VwGH 2005/13/0173

VwGH2005/13/017330.3.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Herbert Glotz, Wirtschaftsprüfer in 1020 Wien, Engerthstraße 169, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 17. Oktober 2005, Zl. RV/0635- W/04, betreffend Rückzahlung von Lohnsteuer für die Jahre 1991 bis 1993, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §240 Abs3;
EStG §102 Abs1 Z3;
EStG §102;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
BAO §240 Abs3;
EStG §102 Abs1 Z3;
EStG §102;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er das Jahr 1992 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde drei Bescheide des Finanzamts vom 23. Oktober 2003, mit denen auf § 240 Abs. 3 BAO gestützten Anträgen des Beschwerdeführers auf Rückzahlung von Lohnsteuer nicht stattgegeben worden war.

Der steuerlich vertretene, seinem Vorbringen zufolge in den USA wohnhafte und von der Entrichtung der Lohnsteuer befreite Beschwerdeführer hatte für das Jahr 1991 schon mit Schreiben vom 23. Jänner 1993 einen solchen Antrag gestellt. Diesen Antrag hatte das Finanzamt mit Bescheid vom 19. Oktober 1994 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Dienstort des Beschwerdeführers sei 1991 in Wien gewesen, weshalb seine unbeschränkte Steuerpflicht zu Recht bestanden habe. Der Beschwerdeführer hatte mit Schreiben vom 25. November 1994 um Verlängerung der Berufungsfrist bis zum 15. Jänner 1995 ersucht, aber keine Berufung eingebracht.

Mit Schreiben vom 11. Oktober 2001 beantragte der Beschwerdeführer u.a. für das Jahr 1991 - insoweit ein weiteres Mal - die Rückzahlung der für das Jahr 1991 einbehaltenen Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO. Auf die Erledigung vom 19. Oktober 1994 ging er in diesem Antrag nicht ein.

Mit dem das Jahr 1991 betreffenden Bescheid vom 23. Oktober 2003 wies das Finanzamt den Antrag vom Oktober 2001 - unter Angabe eines falschen Einbringungsdatums - zurück, wobei es zur Begründung auf den Bescheid vom 19. Oktober 1994 verwies.

Mit Schreiben vom 29. Dezember 1994 beantragte der Beschwerdeführer auch für das Jahr 1992 die Rückzahlung der einbehaltenen Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO. Das Schreiben vom 11. Oktober 2001 erneuerte diesen zu diesem Zeitpunkt noch unerledigten Antrag, wobei der Beschwerdeführer in diesem Schreiben - ohne Zuordnung zu bestimmten Veranlagungsjahren - u. a. auf "Nichtveranlagungsbescheide" vom "August 1999" Bezug nahm.

Mit dem das Jahr 1992 betreffenden Bescheid vom 23. Oktober 2003 wies das Finanzamt den Antrag vom Dezember 1994 - unter Angabe eines falschen Einbringungsdatums - ab, wobei es zur Begründung ausführte, die unbeschränkte Steuerpflicht habe zu Recht bestanden und eine Doppelbesteuerung nicht stattgefunden.

Mit dem Schreiben vom 11. Oktober 2001 beantragte der Beschwerdeführer auch für das Jahr 1993 die Rückzahlung der einbehaltenen Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO.

Mit dem das Jahr 1993 betreffenden Bescheid vom 23. Oktober 2003 wies das Finanzamt diesen Antrag - unter Angabe eines falschen Einbringungsdatums - ab, wobei es zur Begründung ausführte, der Beschwerdeführer habe die für derartige Anträge normierte, nicht erstreckbare Ausschlussfrist von fünf Jahren nicht eingehalten.

Mit Schreiben vom 24. November 2003 erhob der Beschwerdeführer ohne näheres Vorbringen Berufung gegen die drei Bescheide vom 23. Oktober 2003. In Befolgung eines Mängelbehebungsauftrages des Finanzamtes ergänzte er diese Berufung in drei getrennten Schriftsätzen.

In der das Jahr 1991 betreffenden Berufungsergänzung vom 10. Februar 2004 argumentierte der Beschwerdeführer zur Frage seiner Steuerpflicht in Österreich, ohne auf den vom Finanzamt herangezogenen Zurückweisungsgrund einzugehen.

In der das Jahr 1992 betreffenden Berufungsergänzung vom 9. Februar 2004 legte der Beschwerdeführer im Wesentlichen dar, während seiner mehr als zwanzigjährigen Auslandstätigkeit in den USA sei ihm die in Österreich abgezogene Lohnsteuer stets anstandslos erstattet worden. Dass davon ab dem Jahr 1991 abgegangen worden sei, beruhe auf näher beschriebenen Missverständnissen und habe zur Doppelbesteuerung seines Einkommens geführt.

In der das Jahr 1993 betreffenden Berufungsergänzung vom 2. April 2004 wiederholte der Beschwerdeführer dieses Vorbringen, das auch Ausführungen über Gespräche mit Mitarbeitern der Finanzverwaltung enthielt. Auf den vom Finanzamt herangezogenen Abweisungsgrund ging er nicht ein.

Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid in Bezug auf das Jahr 1991 vor, er sei den mit dem Akteninhalt übereinstimmenden Ausführungen des Finanzamts nicht entgegengetreten. Das Finanzamt habe den Antrag zu Recht zurückgewiesen, und die Berufung sei in diesem Punkt unbegründet.

In Bezug auf das Jahr 1992 verwies die belangte Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der durch § 240 Abs. 3 BAO (in der Fassung vor der Novellierung durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 142/2000) eröffnete Rechtsschutz nicht greife, wenn dem Arbeitgeber unterlaufene Unrichtigkeiten beim Lohnsteuerabzug im Wege eines Jahresausgleichs- bzw. Veranlagungsbescheides korrigierbar seien. Auf die zwischen dem Beschwerdeführer und dem Finanzamt strittigen Fragen müsse demnach nicht eingegangen werden. Anstelle des subsidiären Behelfs eines Antrages gemäß § 240 Abs. 3 BAO sei der Beschwerdeführer für den Fall, dass sein Vorbringen in Bezug auf seine bloß beschränkte Steuerpflicht zutreffe, auf ein Veranlagungsverfahren gemäß § 102 EStG 1988 zu verweisen, wozu sich die belangte Behörde auf das hg. Erkenntnis vom 24. September 2003, 99/13/0007, berief.

In Bezug auf das Jahr 1993 verwies die belangte Behörde - wie schon das Finanzamt - auf die in § 240 Abs. 3 BAO normierte Fünfjahresfrist.

Die vorliegende Beschwerde geht hinsichtlich des Jahres 1991 auf den vom Finanzamt herangezogenen und von der belangten Behörde bestätigten Zurückweisungsgrund nicht ein und erwähnt den Bescheid vom 19. Oktober 1994 nicht.

In Bezug auf die Jahre 1992 und 1993 wird in der Darstellung des Sachverhalts erwähnt, die Erörterungen mit "der Arbeitnehmerveranlagung im zuständigen FA" hätten "schließlich zur Erlassung von Bescheiden betreffend 1992 und 1993 vom 10. August 1999" geführt, "womit jedoch trotz eindeutiger Erhebungen über die tatsächlich erfolgte Besteuerung beim Arbeitgeber durch das FA für Körperschaften Wien über die aktenkundige effektive Doppelbesteuerung nicht abgesprochen" worden sei. Im weiteren Text der Sachverhaltsdarstellung ist von "erfolgter Erledigung der Arbeitnehmerveranlagung des Beschwerdeführers mit Bescheiden vom 10. August 1999" die Rede.

Die Beschwerdegründe lauten - ungekürzt - wie folgt:

"4.1. Rechtswidrigkeit des Bescheides seinem Inhalt nach (§ 42 Abs. 2 Z 1 VwGG):

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf zutreffende Anwendung des geltenden DBA Österreich-USA beschwert. Im rd. zehnjährigen Verfahren wurde der Abgabenbehörde bei beiden in Frage kommenden Finanzämtern der Sachverhalt vollinhaltlich offengelegt.

Durch die wiederholten Verfahrensschritte ist auch die Unterbrechung der allenfalls eingetretenen Verjährung gegeben.

4.2. Rechtswidrigkeit des Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften

Trotz vielfacher Vorbringen ist die Tatsache der effektiven Doppelbesteuerung - auch durch (offenbar irrtümliche) tatsachenwidrige Angaben des vormaligen Arbeitgebers - im Veranlagungsverfahren unberücksichtigt geblieben und offenbar auch von der belangten Behörde nicht erkannt worden.

Der angefochtene Bescheid wird deshalb vollinhaltlich angefochten."

Die belangte Behörde verweist in der Gegenschrift darauf, dass eine "Arbeitnehmerveranlagung" erstmals für das Jahr 1994 vorgesehen gewesen sei. Die beiden Bescheide vom 10. August 1999 hätten Jahresausgleichsbescheide vom Mai 1995 für die Jahre 1992 und 1993 mit der in Wahrheit nicht zutreffenden Begründung, für diese Jahre seien Einkommensteuerbescheide erlassen worden, gemäß § 295 Abs. 3 BAO aufgehoben. Jahresausgleichs- oder Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1992 und 1993 lägen nicht vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In Bezug auf das Jahr 1991 ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, weil die rechtskräftige Erledigung eines inhaltsgleichen früheren Antrages aktenkundig und völlig unbestritten ist.

Auch in Bezug auf das Jahr 1993 ist der belangten Behörde beizupflichten. Gemäß § 240 Abs. 3 erster Satz BAO in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 142/2000 war der Antrag auf Rückzahlung "bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt," zu stellen. Dass ein das Jahr 1993 betreffender Antrag schon vor dem Schreiben vom 11. Oktober 2001 gestellt worden sei, geht weder aus der Beschwerde noch aus den Akten hervor und wird insbesondere mit den Ausführungen über Gespräche mit Mitarbeitern der Finanzverwaltung in der Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers und dem unspezifischen Hinweis auf die "wiederholten Verfahrensschritte" in den Beschwerdegründen nicht dargetan (vgl. zur Fünfjahresfrist zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 26. August 2009, 2004/13/0121).

Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Was das Jahr 1992 anlangt, so hat die belangte Behörde eine Auseinandersetzung mit der zwischen dem Beschwerdeführer und dem Finanzamt strittigen Frage der beschränkten oder unbeschränkten Steuerpflicht des Beschwerdeführers als entbehrlich erachtet und den Beschwerdeführer für den Fall des Zutreffens seines Standpunkts auf ein Veranlagungsverfahren gemäß § 102 EStG 1988 verwiesen. Der damit verbundene Hinweis der belangten Behörde auf die Subsidiarität der Antragstellung gemäß § 240 Abs. 3 BAO trifft zu, wozu gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die in dem hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2007, 2006/13/0171, genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden kann, aber das von der belangten Behörde im Zusammenhang mit der Verweisung auf ein Veranlagungsverfahren gemäß § 102 EStG 1988 erwähnte Erkenntnis vom 24. September 2003, 99/13/0007, betraf die für das Jahr 1994 maßgebliche Rechtslage. Von dieser unterschied sich die für das Jahr 1992 zu beachtende Rechtslage, soweit hier wesentlich, insofern, als die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, auf die in dem Erkenntnis vom 24. September 2003 Bezug genommen wird, hinsichtlich lohnsteuerpflichtiger Einkünfte noch nicht bestand. Sie wurde insoweit erst durch das Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818/1993, eingeführt (vgl. dazu den Ausschussbericht 1301 BlgNR XVIII. GP 5 und 21). Die Begründung, mit der die belangte Behörde von der Auseinandersetzung mit der zwischen dem Beschwerdeführer und dem Finanzamt strittigen Frage abgesehen hat, ist im angefochtenen Bescheid daher in der vorliegenden Form nicht nachvollziehbar, zumal eine Veranlagung nach den Ausführungen sowohl der belangten Behörde als auch des Beschwerdeführers tatsächlich nicht stattgefunden hat.

In Bezug auf das Jahr 1992 war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 30. März 2011

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