VwGH 2007/07/0162

VwGH2007/07/016224.3.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde der H Betriebs- und Verwaltungs GmbH in F, vertreten durch die Holter - Wildfellner Rechtsanwälte GmbH in 4710 Grieskirchen, Roßmarkt 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. Oktober 2007, Zl. VwSen-530613/2/Wim/Hu, betreffend Behebung eines Bescheides und Zurückverweisung nach § 66 Abs. 2 AVG i.A. wasserpolizeilicher Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs2;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §138 Abs2;
AVG §66 Abs2;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WRG 1959 §138 Abs2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bezüglich der Vorgeschichte des vorliegenden Beschwerdeverfahrens wird auf das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2007, Zl. 2005/07/0003, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde ein Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 26. März 2004 betreffend einen an die beschwerdeführende Partei ergangenen wasserpolizeilichen Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 wegen Unzuständigkeit der Berufungsbehörde aufgehoben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Ersatzbescheid der belangten Behörde vom 30. Oktober 2007 wurde der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den ursprünglich ergangenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft F. (kurz: BH) vom 10. Juni 2003 betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 Folge gegeben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines allfälligen neuen Bescheides an die Erstinstanz zurückverwiesen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u. a. ausgeführt, dem Bescheid der BH vom 10. Juni 2003 betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag an die beschwerdeführende Partei nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 würden Abwassermessungen aus dem ersten Quartal 2003 zugrunde liegen, bei denen es zu Überschreitungen der bewilligten Abwassermenge sowie bei den Parametern lipofile Stoffe, BSB5 und CSB gekommen sei, die nach Ansicht der Erstbehörde die Bewilligungspflicht gemäß § 32b WRG 1959 für die Indirekteinleitung auslösten.

Da dem erkennenden Mitglied der belangten Behörde auch aus dem parallel laufenden Betriebsanlagenverfahren bekannt sei, dass sich auch im Betrieb der beschwerdeführenden Partei laufend Veränderungen bezüglich der Schlachtungen und somit auch des Abwasseranfalles ergeben würden, sei es notwendig, vor einer neuerlichen Entscheidung aktuelle Abwasseruntersuchungsbefunde hinsichtlich der Bewilligungspflicht zu beurteilen sowie den derzeitigen Zustand und die bestehende Abwassersituation sachverständig an Ort und Stelle zu erheben. Dazu werde es notwendig sein, zumindest im Falle eines neuerlichen wasserpolizeilichen Auftrages, auch eine mündliche Verhandlung unter umfassender Wahrung des Parteiengehörs und zur Ermöglichung eines kontradiktorischen Sachvorbringens durchzuführen. Dies werde zweckmäßigerweise durch die Erstinstanz, die zudem auch im Sinne der Verfahrenskonzentration für die betriebsanlagenrechtlichen Belange zuständig sei, erfolgen müssen. Es sei daher die Angelegenheit zurückzuverweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei wendet u.a. ein, dass im Verfahren zur Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht zwingend vorgesehen sei. Aus den Feststellungen des angefochtenen Bescheides könne nicht abgeleitet werden, aus welchem Grunde eine in erster Instanz durchzuführende mündliche Verhandlung unvermeidlich erscheine. Eine allfällige Zweckmäßigkeit einer mündlichen Verhandlung - welche im Übrigen auch von der belangten Behörde selbst durchgeführt werden könne - berechtige nicht zu einer Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 66 Abs. 2 AVG. Betroffen von dem gegenständlichen wasserrechtlichen Auftrag sei ausschließlich die beschwerdeführende Partei, sodass keine widerstreitenden Interessen (allenfalls von Nachbarn) gegeben seien.

Es sei der belangten Behörde zuzustimmen, dass zur Erlassung eines aktuellen wasserpolizeilichen Auftrages umfangreiche Ermittlungen anzustellen seien. Aus welchen Gründen sich die belangte Behörde nicht hiezu in der Lage sehe, diese Ermittlungen selbst zu durchführen, könne dem angefochtenen Bescheid in keiner Weise entnommen werden. Es liege daher ein wesentlicher Begründungsmangel vor. Vielmehr hätte die belangte Behörde für den Fall, dass sie eine mündliche Verhandlung als notwendig erachte, diese selbst nach den Bestimmungen der §§ 67d ff AVG durchführen müssen.

§ 66 Abs. 2 AVG lautet:

"(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Berufungsbehörde zunächst in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen, ob angesichts der Ergänzungsbedürftigkeit des ihr vorliegenden Sachverhaltes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als "unvermeidlich erscheint". Die Voraussetzungen für ein auf § 66 Abs. 2 AVG gestütztes Vorgehen der Berufungsbehörde liegen dann vor, wenn der für die Erledigung der Sache maßgebende Sachverhalt nur in Form von Rede und Gegenrede aller an der Sache beteiligten Personen und aller sonst für seine Ermittlung in Betracht kommenden Personen festgestellt werden kann und diese Personen daher gleichzeitig am selben Ort zu einer mündlichen Verhandlung versammelt werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 2010, Zl. 2009/07/0063, m.w.N.).

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung betreffend die Zurückverweisung nach § 66 Abs. 2 AVG u.a. mit erforderlichen aktuellen Abwasseruntersuchungsbefunden für die Beurteilung der Bewilligungspflicht der gegenständlichen Indirekteinleitung sowie mit notwendigen Erhebungen des aktuellen Zustandes und betreffend die Erhebung der bestehenden Abwassersituation an Ort und Stelle durch einen Sachverständigen.

Die Notwendigkeit von Verfahrensergänzungen durch nochmalige Befassung des Amtssachverständigen ist allein kein Grund, aus dem die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 17. Juni 2010, Zl. Zl. 2009/07/0063, m.w.N.).

Ferner begründet die belangte Behörde ihre Entscheidung damit, dass im Falle eines neuerlichen wasserpolizeilichen Auftrages auch eine mündliche Verhandlung unter umfassender Wahrung des Parteiengehörs und zur Ermöglichung eines kontradiktorischen Sachvorbringens durchzuführen sein werde.

Bei einem Verfahren nach § 138 Abs. 2 WRG 1959 handelt es sich ausschließlich um ein Verfahren zwischen der Wasserrechtsbehörde und denjenigen Personen, denen eine eigenmächtig vorgenommene Neuerung oder eine unterlassene Arbeit zur Last fällt. Dritte Personen haben in einem solchen Verfahren keine Parteistellung (vgl. das hg. Erkenntnis vom (27. April 2006, Zl. 2006/07/0027, m.w.N.).

Angesichts der noch ausstehenden neuerlichen Befassung ihres Amtssachverständigen konnte die belangte Behörde eine Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 66 Abs. 2 AVG vorliegen, noch gar nicht vornehmen (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 17. Juni 2010).

Insbesondere vermag die belangte Behörde mit dem allgemeinen Hinweis auf das notwendige Parteiengehör zu den Ergebnissen der ergänzend vorzunehmenden Ermittlungen sowie mit der Möglichkeit von Gegeneinwendungen zu diesen Ergebnissen durch die beschwerdeführende Partei nicht einleuchtend darzulegen, weshalb dafür eine mündliche Verhandlung notwendig sein sollte.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. März 2011

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