VwGH 2010/18/0346

VwGH2010/18/034625.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde 1. des MK (alias A), geboren 1973, 2. der FK (K), geboren 1972, 3. des HK, geboren 1999, 4. des MK, geboren 2006, und 5. der NK (K), geboren 2009, alle in W, alle vertreten durch Dr. Lukas Kollmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. Juli 2010, 1. Zl. E1/206.956/2010,

  1. 2. Zl.E1/206.965/2010, 3.Zl.E1/207.298/2010,
  2. 4. Zl.E1/207.288/2010 und 5.Zl.E1/206.940/2010, betreffend Ausweisung gemäߧ53FPG, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §43;
NAG 2005 §44;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
NAG 2005 §43;
NAG 2005 §44;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern der übrigen beschwerdeführenden Parteien; alle sind aserbaidschanische Staatsangehörige.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 6. Juli 2010 wurden die beschwerdeführenden Parteien gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Erstbeschwerdeführer sei seinen eigenen Angaben zufolge mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet; der Drittbeschwerdeführer sei deren gemeinsamer Sohn, was jedoch durch eine Geburtsurkunde oder andere diesbezüglich belegte Dokumente nicht aktenkundig sei. Der Viertbeschwerdeführer und die Fünftbeschwerdeführerin seien im Inland geboren worden; deren Abstammung vom Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin sei durch Geburtsurkunden belegt.

Im Asylverfahren betreffend die Zweitbeschwerdeführerin sei hervorgekommen, dass zwischen dem Erstbeschwerdeführer und ihr keine standesamtliche Eheschließung stattgefunden habe, sondern die "Trauung" vielmehr durch eine bloße Feier in einer Wohnung erfolgt sei.

Eigenen, unbestätigten Angaben des Erstbeschwerdeführers zufolge sei dieser am 22. Jänner 2003 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt. Anlässlich einer am 15. Oktober 2003 durchgeführten niederschriftlichen Vernehmung habe der Erstbeschwerdeführer eingestanden, bei seiner Asylantragstellung den falschen Namen S. angegeben zu haben. Im Übrigen habe er seine "Ehefrau" als Tahira S., geboren im Jahr 1972, bezeichnet. Die Zweitbeschwerdeführerin habe bei ihrer Befragung am 2. Mai 2005 angegeben, sie sei am 18. Oktober 2004 unter Umgehung der Grenzkontrolle mit ihrem (angeblichen) Sohn, dem Drittbeschwerdeführer, unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist und habe am 20. Oktober 2004 für sich und ihren angeblichen Sohn einen Asylantrag gestellt; zu dem von ihrem angeblichen Ehemann angegebenen Namen S. befragt habe sie zunächst angegeben, diesen Namen nicht zu kennen. Erst auf Vorhalt der Aussage ihres "Ehemannes" habe sie ausgeführt, dieser hätte "am Anfang Angst gehabt, und aus Angst falsche Angabe gemacht".

Für die viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien sei von deren Mutter jeweils unmittelbar nach deren Geburt in Wien ein Asylantrag gestellt worden. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 10. März 2009 seien für alle beschwerdeführenden Parteien unter gleichzeitiger Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Aserbaidschan jeweils zulässig sei, die Asylanträge rechtskräftig abgewiesen worden. Der Erstbeschwerdeführer sei ab dem 14. August 2003 bis zum Widerruf am 15. März 2004 im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz gewesen. Die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien hätten erst ab dem 2. Mai 2005 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt, weil das Asylverfahren zweimal gemäß § 30 Asylgesetz eingestellt habe werden müssen, weil sich diese unberechtigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hätten und die Zweitbeschwerdeführerin zur Vernehmung nicht erschienen sei. Die viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien hätten ab dem 14. Jänner 2006 bzw. dem 16. März 2009 bis zum Widerruf über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt.

Die gesamte Familie sei nach endgültiger rechtskräftiger negativer Erledigung ihrer Asylverfahren unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben. Wegen des unrechtmäßigen Aufenthaltes seien der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin jeweils mit Strafverfügung vom 3. November 2009 (jeweils rechtskräftig mit 20. November 2009) bestraft worden. Zudem weise der Erstbeschwerdeführer wegen "Schwarzfahrens" eine (mittlerweile getilgte) Verwaltungsstrafe auf.

Im Zuge der gegenständlichen Ausweisungsverfahren sei von den beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen geltend gemacht worden, dass der Drittbeschwerdeführer derzeit erfolgreich - entsprechende Schulzeugnisse sowie ein Schreiben der Klassenlehrerin seien beigebracht worden - eine öffentliche Volksschule besuche. Alle beschwerdeführenden Parteien wären "trotz der schwierigen Lebensumstände" außergewöhnlich gut integriert, wobei bezüglich des Erstbeschwerdeführers behauptet worden sei, dass dieser "hervorragende Deutschkenntnisse" aufweise. Dabei handle es sich jedoch um eine bloße Behauptung, die durch keinerlei Nachweise (etwa Deutschkurs, Einstufungsprüfungen oder Ähnliches) belegt worden sei.

Aktenkundigen Sozialversicherungsdatenauszügen zufolge seien die beschwerdeführenden Parteien derzeit (noch) auf Grund ihrer negativ beschiedenen Asylverfahren sozialversichert. Nach eigenen Angaben im Asylverfahren habe der Erstbeschwerdeführer 1989 Aserbaidschan verlassen und habe sich bis zu seiner Flucht nach Österreich im Jahr 2003 bei seiner leiblichen Mutter in Russland aufgehalten. Die Zweitbeschwerdeführerin habe 1992 ihr Heimatland verlassen und habe sich zwölf Jahre illegal bei ihrer "Schwiegermutter" bzw. ihrem Ehemann bis zu dessen Flucht im Jahr 2003 aufgehalten. Der Erstbeschwerdeführer habe in seinem Heimatland keine, die Zweitbeschwerdeführerin - ihren eigenen Angaben im Asylverfahren zufolge - eine namentlich genannte Schwester mit "unbekannter Adresse".

Der Erstbeschwerdeführer sei in Russland von 1992 bis 2003 selbständiger Marktverkäufer gewesen.

Die Zweitbeschwerdeführerin habe im Zuge des Ausweisungsverfahrens - belegt durch diverse ärztliche Atteste - ausgeführt, sie habe bereits seit Jahren starke psychische Beschwerden und werde wegen Depressionen sowie Angst- und Panikattacken mit diversen Medikamenten (etwa Venlafaxin 75 mm) therapiert. In der Berufung sei zuletzt ein "ärztlicher Befundbericht" eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie in Wien vorgelegt worden, wonach als Diagnose eine endoreaktive Depression, eine Synkope, ein Spannungskopfschmerz und Panikattacken festgestellt worden seien und sich das Zustandsbild bei einer Kontrolle am 27. Mai 2010 unverändert schlecht dargestellt habe; der psychische Krankheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin sei als schwerwiegend einzuschätzen und bedürfe einer weitergehenden länger andauernden Behandlung, wobei zuletzt ein Fortsetzen der Therapie mit näher genannten Medikamenten empfohlen worden sei.

Diesbezüglich führte die belangte Behörde aus, einer aktenkundigen Staatendokumentation des Herkunftslandes Aserbaidschan (Stand 30. Oktober 2009) sei zu entnehmen, dass dort sehr wohl Therapiemöglichkeiten für psychische Erkrankungen bestünden. Die aserbaidschanische Sozialversicherung decke zwar die psychiatrischen Behandlungen nicht ab, die Regierung decke hingegen die Kosten für Behandlungen (z.B. manche Medikamente, Labortests und Pflege) in den psychiatrischen Krankenhäusern. Mittlerweile bezahlten die Patienten die Medikamente, die sie in der Apotheke erhielten. Jede Person, die eine Behandlung benötige, erhalte auch den Zugang zu dieser Behandlung. Alle einschlägigen, auf dem europäischen Markt registrierten Medikamente seien in Aserbaidschan erhältlich oder könnten beschafft werden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 53 Abs. 1 und § 66 FPG aus, die beschwerdeführenden Parteien hielten sich - unbestritten - jedenfalls nach Ablauf ihres für die Dauer der Durchführung des Asylverfahrens bloß geduldeten Aufenthaltes unrechtmäßig im Bundesgebiet auf; auch danach seien sie nicht in den Besitz einer Einreise- oder Aufenthaltsbewilligung gelangt. Die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisungen seien somit vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 leg. cit. - gegeben.

Im Hinblick auf den langjährigen und während des Asylverfahrens geduldeten inländischen Aufenthalts sowie die familiäre bzw. private (schulische) Situation sei zweifelsfrei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Parteien auszugehen. Dieser Eingriff erweise sich jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, als dringend geboten. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße der jeweils unrechtmäßige Aufenthalt der beschwerdeführenden Parteien im Bundesgebiet im Anschluss an eine illegale Einreise bzw. im Anschluss an jeweils rechtskräftig negativ entschiedene Asylverfahren jedoch gravierend. Dazu komme, dass die Familie ihrer Ausreiseverpflichtung bis dato geradezu beharrlich nicht nachgekommen sei. Die gesamte Familie sei auf Grund ihrer (negativ) abgeschlossenen Asylverfahren noch immer "in der Grundversorgung" und sohin sozialversichert. Als erschwerend komme hinzu, dass der Erstbeschwerdeführer bzw. die Zweitbeschwerdeführerin den illegalen Aufenthalt sogar trotz rechtskräftiger Bestrafung fortgesetzt hätten. Wenngleich alle beschwerdeführenden Parteien strafgerichtlich unbescholten seien, komme bei dem Erstbeschwerdeführer erschwerend hinzu, dass er im Asylverfahren zunächst eine falsche Identität seiner eigenen Person bzw. seiner "Ehefrau" angegeben und auch über seinen tatsächlichen Familienstand unrichtige Angaben gemacht habe.

Nach Ansicht der belangten Behörde sei die gesamte Familie mangels besonders berücksichtigungswürdiger Umstände nicht in der Lage, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren. Die von ihnen angeführten persönlichen Bindungen, etwa auch die schulische Integration des Drittbeschwerdeführers in Österreich, stellten keine besonderen Umstände im Sinn des Art. 8 EMRK dar, die es den Familienangehörigen unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Österreich auszureisen.

Die gesamte Familie habe unzweifelhaft - ein Elternteil sogar qualifiziert - gegen fremdenrechtliche Bestimmungen verstoßen und ihre Missachtung maßgeblicher, für sie geltender Normen klar und eindeutig zu erkennen gegeben, wenngleich den drei Kindern dies auf Grund ihres kindlichen Alters "nur gemindert vorwerfbar" sei. Die aus der Dauer ihres inländischen Aufenthaltes ableitbare Integration sei in ihrem Gewicht jedoch entscheidend dadurch gemindert, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nur auf Grund jeweils sich als unrechtmäßig erwiesen habender Asylanträge vorläufig berechtigt und nach rechtskräftiger Abweisung der Asylanträge unrechtmäßig gewesen sei. Gerade der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin hätten sich bereits bei ihrer illegalen Einreise - zum Zeitpunkt der angeblichen Einreise der zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien sei das Asylverfahren des Erstbeschwerdeführers bereits erstinstanzlich negativ entschieden gewesen - zweifelsfrei ihres unsicheren aufenthaltsrechtlichen Status bewusst sein müssen. Die erst- bis drittbeschwerdeführenden Parteien hätten daher zum Zeitpunkt ihrer Einreise nicht darauf bauen dürfen, sich - unter Erweiterung der Familie durch die viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien - gemeinsam im Bundesgebiet niederlassen zu können. Zum Schulbesuch des Drittbeschwerdeführers sei auszuführen, dass dieser in Ausübung einer gesetzlichen Schulpflicht erfolge, dessen Nichtbeachtung strafbar wäre. Ein gesetzmäßiges Verhalten könne nicht als besonders begünstigend gewertet werden.

Wenngleich dem Erstbeschwerdeführer durchaus nicht die Absicht, für sich und seine gesamte Familie durch legale Ausübung einer Erwerbstätigkeit sorgen zu wollen, abgesprochen werde, könne dieser Umstand unter Bedachtnahme darauf, dass er weder im Besitz eines dafür erforderlichen Aufenthaltstitels noch einer dafür erforderlichen arbeitsrechtlichen Bewilligung sei, keine entscheidungsrelevante Stärkung der persönlichen Interessen am Verbleib im Bundesgebiet bewirken. Abgesehen davon, dass mit dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht darüber abgesprochen werde, ob bzw. gegebenenfalls in welchen Staat ein Fremder zulässigerweise abgeschoben werden dürfe, sei für die belangte Behörde nicht ersichtlich bzw. entsprechend glaubwürdig dargelegt worden, dass etwa der Erstbeschwerdeführer nicht auch außerhalb Österreichs durch Ausübung erlaubter Erwerbstätigkeit für den Unterhalt der gesamten Familie aufkommen könnte. Es sei auch nicht konkret behauptet worden, dass etwa der Kontakt zu der leiblichen Schwester der Zweitbeschwerdeführerin zur Gänze abgebrochen worden sei bzw. dass eine Wiederaufnahme der sozialen Kontakte unmöglich wäre.

Dass die Familie von der leiblichen Mutter des Erstbeschwerdeführers im Ausland nicht besucht werden könnte, sei nicht konkret dargelegt worden. Wenngleich der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin strafgerichtlich unbescholten seien, durchaus einen Integrationswillen gezeigt hätten und offenbar gewillt seien, die deutsche Sprache - ein diesbezüglicher Erfolg sei noch nicht nachgewiesen worden - ebenso wie das bereits schulpflichtige Kind zu erlernen, hätten die gegenständlichen Ausweisungen jedenfalls als dringend geboten und zulässig im Sinn der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG beurteilt werden müssen, zumal der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin zweifelsfrei als nicht selbsterhaltungsfähig anzusehen seien.

Da die Behandlung der psychischen Erkrankung der Zweitbeschwerdeführerin auch in deren Heimatland fortgesetzt werden könne, wenngleich sich der Zugang zu den Medikamenten bzw. deren Finanzierung als schwieriger als in Österreich gestalten könnte, erschienen die gegenständlichen Maßnahmen auch vor diesem Hintergrund für die gesamte Familie als durchaus zumutbar.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten der beschwerdeführenden Parteien sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, diesen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen, wonach die von den beschwerdeführenden Parteien gestellten Asylanträge rechtskräftig abgewiesen wurden und sie sich seitdem unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, begegnet die - unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK bzw. des § 66 FPG und bringt vor, die belangte Behörde habe keine vollständige Prüfung der in § 66 Abs. 2 FPG angeführten Kriterien vorgenommen und den angefochtenen Bescheid nicht entsprechend begründet. Der Erstbeschwerdeführer sei seit mittlerweile über siebeneinhalb Jahren in Österreich aufhältig. Auch die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien hielten sich seit nahezu sechs Jahren in Österreich auf, wobei der überwiegende Teil ihres Aufenthaltes während der Asylverfahren rechtmäßig gewesen sei. Die minderjährigen viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien seien in Österreich geboren worden und hätten ihr gesamtes bisherige Leben hier verbracht. Die beschwerdeführenden Parteien führten ein intensives Privatleben in Österreich. Die gesamte Kernfamilie halte sich in Österreich auf; zum Herkunftsland Aserbaidschan bestünden weder familiäre noch soziale Bindungen. Die beschwerdeführenden Parteien bezögen derzeit Grundversorgung, verfügten über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz, hätten eine eigene Wohnung, hätten intensive private Bindungen aufgebaut und einen großen österreichischen Freundeskreis; die Eltern (die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien) besuchten in Österreich Deutschkurse, der Drittbeschwerdeführer besuche die Volksschule, der Viertbeschwerdeführer den Kindergarten. Die dritt- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien hätten zu Aserbaidschan keinen Bezug. Für den Erstbeschwerdeführer liege eine verbindliche Einstellungszusage vor. Die Zweitbeschwerdeführerin befinde sich auf Grund einer schweren psychischen Erkrankung in Österreich in engmaschiger medizinischer Behandlung. Ihr Gesundheitszustand habe sich trotz laufender Behandlung verschlechtert, die Weiterbehandlung in Aserbaidschan sei nicht gewährleistet, weil sie einerseits jahrelang nicht in Aserbaidschan gelebt habe und demnach keinen Zugang zur Behandlung haben werde, zum anderen, weil im Gesundheitssystem auf Grund gravierender Mängel eine Behandlung nicht gewährleistet sei.

Mit diesem Vorbringen zeigen die beschwerdeführenden Parteien keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 66 FPG hat die belangte Behörde einen mit der Ausweisung der beschwerdeführenden Parteien verbundenen Eingriff in deren Privat- und Familienleben im Sinn dieser Gesetzesbestimmung angenommen. Die aus der Dauer des inländischen Aufenthaltes des Erstbeschwerdeführers von etwa siebeneinhalb Jahren, der zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien von etwa fünf Jahren und neun Monaten und der viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien seit etwa viereinhalb bzw. eineinhalb Jahren ableitbare Integration ist in ihrem Gewicht allerdings dadurch gemindert, dass ihr Aufenthalt im Bundesgebiet nur auf Grund von Asylanträgen, die sich als unberechtigt erwiesen haben, vorläufig berechtigt und seit rechtskräftiger Abweisung der Asylanträge - der zweit- bis fünftbeschwerdeführenden Parteien im März 2009 - unrechtmäßig ist. Der Erstbeschwerdeführer hat - was unbestritten blieb - überhaupt nur für etwa sieben Monate über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach asylrechtlichen Bestimmungen verfügt und hält sich seit März 2004 - somit seit fünf Jahren und drei Monaten - unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Das Asylverfahren der zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien musste zudem zweimal eingestellt werden, weil sich diese unberechtigt aus der Erstaufnahmestelle entfernt hatten und die Zweitbeschwerdeführerin zur Vernehmung nicht erschienen ist. Zu Recht hat die belangte Behörde auch darauf hingewiesen, dass die zweit- und drittbeschwerdeführenden Parteien zu einem Zeitpunkt eingereist sind, als der Asylantrag des Erstbeschwerdeführers erstinstanzlich bereits abgewiesen worden war, und bereits zu diesem Zeitpunkt keines der Familienmitglieder damit rechnen durfte, auf Dauer ein Familienleben in Österreich führen zu können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 2009, Zl. 2007/18/0765). Für die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien kommt noch hinzu, dass sie jeweils mit Strafverfügung vom 3. November 2009 wegen des unrechtmäßigen Aufenthaltes rechtskräftig bestraft wurden. Insofern kann keine Rede davon sein, dass den beschwerdeführenden Parteien keine gravierenden Verstöße im Bereich des "Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts" (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 7 FPG) anzulasten seien.

Der Erstbeschwerdeführer hat zusätzlich im asylrechtlichen Verfahren falsche Angaben über seine Identität gemacht und wurde wegen des "Schwarzfahrens" bestraft. Entgegen der Beschwerdeansicht bestand für die beschwerdeführenden Parteien eine Ausreiseverpflichtung bereits seit dem Erlöschen der asylrechtlichen Aufenthaltsberechtigungen - laut unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid für den Erstbeschwerdeführer am 15. März 2004, für die übrigen beschwerdeführenden Parteien im März 2009 -, und nicht erst auf Grund des gegenständlichen Ausweisungsbescheides.

Weiters hat die belangte Behörde berücksichtigt, dass der Drittbeschwerdeführer in Österreich die Schule besucht, die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien behaupten, die deutsche Sprache zu erlernen, ohne dies entsprechend nachgewiesen zu haben, und dass die gesamte Familie - was unbestritten blieb - nicht selbsterhaltungsfähig ist.

Den im Hinblick darauf relativierten persönlichen Interessen der beschwerdeführenden Parteien an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die durch ihren unrechtmäßigen Aufenthalt bewirkte erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 25. September 2009, Zl. 2009/18/0328, mwN), gegenüber. Die in der Beschwerde angeführten persönlichen Bindungen der beschwerdeführenden Parteien in Österreich stellen jedoch keine besonderen Umstände im Sinn des Art. 8 EMRK dar, die es den beschwerdeführenden Parteien unzumutbar machen würden, aus Österreich auszureisen.

Die Beschwerde bringt weiter vor, die Weiterbehandlung der Zweitbeschwerdeführerin sei in Aserbaidschan nicht gewährleistet, weil diese keinen Zugang zur Behandlung haben werde und das Gesundheitssystem auf Grund gravierender Mängel eine solche nicht gewährleisten könne.

Diesbezüglich stellte die belangte Behörde bereits im angefochtenen Bescheid fest, einer aktenkundigen Staatendokumentation des Herkunftslandes Aserbaidschan (Stand 30. Oktober 2009) sei zu entnehmen, dass dort sehr wohl Therapiemöglichkeiten für psychische Erkrankungen bestünden, die aserbaidschanische Sozialversicherung zwar die psychiatrischen Behandlungen nicht abdecke, die Regierung hingegen die Kosten für Behandlungen (z.B. manche Medikamente, Labortests und Pflege) in den psychiatrischen Krankenhäusern decke; die Patienten bezahlten die Medikamente, die sie in der Apotheke erhielten; jede Person, die eine Behandlung benötige, erhalte auch den Zugang zu dieser Behandlung; alle einschlägigen, auf dem europäischen Markt registrierten Medikamente seien in Aserbaidschan erhältlich oder könnten beschafft werden.

Auf diese Feststellungen geht die Beschwerde nicht näher ein. Das nur sehr allgemeine Beschwerdevorbringen vermag die fundierten und nachvollziehbaren Ausführungen der belangten Behörde somit nicht zu widerlegen. Da laut fachärztlichem Befund vom 27. Mai 2010 für die Zweitbeschwerdeführerin zuletzt eine medikamentöse Therapie empfohlen wurde, eine solche nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides auch in Aserbaidschan gewährleistet ist, begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass § 66 FPG der Erlassung der Ausweisung nicht entgegenstehe, auch aus diesem Gesichtspunkt keinem Einwand.

3. Soweit die Beschwerde auf die Möglichkeit einer Antragstellung gemäß § 43 Abs. 2 NAG hinweist, ist auch damit für den Standpunkt der beschwerdeführenden Parteien nichts gewonnen, zumal gemäß § 44b Abs. 3 NAG Anträge nach § 43 Abs. 2 NAG kein Aufenthalts- oder Bleiberecht nach dem NAG begründen (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 25. September 2009, mwN).

4. Ferner kann auch keine Rede davon sein, dass der angefochtene Bescheid nicht ausreichend begründet sei. Entgegen der Beschwerdeansicht geht die belangte Behörde auch nicht davon aus, dass fehlende Bindungen zu Aserbaidschan irrelevant seien, sondern weist darauf hin, dass der Kontakt zu der leiblichen Schwester der Zweitbeschwerdeführerin, die unbestritten in Aserbaidschan lebt, intensiviert bzw. wieder aufgenommen werden könne.

5. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der belangten Behörde ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen sei, ergeben sich doch weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde besondere Umstände, die eine Ermessensübung nach § 53 Abs. 1 FPG zu Gunsten der beschwerdeführenden Parteien geboten hätten. Die in der Beschwerde angesprochene Möglichkeit, einem Fremden gemäß § 43 Abs. 2 NAG einen Aufenthaltstitel zu erteilen, stellt hiebei keinen Umstand im genannten Sinn dar (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 25. September 2009, mwN).

6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. November 2010

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