VwGH 2009/16/0309

VwGH2009/16/030927.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des K A in W, vertreten durch Dr. Susanne Michalek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Falkestraße 1/6, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 24. September 2009, GZ. RV/2883-W/08, betreffend Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §198;
BAO §224 Abs1;
BAO §248;
BAO §198;
BAO §224 Abs1;
BAO §248;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Beilagen, insbesondere dem angefochtenen Bescheid, ist folgendes zu entnehmen:

Das Finanzamt zog den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 13. März 2008 gemäß §§ 9 und 80 BAO für Abgabenschuldigkeiten der K. Handels GesmbH im Ausmaß von 63.652,88 EUR zur Haftung heran.

Dagegen berief der Beschwerdeführer mit der Begründung, es liege kein schuldhaftes Verhalten vor.

Weiters hat der Beschwerdeführer vom Finanzamt die "Grundlagenbescheide" (gemeint die der Haftung zugrunde liegenden, an die K. Handels GesmbH gerichteten Abgabenbescheide) "angefordert". Diesem Antrag ist das Finanzamt nach Ansicht des Beschwerdeführers, der die Begründung der Bescheide vermisst, nicht vollständig nachgekommen. Der Beschwerdeführer berief jedenfalls sodann auch gegen die an die K. Handels GesmbH gerichteten Abgabenbescheide.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen den erwähnten Haftungsbescheid vom 13. März 2008 insoweit Folge, als sie die Haftung auf näher angeführte Abgaben in Höhe von insgesamt 62.778,88 EUR einschränkte. Im Übrigen wies sie die Berufung als unbegründet ab.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der vor ihm gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 30. November 2009, B 1362/09-3, abgelehnt und die Beschwerde gemäß § 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen haben nach § 80 BAO alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung (also gegen den Haftungsbescheid) innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2 und 4 leg. cit. sinngemäß.

Durch einen Antrag auf Mitteilung der einem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung wird gemäß § 245 Abs. 2 BAO der Lauf der Berufungsfrist gehemmt. Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt gemäß § 245 Abs. 4 leg. cit. mit dem Tag der Einbringung des Antrages und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird.

Wenn ein zur Haftung Herangezogener sowohl gegen die Geltendmachung der Haftung als auch gemäß § 248 BAO gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch beruft, hat die Berufungsbehörde zunächst nur über die Berufung gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden, weil sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Berufung gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung sind in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen. Die Frage ob ein Abgabenanspruch gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nur dann zu beantworten, wenn kein eine Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid vorangegangen ist (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa die hg. Erkenntnisse vom 23. April 2008, 2004/13/0142, und vom 27. Februar 2008, 2005/13/0094, jeweils mwN).

Der Beschwerdeführer erachtet sich in Ausführung des Beschwerdepunktes "in seinem in § 248 BAO normierten Recht auf Zustellung des Bescheides gegen die Primärschuldnerin und zwar samt Begründung" und "in seinem Recht auf Anerkennung von Vorsteuern auf Grund gesetzesmäßiger Rechnungslegung gem. § 11 UStG" verletzt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom 12. Oktober 2009, 2009/16/0132, und vom 20. Oktober 2004, 2000/14/0185, VwSlg 7.971/F) kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Bescheides dem Beschwerdepunkt nach § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Beschwerdeführers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist (vgl. dazu Steiner in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen, 61 ff).

Wird der Beschwerdepunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich (vgl. etwa das erwähnte hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 2009, mwN).

Die Frage der Zustellung der an die Primärschuldnerin gerichteten Abgabenbescheide an den Beschwerdeführer ist im Verfahren über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Abgabenbescheid und nicht im Haftungsverfahren zu beantworten und war auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides.

Mit seinen Einwendungen gegen die Richtigkeit der Höhe der Abgabenansprüche, nämlich mit seinem Vorbringen, bestimmte Vorsteuern seien anzuerkennen, weil eine bezughabende Rechnung alle Voraussetzungen nach § 11 UStG 1994 erfülle, ist er auf das nach seiner Berufung gegen an die Primärschuldnerin gerichtete Abgabenbescheide durchzuführende Verfahren zu verweisen.

In den vom Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes geltend gemachten Rechten wurde der Beschwerdeführer durch den im Instanzenzug die Haftung für Abgaben geltend machenden angefochtenen Bescheid jedenfalls nicht verletzt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Aus diesem Grund erübrigte sich auch ein gesonderter Abspruch des Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Wien, am 27. Jänner 2010

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