Normen
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. Dezember 2009 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 7. April 2003 illegal in das Bundesgebiet gelangt sei und einen Asylantrag gestellt habe, der am 27. November 2008 in zweiter Instanz rechtskräftig abgewiesen worden sei. Jedenfalls seither sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet unrechtmäßig.
Der Beschwerdeführer sei ledig und habe hier keine Sorgepflichten; er habe allerdings familiäre Bindungen zu vier in Österreich lebenden Brüdern geltend gemacht. Einer davon sei bereits österreichischer Staatsbürger; die anderen drei Brüder befänden sich ebenfalls als Asylwerber im Bundesgebiet.
Im Verfahren - so die belangte Behörde weiter - sei jedoch erwiesen worden, dass es sich bei zwei dieser Brüder nicht um Brüder, sondern um "angebliche Cousins" des Beschwerdeführers handle. Der Beschwerdeführer lebe mit einem Bruder, der aufgrund seines Asylantrages zum vorläufigen Aufenthalt berechtigt sei, im gemeinsamen Haushalt; beide Brüder seien längst volljährig. Der Beschwerdeführer sei vorübergehend und kurzfristig beschäftigt gewesen und habe eine "Vielzahl von Deutschkursen" absolviert.
Er verfüge auch über hinreichende familiäre und soziale Kontakte in seiner Heimat, weil dort seine Eltern sowie drei Schwestern lebten. Die Eltern hätten nach einem vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet dieses im August 2006 wieder verlassen, nachdem sie erfolglos versucht hätten, Aufenthaltstitel zu erlangen.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass in Hinblick auf den unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 66 FPG - im Grunde des § 53 FPG gegeben seien.
Angesichts der festgestellten Umstände sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten sei. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße jedoch gravierend, wer illegal nach Österreich einreise und auch nach rechtskräftiger Ablehnung seines Asylgesuchs nicht bloß kurzfristig unrechtmäßig im Bundesgebiet verbleibe.
Die privaten Interessen des Beschwerdeführers wögen nicht besonders schwer. Auch seine kurzfristige Beschäftigung sei nicht zu seinen Gunsten zu veranschlagen, sei sie doch mangels Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz unrechtmäßig erfolgt. Auch die vom Beschwerdeführer absolvierten Deutschkurse könnten vor dem Hintergrund der dargestellten Gesamtumstände weder ihn als besonders integriert erscheinen lassen noch seine privaten Interessen entscheidend verstärken. Dass dem Verlassen des Bundesgebietes durch den Beschwerdeführer unüberwindliche Hindernisse entgegenstünden, sei nicht geltend gemacht worden.
Das dem Beschwerdeführer insgesamt zuzurechnende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet erweise sich aus diesen Gründen als keinesfalls ausgeprägt und sei nicht geeignet, das öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund zu drängen. Dabei habe die belangte Behörde auch bedacht, dass der Beschwerdeführer den Kontakt zu seinen Brüdern - wenn auch eingeschränkt - vom Ausland aus aufrecht erhalten könne, eine Einschränkung, die er im öffentlichen Interesse zu tragen haben werde. Die Erlassung der Ausweisung erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG als zulässig.
Mangels sonstiger, besonders zugunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände habe die belangte Behörde keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisung im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer seit der rechtskräftigen Abweisung seines Asylantrages am 27. November 2008 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. In Hinblick darauf begegnet die - in der Beschwerde nicht bekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
2.1. Die Beschwerde wendet sich gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG (in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu im Wesentlichen vor, dass sich der Beschwerdeführer seit sechseinhalb Jahren durchgehend in Österreich aufhalte und hier zwei Brüder und zwei Cousins des Beschwerdeführers lebten, wobei der Beschwerdeführer auf die Unterstützung und Fürsorge seines Bruders H.D. angewiesen sei, der für ihn beim Abschluss eines Mietvertrages gebürgt habe und ihn regelmäßig finanziell unterstütze; H.D. sei die wichtigste Bezugsperson des Beschwerdeführers, zu seinen Eltern und weiteren Geschwistern in der Türkei bestehe weder regelmäßiger Kontakt noch eine besondere Bindung. Der Beschwerdeführer verfüge darüber hinaus über ausgezeichnete Kenntnisse der deutschen Sprache sowie - aufgrund seiner Mitgliedschaft in einem kurdischen Kulturverein - über einen weitreichenden Freundes- und Bekanntenkreis.
2.2. Dieses Vorbringen der Beschwerde ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 FPG den überwiegend aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit April 2003 sowie seine familiären Bindungen zu je zwei in Österreich lebenden Brüdern bzw. Cousins berücksichtigt und zutreffend einen relevanten, mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen.
Die aus der Dauer des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers resultierenden persönlichen Interessen sind jedoch schon dadurch an Gewicht zu relativieren, dass dieser Aufenthalt bis November 2008 nur aufgrund eines Asylantrages, der sich in der Folge als unberechtigt herausgestellt hat, erlaubt war und seit diesem Zeitpunkt unrechtmäßig ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2009, Zl. 2009/18/0217, sowie § 66 Abs. 2 Z. 1 FPG). Da der Beschwerdeführer niemals über einen Aufenthaltstitel verfügt hat, der ihn zur Ausübung einer unselbständigen Beschäftigung berechtigt hätte, kommt auch den von ihm ausgeübten Beschäftigungen - worauf die belangte Behörde zutreffend hingewiesen hat - keine wesentliche Bedeutung zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2009, Zl. 2008/18/0651, mwN).
Auch das Vorbringen, dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten sei, vermag das Gewicht seines persönlichen Interesses an einem weiteren Aufenthalt in Österreich nicht zu verstärken (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2009, Zl. 2008/22/0933). Die in der Beschwerde besonders hervorgehobenen familiären Bindungen zu den Brüdern und Cousins des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, insbesondere zu dessen Bruder H.D., sind in ihrer Bedeutung schon deshalb zu mindern, weil dieses Familienleben in Österreich zu einem Zeitpunkt entstanden ist, zu dem sich der Beschwerdeführer in Hinblick auf das offene Asylverfahren seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 8 FPG). Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer nicht auch in der Türkei durch seinen Bruder H.D. finanziell unterstützt werden könnte. Die Beschwerde stellt auch nicht in Abrede, dass der Beschwerdeführer durch seine nach wie vor in der Türkei lebenden Eltern und weitere Geschwister zumindest über eingeschränkte Bindungen zu seinem Heimatstaat verfügt (vgl. § 66 Abs. 2 Z. 5 FPG sowie das hg. Erkenntnis vom 9. November 2009, Zl. 2009/18/0421).
Den somit relativierten persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er sich seit November 2008 unrechtmäßig in Österreich aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, darstellt. In Anbetracht dieser Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Ausweisung zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten und somit unter dem Gesichtspunkt des § 66 FPG zulässig sei, keinem Einwand.
2.3. In Hinblick auf das Gesagte liegen auch die behaupteten Verfahrensmängel wegen eines unvollständigen Ermittlungsverfahrens nicht vor.
2.4. Die in der Beschwerde zur Erschütterung der behördlichen Interessenabwägung ins Treffen geführten hg. Erkenntnisse vom 5. Juli 2005, Zl. 2004/21/0124, sowie vom 27. Februar 2007, Zl. 2005/21/0374, beruhen schon deshalb auf mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbaren Sachverhalten, weil die beschwerdeführenden Parteien jener Verfahren in Lebensgemeinschaften in Österreich lebten; der Beschwerdeführer zur Zl. 2004/21/0124 war darüber hinaus im Besitz einer Arbeitserlaubnis und stand in einem aufrechten Dienstverhältnis, wobei er EUR 2000,-- monatlich verdiente; die Beschwerdeführerin zur Zl. 2005/21/0374 wies zudem familiäre Bindungen zu ihrer im gemeinsamen Haushalt lebenden Tochter auf.
3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 21. Jänner 2010
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