2008/05/0139, mwH).
Die im bekämpften Bescheid herangezogene Regelung des § 5 Bgld. BauG (idF BGBl. Nr. 18/2005) lautet wie folgt:
"Bebauungsweisen und Abstände
§ 5.
(1) Sofern Bebauungspläne/Teilbebauungspläne oder Bebauungsrichtlinien nicht vorliegen, hat die Baubehörde unter Berücksichtigung des Baubestandes und des Ortsbildes für ein Baugrundstück eine der folgenden Bebauungsweisen zuzulassen:
1. geschlossene Bebauung, wenn die Hauptgebäude in geschlossener Straßenfront beidseitig an die seitlichen Grundstücksgrenzen anzubauen sind,
2. halboffene Bebauung, wenn die Hauptgebäude an einer seitlichen Grundstücksgrenze anzubauen sind und gegen die andere seitliche Grundstücksgrenze ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten ist,
3. offene Bebauung, wenn gegen beide seitlichen Grundstücksgrenzen ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten ist. Für die offene Bebauungsweise ist eine Grundstücksbreite von mindestens 15 m erforderlich.
(2) Bei allen Bebauungsweisen ist vom Hauptgebäude gegen die hintere Grundstücksgrenze ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten. In der seitlichen und hinteren Abstandsfläche sind Nebengebäude und andere untergeordnete Bauten bis zu einer Außenwandhöhe von 3 m, bezogen auf das verglichene Gelände, und mit einer Dachneigung von höchstens 45 Grad zulässig, sofern die maßgeblichen baupolizeilichen Interessen nicht verletzt werden.
(3) Die Baubehörde kann in Ausnahmefällen unter besonderer Berücksichtigung des Anrainerschutzes, der Baugestaltung und der örtlichen Gegebenheiten abweichend von den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 die Abstände von Bauten zu den Grundstücksgrenzen durch die Festlegung von vorderen, seitlichen und hinteren Baulinien bestimmen, die auch als zwingende Baulinien festgelegt werden können. Baulinien sind die Grenzlinien, innerhalb derer Bauten errichtet werden dürfen; zwingende Baulinien sind jene Grenzlinien, an die anzubauen ist.
(4) Wenn das Ortsbild und die Sicherheit von Personen und Sachen nicht beeinträchtigt werden, kann die Baubehörde das Vorspringen untergeordneter Bauteile, wie zB Erker, Balkone, Dachvorsprünge, Schutzdächer, Freitreppen, Terrassen und dergleichen über die Baulinie genehmigen. Fallen Straßenfluchtlinie und Baulinie zusammen, dürfen
1. Hauptgesimse, Dachvorsprünge und dergleichen nur bis 0,50 m und
2. Erker, die nicht breiter als ein Drittel der Gebäudefrontlänge sind, und Sonnenschutzeinrichtungen und dergleichen bis 1,50 m über die Baulinie vorspringen.
(5) Die Bauteile nach Abs. 4 müssen
1. im Bereich des Gehsteiges bis zu 0,60 m vor Beginn der Fahrbahn mindestens 2,80 m über dem Gehsteig,
2. im Bereich von 0,60 m bis zu Beginn der Fahrbahn mindestens 4,50 m über dem Niveau der Fahrbahn und
3. im Bereich der Verkehrsfläche mindestens 4,50 m über dem Niveau der Fahrbahn liegen."
3.2. Die Beschwerdeführerin wendet (wie schon in der Berufung) ein, dass durch das Bauvorhaben die festgelegte Baulinie überschritten wurde. Entgegen der Vorstellungsbehörde könne dies mit § 5 Abs. 4 Bgld. BauG nicht gerechtfertigt werden. Der Text dieser Bestimmung bringe unmissverständlich und klar zum Ausdruck, dass er sich auf vorspringende Bauteile, die sich also nicht über die gesamte Höhe des aufstrebenden Mauerwerks erstreckten, sondern nur über einen geringen Teil davon, bezögen. Bei der Wärmeschutzfassade sei das Gegenteil der Fall. Der Vollwärmeschutz sei auf der gesamten Seitenfläche des aufstrebenden Mauerwerks anzubringen, also vom Bodenniveau bis zur oberen Begrenzung des Mauerwerks, weshalb von einem Vorspringen im Sinne des § 5 Abs. 4 leg. cit. nicht die Rede sein könne. Damit würde (wie im ergänzenden Schriftsatz zur Mängelbehebung ausgeführt) die Nutzung des unmittelbar neben dieser Baulinie angrenzenden Grundstückes der Beschwerdeführerin beeinträchtigt. Zudem könne es sich bei der bewilligten Wärmedämmung auch deshalb nicht um das Vorspringen untergeordneter Mauerteile handeln, weil diese gemäß § 5 Abs. 5 leg. cit. mindestens 2,8 m über dem Gehsteig oder mindestens 4,5 m über dem Niveau der Fahrbahn liegen müssten, um bewilligt werden zu können, was gegenständlich aber nicht zutreffe. Weder sei jenseits der Baulinien ein Gehsteig oder eine Fahrbahn vorhanden, noch werde der genannte Abstand eingehalten.
3.3. Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Regelung des § 5 Abs. 4 Bgld. BauG nicht nur zum Tragen kommt, wo Bauteile über einen Gehsteig, eine Fahrbahn oder eine Verkehrsfläche vorspringen. Schon aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 5 leg. cit. lässt sich ableiten, dass in dieser Regelung - ungeachtet einer sonst bestehenden Anwendbarkeit des § 5 Abs. 4 Bgld. BauG - für die Situierung von Vorsprüngen in den in Z. 1 bis Z. 3 des § 5 Abs. 5 leg. cit. bestimmten Bereichen noch besondere Regelungen getroffen werden. Dass im Beschwerdefall weder ein Vorspringen über einen Gehsteig noch über eine Fahrbahn bzw. eine Verkehrsfläche gegeben ist, hat die Beschwerdeführerin aber ohnehin eingeräumt.
Ferner ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien zu § 5 Abs. 4 und 5 idF Bgld. BauG-Nov 2004, dass mit diesen Regelungen dem Erfordernis der Praxis Rechnung getragen werden soll, bei nachträglichen Wärmedämmungen über die Baulinie vorzuspringen. Häufig sei bei Gebäuden, die ursprünglich genau an einer zwingenden Baulinie errichtet worden seien, sogar eine nachträgliche Verbesserung des Wärmeschutzes unmöglich gemacht worden. Diesem Defizit soll durch die vorliegende Regelung Rechnung getragen werden. Festgehalten wurde auch, dass das Sonderproblem bei über eine Verkehrsfläche vorspringenden Bauteilen zu berücksichtigen gewesen sei, und ferner ein Vorsprung über die Grundgrenze vom Landesgesetzgeber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht berücksichtigt habe werden können, weshalb für das Vorspringen einer Wärmedämmung über die Grundgrenze eine zivilrechtliche Vereinbarung mit dem Grundeigentümer und die Zustimmung des betroffenen Grundeigentümers erforderlich sei (vgl. die Wiedergabe dieser Materialien bei Pallitsch/Pallitsch, Burgenländisches Baurecht, 2. Auflage, 2006, S. 140). Im Lichte dieser spezifisch auf die Ermöglichung von nachträglichen Wärmedämmungen gerichteten Zielsetzung des § 5 Abs. 4 und 5 leg. cit. kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie in einem Fall wie dem vorliegenden die Auffassung vertrat, dass auf Grund des § 5 Abs. 4 Bgld. BauG durch den bei ihr bekämpften Bescheid die Beschwerdeführerin nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wurde.
Schließlich hat die belangte Behörde - von der Beschwerdeführerin nicht mehr in Zweifel gezogen - in Übereinstimmung mit den vorgelegten Verwaltungsakten zutreffend darauf hingewiesen, dass nach den dort befindlichen Vermessungsurkunden das Bauvorhaben das Grundstück der Beschwerdeführerin nicht in Anspruch nimmt.
3.4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG. Da die belangte Behörde (wie dargestellt) bei ihrer bei der Ermittlung der vorgelegten Verwaltungsakten in inhaltlicher Hinsicht lediglich auf den angefochtenen Bescheid verwies, ohne auf die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente einzugehen, kann dieses Übermittlungsschreiben nicht als Gegenschrift gewertet werden, weshalb der belangten Behörde der beantragte Ersatz von Schriftsatzaufwand für eine Gegenschrift nicht zukommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2007, Zl. 2006/05/0087).
Wien, am 15. Juni 2011
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