VwGH 2006/04/0108

VwGH2006/04/010815.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, in der Beschwerdesache des X in Y, vertreten durch Dr. Harald Bösch, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Belruptstraße 5, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 10. Oktober 2005, Zl. BHBR-I- 3300.00-2005/0003, betreffend Sperrstundenregelung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Y), den Beschluss gefasst:

Normen

EMRK Art13;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
EMRK Art13;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1. Mit Bescheid der Berufungskommission der Marktgemeinde Y vom 7. Juli 2005 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Y vom 28. Februar 2005, mit welchem dem Beschwerdeführer für ein näher genanntes Unterhaltungszentrum gemäß § 113 Abs. 3 GewO 1994 iVm der Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg, LGBl. Nr. 65/1991, eine spätere Sperrstunde mit 04.00 Uhr, befristet auf drei Monate ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Unterhaltungszentrums, bewilligt wurde, keine Folge gegeben.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 10. Oktober 2005 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 6. Juni 2006, B 3484/05, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In seiner ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die Aufhebung des Bescheides.

3. Mit E-Mail vom 24. November 2010 teilte die mitbeteiligte Marktgemeinde dem Verwaltungsgerichtshof mit, dass zum Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Antragstellung des Beschwerdeführers das Unterhaltungszentrum noch nicht in Bau gewesen sei. Im Zuge des Ausbaues habe der Beschwerdeführer Betreiber gesucht und gefunden und mit diesen Mietverträge abgeschlossen. Im Jänner 2007 hätten diese Betreiber nach endgültiger Baufertigstellung um eine Sperrstundenregelung angesucht. Diesen Ansuchen sei mehrmals befristet (zuletzt bis zum 31. März 2011) mit den beiden unter einem übermittelten Bescheiden stattgegeben worden.

Die ablehnende Haltung in den den Beschwerdeführer betreffenden Bescheiden stütze sich unter anderem auf die Rechtsansicht des Amtes der Vorarlberger Landesregierung. Zum Zeitpunkt der Bescheidausstellung sei noch nicht bekannt gewesen, dass die Diskothek nur im Erdgeschoss, im 1. Obergeschoss ein Bowling-Center und im 2. und 3. Obergeschoss Kinosäle errichtet würden und der Beschwerdeführer nur Vermieter und nicht Betreiber sei. Es habe sich auch die Rechtsmeinung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung geändert, wonach nunmehr Sperrstunde und Aufsperrstunde zeitlich zusammenfallen könnten, weshalb nach Prüfung der Sachlage den Betreibern eine positive befristete Erledigung zugekommen sei, welche diese im Gegensatz zum Beschwerdeführer auch akzeptiert hätten.

Da der Beschwerdeführer nur Vermieter der Räumlichkeiten sei, sei er in den in der Beschwerde vorgebrachten Rechten nicht verletzt.

Mit Verfügung vom 1. Dezember 2010 wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Mitteilung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 24. November 2010 um Bekanntgabe ersucht, ob und gegebenenfalls in welchen subjektiven Rechten er sich durch den angefochtenen Bescheid (noch andauernd) als verletzt erachtet.

In seiner Stellungnahme vom 18. März 2011 bestritt der Beschwerdeführer zunächst, nie als Betreiber des Unterhaltungszentrums aufgetreten zu sein. Mit näher bezeichnetem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 21. November 2005 sei ihm die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für das gegenständliche Unterhaltungszentrum erteilt worden. Dieser Bescheid sei vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Vorarlberg mit Bescheid vom 7. März 2006 bestätigt worden. Er sei daher bereits in diesem Verfahren als Betreiber im Sinne der Gewerbeordnung aufgetreten. Auch wenn er sich letztlich dazu entschieden habe, die Räume im Unterhaltungszentrum zu vermieten, sei er jedenfalls bis zum Ansuchen der Mieter um eine Sperrstundenregelung im Jänner 2007 in seinen subjektiven Rechten verletzt gewesen. Selbst wenn das Rechtsschutzinteresse im Jänner 2007 weggefallen sein sollte, habe er Anspruch auf Ersatz eines pauschalierten Beschwerdeaufwandes. Im Übrigen komme seiner Beschwerde bereits im Hinblick auf die nun vorliegenden Ausführungen der Marktgemeinde Y Berechtigung zu.

4. Gemäß § 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation ausschlaggebend, ob der Beschwerdeführer nach der Lage des Falles durch den bekämpften Bescheid - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - in einem subjektiven Recht (noch) verletzt sein kann. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit berufen. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt dann nicht vor, wenn eine Entscheidung lediglich über theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 27. Juni 2007, Zl. 2004/04/0193, mwN).

Nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers hat er die Räumlichkeiten des Unterhaltungszentrums, für das die von ihm vorgelegten gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungen erteilt wurden, vermietet und es wurden den Mietern seit Jänner 2007 jeweils befristete Sperrstundenregelungen erteilt. Insbesondere dem Berufungsbescheid des unabhängigen Verwaltungssenates ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer eine Änderung der Betriebsanlage in großem Umfang beantragt habe und im Wesentlichen nur die Art der Nutzung im Erdgeschoß und das Gebäude in seinen Dimensionen unverändert geblieben sind. Hingegen wurde das Unterhaltungszentrum, wie es im angefochtenen Bescheid durch die darin wiedergegebenen Betriebsanlagengenehmigungsbescheide umschrieben wurde und auf das sich der angefochtene Bescheid bezieht, nicht realisiert. Dass der Beschwerdeführer eine solche Realisierung noch anstrebt, hat er nicht behauptet. Durch die Aufhebung des vorliegend angefochtenen Bescheides könnte der Beschwerdeführer nicht besser gestellt werden, weil er das realisierte Unterhaltungszentrum vermietet hat und nicht selbst Betreiber dieser Gastgewerbebetriebe ist.

Selbst unter der Annahme einer Rechtsverletzungsmöglichkeit bis zur Vermietung im Jänner 2007 ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen: Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist eine die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides feststellende Entscheidung nicht vorgesehen. Mit einem Interesse an einer solchen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich daher ein (noch aufrechtes) Rechtsschutzbedürfnis nicht begründen. Vielmehr ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer durch die für den Fall der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im VwGG allein vorgesehene Aufhebung rechtlich besser gestellt wäre, sodass Entscheidungen von bloß abstrakt-theoretischer Bedeutung vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu treffen sind. Insoweit besteht daher eine Einschränkung der Kontrolle von Verwaltungshandeln durch den Verwaltungsgerichtshof. Art. 13 EMRK steht dem nicht generell entgegen. Nur ein Verwaltungsakt, der (noch) in die Rechtssphäre des Betroffenen eingreift, muss bekämpfbar und letztlich vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts überprüfbar sein (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 27. Jänner 2011, Zl. 2009/21/0163).

Infolge des somit eingetretenen nachträglichen Wegfalles des Rechtsschutzbedürfnisses - ohne dass ein Fall der Klaglosstellung vorliegt - war die Beschwerde daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Im Hinblick darauf, dass die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht ohne nähere Prüfung zu lösen ist und daher die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof gemäß § 58 Abs. 2 zweiter Halbsatz VwGG nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.

Wien, am 15. September 2011

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