VwGH 2009/16/0124

VwGH2009/16/012427.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des Finanzamtes Salzburg-Stadt, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 28. Februar 2008, GZ RV/0190-S/07, betreffend Gewährung der Familienbeihilfe ab Dezember 2006 (mitbeteiligte Partei: Mag. A A in S), zu Recht erkannt:

Normen

FamLAG 1967 §2 Abs8;
FamLAG 1967 §3 Abs2;
FamLAG 1967 §2 Abs8;
FamLAG 1967 §3 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 22. Februar 2007 wies das Finanzamt einen Antrag der Mitbeteiligten vom 29. Jänner 2007 auf Gewährung der Familienbeihilfe für ihre drei Kinder ab Dezember 2006 mit der Begründung ab, ausländische Studenten mit einer Aufenthaltserlaubnis "Studierender" hätten keinen Anspruch auf Familienbeihilfe, weil sie sich nur für Ausbildungszwecke vorübergehend in Österreich aufhielten.

Dagegen berief die Mitbeteiligte, eine ägyptische Staatsangehörige, mit der Begründung, sie und ihre am 13. September 1998 geborene Tochter S. befänden sich seit acht Jahren durchgehend und rechtmäßig mit einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende und Familienangehörige in Österreich. Ihr zweites Kind Ah. sei am 10. Dezember 2002 in Salzburg geboren und seitdem als Familienangehöriger durchgehend und rechtmäßig in Österreich aufhältig. Das Gleiche treffe auf ihr am 10. September 2006 geborenes drittes Kind Am. zu. Die Mitbeteiligte habe ihr Diplomstudium Pädagogik bereits abgeschlossen und nunmehr das Ziel, auch noch das Doktorat Pädagogik zu erlangen. Ihr sei in Aussicht gestellt worden, nach Abschluss des Doktoratstudiums die Leitung eines Forschungsprojektes der Universität Salzburg zu übernehmen. Ihren Unterhalt bestreitet die Mitbeteiligte ausschließlich auf Grund zweier österreichischer Stipendien. Sie erhalte weder vom Staat Ägypten noch von ägyptischer privater Seite wirtschaftliche Unterstützung. Da sich ihr ägyptischer Mann von ihr getrennt habe, seien die letzten persönlichen Bindungen zu ihrer alten Heimat erloschen. Auf Grund der Länge ihres Aufenthaltes in Österreich habe sie viele persönliche Freundschaften in Salzburg geschlossen. Sie führe seit Beginn des Aufenthaltes in Österreich einen gemeinsamen Haushalt mit ihren Kindern. Die älteste Tochter besuche die Volkschule in Salzburg, alle drei Kinder seien ausschließlich in Österreich aufgewachsen und somit hier beheimatet. Sie habe ihre persönlichen Kontakte auch nur in Salzburg.

Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den vor ihr bekämpften Bescheid des Finanzamtes ersatzlos auf. Die Mitbeteiligte, eine ägyptische Staatsangehörige, lebe seit 1999 in Österreich, verfüge in Österreich über einen Aufenthaltstitel als Studentin und beabsichtige, sich nicht nur zu Studienzwecken in Österreich aufzuhalten, sondern nach Ende des Studiums weiterhin in Österreich zu leben und zu arbeiten. Sowohl der Aufenthaltstitel der Mitbeteiligten wie auch der ihrer Kinder seien Aufenthaltstitel im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 5 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG. Damit hielten sich sowohl die Mitbeteiligte als auch deren Kinder rechtmäßig in Österreich auf. Aus der Tatsache, dass ein Aufenthalt zu Ausbildungszwecken erfolge, könne nicht abgeleitet werden, dass keine Anbindung an Österreich bestehe und der Bezug von Familienbeihilfe ausgeschlossen werde. Die Frage des notwendigen Inlandsbezuges sei anhand der Prüfung des Mittelpunktes der Lebensinteressen des Anspruchsberechtigten sowie des ständigen Aufenthaltes des Kindes zu beurteilen. Die Mitbeteiligte habe nach Ansicht der belangten Behörde den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet. In Anbetracht des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes könne die belangte Behörde keine Anhaltspunkte erkennen, die für eine stärkere Bindung an einen anderen Staat als Österreich sprechen.

Dagegen richtet sich die vom Finanzamt gemäß § 292 BAO erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und reichte eine Gegenschrift ein, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 - FLAG haben Personen unter in dieser Bestimmung näher angeführten Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder.

§ 2 Abs. 8 FLAG lautet:

"(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat."

Das beschwerdeführende Finanzamt lässt den von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt unbekämpft, macht ausschließlich inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend und stützt seine Beschwerde darauf, dass sich die Mitbeteiligte als Studierende nur vorübergehend für Zwecke ihres Studiums berechtigt in Österreich aufhalte und dass eine von vornherein zeitlich begrenzte Aufenthaltsdauer nicht erlaube, daraus abzuleiten, dass ein gewöhnlicher ständiger Aufenthalt von Mutter und Kindern in Österreich vorliege.

Soweit das beschwerdeführende Finanzamt einen ständigen Aufenthalt anspricht, ist ihm entgegen zu halten, dass die Frage eines ständigen Aufenthaltes im Inland einer die Gewährung von Familienbeihilfe begehrenden Person, welche nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, etwa nach der im Beschwerdefall nicht mehr anwendbaren Bestimmung des § 3 Abs. 2 FLAG idF vor der Änderung durch das Fremdenrechtspaket 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, von Interesse war. Doch hat auch dazu der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass der Umstand einer bloß befristeten Aufenthaltsberechtigung unerheblich ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 12. Oktober 2009, Zl. 2009/16/0208, vom 5. November 2009, Zl. 2009/16/0215, vom 5. November 2009, Zl. 2009/16/0239, vom 17. Dezember 2009, Zl. 2009/16/0221, und vom 17. Dezember 2009, Zl. 2009/16/0258).

Bei der Antwort auf die im vorliegenden Beschwerdefall allein interessierende Frage nach dem Mittelpunkt der Lebensinteressen im Sinne des § 2 Abs. 8 FLAG kommt es indes nicht darauf an, ob der Aufenthalt im Bundesgebiet ein ständiger ist. Der Umstand, dass ein Aufenthalt zu Studienzwecken begrenzt ist, steht der Beurteilung, der Mittelpunkt der Lebensinteressen liege am Ort des Studiums - entgegen der Ansicht des beschwerdeführenden Finanzamtes - nicht entgegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2009, 2008/15/0325).

Angesichts des von der Mitbeteiligten im Verwaltungsverfahren vorgebrachten, von der belangten Behörde angenommenen und vom beschwerdeführenden Finanzamt auch nicht in Abrede gestellten oben geschilderten Sachverhaltes ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde den Mittelpunkt der Lebensinteressen der Mitbeteiligten im Sinne des § 2 Abs. 8 FLAG als in Österreich gelegen angenommen hat.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Wien, am 27. Jänner 2010

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