VwGH 2009/17/0270

VwGH2009/17/027017.2.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, in der Beschwerdesache der Q AG in L, vertreten durch Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1030 Wien, Baumannstraße 9/11, gegen die Erledigung der Finanzmarktaufsicht vom 16. November 2009, Zl. FMA-UB0148.200/0001-BUG/2009, betreffend Verfahrensanordnung gemäß § 22d FMABG, den Beschluss gefasst:

Normen

FMABG 2001 §22d;
VwGG §34 Abs1;
FMABG 2001 §22d;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die erwähnte Erledigung der Finanzmarktaufsicht (FMA), die unter der Überschrift "Verfahrensanordnung" nach dem Hinweis auf gepflogene Ermittlungen und daraus abgeleitete Feststellungen folgenden Wortlaut aufweist:

"Es ergeht daher - unabhängig von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens - an die (beschwerdeführende Partei) seitens der zur Verfolgung des unerlaubten Betriebes von Bankgeschäften bzw. Wertpapierdienstleistungen zuständigen FMA mittels dieser VERFAHRENSANORDNUNG

die Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung

entsprechenden Zustandes durch

*

die Unterlassung der gewerblichen Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 BWG (Einlagengeschäft) sowie

*

Die Unterlassung der weiteren Verwaltung sämtlicher bereits entgegen genommener fremder Gelder.

Dies ist der FMA durch die Vorlage entsprechender Unterlagen (Kontoauszüge der (beschwerdeführenden Partei), insbesondere des

Kontos Nr. ... bei der ...) bis spätestens

11. Dezember 2009 nachzuweisen."

Als Rechtsgrundlage wird auf § 22d Abs. 1 erster Satz Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG), BGBl. I Nr. 97/2001 in der geltenden Fassung verwiesen und weiters ausgeführt, dass gegen diese Verfahrensanordnung kein gesondertes Rechtsmittel zulässig sei (Hinweis auf § 63 Abs. 2 und Abs. 1 AVG).

Weiters heißt es:

"Kommt die (beschwerdeführende Partei) der Verfahrensanordnung innerhalb der behördlich gesetzten Frist nicht nach, so hat die FMA mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen zu verfügen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage der Zulässigkeit der gegen diese Erledigung erhobenen Bescheidbeschwerde erwogen:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Die Bestimmung des § 22d wurde in das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG), BGBl. I Nr. 97/2001, durch Art. 1 des Finanzmarktaufsichtsänderungsgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 48/2006, eingefügt. Diese Bestimmung lautet (nunmehr in der Fassung BGBl. I Nr. 66/2009) wie folgt:

"(1) Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 98 Abs. 1 BWG, § 66 Abs. 1 ZaDiG, § 94 Abs. 1 WAG 2007, § 48 Abs. 1 Z. 1 BörseG, § 47 PKG oder § 110 VAG, so hat die FMA unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens die den verdächtigen Geschäftsbetrieb ausübenden Unternehmen mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der FMA zu bestimmenden Frist aufzufordern. Kommt ein aufgefordertes Unternehmen dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die FMA mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

(2) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 1 zweiter Satz nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene konzessionsrechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 1 zweiter Satz bestimmend waren, von dem Unternehmen eingehalten werden, das die Tätigkeit ausüben will, so hat die FMA auf Antrag dieses Unternehmens die mit Bescheid gemäß Abs. 1 zweiter Satz getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der rechtsähnlichen Bestimmung des § 360 Abs. 1 Gewerbeordnung 1973, die im Übrigen insoweit Vorbild für die Regelung des § 22d FMABG war (vgl. die RV 1279 Blg XXII GP, 3) ausgesprochen, dass gegen eine derartige Verfahrensanordnung eine Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes nicht stattzufinden habe. Mit der in Rede stehenden Verfahrensanordnung werde nämlich keineswegs in Rechte des Gewerbeausübenden bzw. des Anlageninhabers eingegriffen. Das Wesen dieser Verfahrensanordnung erschöpfe sich vielmehr in der Bekanntgabe der Rechtsansicht der belangten Behörde über die Gesetzwidrigkeit der Gewerbeausübung bzw. des Betriebes der Betriebsanlage, verbunden mit der nicht weiter sanktionierten Aufforderung, innerhalb der gesetzten Frist den gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Erst wenn die gesetzte Frist fruchtlos verstrichen sei, habe die Behörde durch Bescheid die im Gesetz vorgesehenen und allenfalls auch durch Vollstreckungsmaßnahmen durchsetzbaren Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes anzuordnen. Es treffe daher insbesondere nicht zu, dass der in § 360 Abs. 1 erster Satz Gewerbeordnung 1973 vorgesehenen Verfahrensanordnung in Wahrheit Bescheidcharakter zukäme (vgl. den hg. Beschluss vom 21. September 1993, Zlen. 93/04/0140, 0150 = VwSlg. 13.893/A).

Der Verwaltungsgerichtshof hat (gleichfalls zu § 360 Abs. 1 Gewerbeordnung) weiters festgehalten, dass erst im Falle der Nichtbefolgung einer Aufforderung (Verfahrensanordnung) zu gewärtigen sei, dass die Gewerbebehörde die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen mit Bescheid verfüge. Schon aus diesem Grunde sei ein Eingriff in die subjektiven Rechte durch die in Rede stehenden Anordnungen ausgeschlossen, diese seien auch nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren. Allfällige Mängel der in Rede stehenden Aufforderung in Ansehung der Erfordernisse des § 360 Abs. 1 Gewerbeordnung könnten im weiteren Verfahren von Bedeutung sein; an einer fehlenden Eingriffswirkung dieser Aufforderung in Rechte des Beschwerdeführers vermöchten sie aber nichts zu ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1996, Zl. 96/04/0168).

Auch im hier zu beurteilenden Beschwerdefall einer Verfahrensanordnung nach § 22d FMABG hat der Gesetzgeber die Verfahrensanordnung dahin ausgestaltet, dass mit ihr (nur) die nach Ansicht der FMA notwendigen Schritte zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes aufgezeigt werden; eine Sanktion bei Nichtbefolgung ist im Gesetze nicht vorgesehen. Erst der von der Verfahrensanordnung zu unterscheidende, ihr (allenfalls) nachfolgende Bescheid bewirkt daher gegebenenfalls einen Eingriff in subjektiv-öffentliche Rechte des Adressaten.

Damit aber erweist sich, dass der Verwaltungsgerichtshof - mangels Vorliegens eines in subjektiv-öffentliche Rechte der beschwerdeführenden Partei eingreifenden Bescheides - zur Entscheidung gegen die (im Übrigen nicht weiter anfechtbare) gegenständliche Verfahrensanordnung (Erledigung) der belangten Behörde nicht zuständig ist. Die Beschwerde war deshalb gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 17. Februar 2010

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