VwGH 2009/18/0492

VwGH2009/18/049221.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie den Hofrat Dr. Enzenhofer, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde 1. des A P, geboren am 15. September 1966, 2. der S T-M, geboren am 31. August 1966, 3. der L P, geboren am 17. September 2002, und 4. des M P, geboren am 1. Mai 1994, alle vertreten durch Dr. Christian Leskoschek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. Oktober 2009,

  1. 1. Zl.E1/391.432/2009, 2.Zl.E1/391.440/2009,
  2. 3. Zl.E1/391.416/2009 und 4.Zl.E1/391.425/2009, betreffend Ausweisung gemäß §53 FPG, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. Oktober 2009 wurden die beschwerdeführenden Parteien, kanadische Staatsangehörige, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ausgewiesen.

Die belangte Behörde legte ihren Entscheidungen im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, die miteinander verheiratet seien, gemeinsam mit ihren beiden Kindern, der Drittbeschwerdeführerin und dem Viertbeschwerdeführer, seit 15. Dezember 2008 im Bundesgebiet gemeldet seien. Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf Erteilung von Aufenthaltstiteln seien mit Bescheiden der Bundesministerin für Inneres vom 7. Juli 2009 rechtskräftig abgewiesen worden. Der Aufenthalt der beschwerdeführenden Parteien im Bundesgebiet sei jedenfalls nach Ablauf der dreimonatigen sichtvermerksfreien Aufenthaltsdauer unrechtmäßig.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seien für die Drittbeschwerdeführerin und den Viertbeschwerdeführer sorgepflichtig. Laut Vorbringen in der Berufung sei der Erstbeschwerdeführer alleiniger geschäftsführender Gesellschafter einer GmbH. Dies widerspreche allerdings den Eintragungen im Firmenbuch, nach denen alleiniger Gesellschafter eine in Kanada registrierte Firma sei; der Erstbeschwerdeführer scheine lediglich als Geschäftsführer auf. Diese Beschäftigung stehe jedoch insofern mit der herrschenden Rechtslage nicht in Übereinstimmung, als der Erstbeschwerdeführer dafür weder einen Aufenthalt(stitel) besitze noch zur Sozialversicherung angemeldet sei. Die Zweitbeschwerdeführerin gehe keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Die beiden Kinder, die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer, erfüllten ihre Schulpflicht in W.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass in Hinblick auf den unrechtmäßigen Aufenthalt der beschwerdeführenden Parteien im Bundesgebiet die Voraussetzungen zur Erlassung der Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 66 FPG - im Grunde des § 53 FPG gegeben seien. Daran vermöge auch das Berufungsvorbringen, wonach gegen die abweisenden Bescheide im Aufenthaltstitelverfahren Beschwerden "beim Höchstgericht" eingelegt worden seien, nichts zu ändern. Es bestehe "keine wie immer geartete Veranlassung" der Fremdenbehörden, den Ausgang eines derartigen Verfahrens vor dem Höchstgericht abzuwarten.

Aufgrund der festgestellten Umstände sei zwar von mit den Ausweisungen verbundenen Eingriffen in das Privat- und Familienleben der beschwerdeführenden Parteien auszugehen, diese seien jedoch zulässig, weil sie zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten seien. Gerade den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße jedoch gravierend, wer sichtsvermerksfrei mit seiner Familie nach Österreich einreise, sich hier niederlasse und auch nach rechtskräftiger Abweisung seines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (unter anderem) mit der Begründung im Bundesgebiet verbleibe, er müsse hier seinen Geschäften nachgehen.

Was die private und familiäre Lebenssituation der beschwerdeführenden Parteien anlange, so befänden sich alle Familienangehörigen unrechtmäßig in Österreich und würden gleichzeitig ausgewiesen. Der Aufenthalt der Familie in Österreich sei darüber hinaus überaus kurz, sodass auch daraus keine maßgebliche Integration abzuleiten sei. Der Erstbeschwerdeführer habe zum Zeitpunkt seiner Bestellung zum Geschäftsführer nicht "ohne Weiteres" mit einem ständigen Weiterverbleib im Bundesgebiet rechnen dürfen. Dass die Kinder ihrer Schulpflicht nachgingen, sei Ausfluss der österreichischen Unterrichts- bzw. Schulpflicht und daher nicht besonders zu Gunsten der beschwerdeführenden Parteien zu veranschlagen. Dass einer allenfalls gemeinsamen Ausreise der beschwerdeführenden Parteien unüberwindliche Hindernisse entgegenstünden, sei nicht ersichtlich. Die privaten und familiären Interessen der beschwerdeführenden Parteien an einem Weiterverbleib in Österreich wögen daher keinesfalls schwer und seien nicht geeignet, das genannte hohe öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens in den Hintergrund zu drängen. Die Erlassung der Ausweisungen erweise sich daher auch im Sinn des § 66 Abs. 1 FPG als zulässig.

Mangels sonstiger, besonders zu Gunsten der beschwerdeführenden Parteien sprechender Umstände habe die belangte Behörde auch keine Veranlassung gesehen, von der Erlassung der Ausweisungen im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

2. Gegen diese Bescheide haben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluss vom 30. November 2009,

B 1251-1254/09, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde machen die beschwerdeführenden Parteien inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die beschwerdeführenden Parteien bestreiten nicht die in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen, dass sie sich jedenfalls seit Ablauf der sichtvermerksfreien Aufenthaltsdauer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten und dass ihre Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln im Instanzenzug mit Bescheiden vom 7. Juli 2009 rechtskräftig abgewiesen wurden. Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, begegnet somit keinen Bedenken.

1.2. Die Beschwerde verweist darauf, dass das Verfahren über eine gegen den Berufungsbescheid im Aufenthaltstitelverfahren gerichtete Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nach wie vor anhängig sei. Der hier zu erwartenden Entscheidung komme Vorfragenqualität zu, sodass die belangte Behörde verpflichtet gewesen sei, das Ausweisungsverfahren bis zur Erledigung des Beschwerdeverfahrens auszusetzen.

Dem ist allerdings mit der ständigen hg. Rechtsprechung zu entgegnen, dass selbst die Anhängigkeit eines Verfahrens zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zu keiner Einschränkung der behördlichen Ermächtigung zur Erlassung einer Ausweisung führt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 2009, Zlen. 2009/18/0471, 0472, sowie vom 2. September 2008, Zlen. 2006/18/0471, 0472, jeweils mwN).

1.3. Schon aus diesem Grund war die belangte Behörde nicht verhalten, mit den beschwerdeführenden Parteien die "behauptete Tatsache der Anhängigkeit" des Verfahrens aufgrund des Niederlassungsantrages zu erörtern, sodass auch die Verfahrensrüge der Beschwerde verfehlt ist.

2. Die - in der Beschwerde nicht bekämpfte - Interessenabwägung der belangten Behörde nach § 66 FPG begegnet keinem Einwand, sodass es genügt, auf die diesbezüglichen Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden zu verweisen.

3. Der belangten Behörde ist auch - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung - kein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen, ergeben sich doch keine besonderen Umstände, die eine Ermessensübung nach § 53 Abs. 1 FPG zu Gunsten der beschwerdeführenden Parteien geboten hätten.

4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 21. Jänner 2010

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