VwGH 2009/17/0069

VwGH2009/17/006926.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde des J F und der M F, beide in F-U und vertreten durch Dr. Johann Kuzmich, Rechtsanwalt in 7304 Nebersdorf, Lange Gasse 14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 5. März 2009, Zl. BMLFUW-LE.4.1.10/0174- I/7/2009, betreffend Kulturpflanzenflächenzahlungen für die Jahre 2002, 2003 und 2004 sowie einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2005, zu Recht erkannt:

Normen

32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art31 Abs2;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art32;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art44 Abs1;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art31 Abs2;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art32;
32001R2419 Integriertes Verwaltungssystem BeihilferegelungenDV Art44 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die Beschwerdeführer sind Landwirte und bewirtschaften nach ihrem Vorbringen in Österreich einen landwirtschaftlichen Betrieb im Ausmaß von ca. 250 ha.

Mit den Bescheiden der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 5. November 2002, vom 4. November 2003 und vom 3. November 2004 wurden ihnen Kulturpflanzenflächenzahlungen für die jeweiligen Erntejahre in Höhe von EUR 79.121,30, EUR 78.726,21 und EUR 78.852,38 gewährt. Mit dem weiteren Bescheid der AMA vom 11. Oktober 2006 wurde eine einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2005 in der Höhe von EUR 79.323,11 zuerkannt.

1.2. Im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle der AMA am 28. September 2006 wurden streitgegenständlich die Feldstücke Nr. 46, 47 und 48 kontrolliert und wegen Abweichungen im tatsächlich ermittelten Flächenausmaß beanstandet. Diesbezüglich heißt es im entsprechenden Prüfbericht:

"Die 3 Feldstücke wurden auf 2 nebeneinander liegenden Grundstücken (424 und 426) beantragt. Irrtümlich wurden den Feldstücken die verkehrten Grundstücksnummern zugewiesen. Das Flächenausmaß war immer vorhanden (innerhalb der GIS-Toleranz)."

Mit den Bescheiden des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der AMA je vom 27. Februar 2007 (für die Kulturpflanzenflächenzahlungen) bzw. vom 30. Mai 2007 (betreffend die einheitliche Betriebsprämie 2005) wurden die vorangegangenen Bescheide betreffend die einzelnen Kulturpflanzenflächenzahlungen bzw. die einheitliche Betriebsprämie dahin abgeändert, dass für das Jahr 2002 Kulturflächenzahlungen in Höhe von EUR 78.015,71 gewährt und ein Betrag in der Höhe von EUR 1.105,59 zurückgefordert wurde, für das Jahr 2003 Kulturflächenzahlungen in der Höhe von EUR 77.620,62 gewährt und ein Betrag in der Höhe von EUR 1.105,59 zurückgefordert wurde und für das Jahr 2004 Kulturflächenzahlungen in der Höhe von EUR 77.388,21 gewährt und ein Betrag in der Höhe von EUR 1.464,17 zurückgefordert bzw. eine einheitliche Betriebsprämie in der Höhe von (nur) EUR 78.716,-- gewährt wurde.

Aus der jeweiligen Bescheidbegründung ist zu ersehen, dass bei der Rubrik "landwirtschaftliche Kulturpflanzen" als beantragte Fläche 212,42 ha, bei der Rubrik der bei der Kontrolle ermittelten Fläche 211,41 ha und bei der berücksichtigten Fläche 211,41 ha ausgewiesen sind, bei der Kulturgruppe "Grünbrache" als beantragte Fläche 25,91 ha, als bei der Kontrolle ermittelte Fläche 25,13 ha und als berücksichtigte Fläche 23,57 ha. Anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle - so die erstinstanzlichen Bescheide übereinstimmend weiter - seien Flächenabweichungen festgestellt worden. Dies habe gemäß Art. 32 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 zu Flächenkürzungen geführt. Bei der Berechnung derselben auf Grund von Flächenabweichungen werde jeweils die angepasste und tatsächlich ermittelte Fläche einer Kulturgruppe herangezogen (siehe Spalte angepasste, ermittelte bzw. berücksichtigte Fläche in der Berechnungstabelle).

1.3. In ihren gegen die erstinstanzlichen Bescheide erhobenen Berufungen brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen übereinstimmend vor, im Zuge der Vor-Ort-Kontrolle seien unter anderem die Feldstücke 46, 47 und 48 kontrolliert worden. Dabei sei festgestellt worden, dass bei der erstmaligen Beantragung der betroffenen Feldstücke irrtümlich die falschen Grundstücksnummern zugewiesen worden seien. Beim Feldstück 46 entfalle richtiger Weise auf das Grundstück Nr. 424 eine Fläche von 0,70 ha, auf das Grundstück Nr. 425 eine solche von 0,14 ha und auf das Grundstück Nr. 426 eine solche von 0,63 ha; es sei (unrichtiger Weise) nur das Grundstück Nr. 424 mit einer Fläche von 1,44 ha beantragt worden. Beim Feldstück Nr. 47 sei erneut anstatt des richtigen Grundstückes Nr. 242 mit 0,33 ha, das Grundstück Nr. 426 mit 0,33 ha und beim Feldstück 48 anstatt der richtigen Grundstücksnummer 424 mit 0,32 ha und dem Grundstück Nr. 429/05 mit 0,01 ha, das Grundstück Nr. 426 mit 0,33 ha beantragt worden. Die irrtümlichen Grundstücksnummernverwechslungen seien vom Prüfer bei der Vor-Ort-Kontrolle am Ergänzungsblatt angeführt bzw. erklärt worden. Weiters sei vom Prüfer angeführt worden, dass das Flächenausmaß der betroffenen Feldstücke immer vorhanden gewesen sei. Die Grundstücksnummern seien im Herbst 2006 im Zuge der Digitalisierung im landwirtschaftlichen Bezirksreferat richtig gestellt worden. Es sei "eigentlich immer die selbe Fläche ordnungsgemäß bewirtschaftet" worden, jedoch seien die Grundstücksnummern irrtümlicher Weise den falschen Feldstücken zugewiesen worden.

1.4. Mit ihrem Bescheid vom 5. März 2009 wies die belangte Behörde sowohl die Berufung der Beschwerdeführer betreffend die Kulturflächenzahlungen der Ernten 2002 bis 2004 wie auch die Berufung betreffend die einheitliche Betriebsprämie 2005 ab.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der von der belangten Behörde als maßgebend angesehenen Rechtsvorschriften erachtete die belangte Behörde auf Grund des Prüfberichts der Vor-Ort-Kontrolle als erwiesen, dass hinsichtlich des FS (Feldstückes) 46 im Jahr 2002 Winterweichweizen im Ausmaß von 1,44 ha, im Jahr 2003 Winterweichweizen im Ausmaß von 1,44 ha, im Jahr 2004 Winterraps einer bestimmten Art und im Jahr 2005 Winterweichweizen im Ausmaß von 1,44 ha beantragt worden seien. Dieses Feldstück sei mit 1,44 ha des im Ausmaß von 1,44 ha als beihilfefähig angegebenen Grundstücks mit der Nummer 424 beantragt worden. Der von den Beschwerdeführern bewirtschaftete Anteil des Grundstücks betrage jedoch laut Prüfbericht nur 0,73 ha. Der Rest entfalle auf die Grundstücke Nr. 426 und Nr. 425, welche jedoch von den Beschwerdeführern nicht in dem entsprechenden Flächenbogen als Teil des Feldstücks ausgewiesen worden seien.

Hinsichtlich des Feldstücks 47 seien im Jahr 2002 Winterweichweizen im Ausmaß von 0,33 ha, im Jahr 2003 Grünbrache im Ausmaß von 0,33 ha, im Jahr 2004 solche im Ausmaß von gleichfalls 0,33 ha und im Jahr 2005 ebenfalls wieder Grünbrache im Ausmaß von 0,33 ha beantragt worden. Dieses Feldstück sei mit 0,33 ha des Grundstücks Nr. 426 beantragt worden; tatsächlich bestehe das Feldstück 47 im Ausmaß von 0,31 ha (laut Prüfbericht) ausschließlich aus dem Grundstück Nr. 424, welches jedoch nicht im betreffenden Flächenbogen als FS 47 ausgewiesen worden sei.

Was das Feldstück 48 betreffe, so sei hier in den Jahren 2002 bis 2005 jeweils Grünbrache im Ausmaß von 0,33 ha des Grundstücks Nr. 426 beantragt worden. Tatsächlich bestehe das Feldstück 48 im Ausmaß von 0,33 ha laut Prüfbericht ausschließlich aus dem Grundstück Nr. 424, welches nicht im betreffenden Flächenbogen als Feldstück 48 ausgewiesen worden sei.

Davon ausgehend vertrat die belangte Behörde die Ansicht, dass auf Grund der - näher dargestellten - Rechtslage die Identifizierung der beantragten Förderflächen ausschließlich durch die korrekte und eindeutige Beantragung der Feldstücke und Ausweisung der betroffenen Grundstücke bzw. Grundstücksanteile im Flächenbogen und dazu korrespondierend in der Flächennutzungsliste geschehe. Als "ermittelt" könne daher nur jene Fläche gelten, die sowohl im Flächenbogen als auch in der Flächennutzungsliste vollständig und korrekt beantragt bzw. ausgewiesen worden sei und bei der gegebenenfalls die beantragten Umstände im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle bestätigt würden. Weil die Fläche nur unter Angabe der Katastralgemeinden und der Grundstücksnummern bestimmbar sei, gelte diese daher nur als beantragt, wenn der Mehrfachantrag entsprechende Angaben enthalte. Flächen, die als Grundstücke (Katastralgemeinde und Grundstücksnummer) nicht beantragt worden seien, könnten daher grundsätzlich nicht berücksichtigt werden.

Nach Art. 32 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 seien die dort festgelegten Kürzungen vorzunehmen, wenn festgestellt werde, dass die ermittelte Fläche von der beantragten Fläche abwiche, der Antragsteller also keine objektiv richtigen Angaben gemacht habe. Diese Kürzungen seien grundsätzlich unabhängig von einer Verschuldensprüfung vorzunehmen. Nach Art. 44 der erwähnten Verordnung habe der Antragsteller die Möglichkeit, zu belegen, dass ihn keine Schuld treffe. Gegebenenfalls seien dann die Kürzungen nicht vorzunehmen. Eine Ausnahme von der Anwendung der Kürzung komme jedoch im Beschwerdefall nicht in Betracht, da auf jeden Fall von Fahrlässigkeit auszugehen sei bzw. der Fehler nicht rechtzeitig vor der Vor-Ort-Kontrolle aufgeklärt worden sei.

Auch das Vorliegen eines "offensichtlichen Irrtums" im Sinne des Art. 12 der erwähnten Verordnung sei auszuschließen. Nach dem Arbeitsdokument der Europäischen Kommission zum Begriff des "offensichtlichen Irrtums" sei ein solcher grundsätzlich im Einzelfall zu prüfen. Im Allgemeinen könne ein "offensichtlicher Irrtum" nur anerkannt werden, wenn er anhand der im Beihilfeantrag getätigten Erklärungen offen liege (widersprüchliche Informationen durch den Betriebsinhaber selbst). Zum Beispiel könnten nach dem erwähnten Arbeitsdokument folgende Kategorien von Unregelmäßigkeiten als offensichtlicher Irrtum qualifiziert werden: Simple Schreibfehler (wie etwa nicht ausgefüllte Kästchen, fehlende Angaben, Irrtümer bzw. widersprüchliche Angaben (Rechenfehler, zweimalige Angabe ein und derselben Fläche in einem Antrag, Widersprüche zu den beigelegten Belegen)). Außerdem könnten Irrtümer, die auf Grund einer unrichtigen Abschrift von Bezugsdaten entstanden seien und bei einer Gegenkontrolle des Antrags entdeckt worden seien, üblicherweise als offensichtliche Irrtümer eingestuft werden (z.B. Ziffernsturz, fehlerhafte Angabe des Grundbuchsblatts, die Nummer einer benachbarten Parzelle als Ergebnis eines Lesefehlers).

Im Beschwerdefall unterstelle die belangte Behörde den Beschwerdeführern keinerlei Betrugsabsicht. Fahrlässigkeit müsse jedoch auf Grund der Umstände (die richtigen Grundstücksnummern wären bei einem Abgleich mit dem Kataster relativ leicht erkennbar gewesen) angenommen werden. Tatsache sei, dass die "irrtümliche Grundstücksverwechslung" nur im Rahmen der Vor-Ort-Kontrolle bzw. eines "vertieften Abgleichs" erkannt habe werden können, somit nicht offenkundig gewesen sei und daher auch nicht unter die beispielhaft aufgezählten Kategorien des Arbeitsdokumentes falle. Fehler hinsichtlich der Identifizierung von Flächen könnten nur unter den genannten Umständen als offensichtlich anerkannt werden. Außerdem seien die Widersprüche zwischen der Antragstellung und den tatsächlichen Verhältnissen vor Ort nicht von den Beschwerdeführern selbst bekannt gegeben, sondern im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle ermittelt worden. Ein offensichtlicher Irrtum im Sinne des Gemeinschaftsrecht liege daher nicht vor.

Unter Bedachtnahme auf den für die Kulturpflanzenflächenzahlungen 2002 und 2004 dargestellten Sachverhalt sei letztlich die einheitliche Betriebsprämie korrekt ermittelt worden.

1.5. Die Beschwerdeführer bekämpfen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. L 327 vom 12. Dezember 2001, 11, regelt in ihrem Artikel 4 Absatz 1 die Identifizierung und Mindestgröße der landwirtschaftlich genutzten Parzellen wie folgt:

"(1) Das in Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/32 genannte Identifizierungssystem wird auf der Ebene der landwirtschaftlich genutzten Parzellen eingerichtet. Die Mitgliedstaaten können jedoch auf eine andere Einheit als die landwirtschaftlich genutzte Parzelle - wie beispielsweise die Katasterparzelle oder mehrere von einer natürlichen Umfriedung begrenzte zusammenhängende Parzellen - zurückgreifen. Die Mitgliedstaaten stellen in solchen Fällen sicher, dass die landwirtschaftlich genutzten Parzellen zuverlässig identifiziert werden. Zu diesem Zweck verlangen sie unter anderem, dass die Beihilfeanträge Flächen Angaben enthalten oder ihnen Dokumente beigefügt werden, die von den zuständigen Behörden spezifiziert werden, mit deren Hilfe sich die einzelnen landwirtschaftlich genutzten Parzellen lokalisieren und vermessen lassen."

In Art. 6 der genannten Verordnung sind die Antragsvoraussetzungen für Beihilfeanträge Flächen wie folgt geregelt (auszugsweise):

"(1) Jeder Beihilfeantrag Flächen muss alle zur Feststellung der Beihilfefähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere

  1. a) die Identifizierung des Betriebsinhabers,
  2. b) die zweckdienlichen Angaben zur Identifizierung aller landwirtschaftlich genutzten Parzellen des Betriebs, ihre Fläche, ausgedrückt in Hektar mit zwei Dezimalstellen, ihre Lage und Nutzung, gegebenenfalls mit Hinweis darauf, ob es sich um eine gewässerte landwirtschaftlich genutzte Parzelle handelt, sowie die einschlägige Beihilferegelung;

    c) ..."

    Art. 8 leg. cit. regelt Änderungen des Beihilfeantrags Flächen wie folgt:

"(1) Nach Ablauf der Einreichungsfrist für die Beihilfeanträge Flächen können vorbehaltlich Abs. 3 Beihilfeanträge Flächen für einzelne landwirtschaftlich genutzte Parzellen, die noch nicht im Beihilfeantrag angegeben sind, hinzugefügt und Änderungen hinsichtlich der Nutzung oder der Beihilferegelung vorgenommen werden, vorausgesetzt, die Voraussetzungen in den sektorspezifischen Vorschriften über die betreffende Beihilferegelung werden eingehalten.

(2) ...

(3) Hat die zuständige Behörde den Betriebsinhaber bereits auf Unregelmäßigkeiten im Beihilfeantrag hingewiesen oder ihn von ihrer Absicht, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, unterrichtet und werden bei dieser Vor-Ort-Kontrolle Unregelmäßigkeiten festgestellt, so sind für die von der Unregelmäßigkeit betroffenen Parzellen Nachmeldungen oder Änderungen im Sinne von Absatz 1 nicht mehr zulässig."

Nach Art. 12 der erwähnten Verordnung kann unbeschadet der Vorschriften der Art. 6 bis 11 ein Beihilfeantrag nach seiner Einreichung jederzeit berichtigt werden, wenn die zuständige Behörde offensichtliche Irrtümer anerkennt.

Art. 31 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 regelt näher die Berechnungsgrundlage für den Beihilfeantrag Flächen:

"(1) Liegt die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe über der im Beihilfeantrag angegebenen Fläche, so wird bei der Berechnung des Beihilfebetrags die angegebene Fläche berücksichtigt.

(2) Liegt die in einem Beihilfeantrag Flächen angegebene Fläche über der bei Verwaltungskontrollen oder Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Fläche derselben Kulturgruppe, so wird die Beihilfe unbeschadet der Kürzungen und Ausschlüsse gemäß den Artikeln 32 bis 35 auf der Grundlage der für diese Kulturgruppe ermittelten Fläche berechnet.

(3) ..."

Art. 32 der genannten Verordnung regelt das Vorgehen im Falle von Übererklärungen wie folgt:

"Kürzungen und Ausschlüsse in Fällen von Übererklärungen

(1) Liegt die angegebene Fläche einer Kulturgruppe über der gemäß Artikel 31 Absatz 2 ermittelten Fläche, so wird die Beihilfe auf der Grundlage der ermittelten Fläche, gekürzt um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der ermittelten Fläche ausmacht.

Liegt die festgestellte Differenz über 20 % der ermittelten Fläche, so wird für die betreffende Kulturgruppe keine flächenbezogene Beihilfe gewährt.

(2) Liegt in Bezug auf die ermittelte Gesamtfläche, für die im Rahmen der Beihilferegelungen gemäß Artikel 1 Absatz 1Buchstabe a der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 eine Beihilfe beantragt wird, die angegebene Fläche um mehr als 30 % über der gemäß Artikel 31 Absatz 2 ermittelten Fläche, so wird im betreffenden Kalenderjahr keine Beihilfe im Rahmen der genannten Beihilferegelungen, auf die der Betriebsinhaber gemäß Artikels 31 Absatz 2 Anspruch gehabt hätte, gewährt. ..."

Ausnahmen von der Anwendung der Kürzungen und Ausschlüsse sind in Art. 44 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 wie folgt geregelt:

"(1) Die in diesem Titel vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft.

(2) Die gemäß diesem Titel vorgesehenen Kürzungen und Ausschlüsse finden keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaber die zuständige Behörde schriftlich darüber informiert, dass der Beihilfeantrag fehlerhaft ist oder seit Einreichung fehlerhaft geworden ist, es sei denn, der Betriebsinhaber hat von der Absicht der zuständigen Behörde Kenntnis erlangt, bei ihm eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen und die zuständige Behörde hat den Betriebsinhaber bereits über Unregelmäßigkeiten in Bezug auf den Beihilfeantrag unterrichtet.

Die nach Unterabsatz 1 erfolgte Mitteilung des Betriebsinhabers führt zu einer Anpassung des Beihilfeantrags an die tatsächliche Situation."

2.2. Die Beschwerdeführer bestreiten vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht die Richtigkeit der Feststellungen der belangten Behörde. Sie verweisen jedoch darauf, dass die eingereichten Flächen tatsächlich bewirtschaftet, jedoch (nur) in Bezug auf die Grundstücksnummern falsch bezeichnet worden seien.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg:

Die belangte Behörde ist - ebenso wie die Behörde erster Instanz - von der Anwendbarkeit des Art. 32 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 ausgegangen. Diese Bestimmung ist in den Fällen von "Übererklärungen" anzuwenden, nämlich dann, wenn die angegebene Fläche einer Kulturgruppe über der gemäß Art. 31 Abs. 2 ermittelten Fläche, also im Beschwerdefall der durch die Vor-Ort-Kontrollen ermittelten Fläche, liegt. Die Behörden sind hiebei von der Maßgeblichkeit der Angaben hinsichtlich eines bestimmten Feldstückes ausgegangen. Unbestritten ist jedoch, dass das für die Höhe der Förderung entscheidende Ausmaß der in der Natur eindeutig zu identifizierenden Feldstücke zutreffend angegeben worden war. Wie sich aus der Bestimmung des Art. 31 Abs. 2 der hier maßgebenden Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 ergibt, ist jedoch für das Vorliegen einer "Übererklärung" der Vergleich zwischen der im Beihilfeantrag Flächen angegebenen Fläche und der bei der Vor-Ort-Kontrolle ermittelten Fläche maßgebend. Nur dann, wenn die angegebene Fläche über der bei der Vor-Ort-Kontrolle ermittelten Fläche liegt, kommen die Kürzungen und Ausschlüsse in Fällen von Übererklärungen gemäß Art. 32 der erwähnten Verordnung in Betracht. Liegen aber hinsichtlich des Ausmaßes des jeweiligen Feldstückes derartige Übererklärungen nicht vor, ist Art. 32 der Verordnung (schon deshalb) nicht heranzuziehen.

2.3. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass vom Verwaltungsgerichtshof die von der belangten Behörde möglicherweise vertretene Ansicht, wonach Art. 32 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 verschuldensunabhängig zur Anwendung zu kommen hätte, nicht geteilt werden kann. In diesem Falle wäre nämlich die Regelung des Art. 44 Abs. 1 der erwähnten Verordnung unverständlich, wonach die Kürzungen und Ausschlüsse u.a. dann keine Anwendung finden, wenn der Betriebsinhaber auf andere Weise belegen kann, dass ihn keine Schuld trifft. Art. 32 der erwähnten Verordnung ist daher (gemeinsam mit Art. 44 Abs. 1 leg. cit.) im Sinne einer Umkehr der Beweislast zu verstehen: Der Betriebsinhaber hat (im Falle von Übererklärungen) die Möglichkeit, den Mangel seines Verschuldens zu beweisen.

2.4. Da die belangte Behörde von einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht ausgegangen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass noch auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

2.5. Für das fortgesetzte Verfahren ist hinsichtlich des Feldstücks 47 darauf zu verweisen, dass die belangte Behörde hier im Einklang mit den Akten (Prüfbericht, ausgenommen die unter Punkt 1.2 oben zitierte Bemerkung) von einem durch die Vor-Ort-Kontrolle ermittelten Ausmaß von 0,31 ha (statt der beantragten 0,33 ha) ausgegangen ist. Insoweit könnte eine "Übererklärung" (wenngleich auch nicht wegen der Angabe einer falschen Grundstücksnummer) vorliegen.

2.5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 26. März 2010

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